#Link11: Hooligan-Rudi

Gekloppe, Geklitsche, Gezündel, Geflüchtete, Gephilosophiertes und Untergegangenes. Die #Link11 in gewohnt positivistischem Mantel gehüllt.

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1. Der vergangene Bundesliga-Spieltag schien bis zum Sonntagnachmittag müde dahinzuplätschern, das ist im Februar zwischen Europapokal und Karneval nun mal so. Doch die Ödnis hatte ihre Rechnung ohne die Gockel vom Leverkusener Kreuz gemacht. Es wurde doch noch aufregend. In den Hauptrollen: Roger Schmidt, Felix Zwayer und Rudi Völler. Ich denke, die strittigen Szenen sind mittlerweile bekannt, der DFB ermittelt gegen Schmidt und Völler, das Strafmaß wird wohl drastisch ausfallen, mutmaßte Daniel Theweleit in Leverkusen. In der folgenden Debatte um Handzeichen, Machtspielchen und Regelauslegung bildeten sich drei Fraktionen, der Einfachheit wegen in Ultrakategorien eingeteilt:

Auf der Heimseite: die „Sektion Regelhüter“. Ihr Mantra: Gottverdammtwarum hat es so lange gedauert, bis ein Schiedsrichter mal genug hat von den ständigen Mäzchen der Trainer an der Seitenlinie? Zwayer hat alles richtiggemacht, als er das Spiel unterbrach, an Roger Schmidt vorbei in die Kabine stiefelte und erst wieder rauskam, als sich dieser auf die Tribüne trollte. Vertreter dieser Gruppe finden sich bei den 11Freunden und bei der Schottischen Furche wieder.

2. Deren gegenüberstehende Gruppierung wird vom Capo Oli Fritsch (ZEIT Online) angeführt. Fritsch hatte sich in der Vergangenheit schon mehrfach mit Felix Zwayer, seiner Rolle im Hoyzer-Fall und seinem wundersamen Aufstieg an die Spitze der deutschen Schiedsrichter-Gilde beschäftigt. In diese Verwunderung hinein passt, dass Fritsch (und laut seinen Quellen auch andere aus der Schiri-Szene) Zwayers Aktion für überzogenes Drama halten. Er hätte auch wie ein normaler Mensch einfach Roger Schmidt erklären können, dass er den Freistoß ein paar Meter vorne des Spielflusses wegen weiterlaufen ließ und dass Herr Schmidt doch bitte jetzt auf die Tribüne möge. Er wählte die Eskalation, was die Debatten der vergangenen Stunden belegen. Ob das die Aufgabe eines Schiedsrichters ist, sei dahingestellt. Ich persönlich finde mich auch eher in dieser Gruppe, das aber nur am Rande. Ich finde es schön, dass ihr das jetzt wisst. Das Schmidts Verhalten weiterhin unnötig bleibt, bestreitet aber auch Capo Fritsch nicht.

So sehen es die Sportschau-User:

3. Wie gesagt: Dann gab es da noch Rudi Völler. Er bildet, um im Bild zu bleiben, die Hooligangruppe dieser Debatte. Hooligan deswegen, weil Völler ebenso wie die kräftigen Jungs nicht mehr so genau auf die sportlichen Details achten wollte, als er ans Sky-Mikro gebeten wurde:

Sky-Hellmann: „Der Schiedsrichter ist neutral.“ – Rage-Rudi: „Ach, der ist neutral!? Achsoooo.“

Die FAZ hat das ganze Gespräch protokolliert. Ich frage mich auch: Wie hätte diese Partie mit Klopp an der BVB-Linie ausgesehen? Eine wilde Beißerei? Eine Opel-Corsa-Attacke auf Schmidt? Ein Rasierer-Wurf? Nachdenkliches am Dienstag. Eher Nützliches kommt von Benni Kuhlhoff (11Freunde). Er legte für alle Trainer und Funktionäre, von der Bundesliga bis zur Kreisklasse, die perfekte Wutrede zurecht:

„Natürlich hätten wir auch gern einen ______ (hier bitte den Namen eines überteuerten Superstars aus dem Ausland einfügen), aber wer soll den bezahlen? Ein ______ (hier bitte den Namen des Vorstandsvorsitzenden des Hauptsponsors einfügen)? Oder die Zuschauer? Oder ihr? Wer denn nun? Da seid ihr still, was? Da fällt euch nichts mehr ein.“

Bin gespannt auf die nächste Halbzeitpause in der Berliner Freizeitliga.

4. Wir verlassen den Theaterstadl Bundesliga und betreten die ganz große Bühne des schmierigen Inszenierens: Willkommen am Zürichberg. Am Freitag wählt sich die Fifa einen neuen Präsidenten, der, wie sollte es anders sein, natürlich alles anders, besser, reformierter machen will. Die fünf Kandidaten umgarnen in den letzten Tagen nochmal die 209 wahlberechtigten Verbände. Immer wieder wird genau jene Konstellation, Fidschi-Insel-Stimme = Britische-Insel-Stimme, als Hauptursache eines kranken Systems genannt. Gleich mehrere TV-Dokus gehen in dieser Woche der Fifa und ihren Problemen auf den Grund.

Gestern legte die ARD vor, der Fokus lag auf der WM-Vergabe nach Russland und Katar und der Rolle Franz Beckenbauers. Zudem äußert sich zum ersten Mal DFB-Strippenzieher Fedor Radmann. Heute Abend folgt eine Arte-Doku, die nach den Abzweigungen sucht, die der Weltverband in seiner langen Geschichte nahm, um krank zu werden. Das umfassende und lesenswerte Dossier dazu gibt es hier. Morgen folgt eine ZDF-Reportage, in der wieder Fedor Radmann eine Rolle spielen wird. Zudem listet das ZDF in einem Webspecial alle Fifa-Funktionäre mit den ihnen zusammenhängenden Skandalen auf.

5. Schon am Sonntag, als Rage-Rudi noch Weizen bestellte, stellte WDR Sport Inside die beide Favoriten auf den Fifa-Thron vor: Scheich Salman aus Bahrain und Gianni Infantino (Schweiz) gehen als Favoriten ins Rennen. Das Fazit liest sich so:

Interessante Zahlen hat die Initiative New Fifa Now, die auch im WDR-Beitrag zu Wort kommt: 40 Prozent der Teilnehmer einer Umfrage würden keinen der Kandidaten wählen. Die vermutlich beste Idee kommt vom Kandidaten Prinz Ali (Jordanien) Er will die Wahl absagen.

6.  Vor allem dem Scheich Salman aus der Herrscherfamilie von Bahrain werden schlimme Dinge nachgesagt: Dass er kritische Medienberichte mit Drohungen seiner Anwälte überziehen lässt, nun gut: Fifa-Schule. Er soll aber auch Sportler, die 2011 für mehr Demokratie protestiert haben, in seinem Land an die Folter verraten haben. Zu seinen beständigsten Kritikern gehört der Nah-und-Fernost-Fußball-Experte James Dorsey. Er forscht auch am Fankultur-Institut der Uni Würzburg und hat dort in einem längeren Vortrag auf den Punkt gebracht: Wird Salman gewählt, geht die Fifa unter.

7. Untergang, das passt sprachbildlich auch zur Hansa-Kogge. Gut, so schlimm ist es noch nicht, aber ruhige See herrscht in Rostock gerade auch nicht. Nach den Umwälzungen im vergangenen November, als deutlich wurde, wie Ultras des Vereins den Verein mitbestimmen, erhebt nun der Rostocker Polizeichef sehr ähnliche Vorwürfe. Grund waren Ausschreitungen gegen Aue am Wochenende. Es droht erneut ein Geisterspiel, der Sponsor wird am kommenden Wochenende nicht auf dem Trikot zu sehen sein, sondern seine Werbung aus Protest mit einem schwarzen Balken abkleben.

8. Kommen wir zum Champions-League-Achtelfinale, oder wie man in München sagt: Saisonauftakt. Gegen Juve wird es gleich zu mehreren interessanten Wiedersehen kommen. Mario Mandzukic („würde mit Pep Guardiola keinen Kaffee trinken gehen“) trifft auf seinen Ex-Klub, ebenso auf der anderen Seite Arturo Vidal und Kingsley Coman. Miasanrot bereitet umfassend auf das Spiel vor, hat ein Interview mit einem Juve-Fan geführt, die Statistiken analysiert und eigene Thesen zum Spiel formuliert:

„3. Mandzukic trifft nicht. Dass Sandro Wagner gegen uns getroffen hat trifft uns schon hart genug.“

9.

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10. Pyrotechnik ist kein Verbrechen galt bislang als gebrüllte Utopie. Vergangene Woche aber stellte das Landgericht Münster ein Verfahren ein, dass sich gegen einen Osnabrücker Fan richtete, der 2014 die Pyroshow beim Derby gegen Münster koordiniert haben soll. Pyrotechnik also kein Verbrechen? Bene Nießen (Vice Sports)  hat den Prozess anaylsiert und mit dem Anwalt des Fans gesprochen, Dr. Hüttl, und festgestellt: „Der eigentlich korrekte Slogan ‚Pyrotechnik ist kein Verbrechen‘ ist mit einem großen Sternchen und jeder Menge Kleingedruckten versehen.“

11. Derzeit wird ja auch viel über Grenzschließungen debattiert. Das würde hässliche Bilder produzieren, sagen die Gegner und wissen womöglich noch gar nicht, das mitten in Europa bereits täglich solche Bilder entstehen. Im französischen Calais warten in einer Zeltstadt tausende Flüchtlinge auf die Überfahrt nach England. „Jungle“ hat sich das Camp genannt, in dem mittlerweile eine eigene Struktur mit Kirchen, Moscheen, Schulräumen und Büchereien entstanden ist. Auch Fußball wird hier gespielt und ist vor allem für die vielen unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge eine Alltagsflucht. Amy Lawrence war für den Guardian im Camp unterwegs und hat eine eindringliche Multimedia-Reportage verfasst.

Geburtstagskind des Tages

(Auflösung von Freitag: Steven Cherundolo wurde 37)

Bandenwerbung

Collinas Erben 77, noch vor dem Leverkusener SCHAND-Sonntag. (Halt, das war etwas weiter östlich. Pardon. Es geht wirklich nur um Sport.)

Meist geklickter Link am Freitag
Der Kickschuh-Blog im Gespräch mit FCB-Breitnigge vor dem Knüller Bayern-Darmstadt.

Field Reporter

»Beim Sport und beim Fußball geht es um die Verkörperung von Werten im Spiel nach Regeln. Der Abgrund, der sich hier auftut, ist einer, der in die Wahrnehmung und das Selbstverständnis des Spiels eingreift.«

»Es geht für viele Menschen nicht nur um einen Sport, sondern um einen Teil ihres Ichs.«

»Die Fifa hat eine ähnliche Funktion wie einst die katholische Kirche.«

Philosoph Wolfram Eilenberger redet im Deutschlandfunk über Handball und die AfD seine Liebe zum Fußball, über die Fifa und die Bedrohung, die der Fifa-Sumpf für die Fans darstellt.

Mixed Zone
Hamburg: Uwe Seeler macht sich Sorgen.  + + + Barcelona hat Respekt vor dem Arsenal FC (Wu gefällt das) (FAZ) + + + Preußen Münster Fans auf der Zugfahrt nach Hause. Peinlich. (Ultrapeinlich und Kreiszeitung) + + + Fünferle, Hochball, aus der Luft, Englisch, hoch eins, aufdipfin, ausputten: Meint alles das gleiche. Trainer Baade auf der Suche nach einem Bolzplatz-Klassiker. Class. + + +

4 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Das Geburtstagskind sollte Cedrick Makiadi sein.
    Ach ja, der Strippenzieher heißt Fedor Radmann, nicht Feodor.

    An dieser Stelle ein großes Dankeschön für den tollen Service!
    Immer wenn ihr mal nicht da seid, merke ich wieder, wie mühselig es ist relevante Fussball-News zu suchen und finden. Toll, dass ihr euch für uns diese Arbeit macht!

    • Danke für den Hinweis, ist korrigiert! Und danke für das Lob, gerne weiterempfehlen ;)

      LG Fabian

  2. Ich möchte ob der sprachlichen Fähigkeiten des Autos doch auch mal (wieder) Lob da lassen. Ganz großes Kino :-)

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