#Link11: Goodbye, Dramaqueen

Unlängst beschäftigten sich die Kollegen der 11FREUNDE mit dem „Konsensklub“ aus Gladbach und deren Trainer Lucien Favre, der offenbar nicht zum ersten Mal seinen Rücktritt angeboten hatte. Auch diesen Sonntag machte er das wieder, erneut wollte Sportdirektor Max Eberl ihm diesen Wunsch nicht erfüllen. Mach ich es eben selbst, dachte sich Dramaqueen Favre und erschütterte die Borussia damit „ins Mark“, wie sie selbst schrieb.

Die Link11 vermengt heute außerdem Abschied nehmen, herzreißende Niederlagen, fremdenfeindliche Beleidigungen, sich selbst überhöhende Chefredakteure und Politik machende Argentinier in einen Blogeintrag. Kurz: Es war ein normales Fußballwochenende. Viel Spaß!

blogundpresseschau

1. Er hat es wieder getan. 2009 erklärte Lucien Favre seinen Rauswurf bei der Hertha in einer kruden Pressekonferenz  aus seiner Sicht. Gestern ist er nun vom Traineramt in Gladbach zurückgetreten. Ähnlich seltsam, denn er wählte den Alleingang an die Öffentlichkeit. Parallelen zum Abschied 2009 und dem Aus in Gladbach sechs Jahre später sehen einige: Das Neue Deutschland registrierte diese anhand von Favres Auftritten vor der Presse, ebenso wie Stefan Osterhaus in der NZZ, der zusätzlich die Abgänge Kramer und Kruse mit in seine Analyse einbezieht.

Kicker und Spiegel Online stoßen in etwa ins gleiche Horn, indem sie Favre unterstellen, die Mannschaft unmittelbar vor einer englischen Woche und in einer der schwersten Phasen seit dem Fast-Abstieg 2011 (Favres Beginn), im Stich zu lassen.

Gewohnt kurzweilig (35 Minuten) greift auch der Rasenfunk Favres Rücktritt auf. Zudem auch alle weiteren Partien in der messerscharfen Analyse des Ermittlers.

(Interessanter Aspekt jetzt: Markus Weinzierl vom FC Augsburg ist nun der Trainer der Liga, der am längsten bei seinem Klub ist.)

2. Genauso viele Punkte wie Gladbach hat der VfB Stuttgart. 0. In einem verrückten Match mussten die Schalker eigentlich nichts machen, außer auf die eine Chance zu warten, die der VfB ihnen anbot, um den Ball im Tor unter zu bringen. Auf der anderen Seite wollte genau das der VfB nicht hinbekommen. Ralf Fährmann hielt alles fest, was mehr oder weniger gefährlich auf sein Tor kam. Die SZ würdigt deshalb eine eine herzzerreißende Niederlage.

3. Am anderen Ende der Tabelle können wir uns langsam aber sicher auf die kommenden Wortüberhöhungen des Duells der beiden ungeschlagenen Klubs freuen. Der BVB und die Bayern schicken sich an, die 2-Vereine-Dominanz wieder herzustellen. Das Borussia-Fanzine Schwatzgelb.de sieht auch schon die ersten Parallelen zum von kindlicher Freude geprägten Herbst des Meisterschaftsjahres 2010/11.

Im Süden hat Miasanrot.de hat die nüchterene Analyse des Sieges in Darmstadt und würdigt Sebastian Rode.

4. Erstaunlich ruhig bleibt es derzeit um den Hamburger Sportklub. Nach den turbulenten Anfangswochen mit geklautem Rucksack und Pokalaus mittelmaßen sich die Rauten in der Liga ein. Grund genug für Raute22c die trotzdem auftauchenden Unstimmigkeiten nach dem 0:0 gegen Frankfurt unter der Prämisse „Unsere Probleme hätte ich gerne“ aufzuarbeiten.

5.Wir kommen zum Thema der vergangenen Woche. Der Seismograph der Debatte um die Bild, der Twitteraccount von Kai Diekmann, blieb über das Wochenende bis auf die wenigen Danksagungen an die Vereine stumm. Zumindest schob er keine Provokation mehr hinten nach. Eine seiner besseren Ideen, schließlich hingen in vielen Stadien am Wochenende Protestplakate. (Das Round-Up hat der Wochendrebell.)

Das Schweigen des Sprachrohrs interepretiere ich jetzt einfach mal als einen kleinen Sieg der Kritiker, auch wenn das die oberste Etage der Axel-Springer-Straße 65 vermutlich anders sieht. (Spoiler: Ja, sieht sie)

Bild-Sportchef Walter M. Straten schweigt derweil auch, wird aber nicht allzu glücklich über den St-Pauli-Kritik- Alleingang seines Chefs gewesen sein. Denn es lässt sich zum Beispiel aus der Schalker Pressemitteilung ziemlich viel Unverständnis gegenüber der Bild-Redaktion heraus lesen, mit dem die Reporter der Zeitung künftig konfrontiert sein werden. Auch der 1. FC Köln ging in seiner Stellungnahme auf die gelegentlich unsauberen Methoden des Blattes ein.

Für mich ist das Thema durch. Während Fußballdeutschland die Bild am Wochenende im Mittelpunkt seiner Debatten hatte, rammte auf dem Mittelmeer eine Fähre ein Flüchtlingsboot und mindestens 13 Menschen starben, während sie auf ein friedliches Leben in unserer Wohlstands-Blase hofften. Es ist unerträglich. Zäune werden an den Außengrenzen hochgezogen, Kriegsschiffe patroullieren auf dem Meer und die armen Menschen, die es hier her schaffen, müssen es ertragen, dass sich eine Zeitung auf ihrem Rücken profilieren möchte. Das ist mir einfach viel zu billig und zu kurz gedacht, als das ich es noch weiter kommentieren möchte.

6. In Heidenheim schrieben die dortigen Fans ein neues Kapitel im Buch „Mehr oder weniger kreativer RB-Leipzig-Protest“ und klebten Geldscheine an den Leipziger Bus.

Dort aufgedruckt: Didi Mateschitz mit einer auffälligen Nase.

Für den Rotebrauseblog offenbar Antisemtismus:

Für Stadioncheck ein bisschen weniger. Anschließend diskutieren beide.

7. Vom einen Projekt zum anderen. Der frühere Verein Austria Salzburg wurde von einem Getränkehersteller gekauft und spielt seitdem in der Champions League in Österreich als dessen Litfaßsäule. Das wollten die enttäuschten Fans nicht und gründeten ihren eigenen Klub, Austria Salzburg. Von ganz unten haben sie es in die 2. Liga geschafft. Jetzt stößt das Projekt der Fans aber an seine Grenzen, denn das in Eigenregie renovierte Stadion genügt nicht den Anforderungen an ein Risikospiel. Und, ihr ahnt es, helfen kann jetzt eigentlich nur noch der ungeliebte Grund für die Neugründung: RB Salzburg. Der Standard erklärt die prekäre Situation.

8. In Berlin wurde unterdessen das Urteil gegen Meteor 06 gesprochen. Der Verein fiel in der Kreisliga durch antisemitische Beleidigungen und tätliche Angriffe gegen einen Zuschauer von Maccabi Berlin auf. Nun wurde über die Strafe entschieden: Bis 2017 ist der Täter vom Fußball gesperrt, Meteor hat sich ebenfalls von ihm getrennt. Dass der Streit zwischen den Vereinen damit nicht ganz geklärt ist, berichtet der Tagesspiegel.

9. Vor kurzem hatte ARD-Rechercheur Hajo Seppelt in einem Deutschlandfunk-Interview schon angedeutet, dass Doping auch im Fußball bald wieder auf die Agenda rücken würde. Nun ist es soweit: Vergangene Woche verkündete die Uefa, dass sie ein neues Anti-Doping-Programm in Auftrag gegeben habe („Das stärkste, das es bislang gab“). Offenbar ist diese PR auch nötig, denn am Wochenende veröffentlichten die ARD und die Sunday Times eine Studie, die die Uefa selbst in Auftrag gegeben hatte. Das Ergebnis:

Auffällige Steroid-Werte bei 68 Fußballern, die aus Langzeit-Studien vor allem aus der Champions League zustande kam.

Oha.

Die Kollegen von Fußballdoping sehen die Mär „Kein Doping im Fußball“ nun endlich durchbrochen und haben jetzt einige Fragen an die Uefa.

10. Von der Uefa ist der Weg nicht weit zur FIFA. Den am Freitag entlassenen Jeroma Valcke widmet taz-Redakteur Andreas Rüttenauer eine Liebeserklärung („Schade um das ehrliche Arschloch). Spiegel Online berichtet über Mails und weiteres brisantes Material, das Ermittler nun doch nicht einsehen dürfen. Schweizer Recht macht es möglich. Und Claudio Catugno entlarvt in der SZ derweil das Märchen von Sepp Blätter, er könne nicht alle seine schwarzen Schäfchen bewachen und blickt mit Skepsis auf den stillen deutschen Fußballverband.

11. Ein kurzer Blick nach Argentinien. Dort herrscht zur Zeit Wahlkampf um das Amt des Staatspräsidenten, am 25. Oktober wird gewählt. Einer der Kandidaten: Mauricio Macri, ehemaliger Präsident der Boca Juniors und derzeit Bürgermeister von Buenos Aires. Eine weitere praktische Funktion: Er ist ein Freund von Carlos Tevez, der seit dieser Saison wieder für seine große Liebe Boca aufläuft. Nun hat sich Tevez zur Armut des Landes geäußert und damit den Eindruck erweckt, feinste PR für seinen Kumpel Macri zu machen. Denn erstens genießen in Argentinien Fußballer und ihre ausgesprochenen Sätze Weisenstatus und zweitens gibt es die von Tevez angesprochen Armut laut offizieller Regierungslinie so nicht, weswegen Tevez galant als „Hurensohn“ beschimpft wurde. Ein Lehrstück über den Einfluss von Fußball in Argentinien bei der Jungle World.

Meist geklickter Link am Freitag
„Wir waren alle mal Flüchtlinge“. Christian Streichs Rede über seine Sicht auf die weltweiten Flüchtlingsbewegungen. Sehr gut. Auch heute noch sehenswert.

Field Reporter

»Die Mulis, die unsere Ausrüstung tragen sollten«, erzählte er, »sind alle krepiert. Wir nicht. Was mich am Leben erhielt, waren mein Wille, das Glück – und die vage Hoffnung, dass eines Tages der Ball wieder rollen würde.«

Dettmar Cramer war mehr als ein Fußballtrainer, das ließ er auch seine Interviewpartner spüren. Am Donnerstag verstarb er. Dirk Gieselmann erinnert sich an seine Lehrstunden.

Geburtstagskind des Tages

Wer hat heute Geburtstag? Einfach in die Kommentare posten! (Auflösung von Freitag: Heiko Peschke wurde 52)

Bandenwerbung 1:

Kollege Klaas fasst für die Lesefaulen unter euch den Spieltag in 11 Gifs.

Bandenwerbung 2:

Collinas Erben mit einer neuen Ausgabe ihres Podcasts, unter anderem mit der Frage an die Schiri-Ultras der Brigarde Hartmut Strampe, wo man seinen Beitritt zu den „Schiri-Hipstern“ erklären kann. Die Brigade tourt unterdessen weiter durch Deutschland, immer auf der Suche nach unparteischem Support.

#Refereeswelcome

Mixed Zone

Hamburg: Uwe Seeler macht sich Sorgen.  + + + Horst Heldt mit einer interessanten Analyse seines Transfersommers (Blick.ch) + + + Der 1.FC Magdeburg hat die fanunfreundlichste Ansetzungen der 3. Liga (meint NurderFCM) + + +

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  1. Bevor wir es vergessen: Horst Buhtz, Pionier der Italien-Legionäre aus Deutschland, wäre heute 92 geworden.

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