Die Blog- & Presseschau für Donnerstag, den 21.03.2013

Irgendwann Anfang des Jahres. Ein Testspiel in Italien. Der AC Mailand spielt in der Provinz. Kevin-Prince Boateng wird während des Spiels fortwährend rassistisch beleidigt, irgendwann reicht es dem Spieler, er nimmt den Ball, schießt ihn in Richtung der Unverbesserlichen und verlässt den Platz. Europa klatscht Beifall. Boateng darf sogar vor den Vereinten Nationen sprechen („Der Neger verpasst dir gleich eine“, Welt). Ein paar andere Unverbesserliche weisen daraufhin, dass man sich so nicht verhalten könne. Der korrekte Weg wäre gewesen, den Schiedsrichter zu informieren und den im Zweifelsfall das Spiel abbrechen zu lassen. Wenn das jeder so machen würde.

Einige Monate später. In der deutschen Provinz. Ikenna Onukogu, Nigerianer und Torhüter bei Hertha Hamborn wird während eines Bezirksliga-Spiels rassistisch beleidigt. Der Mob steht fünf Meter hinter seinem Tor. Onukogu informiert den Schiedsrichter, der, so wird berichtet, nur sagt, dass er alles im Griff habe. Irgendwann reicht es Onukogu nach dem er den Hinweis bekam, dass er sich seine Trinkflasche in den Allerwertesten schieben möge. Er feuert die Flasche in Richtung des Provokateurs, es kommt zur Rudelbildung und danach zum Abbruch des Spiels. Spiegel Online und die FAZ berichten.

Damit nicht genug.

Ende vergangener Woche geht bei Hertha Hamborn ein Schreiben der Bezirksspruchkammer des Fußballverbandes Niederrhein ein. Darin heißt es: „Der Spieler ist dringend verdächtig, sich durch sein Verhalten einer groben Unsportlichkeit schuldig gemacht zu haben und auf Grund des Ausmaßes des Fehlverhaltens die vorläufige Sperre zur einstweiligen Sicherung des Sportverkehrs notwendig erscheint.“ Onukogu eine Gefahr für den Sportverkehr auf den Fußballplätzen? Der Torwart wird bis zur Verhandlung am 4. April vorläufig gesperrt, vier oder fünf Spiele wird er seinem neuen Klub schon vor dem Urteil fehlen. (FAZ)

Ein Einspruch mache, so Hamborns Verantwortliche keinen Sinn. Die Kammer mache keine Hoffnung auf Erfolg, zudem koste es nur Geld. Zum gesamten Vorfall äußert sich „Collinas Erbe“ Alex Feuerherdt ausführlich und fassungslos.

Insgesamt habe ich den Eindruck, dass es weder beim Schiedsrichter noch bei den Instanzen ein Problembewusstsein gibt. Da sind die DFB-Kampagnen wie »Zeig dem Rassismus die Rote Karte« offenkundig komplett ins Leere gelaufen. Durch die überregionale Berichterstattung könnten zumindest die Instanzen nun allerdings gezwungen sein, sich mit der Sache zu beschäftigen.

Hipster-Ausgrenzung

Der Hipster ist das aktuelle Hassobjekt des Feuilleton, dementsprechend konnte es nicht mehr lange dauern, bis diese Spezies irgendwann auch im Fußballstadion ausgemacht und ausgegrenzt wird. Christian Spiller (Zeit Online) will den Fußball vor dem Hipster retten.

Der Lederball-Hipster verklärt die Vergangenheit, indem er vor den Problemen der Gegenwart flüchtet. Dabei steckt der Fußball derzeit in Schwierigkeiten, die ihn in seiner Existenz gefährden könnten. Doch statt Lösungen zu suchen, genug Grips haben sie ja, schwelgen die neuen Fans lieber in Erinnerungen. Moderner Fußball ist für sie wie die Stadionwurst: Lecker, aber man möchte nicht genau wissen, was drin ist.

Die Kommentarspalte unter Spillers Artikel hält einige interessante Gedanken der 11-Freunde-Generation bereit und dabei wollte er nur über das 11mm-Festival schreiben, dass seiner Meinung nach immer mehr an Qualität verliert, wenn man schon den Anekdoten-Redelings als Moderator hat und den alkoholkranken Borowka, der aber kaum was zu Alkohol erzählt.

Doch über das Problem Alkoholismus im Fußball wurde kaum geredet. Redelings wollte lieber Geschichten erzählen. Wie Rolf Töpperwien damals seine Puffrechnung auf original ZDF-Briefpapier reklamierte.

Sensatzionell kritisiert ebenfalls das 11mm-Festival, jedoch aufgrund der Filmauswahl.

Das war aber wohl auch der Grund, warum ich heuer etwas enttäuscht war. Die meisten interessant klingenden Filme im Programm kannte ich schon. Entweder liefen sie bereits im Fernsehen und wurden auf dem Festival nur zweitvermarktet oder sie waren in den vergangenen Jahren bereits vertreten.

Woher kommt der Hass?

Dieser Frage geht ganz investigativ die Bild-Zeitung nach. Das Bild-Blog antwortet ohne Umschweife mit einer Fülle von Titelzeilen des Boulevard-Blatts, die ein Grund für den Hass sein könnten. Kollege Reese bedankt sich, erntet für diesen Tweet jedoch Kritik von einem Bild-Redakteur.

Justin Fashanu

Andreas Bock (11 Freunde) porträtiert Justin Fashanus Leben, der sich als Homosexueller outete und ein Jahr später das Leben nahm.

Nationalelf

Christian Kamp (FAZ) sieht Bastian Schweinsteiger als Punktsieger gegenüber Sami Khedira und Ilkay Gündogan in dieser Saison – trotz Anzeichen einer Wachablösung vor einigen Wochen.

Und es fiel auf, dass Bundestrainer Joachim Löw es in jenen Tagen vermied, Schweinsteiger einen Freibrief auszustellen. Wann immer er die Namen für die Plätze in der Kommandozentrale durchging, war Schweinsteiger, der vermeintliche Platzhirsch, einer unter vielen. Vorboten einer Wachablösung?

Manuel Neuer möchte derweil auch mal im Fokus stehen. Die andauernde Langeweile im Tor der Bayern und in der Nationalelf machen ihn fertig (SZ).

Kurz gemeldet

Maxi Beister entschuldigt sich für seine rote Karte via Facebook.

Fatih Demireli (Spox) berichtet von Diego Buonanotte, der ein hoffnungsvolles Talent in Argentinien war und durch einen schweren Autounfall zurückgeworfen wurde in seiner Karriere.

Spieler beschimpft Schiedsrichter als korrupten Mann.

Arm und Reich. Die Schere könnte bald noch größer klaffen in der Premier League, wenn der neue TV-Vertrag umgesetzt wird (Guardian).

Jürgen Klinsmann wird kritisiert. Vom eigenen Team (MLSSoccer).

Thomas Hitzlsperger im Gespräch mit Oli Fritsch über Spielergehälter (ZEIT online).

Not-OP für Michael Frontzeck (Spiegel Online).

Mediathek

Der 19uhr4 Hangout/Podcast ist online.

Rausschmeißer

Fredda schreibt einen Fußballroman. „Und dann treten wir ihnen wenigstens den Rasen kaputt.

Schreibe einen Kommentar

Pflichtfelder sind mit * markiert.