Relegation, Entlassungen & Insolvenzen

Der Fußball hat in Deutschland mittlerweile eine Rolle eingenommen, die für Menschen mit einer Abneigung für den Volkssport Nummer 1 schwer zu ertragen sein muss. Keine Nachrichtensendung, die nicht mit Berichten über interviewscheue Heimkehrer aufmacht. Keine Talkshow, die sich nicht mit fragwürdiger Gästeauswahl den immer gleichen Themen zuwendet. Kein Supermarkt, der nicht mit Mettfußbällen oder Endspieltomaten Texterherzen zum Rasen bringt.

Aber auch für Fußballfans wird es hier schon unerträglich, wenn immer neue Ausschläge die Sicht auf das schöne Spiel vernebeln und sich vom A bis zum X-Promi jeder seine Meinung wiederkäuen muss. Wenn Klatschpappen und Sektempfänge wichtiger werden als die geglückte Grätsche auf der Torlinie.

Übertroffen werden alle diese ärgerlichen Auswüchse der Inszenierung aber von der Auszeichnung der „Spielerfrau des Jahres 2013“.  Cathy Fischer heißt die Frau die in einer „nicht-repräsentativen Online-Umfrage gemeinsam mit einer prominenten Jury“ zur beliebtesten Spielfrau gewählt wurde und deren wichtigste Eigenschaft das Verhältnis zu Mats Hummels zu sein scheint.. Kondolenzschreiben sind nicht notwendig. Die Frau hat den Preis sogar angenommen. Also immerhin ein Pokal für die Borussia in dieser Saison. Kann man wahrscheinlich gut nutzen, um die nächste Schmuckkollektion zu bewerben.

Den Berichterstattern möchte man nur in Beckenbauer-Manier zurufen: „Gehts raus und berichtets über Fußball.“

presseschau

Relegation I

Die TSG Hoffenheim bleibt erstklassig. Nach einem verdienten Sieg gegen überforderte Lauterer spielen beide Mannschaften nächste Saison wieder in derselben Spielklasse wie in der abgelaufenen Runde. Christian Kamp (FAZ) sah ein hitziges Spiel, das  durch Standardsituationen entschieden wurde. Eine Sky-Zusammenfassung gibt es bei YouTube.

Jan Christian Müller (FR) beobachtete laute Lauterer-Fans und eine Stürmer im Abseits. Oliver Trust (ZDF) einen Trainer unter der Bierdusche.

Relegation II

Die Relegation zwischen Dresden und Osnabrück findet nur wenig Wahrnehmung in den Medien. Jörg Strohschein (Sportschau) glaubt, dass die Dresdner an ihrer mangelnden Torgefahr scheitern könnten.

Der kicker blickt auf die Statistik und sieht: Noch nie konnte sich ein Zweitligist in der Relegation durchsetzen.

Zitate des Tages

Vor Kurzem haben wir mit der Mannschaft das SWR-Sinfonieorchester besucht. Neunzig Musikern zuzuhören, die für einen Auftritt üben, das inspiriert mich. Weil in einem Orchester vieles ähnlich läuft wie bei uns.

Christian Streich im Interview mit 11 Freunde.

Ich verspüre langsam eine allgemeine Entzauberung, ein Schwinden des Interesses. Es gab diese Saison eine Menge leerer Plätze bei Arsenal, und das nach Jahren restlos ausverkaufter Spiele. Und es gab viele Touristen mit Fotoapparaten, die einfach nichts zur Stimmung im Stadion beitragen.

Autor Nick Hornby im Interview mit Christof Siemes (Zeit) über Mertesacker und Podolski, erfolgreiche deutsche Teams und negative Entwicklungen in der Premier League.

Wir sollten aber Spielmanipulationen und Doping nicht in einen Topf werfen. Beide Phänomene müssen effizient bekämpft werden, indem man die staatlichen Institutionen stärkt. So könnte man beispielsweise Schwerpunkt-Staatsanwaltschaften einrichten, um die Bekämpfung international organisierter, betrügerischer Manipulationen durch Spezialisierung und Bündelung der Ermittlungskompetenzen weiter auszubauen.

Innenminister Hans-Peter Friedrich im Interview über Wettmanipulationen mit dem Tagesspiegel.

Finales

Max-Jacob Ost (Neon) war beim Finale in Wembley und war erschlagen von den vielen Eindrücken und Emotionen des Endspiels. Festgesetzt hat sich nicht ein Bild aus der Dramatik des Spieles, sondern ein Moment der Ruhe, der den Trubel vergessen ließ.

SZ-Mitarbeiter Christopher Köster war als Fan in London und berichtet von langen Fähren- und Busfahrten und Neid auf die Promillevorgaben für die Fußballprofis.

Patrick Völkner (Kommentar der Woche) berichtet was der Champions League Sieg 2013 mit ihm gemacht hat:

Ich verspüre keine Genugtuung. Keine Befriedigung. Keine Triumphgefühle. Nur Glück und Zufriedenheit.

Sascha hat im Forum bei schwatzgelb seine Eindrücke aus Wembley und einen Rückblick auf die Entwicklung des BVB veröffentlicht:

Was vom Wembley für mich bleibt, ist ein Wort: Einzigartig. So einzigartig, dass es kein Wort gibt, dass das Erlebte der letzten Jahre wirklich ausreichend beschreiben könnte. Auch wenn es vielen mittlerweile zu den Ohren herauskommt, man kann gar nicht oft genug sagen, was für ein unfassbares Glück wir haben, die letzten Jahre so intensiv zu erleben.

Heinz Kamke (angedacht) hat seine Beobachtungen und Gedanken gewohnt lesenswert verschriftlicht: „Da Roppn spielt an Seich!“

Thorsten Schäfer-Gümbel, SPD-Landeschef in Hessen, ist beim FC Bayern München ausgetreten. Weil die den Uli nicht rausgeschmissen haben. Die FDP meint, Schäfer-Gümbel habe den Austritt zur „Unzeit für alle Bayern-Fans publik gemacht“. (hr) Die CDU fragt jetzt: Woher hatte der SPD-Mann seine Karte für das Champions League Finale? Und wie kam FDP-Wirtschaftsminister Florian Rentsch an seine Karte im BVB-Fanblock? (hr)

Andreas Burkert und Claudio Catuogno (SZ) beobachteten den Auftritt von Uli Hoeneß beim Finale in London. Maik Rosner (FR) beschreibt die Rolle und die Überlegungen des Aufsichtsrates. Helmut Markwort meint im Interview mit dem Deutschlandfunk über Uli Hoeneß: „Im Verein rückt keiner von ihm ab“.

Dietrich Leder (Funkkorrespondenz) kritisiert die mediale Inszenierung rund um das Finale und vermisste Zeitlupen bei strittigen Szenen.

Schiedsrichter Nicola Rizzoli musste nach dem Finale weinen. (Daily Post – Nigeria Online Newspaper)

Hängepartie in Hamburg

Die Suche nach einem neuen Sportdirektor in Hamburg wird zur Soap. Ständig sickern neue Interna aus den Sitzungen der Gremien des Vereins. Eine klare Linie bei der Entscheidungsfindung ist nicht zu erkennen.

Oliver Kreuzer soll nun der Wunschkandidat sein. Kreuzer steht allerdings noch unter Vertrag in Karlsruhe, was eine Verpflichtung Geld kosten wird – beim HSV allerdings nichts Neues. (Welt)

Daniel Jovanov (Goal) kommentiert das Dauerdilemma des Vereins:

Der Verein zerfleischt sich erneut von Innen. Und aus diesem Dilemma scheint es keinen Ausweg zu geben. Außer, jemand traut sich an der heiligen Schrift, der Vereinssatzung, zu rütteln, um dem HSV Strukturen zu verpassen, die viele Missstände beheben könnten. Ob das in Form einer Ausgliederung der Profiabteilung geschieht, oder ob es dafür auch eine Alternative gibt – das können die Mitglieder auf der nächsten ordentlichen Versammlung am Sonntag diskutieren.

Das Rautenradio hat die Lage beim HSV gestern diskutiert. Beim dreistündigen Talk war neben den Gastgebern noch Kai Pahl von allesaussersport zugegen.

National

Sportdirektor Robin Dutt hat vom DFB die Freigabe erteilt bekommen, um als Trainer bei Werder Bremen zu arbeiten. Johannes Aumüller (SZ) über Unstimmigkeiten und Veränderungswünsche, die der Abgang des Sportdirektors beim DFB auslöste.

Fortuna Düsseldorf hat sich von Trainer Norbert Meier getrennt. Der Verein gab zwar eine Pressekonferenz. Nannte aber keine Gründe für die „einvernehmliche Trennung“. Meier nahm es „gelassen“ und bedankte sich bei den Fans der Fortuna. (RP) Der Halbangst Blog über Tag 1 ohne Cheftrainer.

Ingolstadt trennt sich von Trainer Oral. Trotz geglücktem Nichtabstieg. (Spiegel)

„So macht Fußball keinen Spaß!“ – Der Abstieg des SV Wilhelmshaven und die fragwürdigen rechtlichen Hintergründe. (taz)

Unklarheit in Wuppertal: Insolvenz oder Regionalliga? (RevierSport)

Die Offenbacher Kickers sind wohl gerettet, denn die Stadt stimmte einem Sanierungskonzept zu. (FR)

Bundesligist SC 07 Bad Neuenahr stellt Insolvenzantrag. Sollte ein Insolvenzverfahren noch vor dem offiziellen Saisonende am 30. Juni eröffnet werden, müsste der Traditionsclub absteigen. Der VfL Sindelfingen bliebe in der Bundesliga. (Spiegel)

Christian Oeynhausen (FR) über den Weg von Max Kruse in die Nationalmannschaft. Oliver Bierhoff hat derweil Lukas Podolski kritisiert. Sein Jahr in England sein „ein Jahr des Stillstands“ gewesen. (RP)

International

Robbie Rogers spielt wieder Fußball in der Major League Soccer. Ein Comeback, da Mut macht, meint Claus Vetter (Tagesspiegel).

Rafael Benitez ist neuer Trainer beim SSC Neapel. Präsident Aurelio de Laurentiis gab den Vertragsabschluss mit Handshakefoto bei twitter bekannt.

In Italien wurden beim Pokalendspiel viele Waffen konfisziert. Michael Wollny (Eurosport) beklagt in diesem Zusammenhang die Bigotterie von Sportfunktionären.

Spielverlagerung hat das Endspiel nach taktischen Gesichtspunkten analysiert.

Lukas Rilke (Spiegel) portraitiert den extrovertierten Fußballer Neymar.

Monaco rüstet sich für die Ligue 1. Der kicker über abgeschlossene und geplante Transfers.

Mediathek

Das Champions League Finale „Brick by brick“.  Aus Lego. Made in Hannover for the Guardian.

WDR sport inside über die Gelddruckmaschine Champions League, die zum „Closed Shop“ mutiert ist, und über  Reformkosmetik bei der FIFA.

Meist geklickt

 Die Zehn-Jahres-Tabelle der Champions League im Königsblog.

Sammelsurium

Konstantin Winkler (konni.org) nimmt Abschied vom Fußballradio 90elf:

Und nun stehen wir mit leeren Händen da. Nach fünf Jahren. Weil Sport1 mehr Geld geboten hat und angeblich auch das Konzept gestimmt hat. Aus diversen Gründen will ich die Entscheidung der DFL nicht weiter bewerten. Ich könnte hier auch ausufernd werden und Dinge erzählen, die mir über die Rechtevergabe zugetragen wurden. Ich würde dann währenddessen im Strahl kotzen.

Im Interview mit DWDL spricht Florian Fritsche, Chef der 90elf-Mutter Regiocast Digital, über das Ende des Senders.

Kai Pahl (allesaussersport) hat die Sportübertragungen für den Tag gesammelt.

Die Wochenendrebellen waren in Wattenscheid. Mit dabei: Freude über gelungene Tormelodien und Freundlichkeiten und Verwunderung über Freundlichkeiten und Bahnhofsgröße:

„Mit so einem Bahnhof kann man trotzdem Bundesliga spielen?“

Rausschmeißer

Das FIFA-Ranking nach Einwohnerzahlen. Glückwunsch, Montenegro! (The Best Eleven)

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