Michael Ballack geht. Was zurück bleibt ist eine unvergessene Meisterschaft mit einem Aufsteiger, seine Zeit in Leverkusen samt Vizetriple und Eigentor zur verpassten Meisterschaft, eine erfolgreiche, aber auch umstrittene Zeit bei den Bayern, ein Ausflug nach England, der ihm vor allem international nochmal Ansehen einbrachte und ein unrühmliches Ende in Leverkusen. Darüber hinaus herausragende Leistungen in den DFB-Nationalmannschaften der frühen 2000er Jahre, die eher unterdurchschnittlich in Erinnerung blieben, die gelbe Karte für das Team im Halbfinale der WM 2002 und der unsägliche Streit ums Kapitänsamt mit Philipp Lahm, die Alphatierdebatte und die Ausbootung in der Nationalelf.
Ballack absolvierte 98 Länderspiele, führte die Nationalelf 55-mal als Kapitän auf den Platz, wurde 4-mal deutscher Meister, 3-mal deutscher Pokalsieger, 1-mal Ligapokal-Sieger, gewann einmal die Premier League, 3 FA Cups, den englischen League Cup und das FA Community Shield.
70.5% – Only Vidic (73.7%), Ferreira (71.9%) & Makelele (70.8%) have a better win % (100+ games) than Michael Ballack in PL history. Retired
— Opta(@OptaJoe) Oktober 2, 2012
Oliver Fritsch von Zeit Online hat sich der polarisierenden Karriere von Michael Ballack angenommen und seine Karriere porträtiert. Dabei bleibt bei Fritsch vor allem das Positive hängen.
Warum ihm so viele Menschen feindlich gesonnen waren, ist schwer zu erklären. Ballack war bedeutend mehr als ein guter Kopfballspieler. Er war der wichtigste deutsche Fußballer im zurückliegenden Jahrzehnt. Lange gab er die Autorität im deutschen Mittelfeld, paarte Übersicht mit Eleganz, Kampf mit ostdeutscher Beidfüßigkeit. Und er schoss sehr viele Tore.
John Brandi hat für Goal.com in seinem Nachruf auf Michael Ballacks Profizeit einen Blick auf die Beinahetitel geworfen.
The news of Michael Ballack’s retirement from football will be a source of both sadness and nostalgia to many: the former Chelsea midfielder was certainly cut from different mould. One thing is for sure, though – the 36-year-old will not be pleased to leave the game after an illustrious, yet unfulfilled, career with Bayern Munich, Bayer Leverkusen and the Blues.
Michael Wollny von Eurosport inspiziert speziell das Karriereende von Ballack.
Auf der einen Seite ein von Ehrgeiz und Egozentrik getriebenes Alphatier, das von trotziger Eitelkeit geblendet die Zeichen der Zeit zunächst nicht erkennen wollte: Die Ära der Silberrücken ging zu Ende. Auf der anderen Seite fehlender Mut, dies offen auszusprechen. Stattdessen Hinhaltetaktiken, groteske Versprechungen mit perfiden Hintertürchen. Keine Frage, auch der DFB wurde von der rasanten Entwicklung überfordert und präsentierte sich in der Causa Ballack nicht gerade stilsicher.
Robert Ide beleuchtet für den Tagesspiegel die Charakterzüge von Ballack im Angesicht des drohenden Absturz.
Ballack hatte die Stimmung unterschätzt, seine zweite Karrierephase begann: Er nahm sich desto wichtiger, umso weniger wichtig ihn die anderen nahmen. Bundestrainer Joachim Löw ließ ihn aussortieren durch die faktische Macht des Generationenwechsels, nicht durch die Kraft eigener offener Worte.
Stefan Osterhaus erklärt für die NZZ wie konsequent Ballack in dem war, was er tat.
Konsequent war er bis zuletzt. Die Verkündigung des Rücktritts, diese ebenso unangenehme wie unausweichliche Aufgabe, übernahm Michael Ballack nicht selber; nein, er liess dies seine Berater übernehmen. Trocken gab Michael Becker, ein Jurist, der Ballack als Profi mit grossem pekuniärem, doch überschaubarem sportlichem Erfolg beraten hatte, ein paar vorbereitete Sätze zu Protokoll, die die Laufbahn des Ausnahmefussballers offiziell beendeten.
Jan Reschke von SPON bringt fast alle Medienberichte zu Michael Ballacks Laufbahn letztlich auf den Punkt.
Was in Erinnerung bleiben wird, ist nicht nur die Grimasse bei seinem Freistoßtor, sondern der Gedanke an einen großen Spieler.
Die FAZ fasst Stimmen zu Ballacks Karrierenende in einer Klickstrecke zusammen.
UPDATE: 04.10.12
Der Libero mit einem Blick auf die Vita von Ballack.
Klaus Hess für die FAZ über Ballack. „In die Irre gelaufen“.
Thomas Winkler von der taz glaubt, dass er trotz schmerzhafter zweiter Plätze, nie die Herzen der Fans erreichte.
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