Der Schiedsrichter im Sportrecht

Am 16. November dieses Jahres fand in der Aula I der Universität zu Köln die Sonderveranstaltung »Der Schiedsrichter im Sportrecht« statt, und zwar im Rahmen der Sportrechtsvorlesung von Dr. Jan F. Orth an der Rechtswissenschaftlichen Fakultät (weitere Informationen dazu gibt es hier). Wir hatten das große Vergnügen, gemeinsam mit dem Dozenten sowie dem Bundesliga-Schiedsrichter Sascha Stegemann daran mitwirken zu dürfen. Nun ist die Aufzeichnung der Uni online. Bei der Vorlesung wurden insgesamt vier Videos mit Sequenzen aus Fußballspielen verwendet, die aus rechtlichen Gründen jedoch nicht in die Aufzeichnung integriert werden durften. Wir verlinken sie hier deshalb.

Teil I: Was kostet der falsche Pfiff? Die zivilrechtliche Haftung
Referent: Dr. Jan F. Orth

Beginn: bei 5:45
Verwendetes Video: Ausschnitte aus dem Bundesligaspiel Borussia Dortmund – TSG 1899 Hoffenheim (2013), online hier (Szene beginnt bei 16:14)

Teil II: Ist der Schiedsrichter strafrechtlich verantwortlich? Die strafrechtliche Haftung
Referent: Sascha Stegemann
Beginn: bei 49:40

Teil III: Auslegungs- und Anwendungsprobleme nach der Regelreform. Fußball und Jura
Referent: Alex Feuerherdt
Beginn: bei 1:33:45
Verwendete Videos:
1. Ausschnitte aus dem Oberligaspiel Viktoria Köln – KFC Uerdingen 05 (2012), online hier
2. Ausschnitte aus dem Drittligaspiel VfL Osnabrück – 1. FC Magdeburg (2016), online hier (Szene beginnt bei 3:09)
3. Ausschnitte aus dem Europa-League-Spiel Maccabi Tel Aviv – Zenit St. Petersburg (2016), online hier

SR-im-Sportrecht

4 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Man soll sich ja immer melden, wenn man ein Angebot freiwillig tatsächlich genutzt hat. In diesem Sinne: Ich habe mir das Video von vorne bis hinten angeguckt. Auf mehrere Tage verteilt. Und war jeweils unterhalten.

    Ich muss zugeben, dass sich für mich persönlich der Erkenntnisgewinn in der Sache über weite Teile (d.h.: nicht über alle) in Grenzen gehalten hat. Ich bin mal so dreist und verlinke stumpf meinen anderswo geäußerten ersten Eindruck.

    Später gab es dann doch den einen oder anderen Gedanken, auf den ich nicht selber gekommen wäre. Ich möchte mal an dieser Stelle offen lassen, ob das an jeweils an den großartigen Vortragenden lag oder daran, wie weit weg ich mittlerweile von der Materie bin (und wer mich mag, der belässt es dabei). Falls der feine Hörr Dr. Jan F. Orth hier noch mitlesen sollte oder Ihr die Gelegenheit haben solltet, ihn nochmal zu sprechen, dann wäre ich in Bezug auf das Blitzschlagbeispiel über die Behandlung folgender Ergänzungsfragen dankbar:

    – Für mich liegt – trotz der überzeugenden Argumente für den Schwerpunkt auf aktives Tun – ein Unterlassen vor. Ganz positivistisch argumentiert, weil das Spiel (als die Gewitterwolken aufziehen) bereits läuft und der Abbruch des laufenden Spiels für mich eine aktive Handlung darstellt. Die unterlassen wurde. Inwiefern würde sich die Betrachtung dadurch ändern? Selbst wenn die Antwort lautet „Gar nicht“ gehört das für mich zu der Betrachtung dieses Beispiels zwingend hinzu.

    – Selbst unter dem Ergebnis einer gegebenen strafrechtlichen Haftung (die sicher nicht nur für mich auf dem ersten Blick eher überraschend war) ist dies in diesem Beispiel ja nun nicht das wahre Damoklesschwert über dem bedauernswerten Jungschiri. Das eigentliche Problem scheint mir die Abwandlung zu sein, in dem der Spieler nicht verstirbt sondern schwer geschädigt überlebt und dem Schiedsrichter mit privatrechtlichen Ansprüchen begegnet. Dazu hätte ich wahnsinnig gerne eine Einschätzung gesehen. Aus meiner spontanen hohlen Hand gesprochen kann der junge Mann – völlig unabhängig von der Haftungsgrundlage – jedem Anspruch entgegenhalten, dass er jedenfalls niemals eingewilligt hat, für mehr zu haften, als er für die Geschäftsbesorgung seiner eigenen persönlichen Sicherheit auf dem Platz Sorge trägt. Und dass – völlig unabhängig vom vereinbarten Fahrlässigkeitsmaßstab – die Spieler eingewilligt haben, dass der Schiedsrichter jedenfalls auf deren Gesundheit in Bezug auf Naturereignisse keine größere Sorgfalt an den Tag legt, als auf seine eigene.

    Im Beispiel war der Schiedsrichter von der Gefahr des Blitzschlages genauso getroffen wie die Spieler. Das mag extrem idiotisch sein, aber das würde mir ausreichen, um ihn aus der zivilrechtlichen Haftung zu entlassen.

    Und da würde ich dann doch noch in Erwägung ziehen, dass – so verstehe ich das Beispiel – der Schiedsrichter mit gerade mal 18 Jahren langsam an die Erwachsenenklasse herangeführt wird, während die erwähnten Spieler und Trainer deutlich erwachsen sind. Bei einem Kinder-Spiel mag man da (auch wenn ich da die Verantwortung bei den Betreuungspersonen sehe) eine gewisse Verantwortungsverlagerung sehen. Von deutlich erwachsenen Personen aber darf man aus meiner Sicht erwarten, dass sie sich unabhängig von den Zwängen, die ihnen die Fußball-Regularien auferlegen, zur Vermeidung eigener Schäden in offenkundigen Fällen wie diesen über diese Regeln hinwegsetzen.

    [für mitlesende Studenten: Ja, besteht erstmal das zweite Staatsexamen – dann dürft Ihr auch so wage und ohne Paragraphennennung herumschwadronieren und dem Richter damit auf den Sack gehen, der das trotzdem alles in Betracht ziehen muss – aber das nur am Rande]

    Für mich drängt sich da die Analogie einer vollkommen regelwidrig beschilderten und mangelhaft umschränkten Baustelle auf: Wer sich dort bei Tageslicht den Fuß verstaucht, obwohl er die Lücke im Gehsteig klar erkennen konnte, der kann sich auf die Mängel der Baustellen-Absicherung ja auch nicht berufen. Hätte er halt die Augen aufmachen sollen.

    Und wenn man diesem Gedankengang folgen sollte (kann ja sein), dann würde mich interessieren, ob man daraus eine Konsequenz für die strafrechtliche Bewertung ziehen würde.

    Außerdem wird wahrscheinlich niemanden überraschen, dass ich eine Anmerkung zum allerletzten Beispiel der Veranstaltung habe. Bei meinem Sport, dem Eishockey, da ist das nämlich einer der selbstverständlichsten Entscheidungen, dass ein Spieler eine Aktion begeht, auf Grund deren dessen Seite den Puck (= den Ball) nicht mehr berühren darf. Der Unterschied: a) Beim Eishockey wird dies klar und für alle ersichtlich signalisiert. b) Die Berührung des Pucks ist kein Vergehen an sich. Sie führt nur zur zwingenden Spielunterbrechung. Selbst unmittelbar vor dem Tor also maximal zum Bully im gegnerischen Drittel (da fehlt dem Fußball natürlich die geeignete Spielfortsetzung). c) Die Berührung ist nicht nur dem betreffenden Spieler untersagt, sondern allen Spielern seiner Mannschaft. Somit herrscht zum einen Klarheit. Die gegnerische Mannschaft hat zum anderen einen Vorteil, der in aller Regel schwerer wiegen dürfte, als die zufällige Hoffnung, der Delinquent möge mit seiner Ballberührung einen indirekten Freistoß in Tornähe erzeugen: Sie hat einen freien Angriff, der niemals zu einem Konter führen kann. Im Fußball kann man dafür nicht zugunsten einer Überzahl den Torhüter rausnehmen, aber ganz schlecht wäre das ja nun trotzdem nicht.

    Der Vergleich hinkt natürlich. Ich will auch nicht behaupten, dass man die Hockey-Regeln einfach auf den Fußball übertragen sollte. Aber so, wie dieser Fall derzeit beim Fußball geregelt ist, so ist das doch wohl völlig praxisfern. Wie nicht nur dieses gezeigte Extrembeispiel zeigt.

    Kommen wir abschließend zur popkulturellen Betrachtung: Ich finde das unter dem Strich sehr schön, dass ich diesem Ereignis beiwohnen durfte. Und im Zusammenspiel mit den hier verlinkten Videos war das – im Rahmen der universitären Möglichkeiten – mit quasi nicht vorhanden Hindernissen verbunden. Top-Aufzeichner, gerne wieder. Leichte Soundprobleme fallen da kaum ins Gewicht.

    Und sollte der feine Hörr Dr. Jan F. Orth dies tatsächlich mitbekommen, dann kann ich ja auch mal kurz noch so nett sein, folgendes Sparlob loszuwerden: Wohnte ich in Köln und hätte ich Mittwochs nachmittags öfter Langeweile, ich würde ernsthaft mit dem Gedanken spielen, allein aus Daffke bei dieser Vorlesung mal vorbei zu schauen. Macht er schon ganz gut. Ernsthaft.

    • Das mit dem stumpfen Verlinken meiner spontanen Sparmeinung scheint irgendwie nicht funktioniert zu haben. Falls das irgendjemanden über den reinen Akt der dokumentatorischen Fairness hinaus interessieren sollte, so sei diese hiermit nachgereicht.

    • Ich bedanke mich für das freundliche Feedback, das Lob und auch für die hinterfragenden Anmerkungen. Da ich im Moment wegen der nahenden Weihnachtstage und Arbeitsdrucks ganz erheblich „unter Dampf“ stehe, heute vielleicht nur so viel:

      Auf meiner Seite gibt es unter

      https://www.janforth.de/sportrecht/materialien/

      eine ausführliche Lösungsskizze zum strafrechtlichen Fall, die viel detaillierter ist als das, was in der Vorlesung gesagt wurde. Sie erklärt die Annahme von „Unterlassen“ ausdrücklich zu ebenso „gut vertretbar“.

      Über die anderen rechtlichen Aspekte muss ich noch einmal in Ruhe nachdenken. Dafür ist momentan leider keine Zeit. Ggf. komme ich noch einmal darauf zurück.

      • Erst einmal vielen Dank für die Antwort.

        Die Lösungsskizze ist tatsächlich sehr hilfreich. Unter anderem habe ich erst aus ihr gelernt, dass es sich nicht um ein „Bezirksligaspiel“ (so mein Hirn) handelt, sondern um eines der C-Jugend. Da muss jemand nicht genau genug zugehört haben. Insofern bitte ich meine Fragen als Sachverhaltsabwandlung zu verstehen.

        Und ich bitte alleruntertänigst darum, dass diese wenn, dann jedenfalls nicht beantwortet werden, bevor ausreichend Langeweile vorliegt. Will meinen: Wenn Du „noch einmal darauf zurück“ kommst, dann bin ich bereits im vornherein sehr dankbar. Wenn nicht, dann bin es auch.

        Abschließend möchte ich die Gelegenheit nutzen, für weitere Aufzeichnungen dieser Art zu werben. Ich würde ganz sicher erneut einschalten.

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