#Link11: Zahlen, bitte!

Die heutige Link11 hat vor allem mit Zahl(ung)en zu tun. Die 52. Bundesligasaison ist beendet. Sie hatte sowohl das schnellste (nach 9 Sekunden), als auch das Tor aus der weitesten Entfernung (83 Meter) zu bieten. Xabi Alonso hatte beim FC Köln 216 Ballkontakte. Eine FIFA-Exekutivmitglied verdient im Jahr angeblich ca. 150.000 € an Aufwandsentschädigungen. Für eine WM in Katar sterben 62 Menschen pro Fußballspiel. Ihr seht vermutlich schon, wohin das wieder führt.

Auch im Programm: Die Dauerkartenpreise des SC Paderborn. Der Kaderpreis des FC Schalke. Ein Rechenverfahren fürs Elfmeterschießen. 419 Folgen Doppelpass mit Jörg Wontorra. Legendäre Finanzbeamte der Bundesliga-Geschichte. Warum England nur jeweils 1 Superstar pro Spielergeneration hervorbringt.

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1. Auch am Wochenende machte die FIFA wieder von sich reden. Aufregende 72 Stunden voller Bestechung und Politik gipfelten am Freitag mit der absurden Krönungszeremonie des wiedergewählten Patriarchen Sepp Blatter. Ich versuche in der Folge eine grobe Übersicht über einige der (aus meiner Sicht) interessantesten Artikel zu geben.

Jürgen Kalwa sieht die Ermittlungen gegen den Weltverband noch längst nicht am ihrem Ende. Auch Blatter könne zum Ziel der US-Ermittler werden (Deutschlandfunk). Sebastian Moll stellt deren Chefin, US-Justizministerin Loretta Lynch und ihre Arbeitsweise vor (Zeit). Beeindruckt wirkt Blatter bislang noch nicht und droht bereits wieder munter seinen Kritikern (SZ). Also alles beim Alten. Wer, abseits eifriger US-Behörden, Blatter das Drohen austreiben soll, ist nach wie vor unklar. Michael Hanfeld erklärt, warum von ARD & ZDF kein Protest einer WM in Russland oder Katar zu erwarten ist (FAZ). Oliver Fritsch zeigt auf, warum die UEFA und Michel Platini keine strahlenden Ritter in der Not sind (Zeit). Thomas Kistner nennt die bisherigen Bemühungen des europäischen Verbandes „stümperhaft“ und spielt die Möglichkeit eines europäischen FIFA-Boykotts durch (SZ).

Jens Weinreich geht in die Tiefe und zeichnet auf faszinierende Weise den klassischen Ablauf einer „Kommissionszahlung“ im Selbstbedienungsladen der FIFA nach. Leider kommt auf jeden Weinreich mindestens ein Günter Jauch. In dessen Studio durfte FIFA-Sprecher Alexander Koch beinahe unkommentiert Sätze wie diesen in die Runde werfen:

„Aus voller Überzeugung: Die Vergabe der Weltmeisterschaft an Katar ist gut für die Arbeiter dort.“

Dass Jauch hier keine Einwände hatte, mag daran liegen, dass sein Arbeitgeber (siehe oben) sich anschickt, wirklich, wirklich viel Geld mit besagter WM zu verdienen. Und vermutlich noch mehr auszugeben. Ich ziehe meinen Hut und sage Champs-Élysées. Die allwöchentliche Schmäh-Kritik an Jauchs oft zahnloser Art mag zwar häufig dem Selbstzweck dienen, die gestrige Sendung jedoch hat sich eine halbhohe Verbalgrätsche redlich verdient. Peter Ahrens lässt sich nicht lumpen. Warum es nicht ratsam ist, sich zu komplexen Themen wie diesem in der BILD (falsch) zu informieren, erläutert das BildBlog in aller Kürze. Erwartbar.

2. Wer „A Beautiful Mind“ gesehen hat, weiß vielleicht wer John Nash war. Der brillante (und kürzlich verstorbene) Mathematiker war ein Experte auf dem Gebiet der Spieltheorie. Liebend gerne würde ich diese Perle der Weisheit nun angemessen erklären, doch leider war in Mathematik eine komplette Null… ihr solltet mal meine ehemaligen Lehrer fragen. Schlimm. Ich lasse daher Wikipedia sprechen:

In der Spieltheorie werden Entscheidungssituationen modelliert, in denen sich mehrere Beteiligte gegenseitig beeinflussen. Sie versucht dabei unter anderem, das rationale Entscheidungsverhalten in sozialen Konfliktsituationen davon abzuleiten.

Christian Hesse hat, unter Zuhilfenahme von Nashs berühmtester Arbeit, die perfekte Taktik für Elfmeterschützen berechnet (Zeit). Dass dafür Platz auf Jens Lehmanns Spickzettel gewesen wäre, gilt derzeit als nicht gesichert.

3. Um Zahlen geht es auch dem SC Paderborn. Dem Bundesliga-Absteiger eilt das Image des sympathischen Underdogs inmitten aufgepumpter Sportkonzerne voraus, doch seine Fans dürfte das derzeit nicht trösten. Ein seit längerem wegen der immens teuren Dauerkarten schwelender Konflikt mit dem Verein ist nach erneuten Preiserhöhungen wieder neu entflammt und findet seinen vorläufigen Höhepunkt in einem offenen Brief der aktiven Fanszene an Vizepräsident Martin Hornberger (Passione).

4. Der DFB-Pokal geht an den VfL Wolfsburg. BVB-Trainer Jürgen Klopp räumt damit ohne einen letzten Titel seinen Stuhl in Dortmund. Any Given Weekend berichtet von einem aus Borussensicht Sicht ernüchternden Finale. Der VfL Wolfsburg wird im Gegensatz zum BVB gerne als seelenloses Marketingprojekt eines Industrieriesen charakterisiert, ein Verein ohne „Kultur“. Genüsslich zitiert man dabei üblicherweise die neusten Zahlen aus der Wolfsburger Transferhistorie. Dass echte Liebe zum Beispiel beim BVB auch durchs Portemonnaie geht, vergessen die Kulturpessimisten dabei gerne (11 Freunde). Dabei war der verdiente Titelgewinn des VfL, so unpopulär diese Meinung unter eingefleischten Fans sein mag, durchaus ein sympathischer (SZ). Dass nicht nur Jürgen Klopp Sprüche klopfen kann, dürfte jedenfalls hiermit bewiesen sein.

5. Eine „Kultur“ im Sinne althergebrachter Sitten und Gebräuche hat Eintracht Frankfurt. Ein wichtiger Teil dieser Kultur sind die berüchtigten Zeiten der Diva vom Main, die die glorreiche SGE seinerzeit tief in die roten Zahlen getrieben hatte. Derzeit gleicht der Verein auf den ersten Blick tatsächlich einer Großbaustelle, die Trennung von Thomas Schaaf verlief chaotisch, das Geld ist noch immer knapp. Eintracht Inside fasst den Stand der Dinge zusammen und geht auf Trainersuche. ’59 lässt in einem kritischen Gastbeitrag keine Zweifel aufkommen: Die Diva ist zurückgekehrt!

6. Trotz der zweithöchsten Gehälter der Liga: Auch der FC Schalke ist derzeit ein Verein voller Fragezeichen. Die größten stehen, neben der Trainerfrage, hinter der Person Horst Heldt. Die Halbfeldflanke hat eine Schalker Saison voller Strategiewechsel und Missverständnisse chronologisch zusammengefasst. Heldt erhöht derweil wieder einmal den Druck auf seine Spieler und überrascht mit kreativen Vertragsklauseln (Reviersport). Torsten Wieland beruhigt jedoch die königsblauen Gemüter: Alles halb so wild – langfristig betrachtet. (Königsblog).

7. Schalke und die Eintracht suchen einen Trainer – Sascha Lewandowski kann seinen nächsten Verein womöglich frei wählen. Seit seinem Abschied von der Bundesligabühne scheint die Popularität des noch bei Leverkusen unter Vertrag stehenden „Neulings“ ständig zu steigen. Philip Sagioglou kennt die Gründe für Lewandowskis Gefragtheit (Welt).

8. Man mag vom Doppelpass halten, was man will, doch 419 Sendungen sind eine Hausnummer. Genau so viele Episoden der legendären Biertrinkerrunde hat Jörg Wontorra moderiert, bevor er am Sonntag seinen Ausstand gab. Jens Hungermann blickt auf 419 Sendungen mit Phrasenschwein, prominenten Gästen und Legende Udo Lattek zurück (Welt).

9. Echte Liebe via Twitter? Pah! Fohlenelf via Snapchat! (Ihr wisst schon. Die, die das 3 Milliarden-Angebot von Zuckerberg abgelehnt haben.) Das Mobilnetzwerk mit den sich selbst löschenden Inhalten ist  – daran besteht spätestens jetzt kein Zweifel mehr – der heißeste Sch***. Die Borussia will damit junge Fans gewinnen und erzielt bereits beachtliche Erfolge in Sachen Followeraufbau (Handelsblatt). (Disclaimer: Ich habe Snapchat in der letzten Woche ausprobiert und war ähnlich überfordert wie damals im Mathe-Unterricht.)

10. Dem englischen Fußball wird seit Jahren nachgesagt, zu wenige Talente nach oben zu spülen. Ein Rooney, ein Scholes, ein Keegan pro Generation, das ist zu wenig. The Whitehouse Address geht noch einen Schritt weiter und schreibt: England produziert insgesamt zu wenige kreative Spielertypen, für die genialen Premier League Momente sorgen seit Jahren die Silvas, Henrys und Cantonas. Eine fußballphilosophische Spurensuche.

11. Die Stars der UEFA und der FIFA verdienen 20 Mio. € im Jahr. Die Stars der UPSA (Upper Prison Sports Association) in Uganda sitzen 20 Jahre wegen Mordes ab. David Goldblatt berichtet von einer völlig anderen Fußball-Liga (Guardian).

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2 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. „Dass Jauch hier keine Einwände hatte, mag daran liegen, dass sein Arbeitgeber (siehe oben) sich anschickt, wirklich, wirklich viel Geld mit besagter WM zu verdienen.“

    Ich weiß ja nicht, ob die Gewinnerzielungsabsicht wirklich die Hauptmotivation der ÖR ist…

    • Hallo Max,

      stimmt! Ich habe noch einen Satz ergänzt, um besser zu verdeutlichen, in welchem Interessenkonflikt sich die ÖR bei der Berichterstattung zu Katar befinden.

      Besten Gruß,
      David

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