#Link11: Brot und Spiele, Zuckerbrot und Peitsche

Du merkst, es geht wieder los. Hältst das Telefon in der Linken, lässt es lieber wieder sinken. Sitzt hinten im Bus, fährst irgendwo hin, lässt dich lieber wieder sinken. Der Sommer ist aus.

blogundpresseschau

1. Mit dem Start der Saison wurde am Wochenende von mehrerlei Seite eine Sicht aufs große Ganze verkündet.

  • Buchautor Ronald Reng (DLF) erklärt den Erfolg der Bundesliga aus »panem et circenses«, widmet sich aber auch verändertem Selbstverständnis der Fans und dem erfolgreichen FC Bayern.
  • Journalist Christian Eichler (FAZ) erklärt den Erfolg der Bundesliga aus der Auslandsvermarktung, widmet sich aber auch veränderter Distanz der Fans und dem erfolglosen Hamburger SV.
  • Reizphilosoph Wolfram Eilenberger (ZEIT) erklärt den Erfolg der Bundesliga aus ihrer internationalen Überlegenheit, widmet sich aber auch veränderter Ironiefähigkeit der Fans und den erfolgsversprechenden Europa-League-Teilnehmern.

2. Was die Zukunft der Bundesliga bringt, besondern hinsichtlich ihrer Vermarktung und der Beendigung des grassierenden Missmanagement durch geschäftstüchtige Investoren, beleuchtet Wirtschaftsredakteur Michael Ashelm in der FAZ:

Anders als die Vereine oftmals vorgeben, ist das Fußballgeschäft gar nicht so sehr von finanziellen Unsicherheiten geprägt. Auf der Einnahmeseite lässt sich durch Mehrjahresverträge bei der Medienvermarktung und dem Sponsorengeld planvoll kalkulieren. Bisher zeigte sich die Branche auch unabhängig von üblichen Konjunkturschwankungen. Die Finanzkrise im Jahr 2008 wurde erst gar nicht zum Härtetest für die blühenden Fußball-Landschaften. Auch bei Abstieg lassen sich die Geldströme für einen Verein einigermaßen korrekt vorhersagen. Es geht für die Bundesliga auch erst mal gar nicht darum, ob die englische Premier League zwei oder drei Milliarden mehr einspielt. Vor allem zählt die eigene gute Strategie, ein umfassendes Denken.

3. Im Deutschlandfunk wird in einer rund halbstündigen Sendungen auf die ersten sechs Spiele der ersten Runde zurückgeblickt. Knackige Spielberichte der Korrespondenten vor Ort werden ergänzt durch O-Töne der Verantwortlichen und taktische Anmerkungen von Fokus-Fussball-Kollege Tobias Escher. Auch die Rasenfunk-Schlusskonferenz hat den Spieltag schon besprochen und die Besprechung online gestellt. Der indirekte Freistoß hat einige Spielberichte des ersten Spieltags zusammen getragen, die die hiesigen auf 4-10 ergänzen.

4. Der einzigartige und unvergleichliche Thomas (hach!) Tuchel revolutioniert weiter den Dortmunder Fußball. Nach 1:0, 5:0 und 2:0 endete das vierte Pflichtspiel der Saison nun 4:0 gegen Gladbach. Constantin Eckner (Spielverlagerung) geht auf die Equipe des demnächst über den Phoenix-See wandelnden Messias ein und lässt auch die ungewohnte Gladbacher Leistung nicht außen vor.

5. Im Eröffnungsspiel am Freitagabend hatte der FC Bayern den Hambuger SV mit 5:0 bezwungen.

»Es hat Spaß gemacht, uns zuzuschauen. Auch wenn ich selbst nicht zugeschaut habe« (Thomas Müller)

Jonas Beckenkamp (SZ) berichtet vom rauschhaften Auftritt der Bayern in der zweiten Halbzeit, von ihrem unersättlichen »Hunger auf Strafraumaktionen« und vom Hamburger Albtraum »Doooglas« Costa. Der vor dem BVB-Sieg erschienene Artikel rechnet mit 33 Spielen bis zur Übergabe der Meisterschale.

6. Der FC Schalke 04 startete mit einem 3:0-Auswärtssieg bei Werder Bremen in die Saison. Steffen von HBpeople fasst das aus grün-weißer Sicht ernüchternde Spiel zusammen und widmet sich auch einem Randaspekt.

7. Bayer Leverkusen ist »keine Mannschaft für Frutarier«, stellt der Akademiker-Fanclub der TSG Hoffenheim fest. Zum Wechsel Strobl für Kuranyi wird angemerkt, dieser sei »von einigen als Wechsel in Richtung Ergebnisverwaltung ausgelegt [worden], was uns freut, denn es scheint Menschen zu geben, die noch weniger Ahnung von Fußball und Taktik haben als wir«. Hintenraus wird die Arroganz dann von kitschigem Fanboytum abgelöst, aber lesen sie selbst.

8. Der VfB Stuttgart verlor am Sonntagabend mit 1:3 gegen den 1. FC Köln. Vor dem Spiel hatte Martin Harnik ein lesenswertes Interview in den Stuttgarter Nachrichten abgeliefert:

»Konstanz ist das, wodurch sich große Fußballer von eher durchschnittlichen wie mir unterscheiden […] Wir hatten in Stuttgart schon oft Aufbruchstimmung, um dann doch wieder eine enttäuschende Saison zu spielen. Wozu ich meinen Teil natürlich beigetragen habe. Aber das hat mich vorsichtig werden lassen.«

9. Die Berliner Hertha hat zum Saisonstart mit einem 1:0 eichhörnchengleich drei Punkte aus Augsburg mitgenommen. Das aus einer langen Sommerpause erwachte Hertha-Blog berichtet vom Gastspiel in der Fuggerstadt.

10. Am mutmaßlich unteren Ende des spielerischen Niveaus in der Bundesliga duellierten sich Darmstadt 98 und Hannover 96. Beim 2:2 sah Niemals Allein die Befürchtungen bestätigt:

In einem wie erwartet extrem unansehnlichen und sehr rustikalen Spiel dominierten endlos viele lange Bälle, der unerbitterliche Kampf um zweite Bälle und das Hoffen auf irgendeinen zufälligen Durchbruch auf den Flügeln und einen Standard in aussichtsreicher Position.

11. In Verbindung mit der Eröffung der Bundesligasaison konnte die zweite Runde des DFB-Pokals ausgelost werden, da das Ergebnis der Partie des VfL Osnabrück gegen RB Leipzig vor dem DFB-Sportgericht festgelegt worden war. Der Rotebrauseblogger hat sich die Auslosung auch, aber nicht nur hinsichtlich seines eigenen Vereins angesehen.

Bandenwerbung
Fokus-Fussball-Autor und Collinas Erbe Klaas war am Samstag zum Thema »Schiedsrichter in der Bundesliga« in einer irritierend flippigen Sendung bei DRadio Wissen zu Gast.

Geburtstagskind des Tages

(Auflösung vom Freitag: Heiko Westermann wurde 32)

Meist geklickter Link letzte Woche
SG Neureich-Bimbeshausen – »Sorry Rudi«

Field Reporter

»Vielen Menschen in Brasilien geht es schlecht. Aber es gibt so viele Menschen in anderen Ländern, denen es noch schlechter geht und die auf der Flucht sind. Das ist wirklich eine schwierige Situation, und es ist sehr wichtig, diesen Menschen zu helfen. Und ich finde, Deutschland macht das sehr gut.«

Ronaldo Aparecido Rodrigues über den erwachsen gewordenen VfL Wolfsburg und Themen abseits des Platzes. (FAZ)

Mixed Zone
DFB-Pokal: Zweite Runde ausgelost (SZ) + + + Oberliga: Bebildertes Exempel statuiert und rapportiert (Stadioncheck) + + + Süperlig: Podolski trifft beim Debüt (FAZ) + + + Paderborn: Manager Michael Born erläuterte dem Handelsblatt einige Eckdaten des Absteigers + + + Paderborn: hatte am Freitagabend mit 0:6 gegen Sandhausen verloren (last voice) + + + FIFA: Leiche in Platinis Keller vermutet (dpa/FAZ) + + + Brennerpass: Der schriftliche Spieltagsrückblick soll zu einem geselligen Frühschoppen-Podcast werden (St. Burnster) + + + Darmstadt: Elfmeterverschießerverhöhner Gondorf sagt »Sorry Mevlüt Erdinc« (Twitter) + + + ’s-Gravenhage: Besonderes Tor (Trainer Baade) + + + Hubschraubereinsatz: Die Stehplatzhelden mit einem Vorschlag zum Zeitspiel durch Behandlungspausen + + + Dembowski: hat die Abschlusstabelle 2015/16 ermittelt + + + Wortmann: Spannung ist kein Kriterium großer Literatur (Trainer Baade) + + + Frankfurt: Beves Welt plaudert rund um die Partie WOB-SGE + + + München: Der FC Bayern und T-Online schaffen ein »Fan-Erlebnis, multimedial, interaktiv und personalisiert« (SZ) + + + Kiel: Holstein-Anhänger verprügeln Lübeck-Spieler (Fupa) + + + Sat.1: Udo Honig im Interview (Welt) + + + Ghana: Der FC Dreams hat nicht zufällig einen Abdul Rahman Baba hervorgebracht (FAZ) + + + Albern: Der Spieltag in 11 GIFs (Reeses Sportkultur) + + + Hamburg: Die Frankfurter Rundschau sieht in Emir Spahic einen Rüpel mit »Gestik aus der Gosse« + + + Freiburg: Christian Streich ruft beim kicker an und verkündet: der Schiri hatte doch Recht + + +

#Link11: Schluss mit Fußball-Methadon

Es ist Freitagmorgen. Meine Hände zittern inzwischen nicht mehr. Die Unruhe, die Nervösität, das innere Platzen sind weg. Mein Inneres will nicht mehr nach draußen. Auch die Weinkrämpfe treten nicht mehr auf. Wenn ich gleich meinen Toast gegessen und den Tee getrunken habe, kann ich sogar ein bisschen arbeiten, danach mit der Familie was unternehmen. Es ist ein Leben und darüber bin ich froh. Heute Abend wird es dann schwer werden. Lange Zeit habe ich mich mit dem Methadon des Fußballjunkies über Wasser gehalten. Junioren-Wettkämpfe, Europa-League-Qualifikations-Gedöns, billige Testspiele in kleinen Trainingslagerdörfern und zu guter letzt Sponsorencups von zweifelhaften Geldgebern. Irgendwann war es dann gut. Statt Fußball, einfach mal draußen Zucchinis anpflanzen oder eine Runde Sport machen. Ob ich heute Abend durchhalte? Den Fernseher auslasse? Ich weiß es nicht. Vielleicht will ich es auch nicht. Ja genau. So ist es. Ich will Bundesliga. Und sie ist da. Schluss mit Fußball-Methadon. Rein in die Lust und die billige Befriedigung. Willkommen zurück im Leben des Fußballabhängigen. Jeden Tag Fußball. Scheiß auf den Rest. Auch darauf, dass der Fußball Millionen verschwendet, wie die SZ in einem groß angelegten Datenprojekt heute aufdeckte.

blogundpresseschau

1. Zwei Biografien erscheinen dieser Tage über Manuel Neuer, doch dieser warnt vor beiden Werken. Warum? Weil keiner der Autoren mit ihm gesprochen hätte, aber ist das entscheidend fragt sich Martin Krauss vor dem Hintergrund der Schleichwerbungsdebatte seines kürzlichen kicker-Interviews (taz).

Wir stehen also vor dem Phänomen, dass nicht einmal mehr das, was ein Neuer wirklich gesagt hat, als Wahrheit gilt (was an sich schon eine aberwitzige Vorstellung ist), sondern dass vielmehr nur das als authentische Äußerung akzeptiert wird, was Neuers PR-Berater so formulieren, dass es zum ausgetüftelten Image des Profis passt.

2. Konzeptfussballberlin nimmt die komplette Vorbereitung der Schalker in gefühlten 234.373 Zeichen auseinander. Man arbeitet gerade an der 12-bändigen Printausgabe des Artikels. Ein Crowdfunding folgt bestimmt bald. Fazit: Ach scrollt selbst.

3. Der schmächtige Chinese und die Hertha.

4. Saisonvorschau in nicht ganz so umfangreich wie zu Schalke, gibt es über Bayer Leverkusen von Bundesliga Fanatic. Eric Bruehl erwartet einen guten Abschluss der Werkself am Ende der Saison 2015/2016.

5. Meister gegen Relegationsmeister heute Abend in München. Der Libero fragt sich, ob der HSV einen Sahnetag bei den Bayern haben wird.

6. Pep Guardiola und die öffentliche Wahrnehmung. Stefan Osterhaus sieht den spanischen Trainer unter Beobachtung und sieht seinen Nimbus als Genie eingebüßt (NZZ). Oliver Fritsch fragt sich, warum “die Deutschen” Guardiola nicht verstehen (ZEIT online). Christoph Leischwitz ahnt, dass Guardiolas Pläne nach hinten losgehen könnten (Spiegel Online).

Bandenwerbung

Gestern wurde der Datenschrank bei Fokus Fussball geöffnet.

7. Wie die Software den Fußball erobert – davon berichtet Annika Graf (n-tv). Leider bleibt uns der Artikel konkrete Beispiele aus der Praxis schuldig, was die Daten genau nutzen. Also was bringt es, wenn ich weiß wie oft ein Spieler abbremst, er einen Pass im Schnitt über 2,56m spielt, etc.

Bis zu 50.000 Positionsdaten pro Sekunde kann das RedFIR-System, das zum Beispiel bei unserer A-Jugend eingesetzt wird, aufzeichnen. (Rafael Hoffner, TSG Hoffenheim)

8. Jurgen Vantomme ist ein alter Hut hier bei Fokus Fussball. Der Groundhopper fotografierte so ziemlich jeden belgischen Fußballplatz. Jetzt stellt sein neues Buch vor (WSC) – Grund genug ihn hier zu verlinken (Amazon).

9. Sommertransfers. Also die, die wirklich über die Bühne gegangen sind, füllen einen Podcast der Spielverlagerung. Anhören! Sofort!

10. Ancillo Canepa muss ständig Spieler nach Deutschland verkaufen. Er ist Präsident vom FC Zürich und findet, dass es schlechtere Verhandlungspartner als “die Deutschen” gibt. Ein Interview von Matthias Daum (ZEIT online).

Mit den deutschen Clubs zu verhandeln ist sehr angenehm, weil sie ausgesprochen faire Verhandlungspartner sind. Wir sind uns bewusst: Wir sind eine Ausbildungsliga. Jeder Schweizer Profifußballer hat den Wunsch, irgendwann ins Ausland zu gehen. Und die Bundesliga ist den Deutschschweizern halt am nächsten.

11. Doch noch mal Osnabrück gegen RB Leipzig. Sogar ein Spox-Text. Ein schöner Kommentar von Shoto zum Spielabbruch bezeichnet als “Sympton einer größeren Krankheit”.

Verdammt noch mal: Redet diese Scheiße nicht klein! Schiebt sie nicht einem Einzelnen zu, verweigert euch nicht eurer Verantwortung und setzt im Nebensatz nicht weitere Nadelstiche in Richtung Leipzig, die bei einer möglichen nächsten Partie wieder für eine aufgeheizte Stimmung sorgen wird. Entschuldigt bitte diese Polemik.

Geburtstagskind des Tages
Wer hat heute Geburtstag? Einfach in die Kommentare posten!

(Auflösung von gestern: Sven Kmetsch wurde 45)

Field Reporter:

Das wichtigste Thema ist die Stadionsituation.

Hasan Ismaik weiß, wo die Probleme bei 1860 München liegen (SZ).

Meist geklickter Link gestern:

Werbung auf der Brust und wie sich die Bundesliga-Trikots entwickelt haben, interessierte euch am meisten (Themoderngame).

  • Mixed Zone: +++ Werder-Vorfreude: Worauf sich das Werderblog freut. In 3 Absätzen kurz und knackig. +++ Champions-League: Mou Idrissou spielt ab sofort beim Oberligisten Uerdingen (Goal). +++ Unterwegs: Im Schatten der Tribüne war unterwegs. +++ Dresden siegt: 28.000(!) Zuschauer waren beim Spiel gegen Erfurt. Fußball in Sachsen berichtet. +++ 5 Fragen an: Bayern München. +++ Zivilcourage: Sören Pirson greift in Schlägerei ein und bekommt nun einen Preis (Reviersport). +++ Aufsichtsrateklat: Auf Schalke streitet man sich und wirft mit Schlamm (DerWesten). +++

Datenschrank: The Line-ups They Are a-Changin‘

Dieser Artikel befasst sich mit der vergangenen Saison 2014/15, genauer: damit, wie stark die Teams ihre Aufstellungen veränderten und mit ihren Kadern umgingen. Es soll darum gehen, wie sehr die Aufstellung, also das Ensemble aus elf Spielern, die tatsächlich auf dem Platz standen, bei den Mannschaften im Laufe der Saison schwankte.

Um diese Schwankung in Zahlen zu fassen, muss man sich üblicherweise darauf beschränken, die Anzahl eingesetzter Spieler zu vergleichen. Allerdings fällt dabei Wichtiges unter den Tisch: die Einsatzzeit der jeweiligen Spieler. Denn offenbar könnte ein Team A mit 22 Spielern durch die Saison gehen und dabei jeden Spieler genau 17 Mal durchspielen lassen. Das andere Extrembeispiel wäre ein Team B, das einen unumstrittenen Stamm von 11 Spielern hat und 11 weitere Spieler lediglich gelegentlich einwechseln würde. Beide hätten am Ende der Saison 22 Spieler eingesetzt und doch ein ganz unterschiedliches Maß an Variation in ihren Aufstellungen präsentiert. Wie könnte man diese also besser in einer einzigen Zahl für jedes Team darstellen?

Entropie

Physik und theoretische Informatik kennen das Konzept der sogenannten Entropie. Während in der Physik damit das Maß an Unkenntnis über einen atomaren Zustand bezeichnet wird, nennt die Informatik so den Informationsgehalt einer Nachricht. Hilft das weiter? Versteht man ein Bundesligateam als ein sich im Laufe der 3.060 Spielminuten veränderndes Objekt von 11 Spielern, ist der »Zustand« dieses Objekts die Aufstellung zu einem Zeitpunkt in einem Saisonspiel. Und je mehr das Team seine Aufstellung variiert hat, desto größer ist die Unkenntnis über diesen Zustand – bei Team A fällt es schwer, eine Aufstellung zu erraten, bei Team B ist es leicht. Die »Nachricht« ist in diesem Sinn die Liste der Spieler, die auf dem Feld stehen. Sind es ohnehin immer dieselben, ist der Informationsgehalt gering, wird viel variiert, ist er hoch.

Es scheint also einen Versuch wert, diese »Kaderentropie« zu berechnen. Wer sich für die mathematischen Details nicht weiter interessiert, kann schon zum ersten Diagramm springen. Die Kaderentropie K soll, gemäß der Berechnung in der theoretischen Informatik, folgendermaßen ermittelt werden:

Für jeden Spieler S ist der Spielanteil A(S) das Verhältnis seiner Einsatzminuten zur Gesamtsumme aller Spieler seines Vereins über die gesamte Saison. Im Sinne der Informationstheorie ist jeder Spieler ein Zeichen in der Nachricht und sein Spielanteil die Auftrittswahrscheinlichkeit dieses Zeichens. H ist dann die Entropie der Nachricht, die der Aufstellung des Vereins V entspricht. Der Übergang von H zu K ist nur noch kosmetischer Natur.

Anwendung auf die oben eingeführten Beispielteams A und B liefert K(A)=22 und K(B)=12,6 (bei 90min Gesamtspielzeit pro Ersatzspieler). Der unterschiedlich verteilten Einsatzzeit wird also wie erhofft Rechnung getragen. K(A)=22 illustriert den Sinn des Potenzierens: Eine Mannschaft von n gleichmäßig eingesetzten Spielern hat eine Kaderentropie von genau n. Kommen wir zu den echten Kadern:

Um mit diesen nackten Zahlen mehr anfangen zu können, werfen wir im Folgenden einen Blick darauf, in welchem Verhältnis die Kaderentropie zu anderen Werten steht. Vier Klubs sollen dabei immer wieder etwas detaillierter hervorgehoben werden: Borussia Mönchengladbach, der FC Augsburg, Mainz 05 und der Hamburger SV. An der Hochachse der folgenden Streudiagramme ist jeweils die Kaderentropie abzulesen, Teams mit hoher Kaderentropie stehen also weiter oben. Auf den Rechtsachsen sollen nacheinander einige andere Maße eingetragen werden, wie weit rechts das Team steht, hängt also von diesem Vergleichswert ab.

Verhältnis zur Anzahl eingesetzter Spieler

Auf der Rechtsachse ist die Anzahl der tatsächlich im Lauf der Bundesligasaison eingesetzten Spieler eingetragen (nicht also die Anzahl der Spieler im Kader). Der Zusammenhang ist klar: Es herrscht eine starke Korrelation zwischen der Anzahl eingesetzter Spieler und der Kaderentropie. Dennoch gibt es eine bemerkenswerte Streuung: So hat Mainz 05 beachtliche 29 Spieler eingesetzt, ist aber mit seiner Kaderentropie näher an Borussia Mönchengladbach (11 Spieler weniger) als am HSV (2 Spieler mehr). Warum das? Sehen wir uns den HSV und Mainz etwas genauer an:


Der HSV hat zwar extrem viele Spieler eingesetzt, aber den meisten davon durchaus erhebliche Einsatzzeit zukommen lassen, wie an den vielen Kuchenstücken der linken Hälfte zu erkennen ist – selbst Arslan als letztes namentlich bezeichnetes Kuchenstück kam noch auf 653 Minuten. Bei Mainz dagegen konzentrierte sich die Spielzeit einerseits auf einige Stammspieler (die Hälfte der Spielzeit verteilt sich auf 6 Mann), andererseits kamen vier ihrer Leute (Koch, Parker, Slišković, Pflücke) jeweils weniger als 10 Minuten in der gesamten Saison zum Einsatz, sie sind in diesem Diagramm gar nicht mehr zu erkennen. Beides schwächt sowohl den subjektiven Eindruck von Variation als auch die Kaderentropie ab. Die Kaderentropie scheint also tatsächlich geeignet sein, die Schwankungen in den Aufstellungen zu quantifizieren.

Verhältnis zum Spielanteil der ersten Elf

Die Rechtsachse gibt hier an, welcher Anteil der Spielzeit (in %) auf die elf Spieler mit der meisten Einsatzzeit entfällt. Setzt ein Team nur elf Spieler ein, beträgt dieser Anteil 100%, rotiert er wie das am Anfang genannte Beispiel-Team A 22 Spieler gleichmäßig durch, beträgt er 50%. Wir sehen auch hier einen Zusammenhang – niedrige Kaderentropie und ein hoher Spielanteil der ersten Elf gehen Hand in Hand. Trotzdem ist das Paradebeispiel in dieser Disziplin nicht das Team mit der geringsten Kaderentropie, sondern der FC Augsburg:

Fast 80% der Spielzeit verteilen sich auf die ersten elf Spieler (Ragnar Klavan bis Dominik Kohr). Das sieht doch schon nach sehr wenig Veränderung aus. Wie also schafft es Borussia Mönchengladbach, bei der Kaderentropie einen noch niedrigeren Wert zu erreichen? Die Antwort liegt links oben im Kuchendiagramm: Jenseits der ersten Elf setzte Augsburg 14 weitere Spieler ein, Gladbach nur 7:

Das Gladbacher Kuchendiagramm scheint ein Musterbeispiel für Rotation zu sein: ein Kreis annähernd gleichmäßig eingesetzter Spieler, innerhalb dessen zwar viel variiert wird, da der Kreis eingesetzter Spieler aber kleiner ist als bei allen anderen Bundesligisten, ist die Variation insgesamt aber sehr gering. Ein Blick zurück auf den Vergleich mit der Spielerzahl: Die graue diagonale Linie ist die »Ideallinie« der Rotation: hier ist Kaderentropie gleich Anzahl eingesetzter Spieler. Wer drauf liegt, hat nach Definition der Kaderentropie alle seine Spieler gleichmäßig eingesetzt, also gleichmäßig rotiert. Gladbach liegt dieser Ideallinie am nächsten, der Kaderentropie gemäß sind sie also das Team, bei dem man mehr als bei jedem anderen von Rotation sprechen kann. Mainz dagegen hat, wie oben ausgeführt, viele Spieler eingesetzt, mit einigen gesetzten Spielern und vielen Spielern ohne nennenswerte Einsatzzeit aber alles andere als gleichmäßig rotiert. Der Verein liegt daher weit abseits dieser Rotations-Linie.

Verhältnis zur Anzahl der erreichten Punkte

Diesmal sind auf der Rechtsachse die Punkte in der Bundesligasaison 2014/15 eingetragen. Hier sticht kein eindeutiger Zusammenhang ins Auge. Die Kaderentropie scheint bei genauerer Betrachtung weniger mit der Punktausbeute des Vereins als mit seinem Abschneiden im Vergleich mit seinen Erwartungen zusammenzuhängen. Schließlich sind die vier Vereine mit der größten Kaderentropie der HSV, Schalke, Dortmund und Bremen, also allesamt Klubs, die deutlich hinter den Erwartungen zurückblieben – in den Fällen von Schalke, Dortmund und Bremen akut in bestimmten Phasen der Saison, im Fall von Hamburg chronisch. Die fünf Klubs, die sich dagegen am anderen Ende der Skala abgesetzt haben, haben in Gladbach, Augsburg und Köln eine sehr erfolgreiche Saison absolviert oder im Fall von Leverkusen und Hoffenheim zumindest ihr vor der Saison ausgegebenes Ziel problemlos erreicht und dabei phasenweise über den Erwartungen gespielt.

Dennoch ist eine hohe Kaderentropie noch kein Anzeichen schlechten Fußballs: So weist der Deutsche Meister Bayern München einen höheren Wert als der Tabellenletzte aus Paderborn auf. Man mag anführen, dass die Wechsel bei den Bayern schon durch die Dreifachbelastung erzwungen seien. Betrachtet man aber die ebenfalls lange international vertretene Borussia aus Mönchengladbach, wirkt die Begründung für sich alleine nicht mehr besonders stichhaltig. Vielmehr erinnert man sich an einen weiteren Grund für den FC Bayern, viel zu rotieren: Sie mussten in der vergangenen Saison mit vielen Verletzungen umgehen. Lange Ausfälle von Badstuber, Martínez, Thiago, Alaba und Lahm prägten die Saison. Vergleichen wir die Kaderentropie also mit den Verletzungen in den Teams.

Verhältnis zur Ausfallzeit pro Spieler

Als Maß für die Verletzungen sind hier auf der x-Achse die durchschnittlichen Ausfalltage pro Kadermitglied vermerkt. Hier ist wieder ein Zusammenhang zu erkennen: Wer wenige Verletzungen im Kader hat, verändert seine Aufstellung auch weniger. Mönchengladbach kam bei ihrer Rotation im kleinen Kreis sicherlich entgegen, dass sie hinsichtlich der Verletzungen einen großen Vorteil gegenüber dem Rest der Liga hatten. Abgesehen von einigen Wehwehchen des Routniers Martin Stranzl waren kaum gravierende Ausfälle zu verzeichnen. Ob hier von Glück oder Pech gesprochen werden kann, ist allerdings fraglich: Trainingssteuerung, Verletzungsprävention und nicht zuletzt die Kaderzusammenstellung dürften hierbei eine wichtige Rolle einnehmen.

Die drei anderen hervorgehobenen Teams Augsburg, Mainz und Hamburg waren einander in der Verletzungsstatistik sehr ähnlich, veränderten ihre Aufstellungen aber in ganz unterschiedlichem Maße. Der Umgang mit dem Spielermaterial, die Schwankungen in der Aufstellung und damit die Kaderentropie scheinen letztlich eher Konsequenz von Entscheidungen der sportlichen Führung zu sein und damit ein Aspekt des Umganges mit einer Fußballmannschaft.

Text: Julian Ritter // Grafiken: Jens Peters // Vielen Dank an fussballverletzungen.com für die Ausfallstatistik

#Link11: Knäbel-Verträge, Zukunftsmusik und der Status Quo

Einmal werden wir noch wach, dann ist Bundesligaspilldach. Die Aufregung steigt bei dem ein oder der anderen ins Unermessliche, die Saisonprognosen sind geschrieben, die Manager- und Tippspiele sind eingerichtet und Bier steht hoffentlich schon kalt. Wer sich die Zeit des Wartens mit ein paar Medienangeboten verkürzen möchte, dem sei folgende Auswahl empfohlen:blogundpresseschau

1. Christian Spiller (Zeit) vergleicht in seiner Saisonvorschau Theodor Fontane mit Bruno Labbadia, hält Statistiken und Wahrscheinlichkeiten parat und weiß genau was es Neues in der Bundesligasaison 2015/2016 zu bestaunen gilt. Und auch Schill, Hagenberg-Scholz und Dembowski haben sich im »Soldiner Eck« getroffen, um die Saison einzuläuten. Zorc, Klopp, Hummels – alle bekommen ihr Fett weg.

2. Geht es nach den Bayern-Bloggern von Mia san rot, dann wird Dortmund der ärgste Verfolger der Bayern auf ihrem Weg zu Meisterschaft Nummer 4 in Serie. In diesem Satz versteckten sich schon zwei der 15 Thesen zur Bayern-Saison 2015/2016Wer noch mehr Experteninput braucht, dem sei die Achterrunde bei kickwelt empfohlen. Mit dabei unter anderem Günter Klein, Oliver Schmidt und Marc Hindelang. Peter Ahrens (Spiegel Online) wagt derweil wieder einen Außenseitertipp.

3. Auch Breitnigge freut sich auf die neue Saison, ärgert sich aber über die deutschen Sportmedien, weil sie im Umgang mit Bayern-Trainer Guardiola aus seiner Sicht zu boulevardesk berichten. Diese Berichte könnten deutlich häufiger kommen, wenn die Vereine die Journalisten irgendwann nicht mehr auf das Gelände lassen, weil sie selbst berichten wollen mit ihren Vereinsmedien. Was in der Bundesliga noch nach Zukunftsmusik klingt, wird in der Premier League schon ausgelebt, wie Andrew James (The Conversation) zu berichten weiß.

#RucksackGate, Pokalpleite, Oli Hilbring hat sich vor dem Start bei den #Bayern mal in die Psyche eines #HSV-Fans…

Posted by RevierSport.de on Mittwoch, 12. August 2015

4. Zurück zum Bundesligaauftakt: Nach der Pleite in Jena, dem Verlust der Knäbel-Verträge im Park und den merkwürdig bedruckten T-Shirts, wähnt Holger Gertz (SZ) den HSV »Gefangen in der Häme-Falle«. Und auch Hannes Hillebrecht (Blog trifft Ball) fragt sich, warum der HSV so gehasst wird.

5. Was im Tweet oben aussieht wie ein nahrhaftes britisches Frühstück, ist wohl ein Fußballtrikot. Hier wird recht deutlich für den Sponsor schon durch die Wahl der »Musterung« geworben und auch im deutschen Fußball macht man sich seine Gedanken wie man durch das Design von Schrift und Farben den Geldgeber noch deutlicher in Szene setzen kann. The Modern Game über »commercialisation of shirt littering« am Beispiel Bundesliga. Da wird einem schnell klar, warum in Dortmund das Torwarttrikot lila und in Wolfsburg die Trikots nun auch blau sind.

6. Ebenfalls ums Geld geht es bei Versicherungen gegen den Abstieg oder das Verpassen der Champions League. Wie das funktioniert und warum durch solche Versicherungen der Status Quo in der Bundesliga zementiert wird, erklärt ein Beitrag der KPMG.

 

Geburtstagskind des Tages

(Gestern war Klaus Toppmöller das gesuchte Geburtstagskind. Er ist nun 64 Jahre alt.)

 

 

7. Nach diesem kleinen Quiz gibt es was auf die Ohren. Zum Beispiel bei Auffe Ohren, dem Podcast zum BVB, der sich in der aktuellen Folge mit Hörerfragen zur neuen Saison auseinandersetzt. Oder beim Eintracht Frankfurt Podcast, wo der Pokal verarbeitet wird und die Entwicklungen rund um die Eintracht diskutiert werden. Auch Hannoverliebt setzt sich mit dem wenig überzeugenen DFB-Pokalauftritt in Kassel auseinander und gibt Ausblick auf eine schwere 96-Saison. Eine eben solche erwarten auch die Duisburger, die bei Unter Flutlicht auch mit einem von der Atmosphäre beim Pokalspiel gegen Schalke beeindruckten Trainer Baade sprachen. Den macht sogar meine Oma mag es zwischendurch etwas boulevardesker und diskutiert Lionel Messis Frühstück, Bundesliga Sonderhefte, die Autos von Cristiano Ronaldo und Kooperationen von Borussia Dortmund mit Alba Berlin oder von Jérôme Boateng mit US-Rapper Jay Z.

8. Von Jay Z hat Julian Green insgeheim vielleicht auch geträumt als er in Hamburg davon sprach, dass er »vielleicht ein kleiner Messi werden kann.« Nun ist aus ihm eher ein kleiner Podolski Kirchhoff geworden, der nach einem Jahr in Hamburg nun wieder zurück bei seinem Lieblingstrainer Pep Guardiola ist. David Kreisl (spox) über den schwierigen Weg eines großen Talents. 

9. Einen außergewöhnlichen Weg versucht man in Sachsen-Anhalt zu gehen, wo – nachdem 56 von 65 Schiedsrichter sich weigern die Spiele des offenkundig von Rechtsextremen dominierten FC Ostelbien zu leiten – der Verein aus dem Verband ausgeschlossen werden soll. Javier Cáceres und Cornelius Pollmer (SZ) und Ronny Müller (taz) über die geplante Schaffung eines Präzedenzfalls. 

10. Die Bad Boys des Fußballs und ihre spektakulärsten Aktionen stellen die jungen Kicker des Bad Boy FC nach. Eine wunderbare Bilderserie. Zu sehen beim 8 by 8 Magazine.

11. Zu den Bad Boys gehörte Horst Hrubesch wohl nie. Er ist erst mit 24 Jahren als Spieler von Rot-Weiss Essen zum Profifußball gekommen. Dafür ließ er sich von seinem Job als Dachdecker für zwei Jahre beurlauben. Mit brandeins sprach Hrubesch über Talent, Disziplin und harte Arbeit.

Meist geklickter Link gestern

»Zum Blonden Engel« über die »Unglaublichen Bilder« und ihre Ankündigung und Moderation im TV.

Field Reporter

»In Frankfurt ist mein Gesicht in ein Galgenmännchen montiert worden, als es sportlich nicht lief, in Köln wurden wir im Bus von den eigenen Fans mit Steinen beworfen und haben uns auf den Boden geschmissen. Ich habe schon viel erlebt. Wenn so etwas einen Umwerfen würde, hätte man ein Problem in dem Job. Das ist gewiss nichts, was einen freut, es beschäftigt einen auch, aber man muss immer nach vorne schauen und sich wieder auf das Wesentliche konzentrieren.«

Horst Heldt im Gespräch mit Gianni Costa (RP) über seine Arbeit auf Schalke, Leben in Düsseldorf, sein Verhältnis zu Clemens Tönnies und aufgeregte Anrufe wegen Elmar Wepper.

Mixed Zone
Hamburg: Uwe Seeler macht sich Sorgen. + + + DFB-Pokal: Der Übersteiger über das Spiel gegen Borussia Mönchengladbach, leere Sitze und Halbzeitmusik. Im Schatten der Tribüne ist derweil »hingerissen« vom Auftritt von Rot-Weiss Essen gegen Fortuna Düsseldorf. + + + Punktabzug: Droht dem 1.FC Nürnberg. (SZ) + + + Erfolg: Rory Smith (ESPN) über Vereine, die sich wirklichen Erfolg gar nicht wünschen. + + + Neverendingstory: Ismaik ist in München. (SZ) + + + Nur der BVB: Was klingt wie ein schlecht kopierter HSV-Slogan ist der Titel eines 240-Seiten-Buches über einen Verein aus Dortmunds, das für den Rote Erde Blog rezensiert wurde. + + + »Traditionsreicher Neuling«: Wie der FC Ingolstadt vermarktet wird. (Horizont) + + + Saisonvorschau: Ansgar Löcke (BundesligaFanatic) über Hannover 96. + + + Ziemlich beste Freunde: Wie ein hervorragendes Filmplakat von SCF Filmcover – in den Hauptrollen Streich und Verbeeck. + + + Wachstumsfaktor: Die Fußball-Bundesliga wächst zehn mal schneller als die Wirtschaft. (Tagesspiegel) + + + Stadiontour: Wer gestern gern durch den Borussia-Park schwebte, der kann das heute dank der Sportschau heute in Dortmund genießen.

#Link11: Das ist mein Fußball! Such dir einen eigenen.

Tja, da wären wir wieder einmal. Am Wochenende wurde viel Fußball gespielt, und doch füllen sich die Sportteile der Zeitungen mit einem Ereignis, bei dem eben nicht Fußball gespielt wurde. Der Feuerzeug-Wurf von Osnabrück bleibt auch heute das dominierende Thema.

blogundpresseschau

1. Der Feuerzeug-Wurf von Osnabrück beschäftigt immer noch die Gemüter. Collinas Erben (ntv) stellen wie immer sachlich fest: Es wird keine Spielwiederholung geben. Ulrich Hartmann (Süddeutsche) meint, man könne nicht alles Negative auf einen einzelnen Täter schieben. Zum Blonden Engel beschäftigt, wie die Sportschau das Ereignis inszeniert hat. Sein Fazit: Der Schiedsrichter hätte die gelbe Karte wegen Zeitspiels gezückt.

2. Genau passend zur aktuellen Gewalt-Diskussion hat der NDR ein Radio-Feature veröffentlicht. Moritz Cassalette und Fabian Wittke beleuchten eine andere Ebene der Gewalt: jene vor den Stadien.

3. Leider gilt die alte Phrase: Die Gewalt überschattet das Sportliche. Man findet dennoch ein paar Nachklapps zum Pokal-Wochenende. Volk ohne Raumdeckung erfreut sich am Sieg der Jenaer. Pleitegeiger flüchtet sich nach der HSV-Niederlage in sarkastische Zukunftsprognosen. David Niemeier (DerWesten) beleuchtet die Rolle von Lars Stindl bei Gladbach. Und Constantin Eckner und ich haben bei Spielverlagerung ein paar taktisch interessante Punkte des Wochenendes herausgegriffen.

4. Wem oder was gehört der Fußball eigentlich? Diese Frage wabert unterschwellig unter vielen Diskursen, sei es zu Ticketpreisen, Fangewalt oder Anstoßterminen. Fokus-Fussball-Kollege David Theis (Haihappening) arbeitet sich an der Frage ab, was Kultur im Fußball überhaupt ist.

5. Die Frage, wem gehört eigentlich der Fußball, dürfte auch englischen Fans in den Sinn kommen, wenn sie den Text von twohundredpercent gelesen haben. Es ist ein interessanter Text über die Frage, wieso sich NBC so gut dabei anstellt, die englische Liga nach Amerika zu bringen. Und wieso die Premier League noch mehr Anstoßzeiten anbieten müsste, um die Popularität in den USA noch weiter zu steigern.

6. Der FC Ingolstadt geht als zweiter Aufsteiger neben dem Romantiker-Liebling Darmstadt etwas unter. Wenn der Verein überhaupt wahrgenommen wird, dann allerhöchstens als Retortenprodukt. Bastian Rudde (Deutschlandfunk) lässt beide Seiten zu Wort kommen – den Verein und kritische Fans. Andernorten nimmt Bastian Rudde (BR) Ingolstadt zum Anlass, über Volkswagens Rolle im deutschen Fußball zu schreiben zu schreiben.

7. Apropos Investoren im Fußball: Der österreichische Regionalliga-Klub SV Horn hat einen etwas anderen Investor: Keisuke Honda, ehemals japanischer Nationalspieler. Wie er den Klub in die Champions League führen und in Japan bekannt machen möchte, beschreibt Johannes Kirchmeier (Süddeutsche).

8. Die Bundesliga geht los, und so langsam trudeln die Prognosen und Vorschauen ein. Der Rasenfunk hat einen Podcast mit einer Länge von über zwei Stunden veröffentlicht, bei dem auf alle Teams vorausgeblickt wird. Ronald Tenbusch (Welt Online) berichtet indes von einer Studie, die belegt, dass die Bundesliga die unberechenbarste Liga Europas ist. Wirklich wahr.

9. The Swiss Ramble ist eine Insitution, was Finanzanalysen im Fußball angeht. Dagegen sind Spielverlagerung-Analysen kurz und oberflächlich. Aktuell nimmt sich der Schweizer Juventus Turin vor. Wer also alles über die Finanzstärke von Juve erfahren möchte, sollte unbedingt den Link klicken.

10. Kevin Pannewitz galt einst als Talent im deutschen Fußball. Heute nicht mehr. Seine professionelle Karriere hat er längst beendet, auch weil er stets mehr Kilo auf die Waage brachte, als seine Trainer erlaubten. Hannes Hilbricht (Zeit Online) mit einem Porträt, das zeigt, wie schnell eine Karriere beendet sein kann.

11. Wer schöne Bilder von Stadien mag, wird diese Reportage lieben: Der WDR hat eine Multimedia-Reportage zum Gladbacher Stadion entworfen, mit allerlei Bildern und 360°-Panorama-Spielereien. Enjoy.

Meist geklickter Link gestern
Des kickers rigoroser Kommentar zur Osnabrück-Causa.

Geburtstagskind des Tages

(Auflösung von gestern: Nemanja Vučićević wurde 36)

Mixed Zone
Vorbild? Ein schwedischer Schiri eröffnet eine Facebook-Seite, um nach dem Spiel strittige Entscheidungen erklären zu können (s. Guardian). + + + Namedropping: Der Abstauber sammelt die großen Talente der Bundesliga. + + + Der vierte Streich: Barcelona gewinnt auch den Supercup. Gegen Sevilla siegten die Katalanen mit 5:4 – und für dieses Ergebnis war kein Elfmeterschießen nötig (s. DerWesten). + + + Zickenkrieg: Wie damals in der Schule: Immobile lästert über den BVB. Manager Zorc kriegt’s raus und findet’s „zum Kotzen“ (s. Spiegel Online). + + + Das Guttenberg-Shirt: Der HSV gleitet von einer Peinlichkeit in die nächste. Nun blamieren sie sich mit einem Shirt, das die Choreo eines anderen Vereins zeigt (s. Tagesspiegel).

#Link11: »Der Skandal ist nicht, dass mal einer trifft«

Guten Morgen. Wie einige sicherlich schon bemerkt haben: Wir führen jetzt ein kleines Quiz im Rahmen der #Link11. Gezeigt wird die Wikipedia-Infobox zur Vereinslaufbahn eines Fußballers, der Geburtstag feiert. Es darf geraten und kommentiert werden. Außerdem zahlreiche Texte zum DFB-Pokal, insbesondere den vier Montagsspielen. Dazu ein Interview mit Ivan Rakitic im Vorfeld des Supercups. Enjoy!

blogundpresseschau

1. Die erste DFB-Pokal-Hauptrunde konnte am gestrigen Abend noch nicht abgeschlossen werden: die Partie zwischen Osnabrück und Leipzig wurde nach 71 Minuten beim Stande von 1:0 für die Gastgeber abgebrochen, nachdem Schiedsrichter Martin Petersen von einem aus dem Publikum geworfenen Feuerzeug am Kopf getroffen worden war. Der kicker berichtet, was sich ereignet hat. Der Rotebrauseblogger rekapituliert den Abend und findet deutlichere Worte:

Der Skandal ist nicht, dass mal einer trifft, sondern dass die 50 vorher, die nicht getroffen haben und sich im Einklang mit ihren gelebten Anti-RB-Emotionen sahen, den Vereinen im Normalfall keine Silbe wert sind, weil sie ja Teil der wichtigen, eigenen Fankultur sind. Und auch in Osnabrück hätte man über Hohnstedt, fliegende Becher und geworfene Feuerzeuge nicht gesprochen, sondern sich dafür gefeiert, wie toll man ist (zu großen Teilen, was Mannschaft und Publikumsunterstützung angeht, auch zurecht), wenn denn das Fangnetz am Anfang nicht seinen Geist aufgegeben hätte.

Der Leipziger Verein hat inzwischen trotz des absehbaren Sieges am grünen Tisch ein Wiederholungsspiel angeboten.

2. Beim Spiel zwischen Aalen und Nürnberg brauchte es weit mehr als 120 Minuten, um einen Ball über die Linie zu bringen. Nach torlosem Spiel war schließlich der fünfte Elfmeter im Entscheidungsschießen als erster drin. Aalens Torhüter Daniel Bernhardt hielt sensationelle drei von fünf Schüssen, Nürnbergs Thorsten Kirschbaum zwar keinen einzigen – von den fünf Aalener Strafstößen kam aber überhaupt nur einer aufs Tor. Die Clubfans United blicken auf das Spiel zurück.

3. Im vorab von den Buchmachern als engstes Spiel der Pokalrunde eingestuften Spiel zwischen Arminia Bielefeld und Hertha BSC behielt der Bundesligist letztlich die Oberhand. Stefan Hermanns (Tagesspiegel) berichtet.

4. Auch die Partie St. Pauli – Mönchengladbach gehörte zu den vier Ansetzungen, in denen ein Zweitligist als Außenseiter Heimrecht hatte. Hendrik Buchheister (Spiegel Online) erzählt die Geschichte des Spiels rund um die Person Lars Stindl. Fotos gibt es bei Stefan Groenveld.

5. Die Vorfälle in Bielefeld und Osnabrück fasst Reiner Franzke (kicker) mit Wünschen bezüglich der jeweiligen Täter und Opfer zusammen – ein knackiger Kommentar zum Wochenende.

6. Der Akademikerfanclub wundert sich nach der Niederlage der TSG Hoffenheim bei 1860 München über vieles – so vieles gar, dass er dem kartesischen Grundzweifel hinsichtlich Wachens und Träumens anheimfällt.

7. Der Hamburger SV hat in Jena verloren.

Das Erschreckende für mich war einfach, dass es so aussah wie vergangene Saison, dass die Mannschaft immer noch keinen Plan hat, wie sie Fußball spielen soll, dass ich keine Struktur auf dem Feld sehen konnte. Es war ja nicht so, dass der FCC nur gemauert hätte und mit Glück ein Ding reingemacht hat. Nein, Jena hat verdient gewonnen, weil sie selbst bei eigener Führung sich nicht zurückgezogen haben und auf ein weiteres Tor drängten. Unser Offensivspiel hingegen war sehr auf Zufall und Schiedsrichter-Glück ausgelegt. Das Positive: Viel schlechter geht es nicht mehr.

Tanja (Raute 22c) ist in eine Beziehungskrise geraten.

8. Ayla Mayer hebt für Spiegel Online den Charme Barmbek-Uhlenhorsts hervor, als sie den Hamburger Oberligisten zum Pokalspiel gegen den SC Freiburg (0:5) besucht.

9.

In der Mitte mühte sich Carlos Gruezo, wie ein Taschendieb schlich er sich an und griff immer wieder zu, aber die Präsenz von Serey Dié fehlt ihm. Gruezo ist auch ein anderer Spielertyp, er versucht das eigene Spiel zu strukturieren, Dié versucht dagegen das gegnerische Spiel zu dekonstruieren. Auch Filip Kostic ließ sich seltsam den Schneid abkaufen. Gut, dass hinten Timo Baumgartl aufräumte in einer Bierruhe wie sie zuletzt ein Klaus Augenthaler in seinen reiferen Jahren verbreitete.

Der Vertikalpass bedankt sich beim VfB Stuttgart für ein langweiliges Spiel bei Holstein Kiel.

10. Fortuna Düsseldorf besiegte auswärts Rot-Weiss Essen im Elfmeterschießen. The Düsseldorfer mag »echten Fußball« und »richtige Fußballvereine« und war deshalb beim gegenseitigen Schulterklopfen für echte Fans fußballerisch längst nicht mehr bedeutungsvoller Vereine dabei.

11. Fans eines Bundesligisten rufen öffentlich dazu auf, das Auswärtsspiel bei einem anderen Bundesligisten zu boykottieren. Ihr Anliegen, selbst zu entscheiden, wer über ihren Aufruf diskutiert und wer nicht, respektiere ich und verlinke daher nicht.

Meist geklickter Link gestern
SG Neureich-Bimbeshausen – »Sorry Rudi«.

Wer feiert heute Geburtstag?

Gestern wurde Sergiu Radu 38.

Field Reporter

»My philosophy is: enjoy it.«

Ivan Rakitic, aus der Schweiz zu Schalke zu Sevilla zu Frau und Kind zu Barcelona (Guardian).

Mixed Zone
Manchester: Schweinsteigers Debüt unter besonderer Berücksichtigung des Sauerkrauts (Münchner Merkur) + + + Duisburg: Der MSV sollte sich wegen eines Banners nicht verrückt machen lassen, findet Kees Jaratz (Zebrastreifenblog) + + + Fußball für Geflüchtete: In Plauen (tagesschau) oder Mainz (Ente Bagdad) + + + Aserbaidschan: Journalist tot nach Kritik an politischer Botschaft eines Fußballers (Handelsblatt/sid) + + + Doncaster: Fair Play (11Freunde) + + +

#Link11: Es war so lange kein Fußball

blogundpresseschau

1. Der 1. FC Saarbrücken schaffte es in diesem Jahr nicht in die erste Hauptrunde des DFB Pokals; der Saarlandpokal ging an den SV Elversberg. Daher hat das FCS-Blog Zeit und Muße, zu erläutern, wo die Ähnlichkeiten von DFB-Pokal und DSDS liegen.

Die wichtigste Runde im Wettbewerb ist gleich zu Beginn. Die breite regionale Streuung des Wettbewerbs vermischt obskuren Lokalpatriotismus in kleineren Regionen mit der latenten Hoffnung, irgendwas Kurioses zu Gesicht zu bekommen. Beim DFB-Pokal ist das der Fünftligist mit Stadion aus den 1970ern, bei dem noch der Opa des Mittelstürmers am Eingang die Karten abreißt. Bei DSDS reicht da der 17-jährige Kandidat im Stimmbruch, der von seinen Eltern und Freunden immer erzählt bekam, dass er doch “ganz toll singe”.

2. Der MSV Duisburg unterlag Schalke 04 mit 0:5. Kees Jaratz (Zebrastreifenblog) hat daher schlechte Laune und niemanden, an dem er sie auslassen kann: »Ich schrei auch kein kleines Kind an, wenn es nicht an die Hängeschränke in der Küche rankommt, um sich ein Glas rauszuholen«. Aber nicht nur die Schalker Mannschaft überzeugte auf dem Platz, auch der neue Trainer evozierte schon vor dem Spiel Nicken im Schalker Presseraum (Königsblog). Weniger Nicken rief ein Duisburger Plakat über Rudi Assauer hervor, dessen hohe Wellen der Empörung mich selbst zu einem Blogbeitrag bei Neureich-Bimbeshausen veranlassten.

3.

Jeder blamiert sich so gut wie er kann und wenn der HSV in den letzten Jahren eines kann, dann das. Wobei das Pokalaus in Jena eigentlich keine neue Blamage, sondern die Fortsetzung dessen war, was man in den letzten Jahren gezeigt hat. Die Spieler scheinen austauschbar zu sein, das Ergebnis bleibt immer gleich: Ein uninspirierter, pomadig wirkender Auftritt von elf Einzelkämpfern, die sich zum Teil haarsträubende Fehler leisten.

Sven Schultze (Zwergenwerke) zum Aus des Hamburger SV beim Viertligisten Carl Zeiss Jena (2:3 n.V.).

4. Hannover 96 holte bei Hessen Kassel einen 2:0-Auswärtssieg, trotz oder wegen überraschenderweise inveser Flügelspieler und eines gelegentlich idiotisch abkippenden Salif Sané. Ein taktisch geprägter Spielbericht bei Niemals Allein.

5. Bei Effzeh.com fand man die Überschrift »Deppen in Meppen« so gut, dass sie trotz des Kölner Sieges doch noch irgendwie verwurstet wird. Martin Gödderz hat das Spiel bei Mama, Papa, Kaffee und Kuchen verfolgt.

Ein Schiedsrichter mit etwas Mitleid für die Kleinen hätte vielleicht mal Fünfe gerade sein lassen. Christian Dietz war nicht so einer. Übrigens hieß der Schiedsrichter so wie der Sohn der besten Freundin meiner Mutter! Wahnsinn, oder? Über diese Tatsache wurde eifrig gesprochen, während der schnelle Pole mit Schmerzen vom Platz gezogen wurde und sich das übliche Spieler-raus-Ersatztorhüter-rein-Wechselspiel nach einer Roten Karte vollzog.

6. Für den VfB Stuttgart war der Ausflug nach Kiel kein Fest, aber immerhin erfolgreicher als die Erstrundenauftritte der lokalen Rivalen Karlsruhe und Hoffenheim sowie des Stadtrivalen aus Degerloch. Benjamin Brumm (Goldmann saxt) hebt die sich abzeichnenden Schwierigkeit des neuen VfB gegen grundsoliden Defensivfußball hervor und sieht im Unterschied zur letztjährigen Saisonvorbereitung gesunde Skepsis anstelle blinder Euphorie.

7. In Rostock scheiterte der FC Hansa im Elfmeterschießen am 1. FC Kaiserslautern. Hendrik Buchheister (Spiegel) erinnert bei aller dem Wettbewerb inhärenten Euphorie an das fußballerische Niveau, auf dem hier Bälle ausgetauscht wurden, und das entsprechend zurückgegangene Zuschauerinteresse.

Der Stadionsprecher wäre beinahe in Tränen der Rührung ausgebrochen, als er die Zuschauerzahl verkündete, so schien es: „Wir haben gehofft, dass es so viele werden. Toll! Danke!“, rief er in sein Mikrofon. Toll war auch die Leistung der Rostocker, zumindest im Verhältnis dazu, was die Mannschaft im Liga-Alltag abliefert.

8. Die Frankfurter Eintracht schlug den Bremer SV auf der Anlage des FC Oberneuland. Björn Wisker (Eintracht Inside) sieht wenig Neues, wenig Erkenntnisgewinn und hat doch ein wenig Hoffnung auf Zählbares beim Saisonauftakt in Wolfsburg.

9. Am Freitagabend gewann der FSV Frankfurt sein Erstrundenspiel beim BFC Dynamo. Ein Bericht aus dem spärlich besetzten Gästeblock (»Denkbar ungünstigstes Datum, denn wie jede*r weiß: Da is Bernemer Kerb.«) bei Hallo Frankfurt:

Das „Gegen Homophobie“-Transparent wurde von Seiten des BFC verboten. Schade. Nach dem Vorfall, wo 20 Hools des BFC ein schwules Pärchen verprügelten, wäre das mal ein Zeichen gewesen.

10. Die unaufgeregte Seligkeit eines VfL-Bochum-Anhängers (Alles supi, deine Elli) angesichts eines ungefährdeten 5:0-Auswärtssieges beim FSV Salmrohr, der schönen Eifellandschaft im Sommersonnenschein und des Astralkörpers von Jan Simunek ist beim Commando Bochum mit Händen zu greifen.

11. Cihan Acar nutzt sein Blog und seinen Twitter-Account, um einem deutschen Publikum türkischen Fußball und türkisches Lebensgefühl zu vermitteln. Er hat Didier Drogbas Anfängen bei Galatasaray im Jahr 2013 einen Artikel gewidmet: »Und dann kam Drogba« – nicht ohne zuvor zu vermitteln, was internationale Niederlagen für türkische Fußballfans bedeuten und wie sie von den Kommentatoren begleitet werden:

»Schuss, und… liebe Zuschauer, wir liegen mit 0:1 hinten.« Das geschieht in einer Stimmlage, mit der ein Ehemann seiner Ehefrau eröffnen müsste: »Schatz, weißt du noch die letzte Ziffer, die wir auf unserem Lottoschein im letzten Moment umgeändert haben… Ich sag’s nur ungern, aber die hat uns gerade dreißig Millionen gekostet.«

Geburtstagskind (38)

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Armeniens Fußballer der Woche, Henrich Mchitarjan, im Interview mit Spox.com: »Ich bin kein Mario-Götze-Ersatz«

Field Reporter

»Wir haben uns toll verkauft, die Mannschaft und der Verein, es war DAS Highlight unserer Vereinsgeschichte. […] Das Problem war halt nur dieses mediale Großinteresse. Jeden Tag Anfragen: Radio, Fernsehen, Zeitungen.«

Dirk Steidel, Geschäftsführer des FC Nöttingen (1:3 gegen Bayern München), im Interview beim Deutschlandfunk.

Mixed Zone
Hamburg: Uwe Seeler macht sich Sorgen. + + + Großkreutz: Volltreffer bei Instagram (Fanzeit) + + + Großkreutz: Eigentor bei Dortmund II (kicker) + + + Bremen: Kaderanalyse bei Meine Saison + + + Archiv: Eintrittskarten aufbewahren? Eher nicht, schreibt Trainer Baade + + + Steinbach: Neu in der Regionalliga, sehr trocken vorgestellt vom FCS-Blog + + + München: Bei den Testspielen wurde für verschiedene Märkte digital nachbearbeitete Bandenwerbung eingesetzt (Stehplatzhelden) + + + Hamburg: Irgendwas mit einem abhanden gekommenen Rucksack voller Gehaltslisten und der Bild-Zeitung (kicker) + + + Bielefeld: Hertha-Bus beschossen, Hintergründe unklar (SZ) + + + Nyon: Play-Offs in CL und EL ausgelost (ZEIT/dpa) + + +

#Link11: Sommerpause-Lückenfüller

Obwohl gestern der erste deutsche Bundesligist wieder zu einem Pflichtspiel ran musste, hängen wir doch noch tief in der Sommerpause. Das merkt man stets daran, dass die Sportteile der Republik mit Lückenfüllern aufgepeppt werden – seien es nun historische Rückblicke oder Transfer-Blabla. Heute ist wieder ein klassischer Lückenfüller-Tag, der trotzdem einiges an spannenden Texten abwarf. Die #Link11:

blogundpresseschau

1. Am Donnerstagabend gab der neue BVB-Coach sein Pflichtspiel-Debüt. Florian Schimak (Spox) sah gegen den Wolfsberger AC einen Sieg mit ganz viel Glück. Die Süddeutsche titelt: „Woran Tuchel noch arbeiten muss“, der Text von Felix Meininghaus dreht sich aber eher um das allgemeine Befinden in Dortmund und beantwortet die aufgeworfene Frage reichlich unkonkret. (Wobei ich an dieser Stelle Herrn Meininghaus in Schutz nehmen möchte: Ich habe mich auch schon manches Mal über eine Überschrift geärgert, die eine Redaktion über meinen Text gestülpt hat.)

2. Vor dem Spiel führte Jochen Tittmar (Spox) ein Interview mit Henryk Mkhitaryan. Der Armenier plaudert (für einen Fußballer überraschend offen) aus dem Nähkästchen. Vor allem Privates erfährt man. Das große Thema in Dortmund ist aber Kevin Großkreutz. DerWesten berichtet: Michael Zorc und Thomas Tuchel tun ihre Enttäuschung darüber öffentlich kund, dass Kevin Großkreutz seine Enttäuschung öffentlich kundtat.

3. Heute Abend geht es weiter mit der 2. Bundesliga. Die Blogosphäre bietet einige Vorschau-Texte auf diesen zweiten Spieltag: Der Rotebrauseblogger blickt gewohnt ausführlich auf das Spiel gegen Fürth, Textilvergehen beleuchtet das Union-Gastspiel in Sandhausen, die Clubfans United interviewen eines Fan des Nürnberg-Gegners Heidenheim.

4. Apropos 2. Liga: Martin Baders Abgang verlief alles andere als harmonisch. Christoph Ruf (Spiegel Online) beleuchtet das Aus des Nürnberger Sportdirektors.

5. Zeitweise liest sich Andreas Lehners (Spox) Text über Mario Gomez wie ein Nachruf. Lehner blickt ausführlich auf die Karriere des Nationalstümers zurück und erklärt, warum es in Florenz nicht so recht klappen wollte. Die Kurve kriegt Lehner im letzten Drittel, wenn es um Gomez‘ Wechsel nach Istanbul geht. Alles in allem ein runder Text.

6. Apropos Gomez: Der Vertikalpass packt die ollen Kamellen wieder aus. In diesem Fall ist die Stuttgarter Meister-Mannschaft von 2007 gemeint. Olle Kamellen deshalb, weil kaum einer der jungen Wilden heute noch eine Rolle spielt. Aber lest selbst.

7. Taktische Analysen funktionieren dann besonders gut, wenn sie anschaulich gemacht sind. Raphael Chidavaenzi (Outsideoftheboot) veranschaulicht seine Analyse zum PSV Eindhoven mit vielen Grafiken. Und genau deshalb ist sie so gelungen.

8. Apropos Taktikanalyse: Was geht so ab bei den Bayern? Constantin Eckner (Spielverlagerung) mit dem Text zur Münchener Vorbereitung.

9. Eigentlich bin ich kein großer Fan von WM-Jubiläen. „In diesem Sommer vor 25 Jahren wurde die DFB-Elf zum dritten Mal Weltmeister“. Nun ja, Turniere, die alle vier Jahre zum selben Zeitpunkt stattfinden, jähren sich nun einmal im Sommer. Man kann als Sommerpausen-Lückenfüller praktisch jedes WM-Jubiläum feiern. Dass Alex Raack (11Freunde) das 85jährige Jubiläum der WM 1930 feiert, lasse ich nur deshalb durchgehen, weil sein Rückblick amüsant und zugleich informativ ist.

10. „Anecdotal evidence“ nennt man im Englischen die Argumentationskraft von Anekdoten. Eine großartige Anekdote gibt es im Speiselokal/Blog zum blonden Engel, und zwar über den Uefa-Chef/Fifa-Präsidentschaftskandidat Platini. Manchmal sagt eine Geschichte mehr als tausend Biographien.

11. Kollege Thomas Hiete hatte recht, als er mir gestern auf Twitter vorwarf, ein hämischer Tweet von mir über den kicker sei unkollegial. Medienschaffende hacken gerne aufeinander herum, manchmal auch unnötig (so wie ich gestern). Nötig ist aber die konstruktive Kritik an redaktionellem Missverhalten, auch von Medien an Medien. Sonja Alvarez (Tagesspiegel) tut genau das und rollt die Causa Neuer-Interview-Schleichwerbung (wir berichteten) noch einmal in sachlicher Manier auf. Überraschend: Der kicker empfindet sein eigenes Verhalten in der Causa als einwandfrei.

Meist geklickter Link gestern
Nordbayern.de über den Anlass von Baders Demission: Eine Begegnung zwischen Ultras und FCN-Spielern an einer Raststätte.

Field Reporter

Ich weiß von Miro, dass er nach der Karriere nach Deutschland zurückgeht, um beim DFB als Trainer anzufangen.

Lazio-Sportdirektor Pare über Miroslav Kloses Zukunft (s. FAZ).

Mixed Zone
Serie: Nedfuller stellt fünf Fragen zu allen Bundesligisten. In der aktuellen Folge befragt er Stefan Vogel zum BVB. + + + Eklat: Ausschreitungen und ein Steinwurf sorgen für einen Spielabbruch in Tirana (s. FR-Online). + + + Bundesliga-Comeback verschoben: FCA-Neuzugang Trochowski muss lange pausieren (s. Ruhrnachrichten). + + + Wissen: Ich gebe zu, für das Verständnis des folgenden Textes bin ich zu jung. Vielleicht können Sie, lieber Leser, damit mehr anfangen. Dirk Gieselmann (11Freunde) philosophiert über die Frage, warum er sich Fußballwissen nur bis zum Jahr 2000 merken kann.

#Link11: 11 Monkeys

Endzeitstimmung und Dystopie in der #Link11. Korrupte Sportpaten, von Horrorvisionen geplagte Blogger, Fußballclubs, die sich nachts in dunklen Ecken auf Deutschlands Autobahnraststätten herumdrücken (müssen) und verzweifelte Flüchtlinge mit dem Traum, Fußballer zu werden, machen heute einen großen Teil unserer Blogschau aus. Natürlich würde ich gerne über positivere Dinge berichten, doch allzu oft kann man sich das eben nicht aussuchen.

Nur gut, dass es die Heinz Kamkes und Wochenendrebellen dieser Welt gibt, die die zuvor gewonnenen Eindrücke in der zweiten Hälfte der Link11 mit verantwortungsvoller Pädagogik und ungefilterter Liebe wieder auszubalancieren wissen.

blogundpresseschau

1. Was niemand für möglich gehalten hätte, ist nun Gewissheit: Michel Platini möchte das Amt des FIFA-Präsidenten von Senator Palpatine Sepp Blatter übernehmen. Der Weltverband scheint also dabei zu sein, sich ein kleines Facelifting zu verpassen, damit die Geschäfte weitergehen können. Oder, wie Jens Weinreich die Kandidatur des Blatter-Schützlings Platini kommentiert: Ein Nachfolger aus dem eigenen Stall. Auch Oliver Fritsch schreibt, Platini sei der perfekte FIFA-Präsident blatter’scher Prägung (Zeit).

2. Und Fußballverbände wären eben nicht Fußballverbände, wenn nicht auch Platini von einem Mann beerbt würde, der die UEFA ganz in seinem Sinne weiterführt (DFB). Es erscheint mir daher logisch, dass Wolfgang Niersbach bereits als Platinis Nachfolger gehandelt wird (RP Online).


3. Der erste Spieltag der zweiten Bundesliga ist beendet. Es ist Montag Nacht und der FC Nürnberg hat gerade ein turbulentes Spiel inklusive dramatisch missglückter Aufholjagd mit 3:6 verloren und befindet sich im Mannschaftsbus auf dem Heimweg. Was dann geschehen sein soll, finde ich so unglaublich, dass ich vor Aufregung an einem schweren Fall von Clickbaiting erkrankt bin (Nordbayern).

4. Auf dem Berg Gurugú in Marokko leben etwa 2.000 Männer in einem illegalen Flüchtlingscamp. Ihr Leben ist von immer neuen Versuchen, den Grenzzaun zur spanischen Exklave Melilla zu überwinden, geprägt. Fußballspiele auf einem provisorisch hergerichteten Spielfeld stellen eine der wenigen Ablenkungen dar. Bei den »Internationalen Gurugú-Meisterschaften« treten die Männer gar in Nationalteams gegeneinander an. Meiko Haselhorst war vor Ort (11 Freunde).

Was für die Gurugú-Spieler wohl ein Traum bleiben wird, ist für Ousman Manneh, der vor einem Jahr noch in einer Flüchtlingsunterbringung lebte, zum Greifen nahe: Eine Profi-Fußballkarriere in Europa (Welt).

5.  Ist es richtig, eine gigantische Sportveranstaltung an ein Land zu vergeben, dessen Regierung sich Demokratie und Menschenrechten nicht im gleichen Maße verpflichtet fühlt, wie „wir“ Westeuropäer? Dient solch ein symbolischer Ausschluss am Ende überhaupt Demokratie und Menschenrechten? Ist es besser, kritikwürdige Zustände via Sportevent ins Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit zu rücken? Obwohl ein guter Machthaber solche Veranstaltungen für sich zu nutzen weiß? Lisa Sonnabend jedenfalls hat einige Daten gesammelt und visualisiert, um der Frage nachzugehen, ob Turniervergaben an „undemokratische“ Nationen heute eher im Trend liegen, als in den vergangenen Jahrzehnten (SZ).

6. Wer jetzt noch nicht in eine Weltuntergangsstimmung verfallen ist, dem präsentiere ich: Ian King. Ian hat die Nase voll vom modernen Fußball. Was früher das „schöne Spiel“ war, ist für ihn zu einer dystopischen Vorhölle verkommen, Fans sind von omnipräsenten, soziopathischen Halbgöttern in Stutzen umgeben, die mittlerweile wichtiger sind, als Clubs und ihre Kultur. Während seiner unterhaltsamen Ereiferung vergisst er allerdings nicht, dass das Schimpfen auf vermeintlich egoistische Jungmillionäre bestenfalls eine Seite der Medaille ist (200%).

7. »David ist ein netter Junge, muss aber dringend an der Leserlichkeit seiner Schrift arbeiten!« Es ist Juli und im Juli gibt es in der Regel Kicker-Sonderhefte, Sonne – und Zeugnisse. Die meisten enthalten Noten, die der ganz Kleinen aber nur einige beurteilende Worte. Heinz Kamke, feingeistiger Pädagoge und VfB Fan, hat einer ganz bestimmten Jungenklasse seines Vertrauens einige wohlwollende Beurteilungen für die neue Saison Schulzeit mit auf den Weg gegeben. Der Vertikalpass unterrichtet an der selben Schule und fragt sich, was eigentlich der Jahrgang von 2007 gerade macht.

8. In der Fanszene des FC Saarbrücken brodelt es. Eine Fan-Initiative namens UNSERFC versucht, das aktuelle Präsidium gegen eigene Kandidaten auszutauschen. Ein kürzlich gestellter Antrag zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung war jedoch an der erforderlichen Beteiligung gescheitert. Das FCSBlog hat sich die Konzepte der Opposition aus der Nähe angeschaut und versucht, eine erste Einschätzung zu ihrer Tauglichkeit abzugeben.

9. Der Fußball hat eine Vielzahl skurriler Persönlichkeiten hervorgebracht. José Luis Chilavert ist eine davon. Und eine streitbare noch dazu. Eben ein Torwart, der direkte Freistöße verwandelte, Politiker verdrosch und mit Jesus verglichen wurde. Stephan Reich nutzt den 50. Geburtstag Chilaverts für einen Rückblick (11 Freunde).

10. Für Schalke-Fans dürften Torsten und sein Königsblog eine Institution in der Weblandschaft sein. Da macht es Sinn, dass Torsten (mit tatkräftiger Unterstützung) das Treiben seines Lieblingsvereins künftig auch im Podcast-Format kommentiert und analysiert. Gerade ist die zweite Folge von „Glückauf Pils“ erschienen, in der es um die königsblaue Saisonvorbereitung geht.

11. Jay-Jay, die jüngere Hälfte der Wochenendrebellen sucht bekanntlich mit der Hilfe seines Papsis nach einem Lieblingsverein. Da die beiden sich bei ihrer Vermessung der Fußballwelt nicht allein auf die eigenen Stadionbesuche verlassen möchten, haben Blog-LeserInnen die Möglichkeit, Jay-Jay per Brief zu berichten, wie und warum sie zu Ihrem Herzensverein gekommen sind. Heute korrespondiert Maurus mit den beiden und erklärt, wie man vom Gladbach- zum Effzeh-Fan wird (Wochenendrebell).

Meist geklickter Link gestern
Gegen den Ball mit seiner Schalke Analyse anhand eines BVB-Vergleichs war auch gestern ganz oben.

Field Reporter

»Der Rasen ist die Grundlage des Fußballs, dort soll der Ball rollen. Wenn er [Tuchel] da mal ein Stück neu einsetzt, das jemand herausgegrätscht hat, dann ist das ganz normal. Manche Sachen werden eben derzeit auch überhöht, weil es schön plakativ ist.«

Auch Michael Zorc ist wohl der Auffassung, dass die Saison des BVB nicht früh genug beginnen kann. Und sei es nur, damit die Vorbereitungsberichterstattung ein Ende hat (Der Westen).

Mixed Zone
Gar nicht mal lange her: Als der DFB den Frauenfußball verbot (Deutschlandfunk) + + + Saisonvorschau: Die 72.481 taktischen Optionen des FC Bayern München (Spielverlagerung)  + + + Manchester: Ist Wayne Rooney Uniteds neue alte Nr. 9 (abseits.at)? + + + Freiburg: Tackling mit vier Pfoten (FumS) + + + Wer ist eigentlich Jürgen Damm, „deutscher“ Rechtsaußen im Finale der Copa Liberatores (SZ)? + + + Hat den Männerfußball abgeschafft: Der Vosslocher SV (Zeit) + + + Talentschmiede aus Tradition: Ajax Amsterdam (abseits.at)

#Link11: Potpourri

»Potpourri« ist eines meiner Lieblingsworte. Es handelt sich dabei um die kunstvolle Zusammenstellung entweder duftender Blütenblätter oder wohlklingender Melodien. Und es gibt einen hervorragenden Titel für die heutige Link11 ab, die von einer großen Themenvielfalt geprägt ist: Statistische Überlegungen und taktische Spiel- und Trainingsanalysen für die Nerds, kritische Auseinandersetzungen mit Deutschlands politischer Vergangenheit und Gegenwart für die Idealisten, die Poesie des Amateuerfußballs für die Nostalgiker, eine Journalistenschelte für die Twitterer, Youtube-Videos für die jüngere Generation. »Potpourri« eben. Tolles Wort.

blogundpresseschau

1. Selten erregte ein Bundesligist schon in der Saisonvorbereitung so viel Blogger- und Journalisteninteresse wie der BVB in diesem Jahr. Zwei Tage vor dem Dortmund Saisonstart in der Euro League Quali bleibt keine Trainingseinheit, kein O-Ton unkommentiert oder -analysiert. Mats Hummels etwa war aufgrund einer selbstkritischen Aussage zu seiner Ernährung eines der Themen der letzten Tage (Welt). Nun gut.

Wer sich jedoch für taktiklastige Inhalte oder den Aufbau des tuchel’schen Wundertrainings interessiert, dürfte jetzt voll auf seine Kosten kommen: Eduard Schmidt hat Dortmunds gesamtes Trainingslager in Bad Ragaz beobachtet und einzelne Trainingsübungen (samt Anschauungsmaterial) analysiert (Konzeptfußball). Momo Akhondi dagegen hat für Spielverlagerung einen Scoutingbericht zum Wolfsberger AC, Borussias Quali-Gegner, angefertigt.

2. Die zweite Bundesliga hat bereits ihren Spielbetrieb aufgenommen und einige interessante Partien zutage gefördert. Wer das Spiel des SC Freiburg gegen Nürnberg gesehen hat, wird verstehen was ich meine. Nur gut, dass Tim Rieke 5 der neun Partien (besagtes Torfestival inbegriffen) auf ihre taktischen Feinheiten hin untersucht hat (Spielverlagerung).

3. Die Makkabiade ist eine Olympia ähnliche jüdische Sportveranstaltung – die größte der Welt, um genau zu sein. In diesem Jahr findet sie in Berlin statt und erwartet mehr als 2.300 Sportlerinnen und Sportler aus 36 Ländern. Auch Deborah Rosenthal, Enkelin von TV-Moderator Hans Rosenthal, nimmt (für das deutsche Hockeyteam) teil. Mit Ronny Blaschke hat sie unter anderem über die Wurzeln der Makkabiade und die besonderen Herausforderungen für eine jüdische Sportlerin deutscher Herkunft gesprochen (Zeit).

»Das Veranstaltungskomitee der Maccabi Games empfiehlt den Athleten, nicht als jüdische Gruppe erkennbar durch „sensible Gebiete Berlins“ zu laufen.«

Doch leider, das darf nicht unerwähnt bleiben, kratzt eine friedliche Sportveranstaltung am Stolz einiger Individuen menschenfeindlicher Gesinnung, was die alltäglich gewordenen Schmähungen und Drohgebärden im Netz zur Folge hat. Die Recherche- und Informationsstelle Antisemitismus (RIAS) hat daher bereits eine spezielle Website zur Meldung solcher Straftaten eingerichtet und offenbar weiterhin einige Gebiete als „No-Go Areas“ deklariert (Störungsmelder). Die Welt zu Gast bei Freunden.

4. „Lügenpresse – halt die Fresse!“ Das bekommen auch Sportjournalisten heuer regelmäßig zu hören. Doch auch abseits von „Patrioten“- und Pöblerkreisen genießen Marcel Reif und seine BerufskollegInnen einen denkbar schlechten Ruf. Günter Herkel beleuchtet, inwiefern (manche) Sportjournalisten einen Anteil an dieser Außenwahrnehmung haben und unterstreicht gleichzeitig, wie wichtig die Berichterstattung zu Sportveranstaltungen (und ihren Begleitumständen) für den demokratischen Prozess ist (ver.di).

5. 

Inmitten des bislang größten FIFA-Skandals schmuste Sepp Blatter neulich medienwirksam mit Wladimir Putin. Es benötigt nicht allzu viel Fantasie, um sich vorzustellen, dass Blatters Russlandbesuch auch eine kleine Botschaft an seine amerikanischen (Straf)Verfolger war. Dabei, so schreibt Michael Ashelm, haben die die FIFA längst viel fester im Griff, als es nach außen den Anschein hat. In der FAZ erklärt er, welche Werkzeuge die US-Justizbehörde den Weltverband in die Mangel nimmt.

6. Die kommende WM in Russland ist Mit-Gegenstand der Ermittlungen gegen Blatter & Co. Die Seele des russischen Fußballs findet sich jedoch ohnehin außerhalb des Interesses Wirkungsbereichs der FIFA und fernab von teuren Hochglanzstadien, sagt Sergey Novikov. Der Fotograf ist seit 6 Jahren in Russlands Amateurligen unterwegs und portraitiert mit seiner Kamera Fußballer zwischen sozialem Leben in der Provinz und Mitspielern aus dem organisierten Verbrechen. Benjamin Bidder hat er einige seiner besten Bilder zu Verfügung gestellt (Spiegel).

7. These Football Times ist eines meiner Lieblingsblogs, nicht zuletzt wegen der großartigen Portraits diverser Spielerlegenden meiner Kindheit. Eine solche Legende ist Roberto Baggio, Träger des legendärsten Haarzopfes der jüngeren Fußballgeschichte, Edeltechniker und Erfinder des Mario Götze Transfers. Tryggvi Kristjánsson widmet Italiens großem Spielmacher der 90er Jahre einen lesenswerten Beitrag.

8. Die Auswertung statistischer Spiel- und Trainingsdaten bahnt sich langsam aber sicher ihren Weg in den europäischen Profifußball. Während z. B. Felix Magath wenig von statistischen Überlegungen hält, beschäftigte Manchester City zeitweise 11 Datenanalysten gleichzeitig. Leander Schaerlaeckens hat einen interessanten Beitrag über die Chancen und Risiken eines datengesteuerten Trainingsbetriebes am Beispiel der MLS geschrieben, Nik Dömer stellt einige europäische Pioniere und Kritiker der Datenanalyse vor.

9. Vor kurzem habe ich hier über eine Debatte zwischen der Stadt Hamburg und dem HSV berichtet, deren Gegenstand die geplante Unterbringung von Flüchtlingen auf einem vom HSV gepachteten Parkplatz ist. Der Verein hatte eine Unterbringung zunächst verhindert, weil er sich um sein Mitspracherecht hinsichtlich des „eigenen“ Grundstücks geprellt sah. Man sei jedoch in „produktiven Gesprächen“.  Friederieke Gräff greift das noch immer nicht erledigte Thema noch einmal auf. Heraus kommt die Geschichte eines Fußballvereins, der natürlich helfen möchte. Aber zu Bedingungen, die die eigene Komfortzone nicht tangieren. Ein Konflikt, der exemplarisch für eine Großstadt steht, die sich erst noch vollends auf die neuen Nachbarn auf Zeit einstellen muss (taz).

10. Steht Klinsi vor dem Aus als Trainer der US-Herren? Nach recht vielversprechenden Leistungen bei der WM in Brasilien kommt das unerwartete Ausscheiden im Gold-Cup einer herben Enttäuschung gleich. Klinsmanns Team, so der Vorwurf, könne seine guten Leistungen immer dann nicht bestätigen, wenn es darauf ankomme. Kathrin Steinbichler hat darüber hinaus einen gewissen taktischen Stillstand beim US-Nationalteam ausgemacht (SZ). Dan Altman hält sich für Klinsmanns Beurteilung an nackte Zahlen und fragt, ob dies gar die miesesten Herrenmannschaft der vergangenen 10 Jahre sei (North Yard Analytics).

11. Der Sommer ist die Zeit der Transfers. Da gibt es rührende Begrüßungsinterviews in gebrochener Landessprache, Bekundungen, nun endlich beim Traumverein aus der Kindheit zu spielen, über Instagram angedeutete Wechselabsichten, Küsse aufs neue Vereinswappen und und und. Die Königsdisziplin des Transfercircus aber, ist die Spielervorstellung und ihr Meister heißt Dirk Kuyt. Zumindest seit dieser Woche. Ohne Rückwärts-Flick-Flack kann ich das dennoch alles nicht ernst nehmen.

 

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Field Reporter

»Natürlich kann auch Geld mal eine Rolle spielen, wenn man finanzielle Sicherheit gewinnen will. Es gibt Lebensumstände, da kann ich das nachvollziehen. Wenn Arturo Vidal wegen der Kohle wechselt, dann weiß ich aber auch, dass er halb Santiago damit füttert. Aber wenn man viele Jahre in der Bundesliga gespielt hat und dann einer in die Emirate wechselt, da kann ich nur die Augen verdrehen.«

Stefan Reinartz dürfte mit seinem Interview in der Frankfurter Rundschau zahlreiche Fanherzen erobert haben.

Mixed Zone
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