#Link11: Bleibt wieder ewig hinter sich

Tja, so ist das. Ist ja auch keine Neuigkeit. Geklickt habt ihr trotzdem. Jetzt wo ihr schonmal hier seid: Ich biete Champions-League-Euphorie in Wolfsburg, Kartenfrust in Bremen, Nagelprobe (höhö) für die TSG Hoffenheim, die Freshfields-Erkentnisse des DFB, die Uefa, die einen transparenten Neustart übt (Spoiler: es sind wirklich die allerersten Schritte), Geheimdokumente von mir und liebe Frauen, herzlischen Glückwunsch! Und danke liebe Wolfsburger, solche Plakate sind besser als jede von uns hingeklatschte Überschrift. Viel Spaß mit der Link11!

blogundpresseschau

1. Der VfL Wolfsburg hat das Viertefinale der Champions League erreicht. Das reicht denke ich, um den gestrigen Abend zusammenzufassen. Viel gab es beim 1:0-Sieg nicht zu sehen, dafür war die Stadt danach im Ausnahmezustand.

Seine weiteren Beobachtungen fasst Hendrik Buchheister hier zusammen. Ein weiterer Artikel auf Spiegel Online ist noch witziger: „Sparfüchse des Abends: Die Wolfsburger Zuschauer, die ihr schwer erarbeitetes Geld nicht für vage Ideale wie „erstes und vielleicht einziges Champions-League-Achtelfinale, das je in meiner Stadt stattfindet“ ausgeben.

Wolfsburg schafft also historisches und überholt sich selbst. (Wenn man das Plakat der Wolfsburger „Kleinstadt Gang“ vom Wochenende „Wir werden auf ewig hinter uns bleiben“ streng auslegt. Gestern hat die „Kleinstadt-Gang“ angekündigt, ihre Aktivitäten ewig hinter sich zu lassen)

2. Blieb nicht auf ewig ohne vier gelbe Karten: Zlatko Junuzovic. Er gab zu, sich in der Schlussphase des Werder-Sieg am Wochenende die fünfte Gelbe freiwillig abgeholt zu haben, um gegen die Bayern nicht dabei zu sein zu dürfen. Darmstädter Schule, hätte man gesagt, hätte Zlatko kein Interview nach dem Spiel gegeben und genau das zugegeben. Nun reden wir darüber, wie ehrlich Bundesligaprofis sein dürfen, denn Junuzuvic muss sich für seine Aussagen am Freitag vor dem DFB Sportgericht rechtfertigen, was die fünf Darmstädter, die es genauso offensichtlich trieben, nicht machen mussten (Clemens Fritz muss auch zum Sportgericht. War in einer früheren Version falsch). Wird spannend. Auch herrlich sind Junuzuvics Verteidigungs-Ansagen im vereinseigenen Interview von gestern:

Frage: „Sladdi, die Leute denken du hast das mit Absicht gemacht. Sag mal was!“

Antwort Sladdi: „Ja, so haben es viele aufgefasst, aber ich war einfach nur froh, dass ich endlich nicht mehr diese Last mit den vier gelben Karten mit mir herumtragen muss.“

3. Heute entscheidet sich, ob die TSG Hoffenheim bald einen neuen Trainer braucht. Denn wenn ihr aktueller, Jungspund Julian Nagelsmann, seine Trainerlizenz nicht erhält, darf er streng genommen auch keine Bundesligamannschaft trainieren. Um das zu vermeiden, musste er beim DFB-Trainerlehrgang in Hennef mit einer A-Jugend die Red Zone üben. Witzig, dass der DFB auch NFL-Football üben lässt. Andere Lehrgangsteilnehmer wie Jeff Strasser jedenfalls glauben, dass Nagelsmann das schafft. Die FAZ beobachtete die angehenden Trainer in den letzten Tagen der zehnmonatigen Ausbildung in Hennef und stellte fest, wie Julian Nagelsmann seinen Spagat aus Bundesliga und Hennefer A-Jugend mit Fragen stellen hinbekommt.

4. Um das große Ganze hat sich der Blog Miasanrot Gedanken gemacht. In einer dreiteiligen Serie haben die Autoren versucht, die Lage der Bundesliga unter finanziellen (Teil 1), effizienten (Teil 2) und taktisch-strategischen (Teil 3) Punkten abzuklopfen. Im zuletzt erschienenen dritten Teil analysieren vier Experten und Autor Tobi die Grundrezepte der Bundesligateams, reden über Risiko und das Scheitern einzelner Trainerphilosophien und finden so schöne Sätze wie „das Atletico Madrid des kleinen Mannes“ (Darmstadt). Ziemlich starke und ziemlich lange Analyse, die ohne das Phrasendreschen noch lesenswerter wäre. Und ein Teil des Fazits am Ende überrascht natürlich nicht, weil es ziemlich deutsch ist: Die Bundesliga könnte so viel mehr, es mangelt aber an der Risikobereitschaft.

5. Die Bundesliga: wir schimpfen über sie, wir finden sie kommerziell, wir sehen sie weit hinter anderen zurück, aber eigentlich mögen wir sie dann doch ganz gerne. So ähnlich liest sich das Fazit aus dem vorher empfohlenen Text jedenfalls. Komplett anders sehen die jungen Herren das, die Alex Raack für die neue Ausgabe der 11Freunde gesprochenhat. Sie haben die Schnauze voll von allem. Von Aalglattness, WM-Vergabeness, Sponsorness und Sensationslosness. Protokolle gescheiterter Beziehungen.

6. (Es folgt: Werbung in eigener Sache.) Ebenfalls in dieser 11Freunde-Ausgabe findet ihr eine Geschichte von Ron Ulrich und mir, die sich mit dem Investor Doyen Sports und seinen dubiosen Third-Party-Ownership-Geschäften bei Twente Enschede beschäftigt. Sie haben dazu geführt, dass Twente nun kurz vor der Insolvenz steht, weil sie mit dem Investor illegale Absprachen getroffen haben. Unsere Grundlage waren zahlreiche interne Mails und Verträge, die von Footballleaks, dem Wikileaks des Fußballs, veröffentlicht wurden. Twente ist kein Einzelfall. Die Macht dieser Investorenfirmen ist riesig, sie reicht bis in die Bundesliga. Mit Luc Castaignos und Joshua Guilvagui sind / waren mindestens zwei Profis von Doyens Geschäften direkt betroffen. Hier beschreiben wir, wie diese Geschäfte mit den Transferanteilen dafür sorgen, dass Investoren bestimmenden Einfluss über Transfergeschäfte erhalten.  (Eigenwerbung Ende)

7. Auch geleakt wurde der Freshfiels-Bericht des DFB am vergangenen Freitag. Der DFB hat es im Rahmen seiner neuen Transparenzoffensive auf der eigenen Homepage getan. 42 Anwälte haben 128 000 Dokumente und Mails gelesen, 600 Ordner in der Hand gehabt und sich dafür 3,5 Millionen Euro vom DFB zahlen lassen. Gut investiertes Geld um herauszufinden, was mit 6,7 Millionen passiert ist. Der Spiegel mit einem Überblick.

Kommentatoren sind sich einig, wie es billiger gegangen wäre: Franz Beckenbauer hätte sein Schweigen brechen müssen. Seine persönlichen Konten sind direkt betroffen. „Der Kaiser gibt, der Kaiser nimmt“, heißt dazu die Analyse von Oliver Fritsch (ZEIT Online). Eine gute Frage wirft auch Michael Ashelm (FAZ) auf: Warum sagt Beckenbauer nicht einfach, dass die Zeiten damals andere gewesen seien und geht offensiv damit um, beim dreckigen Spiel zumindest kurz eingewechselt worden zu sein. Zu groß aber scheinen die persönlichen Seilschaften zu sein. Und die Frage die sich anschließt: Was weiß er noch so aus den vielen Jahren Funktionärsleben in der Fifa?

Weder sei die WM gekauft noch könne man den DFB freisprechen, lautet die zentrale Freshfields-Feststellung. Es mangelt lediglich an Beweisen. Klar ist: Das Geld floss nach Katar. Was dann passierte, ob damit die WM-Vergabe beeinflusst wurde oder Fifa-Boss Sepp Blatter im Wahlkampf unterstützt wurde: Wissen wa jetzt immer noch nich, wa?

Man merkt aber: Es riecht nicht nach der reinen Luft der Aufklärung. Es gärt weiter im Sumpf. („Abhängigkeiten in einem korruptionsbedingten Umfeld“ nennt das Jurist. Weiß ich seit Freitag.) Sich nicht mehr im Sumpfe waten sieht sich, oh, dingdong, Überraschung, der DFB selbst und Rainer Koch, DFB-Vizepräsident. Unsinn, sagt daraufhin die taz. Die FAZ sieht nach dem DFB-Schlusspfiff weiteren Erklärungsbedarf. Der könnte nun von der Fifa kommen.

8. Jack Warners Lustreisen nach Deutschland kurz vor der WM-Vergabe im Mai 2000, inklusive Kniestrümpfen für die Frau und privatem Faxgerät, was alles der DFB zahlte, nehmen Johannes Aumüller und Thomas Kistner (SZ) zum Anlass zu fragen, was es braucht, um eine WM gekauft zu nennen. Es gibt mittlerweile viele weitere kleine und mittlelgroße Geschenke des DFB an verschiedene Stellen, die politischen Geschenke der Bundesregierung wie Waffen nach Saudi-Arabien spart der Freshfields-Bericht ohnehin aus.

Ähnlich, juristisch-korrekt über Umwege, äußert sich Sportrechtler Christoph Schickhardt gegenüber der Welt: „Ein Strauß von Umständen, die in der politischen Bewertung auf Korruption hindeuten.“ Ein zweiter starker Satz über den DFB aus dem spannenden Interview: „Was da nach dem Auftauchen der 6,7 Millionen Euro abgelaufen ist, geht gar nicht. Da hätte sich jeder Dorfverein aufgelöst.“

9. Ihr Transparenzfähnchen neuerdings auch ganz weit raus hängt die Fifa unter dem neuen Präsidenten Gianni Infantino. Für Zweifler dieser neuen Taktik (also für fast alle) empfehle ich diesen Text von Matt Scott (Insideworldfootball, addendion: Only in Englisch gehalten).

Er beschreibt darin, wie die Uefa bis heute über den Fall von Olympiakos Piräus hinwegsieht. Jahrelang hat sich auch Infantino in seiner Funktion des Generalsekretärs als größter Ignorant gezeigt. Kann passieren, Olympiakos wirft man ja nur vor, korrupt bis ins hellenische Mark zu sein, mit einem Mafia-Syndikat Spielverschiebungen zu organisieren und das Haus eines Fifa-Schiedsrichters, der sich den Anweisungen der Olympiakos-Bosse wiedersetzt hat, zu zerbomben. Auch das jüngste Spiel von Olympiakos gegen Anderlecht in der Europa League begleiteten ziemlich merkwürdige Schiedsrichter-Entscheidungen. Und Infantino? Feiert seinen Wahlhelfer und Nachfolger als Uefa-Generalsekretär, Theodore Theodoridis, der auch der Sohn des Vizepräsidenten von Olympiakos ist. Schön: Die alte Fifa ist wieder da.

10. Ich komme nochmal auf dem Sumpf, den DFB-Vize Rainer Koch schon durchwatet gesehen haben will. Koch ist in seiner Funktion als DFB-Vize für Recht auch für das Anti-Doping-Kontrollsystem des DFB verantwortlich. Doping im Fußball, da wartet ja schon der nächste Sumpf. Die Kollegen von Fußballdoping.de stochern seit Jahren in diesem Morast. Nun wollen sie das wieder vermehrt versuchen, weil die Freiburger Aufklärungskommission ihre Arbeit eingestellt hat. Im Zentrum: Ehemalige Spieler aus Freiburg und Stuttgart. Ein schönes Zitat eines Ex-Spielers gibt es schon mal: „Die Tabletten, Spritzen und Salben würde ich gerne mal auf einem Haufen sehen, die füllen sicher eine ganze Badewanne“. Oh oh, Herr Koch, ich bin gespannt, ob ihre Füße in diesem Sumpf trocken bleiben.

11. Kommen wir zu den schönen Seiten des Lebens: den Frauen. Gestern war Weltfrauentag. Welchen langen, ganz ganz langen Weg hin zur Anerkennung die Frauen im Fußball auf sich nehmen mussten, beschreibt dieser Text der Westdeutschen Zeitung von 2011 (Bei Twitter als Klassiker des Frauenkampftags in meine Timeline gespült worden, Danke, Jan Tölva). Der Ausgangspunkt: Die Siegprämie für die Frauen für den EM-Titel 1989: Ein 1b-Kaffeeservice von Villeroy & Boch.

Ich überlasse euch die Entscheidung, ob es in diesem Zusammenhang ein Rückschlag oder ein Fortschritt ist, dass es eine Wahl zur „heißesten Sportmoderatorin des Jahres“ gibt. Gewonnen hat sie jedenfalls Laura Wontorra (Sport1). „Große Ehre“ teaste Sport1 bei Facebook. Ich nicke.

Geburtstagskind des Tages: Geburtstagskind des Tages

(Auflösung von letzter Woche: Jörg Stiel wurde 48)

Meist geklickte Links vergangene Woche
Spannende Kombination: Uli Hoeneß neue Hautverzierungen, die er sich laut Postillon im Knast zulegte und Christian Spillers Odekritische Wüdigung“ zu 25 Jahren Pay-TV.

Field Reporter

»Ein Fitnesstrainer hat mir später gesagt, dass Favre da viel vor sich her genuschelt hat: „Boah, der Neustädter, der kann, der versteht alles…“ Ab da hab ich bei ihm immer gespielt. Egal wie und was, er hat immer einen Platz für mich gehabt. Und als ich dann zu Schalke gegangen bin, hat er das ja öffentlich als herben Verlust bezeichnet, als wenn Barcelona auf Xavi verzichten müsste. Das ist natürlich schon eine große Ehre, wenn so jemand das über einen sagt.«

Die Halbfeldflanke hat sich mit Roman Neustädter nach der Videoanalyse des müden Schalker 0:0 gegen Frankfurt getroffen. Offenbar war das ein guter Zeitpunkt, um mit Neustädter über aufregenderes zu sprechen: seine eigene Karriere. Gute Idee: Eine Taktiktafel daneben zu stellen. Sehr spannend.

Bandenwerbung: Unser neues Format Podcast-Schau mit einigen Leitcastlern der Szene. Welche? Selber gucken!

Mixed Zone
Hamburg: Uwe Seeler macht eine betroffene Mine: Haben seine kostenlosen Ehrenkarten ein größeres HSV-Finanzloch als bislang angenommen gebuddelt? (NDR) + + + Burn-out: Sascha Lewandowski hört als Trainer bei Union Berlin auf. Die Union-Gemeinde trauert. (Textilvergehen) + + + Kollege Klaas, auch einer von Collinas Erben, im Deutschlandfunk über den Videobeweis und weitere neue Fußballregeln (Deutschlandfunk) + + + Wichtig: Verweisen auf die Suche nach Fußballkleidung für Geflüchtete im Raum Dortmund: Schwatzgelb.de + + + Böser Wolfsburg-Diss eines Beraters: Fahr da mal hin und sag mir, ob du dir das drei Jahre lang antun willst. Weitere Beraterinsights: (TZ) + + +

4 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Hey, danke für diese Link11! Das mit Clemens Fritz stimmt leider nicht – auch er ist am Freitag zur Verhandlung geladen. Bei dem tz-Artikel mit dem Spielerberater funktioniert der Link leider nicht. Best, André

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.