CE056 Elfmeterpsychologie & der Geist der Regeln


Im »Kicker«-Interview gesteht DFB-Schiedsrichter-Chef Herbert Fandel freimütig, angesichts so mancher Fehler der Referees bei der Weltmeisterschaft »verwundert«, ja, sogar »ein wenig aufgewühlt« zu sein. Indirekt klingt dabei eine Kritik an der Schiedsrichter-Kommission der FIFA und ihrem Leiter Massimo Busacca an, die mit einigermaßen umstrittenen Anweisungen an die Unparteiischen bei der WM letztlich für mehr Schaden als Nutzen gesorgt haben. Trotz dieser Hypothek waren die Spielleiter bei den Partien des Achtelfinals allerdings kaum noch ein Thema, obwohl sie eine Reihe von kniffligen Situationen zu beurteilen hatten. Wir blicken auf die Schiedsrichterleistungen in diesen Achtelfinalspielen zurück, prüfen Eck- und Freistoßtricks auf ihre Regeltauglichkeit, sprechen über Elfmeterpsychologie und über Fässer, die man besser geschlossen hält, wenn sie niemand wirklich öffnen will. Und last but not least lassen wird den Geist der Regeln aus der Flasche – mit musikalischer Untermalung!
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Klaas Reese
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Alex Feuerherdt

Musik: Tha Silent Partner – P Pulsar (Album Version)

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Links: Der kolumbianische Freistoßtrick — Das immer lesenswerte Weblog »The 3rd Team« über Busaccas Direktive zum Stellungsspiel der Schiedsrichter — Die FAZ über Müllers Freistoßstolperer — Das Freistoßspray bringt erste Nachahmer im Amateurbereich hervor — Die Studiogespräche von DRadio Wissen mit Collinas Erben — Collinas Erben bei Twitter und bei Facebook — Die offiziellen Fußballregeln als PDF-Datei zum Download

Shownotes: 0:00 Eine Bewerbung bei Joachim Löw – 1:20 Transfermeldung – 3:00 Schiri-Party? Schiri-Party! – 8:30 Gruppe E, 3. Spieltag, Ecuador – Frankreich 0:0 (SR: Doue, Elfenbeinküste): Zwei ungeahndete Ellbogenschläge und ein hinausgezögerter Platzverweis – 18:15 Achtelfinalspiele: Brasilien – Chile 3:2 n.E. (Webb, England): Hulks Hand und Webbs Weitsicht – 31:30 Kolumbien – Uruguay 2:0 (Kuipers, Niederlande): Eine ganz spezielle Eckstoßvariante – 42:15 Niederlande – Mexiko 2:1 (Proenca, Portugal): Arjen Robben, Pedro Proenca und die Elfmeterpsychologie – 1:03:40 Costa Rica – Griechenland 5:3 n.E. (Williams, Australien): Tribünenverweis vor dem Elfmeterschießen – 1:07:00 Frankreich – Nigeria 2:0 (Geiger, USA): Ein Klammergriff ohne Folgen, und niemand stört sich daran – 1:12:55 Argentinien – Schweiz 1:0 n.V. (Eriksson, Schweden): Rumpelstilzchen Shaqiri und das Stellungsspiel des Schiedsrichters – 1:26:30 Zwischenfazit zu den Schiedsrichterleistungen bei der WM – 1:35:45 Der Kniefall des Thomas M. – legitim oder unsportlich? – 1:43:20 Herbert Fandel zu Gast beim »Kicker« – 1:50:00 Antworten auf die Fragen von Hörern – 1:53:30 Fade-out

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26 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Hab nur bis Minute 26 gehört bisher, aber ich bin leicht irritiert. Die Schiesdrichter im Achtelfinale kein Thema? Seh ich anders, kommt ihr vielleicht ja noch ausführlicher zu, soll also keine Kritik sein.

    Die Geschichte mit den Verwarnungen find ich sehr merkwürdig. Einfach gesagt bedeutet das doch (theoretisch): Ob es für einen Regelverstoß, der eigentlich zwingend mit Gelb zu ahnden wäre, tatsächlich Gelb gibt, hängt von seinem Zeitpunkt ab? Vielleicht versteh ichs ja auch nicht. Aber sehr schöner Podcast, einen Hörer habt ihr mehr.

  2. Moin. Zur Trick-Ecke von Kolumbien.
    Wir versuchen beim Handball vor dem Spiel immer die Trainer einzeln im Smalltalk zu befragen ob sie mit ihren Teams etwas „ungewohntes“ machen oder einstudiert haben.
    Manche Trainer nehmen uns vor dem Spiel bewusst zur Seite und erzählen uns was sie Vorhaben eben damit nur der Gegner aber nicht die Schiedsrichter verarscht werden.
    Kommt meist gut an sowas, auch weil man ne angenehme Atmosphäre schafft so quasi als Mitwisser.
    Eine Korrektur solcher Tricks aufgrund von formal korrekten Fehlern wie in dem Fall von euch der spekulierte nicht liegende Ball oder das fehlende Anstoßen finde ich gefährlich. Das hat den Ruch von Alibi Pfiffen und man kann schnell Glaubwürdigkeitsprobleme bekommen.
    Grüße!

  3. Die nächste Widmung bitte an „Alle die euch beim WM-Finale hören. “
    Wenn ihr noch ne Folge produziert bis dahin werde ich das tun.

  4. hallo, erstmal wieder vielen dank für eure wunderbare sendung.
    beim hören hab ich nich eine frage gestellt, ich hoffe ihr habt sie nicht schon x-tausendmal beantwortet.
    was passiert eigentlich, wenn der trainer -trotz eines verweis auf die tribühne- nicht geht? a) aas kann das für ihn für konsequenzen haben, b) was sind die mögliche maßnahmen eines schiedsrichters. genau das gleiche könnte man übrigens auch bei einem spieler/einer spielerinn fragen. was wenn die person einfach sagt „nö“? der schiedsrichter hat soch kein hausrecht&darf sie person vom feld tragen. oder doch? getade in unteren ligen könnte ich mir vorstellen,dass aowas immer mal passiert. oder etwa nicht?
    vielen dank nochmal, gerade höre ich euch zum einschlafen&es ist wunderbar:)

    • Wenn ein Spieler oder ein Trainer sich weigert, einem Feld- bzw. Tribünenverweis Folge zu leisten, dann wird der Kapitän der betreffenden Mannschaft eingeschaltet. Über diesen wird dem Spieler bzw. Trainer eine Frist mitgeteilt (länger als eine Minute sollte sie nicht betragen), innerhalb derer das Feld und der Innenraum zu verlassen ist. Besteht die Weigerung fort, wird das Spiel abgebrochen.

      Formal mag der Schiedsrichter nicht das Hausrecht haben, aber das ist hier unerheblich. Er hat das Recht und die Pflicht, während des Spiels den Fußballregeln Geltung zu verschaffen, und die Vereine unterwerfen sich dem.

  5. Auch ich würde gerne noch etwas zum Thema Trick-Ecke loswerden:

    Nachdem das jetzt schon das 2. Mal von Kolumbien probiert wurde und es nur an der fehlenden Weitsicht der Schiedsrichter haperte, ist es allerdings auch bereits das 2. Mal dem vielerorts gelobten Howard Webb passiert. Auch wenn es schon XX Jahre her ist, so hat er damals auch ein Tor von Cristiano Ronaldo nach der genau gleichen Situation abgepfiffen (hier in schlechter Qualität sichtbar: https://www.youtube.com/watch?v=qWWm1H1DC-Q) Ich bin mir sicher, dass er sich selber am meisten darüber ärgert, aber muss man nicht von einem Schiedsrichter seines Kalibers erwarten, dass ihm ein so grundlegender Fehler kein zweites Mal passiert ?

    Alex, was würdest du einem jungen Schiedsrichter sagen, dem du nach einer gleichartigen Situation Bescheid gibst, dass er in Zukunft darauf achten soll und es einige Saisonen später erneut zu dieser Fehlentscheidung kommt?

  6. Ich hätte eine Frage an euch für die nächste Folge: Bei Twitter schrieb Alex, dass nur Gelb für Julio Cesar korrekt war, denn er hätte keine glasklare Torchance verhindert, da David Luiz noch hätte eingreifen können. Ich habe diese Argumentation so noch nie gehört, wenn ein Abwehrspieler als „letzter Mann“ in Tornähe ein Foul begeht und hinter ihm noch der Torwart das Gegentor verhindert könnte. Man stelle sich die Rollen mal andersherum vor: David Luiz foult den Spieler und Cesar steht im Tor. Würde man dann auch sagen: Kein Rot, Torwart ist ja noch da? Mir erscheint das nicht so richtig schlüssig. Warum ist in dieser Situation David Luiz eurer Meinung nach ein Spieler, der die Torchance verhindern könnte, obwohl er im Strafraum doch eindeutig weniger regelkonforme Möglichkeiten zum Eingreifen gehabt hätte, als ein Torwart?

    In diesem Zusammenhang: Gibt es bei der Bewertung von „Notbremsen“ eine generelle Unterscheidung zwischen Feldspieler und Torwart seitens der Schiedsrichter?

    P.S. Danke für die wie wirklich immer tolle Folge. Vielleicht solltet ihr den Geist-der-Regeln-Jingle wirklich als Klingelton anbieten.

  7. Hallo, eine Frage zum Umgang mit dem Verletzten Neymar: Spätestens in der Wiederholung war zu erkennen wie heftig der Stoss in den Rücken den er abbekommen hat. Mich hat es sehr gewundert das er einfach mit der harten trage nach einem nur kurzen Check vom Feld befördert wurde. Er hat sich beim Abtransport vor Schmerzen gekrümmt und den Berichten nach ist es wohl auch ein Wirbelbruch.
    Wie seht ihr das, soweit ich weiss werden Unfallopfer mit Verdacht auf schwere Rückenverletzungen nicht auf diese Weise behandelt, es könnte ja beim raustragen noch mehr kaputtgehen. Sollte ein Spiel dann nicht auch länger angehalten werden um den so schwer Verletzten schonend für den Abtransport vorzubereiten?
    Besten dank für euren hintergründigen Podcast!

    • Der Schiedsrichter muss sich schon auf das medizinische Personal und die Helfer verlassen können, denn besser als die genannten Personengruppen weiß er es in der Regel ja auch nicht. Wenn also von diesen niemand darauf hinwirkt, dass ein verletzter Spieler schonender vom Platz gebracht wird, kann es nicht die Aufgabe des Unparteiischen sein, diesen Part zu übernehmen.

  8. Sehe ich auch so, das Argument bei einem Torhüterfoul, dass da noch ein Spieler hätte eingreifen können, kann ja nicht zielführend sein denn umgekehrt, wie ausgeführt, könnte ja der Torhüter bei einem Feldspielerfoul auch meist noch ein Tor verhindern.

    Eine andere Frage zum gestrigen Spiel GER-FRA: 10 Minuten vor Schluss ein weiter Ball auf einen französischen Stürmer, der im Abseits steht. Dieser weiß darum, bleibt daher auch vorerst stehen, setzt sich aber dann doch – nicht gerade im Sprint – in Bewegung und trifft dann im Strafraum ein, sodass Neuer, der sich vorerst noch Zeit gelassen hat, den Ball dann doch in die Hände nehmen muss. Die Assistenten-Fahne bliebt die ganze Zeit unten. War das korrekt? Immerhin muss Neuer aus seinem eigenen Strafraum abschlagen, während bei einem Abseitspfiff der Freistoß nahe der Mittellinie gewesen wäre. Was wäre denn gewesen, wenn Neuer den Ball Ball hätte sein lassen und der Stürmer hätte eingeschossen?

    • In Bezug auf diese Abseitssituation beißen sich zwei Auslegungen: Einerseits heißt es, dass der Schiedsrichter auf Abseits entscheiden kann, wenn eindeutig abzusehen ist, dass nur noch der im Abseits stehende Spieler den Ball erreichen kann. (Damit soll verhindert werden, dass ein Spieler in der Annahme, nicht im Abseits zu stehen, dreißig Meter sprintet, um dann im Moment der Ballberührung doch noch zurückgepfiffen bzw. -gewunken zu werden.) Andererseits liegt eben noch kein Abseits vor, wenn ein im Abseits stehender Angreifer auf den Torwart zuläuft, denn ein Spieleingriff ist hier nach der Teilreform der Abseitsregel vor der Saison 2013/14 nicht mehr gegeben. Bin selbst gespannt, wie lange dieser Widerspruch noch Bestand haben wird. Die Tendenz geht (nicht erst seit gestern Abend) recht klar zur Andererseits-Variante.

      • Kurz noch mal zu der Szene. Während des Spiels hab ich gedacht: wie clever wäre es eigentlich, wenn Neuer nichts macht und den Ball einfach liegen lässt, ohne ihn zu berühren und wartet bis ein anderer frz. Spieler kommt, der nicht im Abseits stand. Oder wäre diese „Ballkontrolle“, ohne den Ball überhaupt berührt zu haben, bereits als neue Spielsituation zu werten, so dass der eigentlich Abseits stehende Spieler wieder eingreifen darf? Nuer hätte da einiges an Zeit rausholen können, wenn das so wie gedacht funktioniert, da die Franzosen das erst einmal realisieren mussten und einen hinschicken müssten, um Neuer zu zwingen, den Ball aufzunehmen bzw. wegzuschlagen.

        Allerdings wäre natürlich das Risiko da, dass die ursprüngliche Abseitssituation gar nicht bemerkt und angezeigt wurde….

        • Regeltechnisch liegt in dieser Situation keine Ballkontrolle vor, solange der Ball nicht gespielt worden ist, deshalb entsteht da auch noch keine neue Spielsituation. Aber riskant wäre dieses Vorgehen definitiv. Die sichere Variante sieht so aus, dass der Torwart einfach wartet, bis sich ein Angreifer nähert, und sich dann den Ball greift. So gewinnt er Zeit, und die Abseitsfrage ist in jedem Fall unerheblich.

  9. Bei der Elfmeter-Situation geht es mMn nach darum, dass der Abwehrspieler nicht die Torchance, sondern bereits das Entstehen einer Torchance verhindern kann. Dadurch, das der Abwehrspieler vor dem Angreifer an den Ball kommen kann, hat der Angreifer nicht die Möglichkeit ein Tor zu erzielen, deshalb keine Notbremse. Das würde (und wird) auch beim Rollentausch so gehandhabt: Wenn der Torwart (unabhängig vom Foul) vor dem Angreifer an den Ball kommen würde, wäre das Foul des Verteidigers keine Notbremse (Beispiele dürften sich dafür zuhauf finden lassen).

    Die Abseits-Szene ist für mich das praktische Beispiel einer theoretischen Diskussion, die wir am Anfang der letzten Saison hatten (das Beispiel 4 durch die Neufassung der Abseitsregeln nicht mehr durch die Regeln begründbar ist, „keine Strafe ohne Gesetz“)

    Zu der Busacca-Direktive:
    Ich verstehe (und teile) die Kritik an der Direktive. Hintergrund für selbige ist mMn allerdings das Bestreben einer einheitlichen Linie bei der Vergabe von gelben Karten gewesen. Wenn ich mich richtig zurückerinnere war der Hauptaufreger in der Vorrunde der letzten WM die uneinheitliche Kartenvergabe und das damit einhergehende Ungleichgewicht des „Gelbsperrenrisikos“ in den KO-Runden.
    Von daher sehe ich abgesehen davon, dass sich die Direktive in der Praxis eher als schädlich erwiesen hat, auch sonst keinen Grund, dass die in den normalen Ligabetrieb übernommen wird. Hier gilt dann doch ausnahmsweise der Satz „über die Saison gleicht sich das aus“.

    • Ich denke, dass man besser aufgehoben wäre, wenn man Schiedsrichter ausschließlich nach Qualitätskriterien aufstellen würde und jedem seine Linie zugestehen würde.
      Was birngt es, wenns keine Gelbsperren gibt, aber DER Topstar mit Wirbelbruch ausfällt, weil man 67 Minuten Knüppelei zugelassen hat?

    • D’accord in allen Punkten, MiMü.

      Vielleicht noch einmal ganz grundsätzlich: Eine »Notbremse« liegt dann vor, wenn ein Spieler durch den Einsatz regelwidriger Mittel ein Tor oder eine glasklare Torchance verhindert. In den Regeln steht nichts von »war letzter Mann« oder »hatte nur noch den Torwart vor sich«. Kriterien dieser Art sind im Laufe der Zeit zwar als »Krücken« formuliert worden, aber sie taugen nur als Anhaltspunkte, nicht als conditio sine qua non (auch wenn das in den Medien gerne anders dargestellt wird). Weitere, nicht weniger wesentliche Anhaltspunkte sind beispielsweise: Ballkontrolle, Entfernung zum Tor, Laufrichtung, Schusswinkel. Letztlich muss sich der Schiedsrichter im Moment einer vermeintlichen »Notbremse« immer fragen: Was wäre ohne das Foul mit großer Wahrscheinlichkeit passiert?

      Beim gestrigen Spiel hatte sich der kolumbianische Angreifer Bacca den Ball einen kleinen Tick zu weit vorgelegt, während ihm der brasilianische Torwart entgegenkam. Ohne dessen Foul hätte er links am Keeper vorbeilaufen müssen, dort befand sich aber auch der zurückgeeilte David Luiz, der gute Chancen gehabt hätte, den Ball vor Bacca zu erreichen. Hätten David Luiz und Julio Cesar die Rollen getauscht, dann hätte die Sache auch nicht anders ausgesehen. Hier lag also eine gute Chance vor, aber aufgrund der eingeschränkten Ballkontrolle keine sehr gute und schon gar keine hundertprozentige. Daher ist das Foul mit Gelb genau richtig bestraft worden, zumal es auch für sich genommen nicht rotwürdig war.

      Was die Direktive betrifft: Es ist ganz gewiss nichts dagegen einzuwenden, wenn der Versuch unternommen wird, die Schiedsrichter auf eine einigermaßen einheitliche Linie bei den persönlichen Strafen (also den Karten) einzuschwören. Die entsprechende Auslegung war bei den vergangenen Turnieren tatsächlich oft sehr unterschiedlich und damit unberechenbar. Jetzt ist sie halbwegs einheitlich, aber insgesamt viel zu großzügig. Ich meine, man hätte gewisse Schwerpunkte setzen können – beispielsweise bei den taktischen Fouls, bei Reklamationen oder bei den Angriffen mit der offenen Sohle – und den Schiedsrichtern ansonsten ihre gewohnten Spielräume lassen sollen. Stattdessen hat man viele von ihnen durch die Anweisung, möglichst spät zur Gelben Karte zu greifen, und durch die Vorgaben beim Positionsspiel offenkundig verunsichert.

  10. Ich habe mal eine Frage zum Schiedsrichteralltag: Es klang in früheren Folgen schon durchaus mal an
    Gerade bei der WM fällt auf, und ihr habt es ja schon besprochen, dass unglaublich viel reklamiert wird, gelb gefordert wird, unsportlichkeiten von der bank kommen und man sich über vollkommen klare und berechtigte Pfiffe aufregt.
    Dadurch verliert, nehme ich an, jeder Protest auch an Kraft und die Schiedsrichter (noch dazu auf dem Niveau) schalten auf Durchzug.
    Alex, deiner persönlichen Erfahrung nach: Haben gezielte und seltene Proteste, also wenn Spieler wirklich das Gefühl haben benachteiligt zu werden, mehr Gewicht auf den Schiedsrichter?
    Ich meine jetzt nicht, dass eine Entscheidung revidiert wird, aber dass man dadurch mehr am Selbstvertrauen des Refs nagt, als es ein obligatorisches Verbalfeuer nach jedem Foulpfiff dies tun könnte.
    lg

    • Im Wesentlichen ist das durchaus so, ja. Und das ist ja auch zutiefst menschlich: Wenn sich eine Mannschaft die ganze Zeit über sportlich verhält und nur ausnahmsweise einmal protestiert, wird der Schiedsrichter diesen Protest automatisch anders gewichten, einschätzen und behandeln, als er es bei einem Team tut, das durch permanentes Reklamieren auffällt. Ständiger Protest nervt extrem – und wird außerdem normalerweise nicht dazu führen, dass der Schiedsrichter in unklaren, grenzwertigen oder 50/50-Situationen für das Nörgelteam entscheidet.

  11. Ein sehr schöner Podcat. Ein Thema, das mit allerdings gefehlt hat, war das Elfmeterschießen CR-Gre und die Unart der Torhüter, die Linie vorzeitig zu verlassen. Würde gerne hören, wie ein Schiedsrichter das bewertet – insbesondere den Elfmeter von Gekas.

  12. Sodele,
    Irmatov fand ich gestern 85 Minuten richtig gut und eindeutig auf Finalkurs.
    Auch die nicht gegebene erste gelbe Karte fand ich (unter der Busacca-Direktive) gerade noch vertretbar. Er hat bei beiden Mannschaften 1 taktisches Foul ungeahndet gelassen und danach bei der kann-aber-muss-nicht Situation gezeigt, dass er ab jetzt durchgreift. Das ist zwar nicht Pfeifen nach Lehrbuch, aber unter den erschwerten Bedingungen finde ich, dass man es durchwinken kann. Gerade auch weil bis zu dem Zeitpunkt nicht die Gefahr bestand, dass das Spiel entgleitet.
    (Fiel auch auf, dass beide VF ohne grosse Härte geführt wurden, vermute dass beide Schiris vor Spielbeginn angesagt haben, dass sie eine Wiederholung des 2.VF rigoros unterbinden werden, Busacca hin oder her)
    Nach der 85. min wurde Irmatov deutlich schwächer, hat das Fitness-Gründe? Wird mir immer zuwenig darauf hingewiesen, dass die Umstände nicht nur für die Spieler extrem sind, sondern auch für die Schiris (die ja zudem auch noch etwas älter sind). War Irmatovs 4.Spiel, da könnte sich die Belastung schon bemerkbar machen. Wie seht ihr das?

    Nochmal zur Busacca-Direktive:
    Falls meine Vermutung (mehr ist es ja nicht) stimmt, kann ich mir gut vorstellen, dass sie ab dem Halbfinale ausser Kraft gesetzt wird. Sie ist ja nicht nur praktisch gescheitert, sondern hätte mit dem Streichen der gelben Karten auch ihre theoretische Existenzberechtigung verloren.

    Womit ich zum wirklich spannenden (zumindest für mich) komme: Wer pfeift wen?
    Grundsätzlich waren meine Gedanken:
    Webb ein Halbfinale (hatte erst zwei Spiele, und war recht souverän trotz der Szene, bei der in Köln 40 Schiris gleichzeitig aufsprangen an ihre Gesäßtasche griffen und mit ihren roten Karten gewedelt haben (dass ihr eure Karten nicht dabei hattet, glaubt euch keiner), kann aber eigentlich nicht ein weiteres Finale pfeifen)
    Irmatov/Rizzoli zweites HF und Finale, Geiger/Haimoudi Spiel um Platz 3

    An weitere Einsätze von Gassama/Cakir glaube ich nicht, Busacca hat seine Dickschiffe nach der Kritik der ersten Woche schon sehr deutlich in Position gebracht (Ignorieren der Kontinentklausel, Pitana im VF obwohl ARG noch im Wettbewerb), kann mir nicht vorstellen, dass er jemanden einsetzt der bisher kein KO-Spiel hatte (Achtel- und Viertelfinale hatten schon „Test of the best“-Charakter).
    (Denke, dass die Fandel-Aussage mehr in diese Richtung ging, Sascha Stegemann wird im ersten Jahr schliesslich auch nicht Dortmund-Bayern pfeifen)

    Also:
    Für D-Bra passt Webb wie gemalt, sehe da eigentlich kaum eine Alternative.
    Finale sehe ich immer noch bei Irmatov, die Fifa ist offensichtlich von ihm überzeugt (9 WM-Spiele) und er hat nicht die Alternative, ein anderes hochwertiges Finale zu pfeifen (EM,CL).
    Aber das zweite Halbfinale? Eigentlich sind die Topleute alle vorbelastet bzw. gesperrt, wer bleibt dann noch. Geiger? Hat zwar überzeugt aber keine der Topmannschaften gepfiffen. Bleibe irgendwie bei Eriksson hängen. Ob Busacca gestern wohl Costa Rica die Daumen gedrückt hat? Hätte Kuipers befreit und damit alle Probleme gelöst.
    Bleibt das Spiel um Platz 3. Denke, dass das an Geiger geht, obwohl Haimoudi auch eine Alternative ist.

    Aber vielleicht leiht sich Busacca auch bei van Gaal die „balls of steel“, schmeisst alle Richtlinien über Bord und setzt Kuipers auf D-Bra und Webb auf Arg-Ned? Wäre schon ein cooler Move und wer würde es wagen, gegen eine Kuipers-Ansetzung zu protestieren?

  13. Danke für die tolle Folge! Eine Regelfrage hätte ich: wenn der Schütze eines Freistoßes 9,15m verlangt und vor dem Pfiff ausführt – ist die Spielfortestzung: Wiederholung + gelbe Karte. Wie ist es wenn ich ein Foul pfeife und gelb zeige und da führt der Spieler den Freistoß vor dem Pfiff aus – gibt es da auch eine gelbe Karte? Danke

    • Ja, auch dann. Denn nach einer Gelben Karte muss das Spiel zwingend per Pfiff wieder freigegeben werden, und wenn ein Spieler vor diesem Pfiff einen Freistoß ausführt, muss er verwarnt werden.

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