Liest sich wie der neueste Scherz des Twitter-Accounts AfD Bremen-Nord: Eine #Link11 am Montag. Keine Sorge, wir sind es wirklich, wir haben es geschafft, auch am Montag mal wieder den Spieltag aufzuarbeiten. Pünktlich zur Länderspielpause gibt es erst nochmal eine Ladung Bundesliga. Im Mittelpunkt, wie sollte es anders sein: die Hauptstadt. Dit jefällt.
1. Freitagabend, 17:30 Uhr, S-Bahnhof Ostkreuz, S3 bis nach Erkner: Ein kräftiges Rot an vielen Schultern, eene Molle in jeder Hand, 20 Minuten Fahrt vom Techno-Sumpf am Ostkreuz in die grüne Lunge Berlins, dem schönen Köpenick. Heimat des 1.FC Union Berlin, Heimat der alten Försterei, Heimat der Union-Familie, die sich am vergangenen Freitag mit fast 20 000 Zuschauern traf, um einen der Ihren wieder in der Familie willkommen zu heißen: Benny Köhler, der vor einem Jahr die Diagnose Krebs erhielt, sich sechsmal in die Chemotherapie quälte und trotzdem immer das Ziel verfolgte, wieder Profifußballer zu sein. Es ging ums Leben nicht ums Sterben. Patethisch, ja, aber angemessen. Der Union-Blog Textilvergehen mit den richtigen Worten: Ein Spiel, größer als jeder Sieg.
2. Wir bleiben in Berlin, fahren aber von Köpenick eine gute Stunde in den Westen, nach Charlottenburg, wo sich langsam der süßlich monetäre Duft der Champions League verbreitet. Ich bin ehrlich: Seit ich in Berlin wohne, übersteigen meine Besuche bei Union und anderen Berliner Vereinen denen bei der Hertha um das Zehnfache. Außerdem verschenkt die Hertha jede Saison drei bis vier Punkte wegen der schlechte Stimmung und wegen des Stadions und überlegt deswegen ein neues zu bauen (Vorbild Allianz Arena, kein Scherz), so die steile These der Morgenpost. Jedenfalls: Die Hertha, sie ist nicht ganz so angesagt bei den jüngeren, ich bin ja kein Einzelfall. Ein Berliner Freund von mir sagt: Die olle Hertha will das vielleicht auch gar nicht sein, denn dann wäre sie ja nicht die olle Hertha. Da steckt wahres drin, jedoch gibt es eine neue Idee: Warum nicht die Berliner Start-Up-Szene (jung, erfolgreich, dynamisch) mit der Hertha (all das noch nicht) zusammenbringen? Nun: Ein Finanzdienstleister-Start-Up sammelte per „Crowdlending“ innerhalb von neun Minuten und 23 Sekunden (!) eine Million Euro (!!) für die Hertha (!!!!), die meisten der Gelder kamen aus Berlin. Geplant waren 60 Tage Spendenphase. Jetzt wird das als Durchbruch für die Start-Up-Banker gefeiert, ob es auch der Hertha hilft?
3. Kurzfristig: Ja. Die Hertha gewann am Wochenende gegen Ingolstadt mit 2:1. Das passte nicht jedem, vor allem nicht Ingolstadts Co-Trainer Michael Henke: „Du wirst hier beschissen, weil die Hauptstadt ja Champions League spielen muss“, sagte Henke über die vermeintliche Fehlentscheidung vor dem 0:1. Ein wenig Geschichtsbildung: Hat er sich im Verein vertan und den BFC gemeint, der es in der DDR ja leichter als andere hatte. Kann passieren. Schiri-Schelte gab es natürlich auch woanders: Hannovers Thomas Schaaf legte mit seiner Kritik am Ex-Referee und heutigem Sky-Kartenverteiler Markus Merk einen Blick auf das angespannte Verhältnis Trainer-Schiedsrichter frei. Merk hatte sich über ausbleibende Hannoveraner Proteste gewundert, Schaaf werte das als Aufruf zum Meckern und sucht nun zwischen „Frechheit“, „respektlos“ und „unfassbar“ nach dem richtigen Wortschatz, um den Abstieg irgendwie noch zu verhindern. Wiert scwär.
4.Ihr merkt: Wir liegen mitten in der Schlammschlacht des Spieltages. Unten wird es immer enger, (oben auch, dazu später mehr) und mit Hannover scheint der erste schon im Morast versunken zu sein. Die DFL war trotzdem so gnädig und schenkte Hannover das Topspiel gegen Frankfurt: „Nur wem der Erste Weltkrieg gefallen hat oder die Ergebnisse der letzten Landtagswahlen, dem dürfte vielleicht auch dieses Match Spaß bereitet haben“, schreibt dazu Oli Fritsch in der Bundesliga-Rückschau. (ZEIT Online)
Liegt auch mit im Schützengraben: der Rasenfunk-Podcast. Wem 35 Minuten Hannover-Rant (von FoFuBa-Kollege Klaas) und 40 Minuten Darmstadt-Hoffnung nicht zu lange sind, hier entlang. Auch die Kollegen von Spielverlagerung.de „nahmen“ sich die Zeit, das Topspiel von Hannover und Frankfurt anzugucken und auch noch zu analysieren. Hut ab. Weitere Analysen dort: Schalkes Glückssieg gegen Gladbach, Wolfsburgs Real-Madrid-Warm-Up-Remis gegen Darmstadt und eine Analyse mit dem Titel: „Hipster-Treffen in Berlin“. Ich sags ja, die Hertha überrascht uns alle noch.
5. Wir klettern nach oben. Auch dort ist noch nicht so viel entschieden, wie die Bundesliga-ist-tot-Analysen vor der Winterpause vermutet haben lassen. Der BVB drehte dank einiger Umstellungen das Spiel in Augsburg auf ein 3:1 und verfolgt damit weiterhin die Bayern mit fünf Punkten Abstand. Und das Restprogramm des BVB (Werder, S04, HSV, VfB, Wob, SGE und Effzeh) liest sich tendenziell leichter als das der Bayern (SGE, VfB, S04, BSC, BMG, FCI und H96). Die Bayern dürfen nix mehr liegen lassen. Der BVB auch nicht. So ist Fußball. Irre. Was beide noch eint: Die zahlreichen Nebenschauplätze. Der BVB wird sich in den kommenden zwei Pausenwochen mit einer Klopp-Mania ausgesetzt sehen, die Bayern haben noch ganz andere Kaliber zu bieten: Alabas Vertragsverlängerung als Zeichen an den Neu-ManCity-Trainer der gleichzeitig aber auch der eigene ist, Sammer, Hoeneß, Götze-Gerüchte, Superligen und Supersetzlisten. Dass die Bayern dennoch selbst entscheiden, was mit ihnen passiert, kommentiert Christof Kneer (SZ).
Don't forget to smile today! ??✌ #InternationalDayOfHappiness #da27 pic.twitter.com/M7iRFjbg30
— David Alaba (@David_Alaba) March 20, 2016
6. Am liebsten wäre Karl-Heinz Rummenigge, dass er auch über den Gegner im Achtelfinale der Champions League bestimmen könnte. Denn mit Juve mussten die Bayern einen auf Geschäftsebene eng befreundeten Klub vom Geldtopf abkapseln. Juve-Boss Andrea Agnelli und Rummenigge kennen sich gut aus der ECA. Der Ton, der dort angeschlagen wird: „Wir können nicht immer nur vom Schicksal abhängig sein.“ (KHR) Ein denkwürdiger Satz, einer der tief blicken lässt. Das Werkzeug dafür: eine Setzliste. „So spricht jemand, dem der Fußball scheißegal ist“, kommentiert der wütende Carsten Schulte (Westline). Wer von fanwütend auf ökonomenkalt wechseln möchte: Die Welt hat Wirtschaftsprofessor Sascha L. Schmidt interviewt, der sagt, dass der Fußball nur den Marktgesetzen folgt. Und ironischerweise findet sich die sachlichste Kolumne zu diesem Thema beim Red-Bull-Magazin „Red Bulletin“ für das Raphael Honigstein die Optionen, wie man noch mehr Geld aus dem Fußball quetschen könnte, durchdekliniert.
7. Spannender Gedanke: Rummenniges Vorschlag der Superliga in einem „herrschaftsfreien Diskurs“ mit allen 255 ECA-Klubs debattieren. Dieses Diskursmodell hat sich nun der DFB in einer anderen Sache notiert. Die „AG Fankulturen“ soll mehr Laustärke in den stillen Fandialog bringen. Spiegel Online liegt das Konzept vor, inklusive der großen Bedenken von Fanvertretern.
Ein Beispiel dafür, warum der Diskurs oft stockt, lieferten am Wochenende Fans des 1. FC Kaiserslautern und die Bundespolizei in Köln. Die Polizei und die Bahn meldeten über Twitter und Pressemitteilungen sehr sehr schnell ihre Sicht auf die Sperrung des Kölner Hauptbahnhofes nach der 3:4-Niederlage des FCK in Düsseldorf. Ein paar Ausschnitte: „randalieren“, „Eisenstangen“ und die Bahn, die daraus einen eigenen Hashtag bastelte (#vandalismus) und den Kölner Bahnhof vorübergehend sperrte. Die Stellungnahme der rot-weißen Fanhilfe aus Kaiserslautern lüftet hingegen die Pfefferspray-Details aus dem Zug und aus randalierenden Idioten wird ein übertriebener Polizeieinsatz, der in die unnötige Sperrung eines der größten deutschen Bahnhöfe mündete. „Der Betze brennt“ fasst zusammen. Mein Tipp: Die Wahrheit liegt in der Mitte.
8. Noch ein Beleg für die Schwierigkeiten im Dreiecks-Dialog Fußballfans – Verbände – Polizei: 15 Ultras aus Oberhausen sollen wegen des anzunehmenden hohen Aggressionspotentials zum Idiotentest für den Straßenverkehr. Wow.
9. Zu den schönen Dingen: Wie gut muss es sich eigentlich gerade anfühlen, Fan von Leicester City zu sein? Schaue ich dieses Video, weiß ich, dass es in Europa wohl gerade keinen glücklicheren Haufen Fußballfans gibt. Ein Team, 132 Jahre alt, noch ohne irgendeinen Titel, steht fünf Spieltage kurz davor die Premier League zu gewinnen. Am Wochenende gab es den nächsten 1:0-Minimalistensieg. Bisher dachte man, Premier-League-Champion zu werden sei nur möglich wenn mit seinem Vermögen an Dagobert Duck heranreicht, heute weiß man: Es geht auch mit Robert Huth und Christian Fuchs.
Guardiola the anti-incentive.
It's three wins out of eleven for City since the Pep-announcement for #MCFC.— Benny Berger (@benny_berger) March 20, 2016
10. Am vergangen Donnerstag jährte sich das Wunder von Grotenburg zum 30. Mal. Bayer Uerdingen lag im Viertelfinals des Europapokals der Pokalsieger zur Halbzeit 1:3 gegen Dynamo Dresden zurück. Zuschauer strömten zu Tausenden zur Halbzeit aus dem Stadion, das ZDF erhielt erboste Briefe warum nicht die Bayern zu sehen waren. Das Hinspiel hatte Dynamo mit 2:0 gewonnen, Uerdingen war so gut wie raus. In einer spektakulären zweiten Hälfte aber drehten sie das Spiel auf ein 7:3 und nahmen die politische Wende ein bisschen vorweg. Jan Mohnhaupt (ZEIT Online) mit einem schönen Rückblick, 11Freunde sprach mit Wolfgang Funkel (Uerdingen) über das Wunder.
11. In Frankreich laufen derweil die Vorbereitungen für die Fußball-EM. Das bestimmende Thema: Terrorangst. Deshalb übten 1200 Polizisten den Ernstfall und simulierten in Nimes den Chemiewaffen-Anschlag auf eine Fanmeile (Rheinische Post). Der Deutschlandfunk übt zwischen den Zeilen Kritik an der Geheimhaltung von Polizei, Staat und Medien.
Geburtstagskind des Tages (neben Twitter und Lothar Matthäus: watt ne Riege)
(Auflösung von letzter Woche: Wilfried Sanou wurde 32)
Meist geklickter Link vergangene Woche
Könnte auch diese Woche wieder aktuell werden: Das Interview von Vice Sports mit Uli Borowka über jegliche Arten von Sucht.
Field Reporter
»Ein Team von Robotern zu haben, das Fußball gegen den Weltmeister spielt, ist nicht der große Zweck des Ganzen. Das bringt ja, abgesehen vom Unterhaltungswert, nichts.«
Wer hat es wo gesagt?
Der Zweck ist viel größer: Er dient der Wissenschaft, der Medizin vielleicht. Tim Laue ist Informatiker und programmiert Roboter so, dass sie Fußball spielen und hat sich mit den Fanboys der künstlichen Intelligenz aus der ZEIT Online Sportredaktion über Roboter und Fußball unterhalten. Zukunftsweisende Berichterstattung.
Mixed Zone
Hamburg: Uwe Seeler macht sich Sorgen, dass der HSV gegen RB Leipzig in die Relegation muss, aber sorgt sich nicht um Cacau. Der hat nie an sich gezweifelt (Sueddeutsche) + + + Dortmund-Fan: Bewerten Sie bitte die Dummheit dieser Nachricht auf einer Skala von 1 bis 10. (Twitter) + + + Max Kruse und das Berliner Nachtleben: Bleibt eine Fortsetzungsgeschichte. Jetzt droht der DFB- und Wolfsburg-Rauswurf. (Kicker) + + + Neues Album und Geschichten über den 1. FC Köln: Annenmaykantereit bei 11Freunde + + + Wie Chinas größte Firma Wanda den Fußball aufmischt und sich Gewicht bei der WM-Vergabe erkauft (AP) + + + Istanbul-Derby abgesagt, aber große Geste der Ultras von Galatasaray (SpOn und WSC) + + + 10 Jahre Twitter, auch Sportvreine sind im Business angekommen (DLF) + + + Wieder da: Das DID-Sport Power Ranking. Janz groß. (DID Sport) + + +
Ich glaube ihr meint Dagobert Duck. Donald Duck ist ja meist eher latent pleite.
Dieser Patzer hat ja fast Escherdimensionen. ;)
Und herzlichen Glückwunsch zum Geburtstag Ali Daei
Oh, das ist natürlich sehr peinlich, habe zur Strafe alle Mickey-Mouse-Hefte nachbestellt und bilde mich jetzt weiter, Fehler ist aber korrigiert. Danke!