Fussball bietet Gesprächsstoff. Diese banale These wird durch die – zumindest gefühlt – stetig ansteigende Dichte an Blogs und Fussballmagazinen bestätigt. Während sich viele Erzeugnisse doch sehr ähnlich sind, stechen einige aus der Masse raus.
Vor Kurzem ist mir zum ersten Mal eine Ausgabe des Magazins „Der tödliche Pass“ in die Hände gefallen. Ich gestehe, wenn ein Magazin schon bei Heft 71 angelangt ist, hätte dieses auch früher schon in meinen Fokus fallen sollen. Umso bedauerlicher, als sich die Lektüre des Magazins wirklich lohnt. Auf 108 in schwarz-weiss gehaltenen und trotzdem – oder gerade deswegen – schönen Seiten findet der Leser eine Herangehensweise an die Thematik, die so kaum sonst wo vorkommt. Bereits die Themenauswahl ist überzeugend. Kritische Texte, die sich auch schon mal mit Sinn und Unsinn der „Auflaufkinder“ befassen, werden aufgelockert durch anspruchsvolle Bildstrecken. Ein Interview mit einem türkischen Fussballintellektuellen folgt auf eine DVD-Kritik zur Geschichte der polnischen Nationalmannschaft rund um die turbulenten Solidarnosc-Jahre. Selbst die in vielen anderen Magazinen ebenfalls zum Standard gehörende „Bücher-Ecke“ ist hier etwas anders, weil darin zum Beispiel auch Bücher zur Sozialforschung im Frauenfussball Platz haben.
Neben der Themenwahl ist es aber vor allem die Sprache, die das Magazin auszeichnet. Kaum einem anderen Magazin gelingt es, eine solch gewählte Sprache im Fussballkontext zu verwenden. Während die meisten Erzeugnisse eher versuchen, den Slang des Stadions aufzunehmen, geht „Der tödliche Pass“ einen anderen Weg. Das funktioniert in neun von zehn Fällen gut. Ab und an wirkt es aber gezwungen, zuweilen dürfte es den gar Leser überfordern. Denn wer versteht z.B. folgende Passage auf Anhieb: „Der virtuelle Ort Fussball kann sich als u.U. diffuse, thematisch aber realiter eher fokussierte Fortsetzung des Dritten Orts konstituieren; allerdings fehlt im qua Virtualität die Verbindlichkeit körperlichen Daseins vor Ort und damit die Verbindlichkeit der Gegenbeheiten (Rituale, Normen, Gepflogenheiten etc.) des Dritten Orts.“ Der Grat zwischen schöner und verständlicher Sprache ist manchmal schmal. „Der tödliche Pass“ balanciert meist in einer bemerkenswerten Leichtigkeit darüber, ist sich aber sicher auch bewusst, dass er die potenzielle Leserschaft so einengt. Es überrascht dann aber auch nicht, dass im Heft ein „Call for Papers“ der Middle East Technical University in Ankara abgedruckt ist.
Ausgabe: Heft 71 / Dezember 2013
Typ: Fussballmagazin ohne Vereinsbindung
Preis: 6 Euro
Seiten: 108
Erscheinungsrhythmus: 4x/Jahr
Infos: www.dertoedlichepass.de
Empfehlenswert für: Alle Fussballinteressierten, die sich nicht nur um ihren eigenen Verein kümmern, die im Fussball mehr sehen als nur ein Spiel 11 gegen 11 und für die Fussballlektüre nicht einfach nur zum Kopf auslüften und abschalten gemacht ist.
Eselsohr-Ratio: 3,7% [Beim Lesen eines Magazins markiert der Rezensent einzelne Seiten mit Eselsohren, um später den Inhalt wieder aufzufinden, der als Themengeber für einen Blogpost, für einen eigenen Artikel oder auch einfach nur als Kaufempfehlung interessant ist. Die Anzahl Eselsohren wird ins Verhältnis gesetzt zur Anzahl Seiten.]
Wirklich tolle Zeitschrift, die ich schon an die zehn Jahre verfolge…