#Link11: Gar nichts gelernt

Ich finde es alarmierend, wenn FIFPro-Chefmediziner Vincent Gouttebarge mit folgenden Worten von der Sportschau zitiert wird:

»Wir erhoffen uns, dass alle Beteiligten im Fußball unterstützende Maßnahmen ergreifen werden, damit diejenigen, die an psychischen Problemen erkrankt sind, wissen, dass sie nicht alleine sind.«

Gouttebarge hat eine FIFPro-Studie geleitet, die bei jeder dritten Fußballprofi unter Depressionen und Angstzuständen leidet. Wenn man das so liest, dann ist die Meinung, dass der Fußball aus der Enke-Tragödie nichts gelernt hat eine Untertreibung. Man hat gar nichts gelernt.

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1. Big News aus Zürich. Blatter und Platini bekommen Stadionverbot. Unter anderem. Für 90 Tage. Platini hat sich in einem Statement zur Sperre geäußert (Martyn Ziegler bei twitter). Er ist sich sicher, dass der Fußball das durchstehen wird. Blatte lässt seine Anwält sprechen (twitter).

Tim Röhn (Welt) und SZ über die Hintergründe der Suspendierung und die Sperre für den Ex-FIFA-Vizepräsident Chung Mong-Joon, der eigentlich FIFA-Präsident werden wollte.  Hyundai-Milliardär Mong-Joon hatte in London noch ordentlich gegen Sepp Blatter und die FIFA gewettert. Jens Weinreich hat die Rede im Wortlaut. Was die Sperre für Mong-Joon eventuell mit der Kinderzeitung der Süddeutschen Zeitung zu tun hat, erklärt Claudio Catuogno (SZ).

2. Heute wurde der Literatur-Nobelpreis vergeben. Es ist jedes Jahr in großes Bohei und neben dem Lob des Gewinners oder dem Unverständnis für die Entscheidung findet sich auch immer wieder Ärger darüber, dass dieser oder jener Autor wieder nicht bedacht wurde. So wird es auch bei Swetlana Alexijewitsch sein. Warum kein ehemaliger Bundesligaprofi unter den Prämierten ist, zeigt die Sportschau in einer Übersicht.

Dass man auch lesenswert über Fußball schreiben kann, zeigt Bernd Sautter, der sich in »Heimspiel« dem Fußball in Baden-Würtemberg widmet. Philipp Maisel (fupa) hat ihn interviewt. Und auch das neue Buch von Raphael Honigstein über die Erfolgsgeschichte des deutschen Fußballs kommt gut an beim Economist.

3. Heute spielt Albanien gegen Serbien, am Sonntag geht es gegen Armenien. Am Ende dieser beiden Partien könnte sich das Team erstmals in der Geschichte des Landes für die Europameisterschaft qualifizieren. Florian Haupt (Welt) berichtet von den Sorgen vor Ausschreitungen bei dem Spiel gegen Serbien (Stichwort: Drohne), Felix Lill (Tagesspiegel) über eine Mannschaft, die in weiten Teilen fern der Heimat aufwuchs und heute für Euphorie in Albanien sorgt. Auch in Österreich wird man euphorisch, wenn man an die EM 2016 denkt, denn das Nationalteam hat sich schon zwei Spiele vor Schluss qualifiziert. Gefeiert für diese Erfolgsgeschichte wird einer aus dem Nachbarland: Flurin Clalüna (NZZ) über Marcel Koller, den Adoptierten, der laut kicker mit einer Vertragsverlängerung zögert, weil sowohl der schweizerische Fußballverband als auch Borussia Mönchengladbach Interesse angemeldet haben sollen.

4. Auch Israel hat gute Chancen sich für das EM-Turnier zu qualifizieren. Doch ein Konflikt zwischen Säkularen und Orthodoxen beherrscht derzeit die Diskussionen rund um den Fußball, denn die religiösen Israelis fordern, dass am Sabbat nicht mehr Fußball gespielt werden soll. Fabian Scheler (Zeit) über eine Auseinandersetzung, die weitreichende Konsequenzen für Profi- und Amateursport hat.

5. Weitreichende Konsequenzen könnte auch die große Dieselkrise bei VW für den Sport haben, denn die Autobauer sind mit vielen Vereinen durch Sponsoringverträge verbunden. Was die Krise für den VfL Wolfsburg bedeutet bzw. bedeuten könnte hat die dpa (u.a. beim Tagesspiegel) recherchiert. Ibrahim Naber und Sven Flohr (Welt) zeigen die Verquickungen von 16 Bundesligaclubs mit Volkswagen. Der ballesterer hat ausführlich über die Zusammenhänge zwischen VW und Fußball berichtet: »Die Paten des Fußball«.

6. Thomas Tuchel, hat in Dortmund für einen Neustart gesorgt, der nach der hohen Niederlage in München teilweise schon wieder allenthalben in Frage gestellt wird. Tuchel selbst hat diese Diskussionen vielleicht gar nicht mitbekommen, denn er weilte auf dem „World Summit“ der qatarischen Super-Talentschmiede „Aspire Academy“, wo ihn Michael Horeni (FAZ) beobachtete. Tuchel sprach von seinen Vorstellungen von gelungener Jugendarbeit, die aus seiner Sicht ruhig wieder weniger Komfort für die Kicker bieten sollte, und vom Vorbild Bayern München:

»Wir wollen in Dortmund auch diese Atmosphere of Greatness zwischen uns erschaffen. Wir möchten auch diesen Klebstoff, der alles zusammenhält. Dass das Gefühl der Unbesiegbarkeit entsteht. Dass man sich frei macht von den Umständen. Dass man als Mannschaft aufgeht im Handeln. Aber man sieht: Wir haben einen Rückstand.«  

7. Sylvia Schemmann (westline) erwähnt Thomas Tuchel in ihrem Text mit keinem einzigen Wort. Ihr geht es mehr um das große Ganze und die Zerrissenheit, die sie manchmal fühlt, wenn ihr Lieblingsverein mal wieder Grund zum Kopfschütteln liefert: »Der BVB, meine zwei Vereine…«

8. In Stuttgart ist Thomas Tuchel eher ein Thema – weil man ihn wohl nicht wollte beim VfB. Man zog Alexander Zorniger vor. Zorniger, der heute Geburtstag feiert, fällt in Stuttgart vor allem mit seinen Sprüchen auf, die oft nicht so rechte zur misslichen Lage des Vereins passen mögen. VfB-Fan Christian Prechtl (cpkomm) hat deshalb einen offenen Brief an die »VfB-Familie« geschrieben, der viele Fragen für die Mitgliederversammlung am kommenden Sonntag formuliert:

»Warum also sagten Sie, Dr. Schmidt, dem Herrn Tuchel per SMS (!) ab, nur um dann den bekanntermaßen weit weniger begehrten Robin Dutt (Vierjahresvertrag) und den „alternativlosen“ Herrn Zorniger (Dreijahresvertrag) zu holen?Wenn Sie beim Daimler einen neuen Produktvorstand hätten, der sich einerseits öffentlich als „alternativlos“ bezeichnet, der andererseits öffentlich die eigenen Autos ständig schlechtredet, alles bisher Geschehene öffentlich zur „Scheiße“ erklärt und auch sonst mindestens einmal pro Woche öffentlich „Scheiße“ sagt, was würden Sie dann machen? Wie soll ich einer Vereinsführung vertrauen, der ich solche Fragen stellen muss?«

Auch der Vertikalpass hat sich mit den Aussagen des Trainers auseinandergesetzt und mögliche Zitate für die kommenden Wochen formuliert. Dazu wird die Bitte formuliert, doch gefälligst die weisen Worte von MV zu verinnerlichen.

9. Werder Bremen ist wohl mit dem schlechtesten Grundgefühl in die Länderspielpause gegangen. Verloren. In Hannover. Das bedeutet Krise. Tobias Escher hat für den Weser Kurier die Taktik von Viktor Skripnik auseinander genommen: »Wehe, Werder hat den Ball«. Auch Thomas Gaber (spox) nimmt sich der Werder-Krise an und stellt fest: Ob Lemke, Wiese, Pizarro, Eichin oder Ujah – jeder hat seine ganz eigene Sicht auf die Probleme des Vereins.

Am Wochenende tritt Werder in einem Benefizspiel gegen Rasenballsport Leipzig an. Deren Trainer Ralf Rangnick sprach im Vorfeld der Partie mit Andreas Lesch (Weser Kurier) über die tragischen Gründe für das Spiel in Wildeshausen, die Software von Davie Selke und Videoanalysen.

10. Sie haben ein Idol. Sie sind unparteiisch. Und sie können Fehler verzeihen. Die »Brigade Hartmut Strampe« – ein ernsthafter Spaß – in Bild und Ton in einem Sky Inside Report.

11. Ebenfalls mit den Schiedsrichtern beschäftigt sich der Rotebrauseblogger, der wegen eines Zitats von Rasenballsport-Trainer Rangnick hellhörig wurde. Der hatte sinngemäß gefordert, dass sich seine Spieler öfter mal fallen lassen sollten, um einen Frei- oder Strafstoß zu bekommen. Was unfair klingt, ist wohl den allgemeinen Umständen geschuldet. Deshalb fordert der Blogger: »Ein bisschen mehr Darmstadt wagen«.

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