#Link11: Die Suppe in Nachbars Garten

Meine Oma hat immer gesagt „Wer schlecht über Andere redet, ist meist mit sich selbst nicht zufrieden“. Daran gemessen muss es der Bundesliga am gestrigen Tage besonders schlecht gegangen sein, denn die aktuelle Link11 enthält Verrisse gleich drei internationaler Ligen. Sollte Omas simple Formel tatsächlich wahr sein, dürfte es Fußballdeutschland aber spätestens nach der Lektüre der nun folgenden Sahnestückchen des Sportjournalismus wieder besser gehen. Ob Tiefen-Finanzanalysen, psychologisches Training, statistische Dekonstruktion alter Fußballmythen oder ergreifende Kurvengesänge: Et is von allem noch wat da!

blogundpresseschau

1. Es war vermutlich der meistdiskutierte Artikel des gestrigen Tages: Die 11 Freunde veröffentlichten einen offenen Brief des englischen Fanaktivisten Tom Reed, in dem er die Bundesliga dazu aufruft, doch bitte nicht so ein „großer Schwindel“ wie die Premier League zu werden.

»Es ist, als würden die Fans ohne Einfluss ihre überteuerten Plätze anmieten. Eine Gentrifizierung, die aus all den angeblich »alternativlosen« Entscheidungen für den »Wirtschaftswachstum« des Fußballs durchschimmert.«

In der Folge erzählt Reed von Montagsspielen, Schuldenbergen und der Errungenschaft 50+1. Dass es dabei nicht immer unpopulistisch zugeht und die Detailtiefe nicht der Freund des Rundumschlages ist, zeigt unter anderem diese interessante Twitter-Unterhaltung zwischen Tobias und Benny Berger:

 

2. Dass es im englischen Fußball tatsächlich Fälle unglücklicher Vereinsführung gibt, beweist Swiss Ramble mit einer ausführlichen (!) Analyse der Finanzen der tief gefallenen Blackburn Rovers. Ein schönes Beispiel dafür, was Sportblogs leisten können.

3. Auch die erste türkische Spielklasse der Herren bekommt heute ihr Fett weg. Peter Ahrens nimmt sich die aktuelle Transferoffensive der Süper Lig vor. Die Liga sei ein „Rentnerparadies“, das durch den Zukauf (nur noch auf dem Papier) großer Spieler einen Teil des Glanzes der großen europäischen Ligen abgreifen wolle (Spiegel).

4. „Das zweite Jahr ist das schwerste.“ Diese Aufsteigerweisheit kennen wir alle. Doch stimmt das wirklich? Martin Gödderz widmet sich der Klärung dieser Frage und hat interessante statistische Belege aus dem Datenschrank gekramt (Effzeh.com).

5. RB Leipzigs Jugendakademie zählt zu den besten des Landes. Die Kehrseite der Medaille ist das aggressive Werben der Leipziger um junge Talente. Auch innerhalb der Akademie herrschen rigorose Methoden. Wenn die Firmenmentalität eines globalen Konzerns auf 14-jährige Fußballer trifft (Zeit).

6. Dass die Twitter-Accounts diverser Bundesligisten während eines Spiels förmlich zum Glühen gebracht werden, ist längst zu meinem Fußball-Alltag geworden. Dass die Beiträge dieser Instrumente der Unternehmenskommunikation dabei immer auch etwas über den Menschen dahinter und seine Stimmungslage während dutzender Gegentore verraten, hat Toni Lukic beoachtet (VICE).

7. Der Wettstreit der Ultra- und der Hooliganbewegung stellt sich zunehmend als Kampf von Nicht-Rassisten gegen Rassisten dar. Sehr deutlich bekommt das gerade die neu aufkeimende englische Ultrakultur zu spüren. Marcus Erberich berichtet von einer tief verwurzelten Menschenfeindlichkeit im englischen Fußball (11 Freunde).

8. Etwas fürs Herz. In seinem, wie ich finde, grandiosen Projekt „Kurvenklänge“ hat der WDR liederschmetternde Fankurven auf ein Orchester treffen lassen (Falsche 9).

9. 

»Wenn ich ihm 1500 Dollar überweise, würde der Trainer dafür sorgen, dass ich bleiben darf.«

Nur wenige der ca. 600 im Ausland spielenden Deutschen suchen ihr Glück im von Bürgerkrieg und Korruption gebeutelten Angola. Daniel Ujazdowski ist diesen ungewöhnlichen Weg gegangen und berichtet vom jähen Ende eines Profitraums (Welt).

10. Der HSV bleibt auch in dieser Woche ein Gegenstand kritischer Berichterstattung. Der unterhaltsamste Club der Bundesliga müht sich derzeit mit zahlreichen sportlichen „Altlasten“. Eigentlich keine große Neuigkeit, wäre der HSV nicht so überraschend schnell darin, vermeintlich unvermittelbare Profis gegen Zahlung einer teuren Abfindung vor die Tür zu setzen. Selbst wenn diese parallel mit mehreren Bundesligisten verhandeln (sollen). (Welt)

11.

»’Selbstwirksamkeit‘ bedeutet, dass jemand die Überzeugung besitzt, dass seine eigenen Fähigkeiten ausreichen, um eine Handlung zielgerichtet und erfolgreich durchführen zu können.«

Wie sich durch das angesprochene Konzept der sozial-kognitiven Lerntheorie der (Miss-)Erfolg von Fußballerm beim Elfmeterschießen erklären lässt und wie man die „Selbstwirksamkeit“ trainiert, erklärt Dr. René Paasch (Die Sportpsychologen).

Meist geklickter Link gestern
Klaas mit seiner nun hoffentlich regelmäßig erscheinenden „GIF 11“ zum Spieltag. Großes Tennis.

Field Reporter

»Ich denke nicht an Sicherheiten. Mein Beruf macht mir Spaß und in diesem Geschäft kann man sonst sowieso nichts planen.«

Markus Weinzierl präsentiert sich im Gespräch mit Andreas Lehner nüchtern-sympathisch (Spox).

Geburtstagskind des Tages

Wer hat heute Geburtstag? Einfach in die Kommentare posten! (Auflösung von gestern: Holger Aden wurde 50)

Mixed Zone
Hamburg: Uwe Seeler macht sich Sorgen (siehe oben). + + +  NEU: Das Blog „Fußball in Sachsen“ bespricht künftig Spiele, Vereinshistorien und mehr. Schaut hübsch aus! + + + Ingolstadt: Die Euphorie steckt noch in der zweiten Liga fest (Neues Deutschland) + + + Essen: RWE weiß noch (sehr, sehr) positiv zu überraschen (Im Schatten der Tribüne) + + + Spieltag: Szenen desselben besprechen die geschätzten Herren Eckner, Fetzer und Ramm bei Forecheck + + + Spieltag 2: Auch der Dreierpack diskutiert den Fußball der ersten 3 Ligen (sowie Chicken Nuggets und Kindererziehung im Stadion) + + + Nürnberg: Land unter beim FCN (Nordbayern.de) + + + Wolkenkuckucksheim: FIFA Chefreformer Carrard spricht wirres Zeug blatter’scher Prägung (ESPN) + + +  Sex, Schnaps & vorzeitiges Duschen: „Red Card Roy“ McDonough im 11 Freunde Porträit + + + Delhi: Sinn und Unsinn einer Spielerpräsentation (Stehplatzhelden) + + + Gute Idee: Von Collinas Erben lernen, heißt siegen lernen! Auch für den DFB, der neuerdings ein sehenswertes Schiri-Videoblog betreibt.

12 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. „Auch innerhalb der Akademie herrschen rigorose Methoden. Wenn die Firmenmentalität eines globalen Konzern auf 14-jährige Fußballer trifft (Zeit).“

    Man muss doch nur mal die Kommentare unter dem Artikel lesen: das hat wohl alles weniger mit der „Firmenmentalität“ zu tun, als mit der Philosophie der dort tätigen (Jugend-)Trainer und Verantwortlichen. Aber verkauft sich als Kritik an RB natürlich besser…

    Zudem: solche Regeln gibt es doch in jedem NLZ. Selbst Balotelli muss jetzt sowas unterschreiben: http://www.spiegel.de/sport/fussball/mario-balotelli-muss-verhaltenskodex-bei-ac-mailand-unterschreiben-a-1049872.html

    • Hallo Max!

      Das sehe ich ein bisschen anders:
      Es ist durchaus nicht unüblich, dass Trainer, Jugendtrainer und Verantwortliche einer übergreifenden Personalstrategie folgen. Die strenge Ergebnisorientierung, die (laut Artikel) bei RB durchschimmert, hat mich dann doch ein wenig an meine Zeit bei einem globalen Konzern erinnert (wobei es dort noch eine Ecke lockerer zuging, als offenbar im RB Jugendfußball). Zudem lasse ich ja offen, ob dieser rigorose Ansatz manchen Jugendlichen nicht etwas bringt. ;-)

      Balotelli ist da für meinen Geschmack kein guter Vergleich – ist im Artikel doch von bislang unauffälligen Kindern die Rede.

      Beste Grüße,
      David

      • Die zurzeit in Leipzig tätigen waren alle vorher beim VfB Stuttgart. Auch da gab es schon Vorgaben zu beispielsweise Tattoos und Haarlänge (ich meine sogar mal was von Vorgaben für Schuhfarben gelesen zu haben). Jetzt machen sie in Leipzig das gleiche (ggfsl. etwas strenger, das zeigt der Artikel leider nicht, auch weil er überhaupt nicht auf andere NLZ eingeht; mMn eine große Lücke im Text) und plötzlich ist Red Bull dafür verantwortlich?
        Das ist doch albern.

        Man kann RB ja gerne kritisieren, ich mag das auch nicht. Aber doch nicht so.

        • Hey Max!
          Welche Personen aus RBs Trainerstab waren das? Löw, Wolter, Dietrich, Pihaule, Holetschek, Knoop, Lobinger, Vogel, Kraft, Weissenberger und Gössling waren meines Wissens nach nie beim VfB und weitere RB-Trainer (außer Leicht, der vor 12 Jahren mal beim VfB war) kenne ich leider nicht.

          Hast du einen Link zu den VfB-Richtlinien bzgl. Tattoos und Haarlänge? Das würde unsere Leser sicher auch interessieren. :-)

          Gruß,
          David

          • „Kurz nach seinem Amtsantritt als Sportdirektor in Leipzig lotste Rangnick die Stuttgarter Frieder Schrof und Thomas Albeck zu RB. Zuvor hatten die beiden beim VfB über Jahrzehnte eine der besten Nachwuchsabteilungen der Bundesliga aufgebaut und Spieler wie Sami Khedira und Mario Gomez groß gemacht.“

            Rangnick, Schrof, Albeck. Steht doch im Artikel (ja, 2 sind keine Trainer, aber sie sind fürs NLZ verantwortlich).

            Zu den Regeln beim VfB (Sorry, Bild):
            -1 http://www.bild.de/sport/fussball/vfb-stuttgart/vfb-knigge-fuer-talente-18416784.bild.html
            „Vor rund 20 Jahren hat er gemeinsam mit dem damaligen A-Jugend-Trainer Ralf Rangnick (jetzt Schalke-Trainer) einen Fußball-Knigge erstellt. “

            2- http://www.bild.de/sport/bundesliga/tattoo-hertha-stuttgart-2026340.bild.html
            „„Wir durften keine Tattoos, keine Ohrringe und keine Rasta-Locken tragen“, verriet Stuttgarts Shooting-Star Sami Khedira (20) aus seiner Jugendzeit beim VfB.“

            (Khedira fand das wohl übrigens so schlimm, dass er direkt nach Leipzig gewechselt.. ach. egal. Kimmich ist wohl jetzt auch nur zum FCB um sich endlich die Haare wachsen lassen zu können).

            Das sind die Infos aus den Kommentaren. Wenn man zwei Minuten weiter sucht, findet man noch mehr. Man wird sowas oder ähnliches bestimmt auch über andere NLZ finden, oder gibt es in München jeden Abend ein Weizen und ins Bett geht man halt, wann man will?
            Der Artikel ist einfach nicht gut, weil er sich einseitig auf RB konzentriert, und nicht mal für RB hinbekommt, sich über die Personen dort zu informieren.

          • Danke für die Quellen, ich habe tagsüber selten Zeit, Kommentarspalten durch zu scrollen. ;-)
            (Schrof und Albeck hatte ich jetzt nicht aufgezählt, weil sie keine Trainer sind. Deine Aussage hatte ich so miss-verstanden, dass beide zusätzlich zahlreiche Trainer vom VfB mitgebracht hatten.)

            Zwar ist der Umstand, dass RB da offenbar gezielt die Vordenker der beschriebenen Herangehensweise eingekauft hat (vielleicht weil sie gut zu den Unternehmensgrundsätzen passten?), für mich nicht gerade ein Punkt, der den Club von einer möglichen Kritik ausschließt. Doch es wäre durchaus interessant zu erfahren, wie andere Bundesligisten da vorgehen, zumal ja auch Schrof darauf verweist.

            Wie gesagt, ich bin völlig wertfrei. Ob die Entwicklung eines durchschnittlichen 14-jährigen positiver verläuft, wenn man ihn wie einen Key-Account Manager kontrolliert, kann ich nicht beurteilen. Menschen sind ja recht unterschiedlich. Und darüber hinaus ist Fußballer nun auch keine normale „Ausbildung“.

            Dass Sami Khedira allerdings ein schlechterer Kicker geworden wäre, hätte er nicht um 20 Uhr im Bett liegen müssen, wage ich zu bezweifeln.

            Gruß,
            David

  2. Zunächst vielen Dank für eure Arbeit. Der gesucht dürfte wohl Nico Däbritz, heute vor 44 Jahren in Freital geboren, sein.

  3. Pingback: #Link11: Oh wie ist das Schön | Fokus Fussball

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