Juni. Zeit der wilden Spekulationen in der Bundesliga. Wer geht wohin? Was macht X, wenn Y sich so und so verhält? Hätte, hätte, Fahrradkette. Ich versuche bei den Fakten zu bleiben – schließlich ist das Personalkarussell auch ganz ohne spekulative Vielleicht-Wechsel in den vergangenen Tagen ordentlich rotiert. Trainer wechselten, Trainer blieben, Torhüter kamen, Fifa-Bosse schwurbelten. Und Fußball wird auch gespielt – in Kanada und Chile.
1. In den vergangenen Tagen brachten die Nationalmannschaften Europas ihre letzten Pflichtspiele in der EM-Qualifikation hinter sich. Deutschland rang Gibraltar nach wenig überzeugender 1. Halbzeit und Paraden von Gibraltar-Keeper Jordan Perez (Tagesanzeiger) 7:0 nieder. Nach einer durchwachsenen Nach-WM-Saison hoffen jetzt alle auf die Erholung spendende Sommerpause – auch Peter Ahrens bei Spon. Einen Überblick über die Ergebnisse europaweit gibt der kicker. Bemerkenswert dabei, der Sieg der Faröer gegen Griechenland (Welt) und der Auswärtssieg Österreichs in Russland (NZZ) – der einzige Treffer war sehr sehenswert (@ballverliebteu).
2.
Wenn Schalke einen neuen Trainer hat, tritt Twitter zurück.
— Marcus Bark (@artus69) 12. Juni 2015
Twitter ist noch in Amt und Würden und dennoch hat Schalke einen neuen Trainer gefunden. Andre Breitenreiter soll es machen, der optisch schon mal hervorragend zu Horst Heldt passt. Wenn ich ehrlich bin, ich kann beide kaum noch unterscheiden (Sven Flohr via Twitter). Das Königsblog begrüßt die Verpflichtung und denkt, dass Breitenreiter der richtige Mann für den Job sein könnte. Die SZ unterstreicht, worin sich die neue Herausforderung auf Schalke von seinen vorherigen Stationen unterscheidet.
3. Der Trainerwechsel auf Schalke bzw. die Entlassung Di Matteos brachte eine ganze Reihe von anderen Entwicklungen in Gang. Der gescheiterte Wechsel von Sami Khedira nach Gelsenkirchen ist eine davon, Turnhallengeruch dröselt das Geschehen um den Transfer noch mal auf und wünscht sich vor allem eines – Ruhe im Verein. Die hat man nun wieder in Augsburg, nachdem über die Verhandlungen zwischen Schalke und Augsburg-Trainer Weinzierl in den Medien nach allen Regeln der Kunst spekuliert wurde. Auf dem Feld hält dazu fest: „Markus Weinzierl bleibt Trainer beim FC Augsburg, weil er es selbst will.“
4. Mit einem 4:0 gegen Thailand sichern sich die DFB-Frauen den Gruppensieg bei der WM in Kanada (SZ). Raus aus dem Schatten des Männerfußballs heißt es für den Frauenfußball beim Weltturnier. Mal wieder. Neben den sportlichen Aspekten wird ein ums andere Mal die Qualität des Frauenfußballs diskutiert. Kathrin Steinbichler (SZ) sieht dahingehend positive Entwicklungen in Kanada. Das man (noch) kein Vollprofi sein muss, um im Spitzenfußball mitzumischen, verdeutlicht das Porträt der Schweizerin Fabienne Humm (NZZ). Eine Übervorteilung der Frauen erkennt Johannes Kopp, der fragt, warum der kicker keine Noten vergibt und sich auch Kommentatoren zurückhalten (taz).
5. Ausgerechnet Armin Veh. Den neuen alten Eintracht-Trainer erwarteten in Frankfurt nicht nur offene Arme. Zu frisch ist die Erinnerung an seinen selbstbestimmten Abgang, weil die Ziele des Vereins seinerzeit nicht seinen entsprachen. Inzwischen sieht Veh in Frankfurt wieder ausreichend Perspektiven, um das Traineramt zu übernehmen. Eintracht Inside sieht die Bestrebungen, neben Veh auch gleich noch ein paar Ex-Frankfurter in den Kader zu holen, kritisch. Den Weg des geringsten Risikos in der Verpflichtung von Veh sieht Blog G.
6. Spektakel statt Spekulation bei der Copa America. Mexiko und Chile trennen sich 3:3 – Highlights auf der offiziellen Website. Ein Spiel mit offenem Visier und einen US-Kommentator, der bei seinem mutmaßlich ersten Fußballmatch am Spiel vorbei kommentierte, erlebte die Schottische Furche. Argentinien ist am Samstag ins Turnier gestartet – Spielverlagerung analysiert das Unentschieden gegen Paraguay. Ein Großturnier ist auch immer Gelegenheit, den Finger in die Wunde zu legen: Vice thematisiert den offenen Rassismus und die laxen Sanktionen im südamerikanischen Fußball. Den Demonstrationen chilenischer Studenten und Lehrer, die die Copa nutzen, um auf ihren Kampf für mehr Chancengleichheit im Bildungsbereich aufmerksam zu machen, dokumentiert Futebolcidade.
7. Borussia Dortmund hat Roman Bürki aus Freiburg verpflichtet und damit derzeit drei ganz passable Torhüter im Kader. Roman Weidenfeller schien von nichts zu wissen als er nach dem Länderspiel mit der Presse sprach. Christoph Kneer spricht von einem Gefallen, den der BVB Weidenfeller damit getan habe, die Verpflichtung Bürkis erst nach seiner Ankunft in Deutschland zu verkünden (SZ). Ein Interview mit dem Neu-Dortmunder führt die NZZ.
8. Die tägliche Dosis Statistik liefert das Fußball-Blog des Tagesanzeigers. Aus welchen Vereinen kommen die Spieler der U-Mannschaften in Deutschland, Spanien, England, Frankreich und der Schweiz. Nicht mehr und nicht weniger.
9. Die Schwergewichte des Fußballs der ehemaligen DDR haben es nicht leicht und hatten es zuletzt sogar in der 2. Bundesliga schwer, Fuß zu fassen. Das geht schon länger so. In den vergangenen Jahren war die Regionalliga Nordost ein Tummelbecken für diese Teams. Inzwischen ist diese aber nur noch eine Durchgangsstation auf dem Weg in Liga 3. Marco Bertram zeichnet bei Vice den Weg der Ostvereine nach der Wiedervereinigung bis heute nach.
10. Sepp Blatter macht vielleicht doch weiter als Präsident der Fifa oder vielleicht auch nicht. Seine Rücktrittsankündigung, die hohe Wellen schlug, weichte er vergangene Woche wieder auf. Ein typisches Blatter-Manöver, meint Thomas Kistner in seinem Kommentar. Bizarr auch das Verhalten einer der Schlüsselfiguren der aktuellen Ermittlungen: Jack Warner ist einer der Hauptverdächtigen bei den FBI-Ermittlungen. In seinem Heimatland Trinidad und Tobago macht er dennoch in aller Ruhe Wahlkampf (Welt).
11. Die Partner der Fifa haben dennoch die Zeichen der Zeit verstanden, auch wenn dafür in manchen Fällen gehöriger Druck der Öffentlichkeit nötig ist. Vergangene Woche berichtete Politico ausführlich über die Bande zwischen Fifa und Interpol. Der Fußballweltverband ist einer der Sponsoren von Interpol (die Frage, ob eine solche Organisation haben sollte, stellt sich in diesem Atemzug ebenfalls) und wollte über 10 Jahre hinweg insgesamt 20 Mio. € investieren. Inzwischen hat Interpol seine Unterstützer offengelegt. 700.000 € sollen auch aus Katar geflossen sein – vom Komitee, das sich um die WM 2022 kümmert. Alles sehr verdächtig, auch wenn die Fifa-Millionen in ein spezielles Projekt zur Bekämpfung von Wettbetrug und, Achtung, Korruption fließen sollten. Interpol hat inzwischen die Partnerschaft mit der Fifa gekündigt (taz). Gleiches gilt für das Nobelpreiskomitee (Zeit).
Meist geklickter Link vergangene Woche
Sexistischer Clickbait bei Fanfeed (STNU).
Field Reporter
Ehrlich gesagt, ich kann diese Vergleiche nicht mehr hören. Thomas Schaaf und ich haben beide nicht mehr viele Haare auf dem Kopf. Aber sonst? Mehr Ähnlichkeiten fallen mir nicht ein. Schaaf ist Schaaf, Skripnik ist Skripnik. Wir sind keine Brüder. Ich lasse mich ungern mit jemandem gleichsetzen.
Viktor Skripnik im ausführlichen Interview bei 11freunde.
Mixed Zone
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