Mit seinem Buch „Kurven-Rebellen. Die Ultras – Einblicke in eine widersprüchliche Szene“ will Christoph Ruf das Image der Ultras auf den Prüfstand stellen, wie dem Klappentext zu entnehmen ist. Das gelingt ihm nur teilweise, trotzdem lohnt sich die Lektüre.
Die Meinungen über Ultras gehen weit auseinander. Notorische Störenfriede oder Bewahrer des Fussballs? Gewalt oder Atmosphäre? Dialogunfähig oder unverstanden? Die Gegensätze zwischen unterschiedlichen Ansichten könnten grösser nicht sein. Christoph Ruf hat sich daher viel vorgenommen, wenn er der Leserschaft die Ultra-Szene näher bringen will. In zwanzig Kapiteln geht der Autor auf verschiedene Themen ein, die im Zusammenhang mit Ultras immer wieder auftauchen: Gewalt und die Faszination davon, verhärtete Fronten, Frauen in der Kurve, Rechtsextremismus, Medien, Politik. Der rote Faden fehlt dabei. Der Autor hüpft von der Betrachtung von Gruppierungen zur grundsätzlichen Auseinandersetzung mit den erwähnten Themen und wieder zurück. Es erstaunt daher nicht, dass Ruf am Ende des Buchs kein eigentliches Urteil über die Ultras fällt. Auf den ersten Blick eine Schwäche des Buchs. Die versprochene Prüfung des Images der Ultras erfolgt ansatzweise, wird jedoch nicht zu Ende gebracht.
Auf den zweiten Blick ist das aber genau die Stärke des Buchs. In der Diskussion um den Fussball und seine Begleiterscheinungen sind die Meinungen viel zu häufig schon gemacht, bevor überhaupt ein Austausch stattfindet. Die Medien stürzen sich auf Polizeiberichte, überzeichnen Vorfälle und vergessen dabei, die Sicht der Gegenseite einzuholen. Die Ultras ihrerseits sehen in allen anderen viel zu häufig nur Feinde, ohne sich ernsthaft damit auseinander zu setzen, ob man gegenseitig voneinander profitieren könnte. Christoph Ruf geht offener an die Thematik heran. Er stellt gleich zu Beginn klar, dass er auch nach den Recherchen für dieses Buch noch Vorbehalte gegenüber den Ultras hat. Praktisch im gleichen Atemzug macht er aber auch klar, was er an der Ultra-Szene schätzt. Für ihn ist es nicht unmöglich, die Gewaltfaszination, die Riten und das Gruppendenken zu hinterfragen, ohne gleichzeitig die kritische Grundhaltung, das Eigenengagement oder die lebendige Atmosphäre zu loben. Er beschränkt sich auf das Aufzeigen der verschiedenen Facetten der Ultra-Szene. Auch wenn er dabei nicht immer ohne Wertung auskommt, man hat nach der Lektüre des Buchs viele Eindrücke aber nicht das Gefühl, der Autor wollte einem seine Meinung aufdrücken. Insofern schafft der Autor genau das, was er schon im Buchtitel verspricht: Einblicke in eine widersprüchliche Szene.
Autor: Christoph Ruf
Typ: Buch über Fussballfans
Preis: ab 12.90 Euro
Seiten: 187
Infos: www.werkstatt-verlag.de
Empfehlenswert für: Alle, die sich nicht mit einseitigen Beobachtungen zufrieden geben. Alle, die möglichst viele Eindrücke sammeln möchten, bevor sie sich selbst ein Urteil bilden.
Pingback: #Link11: Eine Runde weiterstöhnen | Fokus Fussball