Bevor an diesem Wochenende der früheste Bundesliga-Meister aller Zeiten gekürt werden könnte, konzentriert sich die Aufmerksamkeit noch einmal auf die Pfiffe gegen Manuel Neuer. Die unterschiedlichsten Vermutungen werden angestellt, doch wie es wirklich dazu kam, bleibt letztendlich ungeklärt.
Der wohl möglich erste März-Meister der Ligageschichte konzentriert sich derweil bereits auf die anstehenden Aufgaben in der Champions League und würde die Meisterschaft nur im Vorbeigehen mitnehmen. Gut 72 Stunden nach dem Abpfiff der Partie gegen den Hamburger SV steht das Viertelfinale gegen Juve an. Bereits jetzt kündigt sich über den Boulevard das übliche Abarbeiten nationaler Befindlichkeiten und Traumata an. Das aber soll nicht das Thema dieser, meiner ersten, Blog- und Presseschau sein. Zum Glück geht es zum Großteil immer noch um Fußball.
Wieso wurde Neuer ausgepfiffen?
Was ist passiert? Der Ex-Schalker und Bayer Manuel Neuer vertändelt beim Länderspiel im Nürnberger Frankenstadion einen Ball im eigenen Strafraum, der Fürther und Kasache Heinrich Schmidtgal versenkt den Ball im deutschen Tor und am Vorabend seines 27-Geburtstags ist Neuer fortan Zielscheibe des Publikums. Jogi Löw beschwert sich und die Spekulationen beginnen. Eine Zusammenfassung.
Oliver Kahn erinnert sich in der Abendzeitung an ähnliche Situationen in Nürnberg und meint, dass solche Dinge zum Profigeschäft dazugehören.
In einem kurzen Kommentar für die Dortmunder Ruhr Nachrichten findet Matthias Dersch die Pfiffe gegen Neuer beschämend und sieht in ihnen aber auch eine logische Folge einer Fehlentwicklung.
Das Problem des DFB ist ein hausgemachtes. Durch die teuren Preise werden viele echte Fans ausgesperrt. Die, die kommen, wollen für ihr Geld unterhalten werden und deutsche Tore sehen. Nichts anderes. Die Pfiffe gegen Neuer waren die logische Folge dieser Fehlentwicklung.
Eine Meinung, der sich der Rote Erde-Blog anschließt
Es geht bei dem Besuch der Spiele nicht mehr um das Fußballspiel, es geht um das „Erlebnis“. Egal ob im Stadion oder auf der Fanmeile bei den großen Turnieren: je mehr lächerliche Assecoires, desto besser. Dass es einmal Hasenohren in schwarz-rot-gold geben würde und es auch noch tatsächlich Menschen gibt, die diese auf ihr Haupt setzen würden – das hätte man in den 70ern mal Günter Netzer und Gerd Müller erzählen sollen, die hätten sich schlapp gelacht.
Hipster-Forscher Christian Spiller macht bei Zeit Online die Unmutsbekundungen eher an einer neuen Haltung der DFB-Elf gegenüber fest.
Seit dem Sommer ist die Stimmung gekippt. Viele deutsche Fans haben ihre Skepsis gegen Joachim Löw und seinen Fußball kultiviert. Die EM-Niederlage gegen Italien und das seltsame Spiel gegen Schweden haben sich tief eingebrannt ins nationale Fußballunterbewusstsein.
Alexander Endl von Clubfans United wittert im Gespräch mit Spiegel Online hingegen eine Verschwörung gegen Nürnberg als Länderspielort. Das sieht André Heindl, der für Nord- und Ostbayern zuständige Fanclub Betreuer des Fanclubs der Nationalmannschaft nicht so. Er sagt, es war eine gezielte Aktion „bestimmter Gruppen.
Und in der Süddeutschen Zeitung sieht Christof Kneer die Chance, dass die Dämonen der Vergangenheit rechtzeitig vor dem WM-Jahr ausgetrieben werden können. Pfiffe hin oder her.
Löw spürt, dass die Kundschaft nach den einschneidenden Erlebnissen des Vorjahres ein bisschen das Urvertrauen in diese Elf verloren hat. Seit dem 1:2 gegen Italien und dem 4:4 gegen Schweden wertet das Publikum einen Pfostenschuss nicht mehr einfach als Pfostenschuss, sondern als Anlass, gleich wieder die Peiniger Balotelli und Ibrahimovic auferstehen zu lassen.
Das Länderspiel
Doch am Dienstag wurde nicht nur gepfiffen, sondern auch Fußball gespielt. Recht ordentlich sogar. Findet nicht nur Spielverlagerung, die eines der besten Spiele der Löw-Ära gesehen haben.
In der Frankfurter Rundschau sieht Jan Christian Müller den bei der EM noch unsichtbaren Dortmunder Block als große Chance für die Nationalmannschaft. Das Spiel wird dadurch noch variantenreicher und unberechenbarer. Auch der Einwechslung Jansens widmet Müller ein paar Zeilen.
Ikay Gündogan war der Dirigent einer schwarzgelben Nacht in Nürnberg, schreibt der Reviersport, der ein Luxusproblem auf Löw zukommen sieht.
Die Schwäche der deutschen Nationalmannschaft ist, schreibt Peter Ahrens, dass kleine Fehler sie aus dem Konzept bringen. Ahrens sieht die Nationalmannschaft seit dem Aus gegen Italien in ihren Grundfesten erschüttert.
Für Marcus Bark ist es nicht ganz so dramatisch. Doch in seinem Artikel für die Sportschau macht er klar, dass die Nationalmannschaft immer noch Phasen hat, in denen viel Luft nach oben ist.
Zitat des Tages
Heinrich Schmidtgal, mit Verlaub, ist nicht Zlatan Ibrahimovic.
Frihtjof (Welt) über den Schweden-Komplex bei Tom Bartels und der ARD.
Das Katar-Problem
Was ist jetzt eigentlich mit der WM in Katar? Wird sie überhaupt ausgetragen, wann wird sie ausgetragen und welche Konsequenzen wird das haben? Diese Frage wird uns bis 2016 beschäftigen. Erst dann will Blatter entscheiden, hat er kürzlich dem kicker mitgeteilt.
Boris Herrmann erfreut sich bis dahin in der Süddeutschen Zeitung an den Wirrungen um die WM 2022 und hält eine Zusammenlegung mit der Winter-Olympiade für nicht mehr ausgeschlossen.
Dass es hingegen überhaupt nicht so amüsant, macht ein Artikel der dpa klar. Sie berichtet von schweren Vorwürfen des Internationalen Gewerkschaftsbund ITUC gegen die Arbeitsbedingungen in Katar, die FIFA teilt mit, dass die Achtung der Menschenrechte und internationaler Normen Bestandteil all ihrer Aktivitäten ist.
Ob die Achtung internationaler Normen wirklich Bestandteil aller FIFA-Aktivitäten ist, zweifelt Andrew Jennings in einem langen Gastbeitrag bei Jens Weinreich an. Er berichtet von den FBI-Ermittlungen gegen die FIFA.
National
Insgesamt 107 Stadionverbote für Fans der Alemannia aus Aachen, schreibt u.a. Spiegel Online.
Die Bundespolizei ermittelt gegen eine Gruppe Essener Fans , die das Opfer des Hubschrauber Unglücks in Berlin verhöhnten, weiß DerWesten.
In der Berliner Zeitung versucht Michael Jahn, George Boateng zu treffen. Es gelingt ihm nicht. Jetzt bittet Jahn die Leser um sachdienliche Hinweise um den unbekanntesten der 3 Boateng-Brüder zu finden.
Der Tagesspiegel schreibt über den FC Internationale aus Berlin-Schöneberg, auf dessen Trikots seit jeher der Slogan „No Racism“ steht, erhält den Integrationspreis des DFB.
Ein weiterer Integrationspreis geht an Werder Bremen, es ist der Sonderpreis, erklärt die taz und ZDF Sport sieht derart ausgezeichnete Bremer in der Liga ohne Plan B langsam in der Versenkung verschwindend.
Aus der sich der 1.FC Kaiserslautern gerade wieder herauskämpfen will. Trotz des schlechten Wetters wird am Ostersonntag eine Gruppe von „bis zu 500 Fans“ mit dem Fahrrad zum Auswärtsspiel nach Sandhausen fahren. Der Betze brennt hat ein Interview mit dem Organisator Florian Reis.
Für Frankfurt geht es nach der ganzen Aufregung um Veh jetzt darum, Fürth zu schlagen, meint Blog G.
Der Halbangst Blog macht sich Sorgen um den zukünftigen Stadionnamen in Düsseldorf.
Spielverlagerung erweitert den Horizont und blickt auf die finanzielle Lage der Borussia aus Dortmund.
International
Brian Straus von Sporting News überlebt seine Klinsmann-Attacke nur für ein paar Tage
Die irakische Nationalmannschaft spielt erstmals wieder in Bagdad, vermeldet die NZZ
Warum purzeln im Länderspielfußball sämtlich Rekorde, fragt sich Marcotti auf ESPN Soccernet
Neben San Marino ist Schottland das zweite Land, das sich in Europa aus der WM-Quali verabschiedet hat. Immerhin können die Fans von Dunfermline Athletics aufatmen. Der Traditionsverein ist vorerst gerettet, berichtet die BBC.
Ob Michael Owen nach seinem Rücktritt jetzt Galopptrainer wird? Nur Pferde und Fußball weiß natürlich mehr.
Mediathek
Ennatz Dietz wird 65 und findet, er sieht noch relativ fit aus.
Der Futiklub diskutiert: Ist Jupp Heynckes ein Fall für die Geschichtsbücher?
Sammelsurium
Die 11 Freunde über kuriose Stadionverbote
Isle Of Holland erklärt Johan Cruyff-Zitate
Kamke erinnert an Jens Todt, den Europameister von 1996
Rausschmeißer
Turnhallengeruch hat eine ermäßigte Eintrittskarte für das Spiel Schalke 04 vs Hansa Rostock aus der Saison 97/98 ausgegraben – Eintritt: 3 DM.
Danke, Reese.
(Nein, dies ist keine Kritik. Ich mag’s.)
Es war allerdings der Dembowski, der hier schrieb (auch wenn das aus bisher nicht verstellbaren Gründen anders angezeigt wird).
Das ist jetzt natürlich ’n bisschen blöd. „Danke, Dembowski“ klänge gar nicht so analog, weil Dembowski ja immer nur Dembowski ist. (Ja, ich weiß: Gerd.)