#Link11: Menetekel

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1. Der FC Bayern München muss heute Abend das Rückspiel im Halbfinale der Champions League bestreiten. Er befindet sich in einem »Zersetzungsprozess«, wie Stefan Osterhaus, der Auslandskorrespondent der Neuen Zürcher Zeitung, in seinem prägnanten Artikel schreibt. Rummenigge rede die Saison schön, notwendigen Diskussionen über sportlich Verantwortliche werde ausgewichen, stattdessen bizarrerweise ein Abwurf Neuers oder die charakterliche Eignung Götzes moniert. Die Grenze zur Unappetitlichkeit sei überschritten.

2. Auf Schalke wurden gestern in Boateng und Sam zwei Großverdiener wegen mangelnder charakterlicher Eignung freigestellt. Daniel Theweleit (Spiegel) geht auf die ihnen vorgeworfene Sabotage am Teamgeist ein und sucht die Grenzen des Verantwortungsbereichs von Manager und Kaderplaner Horst Heldt.

3. Schon eine schlichte Differenzierung hebt den Artikel von Richard Leipold (FAZ) von einigen anderen ab, die in den letzten Tagen über Borussia Mönchengladbach verfasst wurden:

Damit es nicht zu romantisch klingt: Auch in Gladbach beziehen Leistungsträger immense Gehälter, aber gemessen an der nationalen und vor allem internationalen Entwicklung, geben die Verantwortlichen das Geld mit Augenmaß aus.

Mit sowohl maßvollem als auch präzisem Lob würdigt er, was dort unter Eberl und Favre entstanden ist. Obwohl der Weltmeister Kramer und Max Kruse den Verein verlassen werden, herrscht am Niederrhein demütiger Optimismus.

4. Nachdem einer der typischen Kämpfe bis aufs Messer gestern Abend in Karlsruhe gewonnen wurde, klopft der inzwischen zweitplatzierte SV Darmstadt ans Tor der Bundesliga. Alex Westhoffs vor dem Spiel auf FAZ.net erschienenes Portrait der Lilien und ihres Trainers will helfen, den überraschenden, aber nun kurz bevorstehenden Durchmarsch von der dritten in die erste Liga zu verstehen.

5. Trainer Baade erzählt von einem unbedeutenden Turnier seiner Jugend, dem Geist eines solchen Jugendturniers und damit auch von der Jugend.

Weil wir damals so gut drauf waren, wie man nur drauf sein kann, wenn man noch nie Liebeskummer hatte, gar nicht weiß, was einen da in diesem Bereich alles noch erwartet, man sich also ohne jegliche Ablenkung voll aufs Spiel konzentrieren kann, schossen wir auch diesen Gegner in nur 2×15 Minuten vom Platz. […] Mir und meinem Busenfreund, der auf dem linken Flügel immer hinter mir aufräumte und meine Laufwege im Schlaf kannte, dürstete es ein wenig.

Ob sich der Ich-Erähler hier in der Wortwahl subtil mit Jesus vergleicht? Jemandem, der von seinem »Busenfreund« schreibt, wäre dies ohnehin nachzusehen. Seine Mannschaft reüssierte jedenfalls bei jenem Turnier: Der Hauptteil spielt »In der KO-Runde«.

6. »Christian Fiel beendet seine Karriere« hieß es gestern in der Mixed Zone. Aber es ist viel mehr als das – erlauben Sie mir, den Link noch einmal hervorzukramen. Der spanisch-schwäbische Profi blickt in einem halbstündigen Vortrag auf eine der vielen unbesungenen Fußballerkarrieren zwischen einigen Europacupspielen und Jahren in der dritten Liga zurück: Auf eine 3:0-Führung gegen die Bayern und ein Gegentor in Babelsberg, bei dem der Abwehrversuch über die kahle Stelle am Hinterkopf rutschte. Auf die Vertragsverhandlungen mit Mutter, Damenbesuche und die große Liebe. Auf Phasen, in denen es nur aufwärts ging und solche, in denen er Heulsuse, Sklavin des Herzens war. Und in einem gescheiterten Erklärungsversuch auf das Schießen eines schönen Tores. Halten Sie sich nicht mit Authentizität oder Larmoyanz auf. Genießen Sie. Eine sehenswerte Pressekonferenz ohne Fragen, in voller Länge bei YouTube.

7. Das Blog heißt »Der Wochenendrebell«, aber angesichts der wachsenden Zahl beteiligter Kinder wächst die Wochenendrebellion allmählich über Einzelpersonen hinaus.

Damit war der Samstag verplant und ich fragte meine vierjährige Tochter, was sie dann am Sonntag unternehmen möchte. Ich hatte ihr Spielplatz, Therme oder Kino angeboten. Alles Dinge, für die man sie begeistern kann.

„Ich will ins Stadion.“

Beim Zweitligaduell zwischen Mittelfeldklub und einem heißen Anwärter auf Platz Nummer Siebzehn sind Vater, Sohn und Tochter erstmals gemeinsam vor Ort. Der Text über die »Wochenendrebellin« ist jetzt online.

8. Der FC Bayern München errang am Sonntag erstmals in der Geschichte des deutschen Fußballs das Double aus Deutscher Meisterschaft der Damen und Herren. Vor 5.200 Zuschauern und unter Gratulation Karl-Heinz Rummenigges feierte die Frauenmannschaft um Spielführerin Melanie Behringer den überraschenden Titelgewinn. Christoph Leischwitz (SZ) gibt für der Planung der gemeinsamen Meisterfeier zu bedenken, dass bis dahin mehr als eine Dame in die WM-Vorbereitung verschwindet.

9. 367 Jahre Westfälischer Friede und dann das: Traditionell (!) treffen das Münsteraner Gymnasium Paulinum und das Osnabrücker Carolinum jährlich aufeinander, um auf sportliche Weise den Besseren zu bestimmen. Was jung und unschuldig klingt, findet dieses Jahr nicht statt. Altschüler, die inzwischen zur »Osnabrücker Hooligan-Szene« (Paulinum) gehören, hatten die Partie schon im vergangenen Jahr gestört.

Auch die unübersichtliche Lage des Sportplatzes habe dem Paulinum-Schulleiter Gerd Grave Sorgen gemacht. Während die Osnabrücker Illoshöhe über zwei Eingänge verfüge, die man kontrollieren könne, sei das Gebiet auf der Sentruper Höhe in Münster sehr unübersichtlich. So gebe es mehrere Eingänge, und auch Unbefugte könnten heimlich auf das Gelände gelangen. Eine Situation, die das Paulinum nach einigem Hin und Her zur Absage bewegte.

Die Neue Osnabrücker Zeitung nimmt sich des Derbys an.

10. War früher alles besser? Oder sollte man lieber froh über die Segnungen des modernen Fußballs sein? Im Schatten diese Zweifels verfasst Patrick seinen Kommentar der Woche. Die gute alte Zeit, in der von vielen Spielen nur Endergebnisse zu sehen war, die Fernsehtechnik in Bulgarien noch nicht so ausgereift war, Uerdingen und Waldhof ebenso Teil der Bundesliga waren wie Roland Wohlfarth. Es mag vom Autor nicht beabsichtigt sein, aber sein Artikel untermauert die These, wonach das Fußballpublikum dazu tendiert, stets die Fußballwelt seiner eigenen Kindheit oder Jugend zum Idealbild zu verklären.

11. Der DFB setzt sich für Flüchtlinge ein – die bereitgestellten Mittel können allerdings höchstens als Tropfen auf einem heißen Stein verstanden werden. Das Rettungsboot, das der DFB den beteiligten Vereinen bereitstellt, muss aufpassen, nicht auf Grund zu laufen.

Reichardt verzweifelt an den bürokratischen Hürden des DFB und des Weltfußballverbandes (Fifa). Der will Menschenhandel ähnlichen Praktiken etwa beim Wechsel von talentierten Jugendlichen aus Afrika nach Europa vorbeugen. Falls der Heimatverband antwortet oder 30 Tage lang nicht auf die Anfrage reagiert – was bei den Ländern, aus denen die Flüchtlinge kommen, öfter der Fall ist – , bekommen die Flüchtlinge einen Spielerpass. Reichardt sagt, die gesamte bürokratische Prozedur dauere oft noch viel länger. „Da sind die Kinder dann teils schon woanders untergebracht.“

Leonie Feuerbach zeigt für die Frankfurter Allgemeine Zeitung einige Probleme bei der Schaffung einer Willkommenskultur auf.

Meist geklickter Link gestern
Neben dem Primus der Vorwoche: Tobias Eschers »Schalker Stillstand. Ist di Matteo der richtige Trainer?« auf 11Freunde.de.

Field Reporter

Die Kabine ist ein zwangloser Raum, dort ist Nacktheit nicht sexuell konnotiert, sondern der Körper das Sportgerät auf seine Weise. Im Vordergrund steht der Trainer nicht als Mann, sondern als Führungspersönlichkeit. Ein guter Trainer versucht aber, respektvoll mit den Rückzugsräumen der Spielerinnen umzugehen. Das gilt übrigens auch für Männer, die Männer trainieren.

Ich beichte: Darüber hatte ich mir nie Gedanken gemacht. Katja Kraus, Spielerin bei den Damen und Funktionärin bei den Herren, führt einige Aspekte dieses Themas im Gespräch mit der ZEIT aus.

Mixed Zone
Niederlande: Der DFB hat für die U15-Länderspielreise eine Auswahl des Jahrgangs 2000 getroffen + + + Köln: Schalke-Fan sieht komplettes Spiel nüchtern (Mutti, der Libero) + + + Fernsehen: Das Kommentatoren-Blog über die Ansetzungen der Woche und Steffen Simon auf Viertliganiveau + + + Düsseldorf: Sportvorstand Schulte freigestellt (f95.de) + + + Arroyo de San Serván: Fünfligist wiegt Kontrahent mit falschen Live-Tweet in Sicherheit (sid/11f) + + + Berlin: DFB-Pokalfinale mit Torlinientechnik (Sportschau) + + + Sandhausen: Neue Spannung im Abstiegskampf der Zweiten Liga: Punktabzug! (kicker) + + + Schweiz: Die Eidgenossen finden Fussballer wenig vertrauenswürdig. Das Trauma des Elfmeterschießens gegen die Ukraine scheint tief zu sitzen (NZZ) + + + Darmstadt: Plakate zum Aufstieg (Twitter) + + +

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