Da schlagen sich tausende Menschen in Deutschland die Nacht um die Ohren, freuen sich nach einem fantastischen Lauf auf eine wunderbare zweite Hälfte des Super Bowls Nummer 47 – und plötzlich geht das Licht aus.
Ich habe das Spiel nicht gesehen, aber direkt zwei Assoziationen. Auf der einen Seite ein Aufstiegsspiel von Hannover 96 bei Energie Cottbus, auf der anderen Seite das WM Finale 2006.
Die Geschichte vom Aufstiegsspiel ist schnell erzählt: 96, im Jahr des hundertjährigen Bestehens in die Regionalliga abgestiegen, kämpft im Folgejahr in der Relegation gegen Energie Cottbus. Addo und Asamoah entzücken das Publikum, überfordern die Holzfäller in der gegnerischen Abwehr. Plötzlich fällt das Flutlicht aus. Bei Energie!
12 Minuten später – die Umstände des Flutlichtausfalls bleiben bis heute nebulös – wird das Spiel fortgesetzt. Cottbus gewinnt 3:1. Hannover bleibt in der Regionalliga.
2006 war Sonne satt angesagt. Das Finale Frankreich gegen Italien wurde deshalb beim väterlichen Geburtstag in großer Gruppe im Garten geschaut als ein Windstoß den Fernsehtisch erfasste und das mächtige, silberne Röhrengerät Bildschirm voran auf dem Boden landete. Eine Schrecksekunde später, mühten sich fünf, sechs kurz zuvor noch geschockte Herren um den Fernseher, der ausgefallen war. Als das Gerät wieder stand wurde nach kurzer – in diesem Moment allerdings ewig wirkendenden – Beratung der Fernseher wieder eingeschaltet. Zunächst blieb das Bild dunkel. Lediglich Reinhold Beckmann war zu hören. Das Spiel lief also weiter und erst nach einer guten Minute war wieder der grüne Rasen des Berliner Olympiastadions auf dem an zwei Stellen bis heute übel verkratzen Bildschirm zu sehen.
Reibt euch also den Schlaf aus den Augen, liebe Football Fans. Freut euch, dass es bei uns Fußball und nicht Soccer heißt und ärgert euch nicht zu lange über den schlafraubenden, mit Werbung überladenen Stromausfall von New Orleans. Es geht für euren Verein nach diesem Spiel schließlich nicht zurück in die Regionalliga und vom Spiel selbst habt ihr nichts verpasst.
In diesem Sinne: Licht aus, Spot an für die Blog- und Presseschau für Montag, den 4. Februar 2013.
Bayer vs. Borussia
Das spektakulärste Spiel hatte sich die Bundesliga für den Sonntag Abend aufgehoben. Bayer Leverkusen und Borussia Dortmund kämpften um den 2.Tabellenplatz. Bayer hatte zwar mehr Chancen, Borussia aber den Erfolg auf seiner Seite. 2:3 hieß es am Ende. Die dpa (zum Beispiel hier bei der taz) sah „ganz großen Fußball.“ Richard Leipold (FAZ) spricht von einen „mitreißenden Verfolgerduell und lobt den Gastgeber, der nach frühem Rückstand zu einem starken Herausforderer für den Deutschen Meister wurde. Christian Hornung (sportschau) singt das in Leverkusen wohlbekannte Lied: „Bayer – so schön verliert keiner“. Tobias Escher schreibt bei 11 Freunde von einem „klugen Spektakel“. Philipp Selldorf und Markus Schäflein (SZ) nennen es „Sonntags-Slapstick“. Daniel Theweleit (FR) sah „beste Unterhaltung“. Der Tinneff-Blog freut sich über den drittbesten Bundesligastart aller Zeiten. Dembowski fühlte sich zu einem offenen Brief an den Fußball genötigt:
Manchmal gehst Du mir wahnsinnig auf die Nerven. Manchmal verstehe ich Dich nicht mehr. Dann denke ich, dass wir uns auseinandergelebt haben. Du hast den Weg des Turbokapitalismus gewählt und ich sehe mich dann als trauriger Chronist Deines Aufstiegs, der in Wahrheit nichts anderes ist als der lange Weg die Achterbahn hinauf. What goes up, must come down, Du kennst den alten Blood, Sweat & Tears-Klassiker.
Manchmal, lieber Fußball, aber machst Du mich verrückt. Dann war wieder Bundesliga-Wochenende.
Der 09blog hat noch mit Adrenalin im Blut getextet und von einem Scheißspiel der Borussia geschrieben – insbesondere von Mario Götze. Was den Autoren Christian Kalla aber richtig aufregt ist das Klopp-Bashing:
Dieses ganze Klopp-Bashing geht mir so langsam echt voll auf den Sack. Ich will ja gar nicht bestreiten, dass er es hin und wieder übertreibt. Aber wie man es als Trainer in solchen Spielen schafft, nicht abzugehen und zu explodieren und sich mit jedem anzulegen, der einen gerade nervt, bleibt mir ein Rätsel. In jeder Sportart der Welt bettelt man darum, dass die Spieler und Trainer mehr Emotionen zeigen und nicht einen auf Pseudoharmonie machen. Nur in der Bundesliga und ganz besonders bei Jürgen Klopp ist es “asozial”. Da fehlt mir persönlich das Verständnis. Bevor jemand wieder meckert, guckt euch mal Spiele in unteren Ligen an. Da gibt es oft genau die gleichen Emotionen. Und das gehört zum Fußball. Punkt.
Polizei vs. Fans
In Hannover lässt sich mal wieder beobachten wie unterschiedlich die Bewertungen bestimmter Situationen im Umfeld von Fußballspielen aus Sicht von Fans und Polizei sind. Während die Polizei in einer boulevardesken Pressemitteilung die Schuld einzig bei den Fans aus Hannover suchten, ist die Fanhilfe Hannover davon überzeugt, dass die Polizeikräfte die Hauptschuld an der Eskalation tragen, zeigt sich erschrocken über die „Falschdarstellungen“ der Polizei und prüft, ob rechtliche Schritte einzuleiten sind. Martin Kind nutzt die unaufgeklärten Vorfälle, um über einen weiteren Einsatz seines liebsten Mittels nachzudenken: die Kollektivstrafe. Dieses Mal soll es die „Ultras“ treffen. (HAZ, sportschau mit sid-Meldung) Die hannöversche Presse war mal wieder nicht vor Ort. Ihre tendenziösen Berichte sollen deshalb hier keine Erwähnung finden.
Halbfinale beim Afrika Cup
Die Partien stehen fest. Nigeria spielt gegen Mali. Ghana trifft auf Burkina Faso. (Spiegel) Didier Drogba und seine Elefanten werden den Titel wohl nie gewinnen. (Spielbericht in der sportschau) Gastgeber Südafrika musste zwar auch im Viertelfinale die Segel streichen, konnte sich aber vor 56.000 Zuschauern erhobenen Hauptes verabschieden. (FAZ)
Spielverlagerung hat die vier Viertelfinalpartien taktisch bewertet.
Krise auf Schalke
Natürlich ist das unfair. Diese Überschrift schon. Da wird so getan als würde es nur um Königsblaue gehen. Deshalb sei an dieser Stelle ausdrücklich das Team von Greuther Fürth gelobt. Ein ungemein wichtiger Sieg im Abstiegskampf – denn auch Hoffenheim und Augsburg punkteten. Für das Web 0.4 Grund genug mal die weitere Saison der Fürther durchzuspielen. Auch mit Blick auf die Personalie Büskens.
Aber blicken wir dennoch auf Schalke. Daniel Theweleit (taz) sieht „Schalke in der Krise“ und beobachtet eine „Dynamik des Untergangs“. Der „Indirekte Freistoss“ hat die Pressestimmen zur „Ratlosigkeit auf Schalke“ zusammengefasst.
Bei blogundweiss nimmt sich des Spiels mit den Liebesbekundungen für Asamoahn und Büskens, den Pfiffen bei Draxlers Auswechslung undden Rufen nach Entlassungen des Trainers an:
An Jens Keller reibt sich die Kritik, er habe keinen Einfluss auf die Mannschaft, die etablierten Spieler würden ihn nicht respektieren, heisst es aus der “Bild-Ecke”, naturgemäß ohne belastbare Beweise für diese Behauptung. Über Draxlers Herausnahme darf man streiten, die Hereinnahme von Raffael war notwendig, um zumindest zu versuchen, nach vorne kreativer zu agieren. Denn neben der hundsmiserablen Abwehrleistung war das für mich größte Manko die Ideenlosigkeit, die Unkreativität im Aufbauspiel. Kein Wunder, dass das (Traum-)Tor ein Schuss aus der Ferne war und nix herausgespieltes.
Hier wird noch gehofft, dass diese Niederlage vielleicht zum „großen Knall“ – ruhig mit Keller – führt und Energie freisetzt. Auch Torsten Wieland (Königsblog) will den Trainer behalten:
Auch während des „Rekord-Saisonstarts“ spielte Schalke gegen Augsburg, Fürth oder Mainz nicht wirklich gut, sondern „nur“ erfolgreich. Um diese Mannschaft grundsätzlich zu verbessern ist viel Arbeit nötig, viel mehr als in ein paar Trainingstagen zwischen den Pflichtspielterminen der Rückrunde zu leisten ist. Eben deshalb brächte ein Rauswurf Jens Kellers bzw. die Installation eines dritten Trainers genauso wenig wie der Rauswurf Huub Stevens’. Mag das Geschrei auch noch so laut sein.
Neuer Rückhalt
Vor seinem ersten Einsatz im Kraichgau wurde Torhüter Heurelho Gomes wegen eines unterhaltsamen Videos mit allerlei Fehlleistungen als Fehleinkauf von 1899 Hoffenheim abgestempelt. Nach dem 2:1-Sieg gegen den SC Freiburg wird der Torwart als ein wichtiger Baustein für „Hoffenheims neue Stabilität“ (FAZ) gesehen. Andreas Müller erklärte im Interview mit dem Deutschlandradio, dass die Verantwortlichen mit der Verpflichtung eines neuen Torhüters dem Team auch das letzte Alibi nehmen wollte.
Quote
„Ich war nie derjenige, der mit aller Macht die Nummer eins sein wollte, jemand, der immer oben dabei sein wollte – weder als Spieler noch als Trainer. Ich habe auch nie angestrebt, Bundesligaspieler zu werden. Oder Nationalspieler, oder deutscher Meister. Für viele Leute können die Ziele, die sie sich stecken, nicht hoch genug sein. Ich sehe das anders. Für mich müssen sie realistisch sein.“
Benno Möhlmann, Rekordtrainer der 2.Bundesliga, im Gespräch mit der FAZ
Auf 11Freunde.de erschien Mitte Januar ein Bericht („Comeback der Gewalt„) über das Wiedererstarken rechter Kräfte in Düsseldorf. Daraufhin wurden bei einem Spiel der Fortuna gegen das Blatt gerichtetes Banner zur Schau gezeigt. Terz beleuchtet die Gesamtsituation in der Düsseldorfer Fanszene und bringt beide Ereignisse in einen größeren Zusammenhang.
Auch wenn der eigene Verein verliert, kann es zu einem perfekten Fußballwochenende gereichen. Dank Stecktabelle und Sohnemann. (140+)
Clubfans attackieren vier Fürther Fanbusse. (Spiegel, nordbayern.de [Video])
Beim Länderspiel Frankreich gegen Deutschland in Paris wird René Adler das Tor hüten. Das gefällt Manuel Neuer laut FAZ gar nicht.
Bayern München siegt gegen Mainz mit „meisterhafter Souveränität“ (FAZ) Maik Rosner (SZ) sah eine „Elf-Mann-Flügelzange mi Türsteher-Modus“.“
„Gestatten, Lakić!“ (FAZ) – Ein neuer Stürmer bringt Frankfurt den Sieg beim HSV. NedsBlog ist angetan vom Rückrundenstart des HSV und von den mitgereisten Eintracht-Anhängern, ärgert sich aber über Pfiffe zur Halbzeit und eine verschlafene erste Hälfte.
In Bremen freut man sich über einen Dreier für die Moral. (Papierkugel)
„Beim VfB Stuttgart hat im neuen Jahr nur eines funktioniert: die Vertragsverlängerung mit Trainer Labbadia − und jetzt patzt auch noch Torwart Sven Ulreich.“ Hendrik Buchheister (FR) über das Spiel Fortuna Düsseldorf gegen den VfB Stuttgart.
„Mutige Augsburger“ (FAZ) entführen einen Punkt aus Wolfsburg. Beim VfL herrscht deshalb „Katerstimmung“ . Der Wolfs-Blog fragt: Wut, Panik oder doch nur Hysterie?
2.Liga: Hertha deklassiert Regensburg, St.Pauli stellt Zuschauerrekord auf (Die Sonntagsspiele: Spiegel) Bei Hertha darf Levan Kobiashvili wieder mitwirken. Johannes Kopp (taz) über den Georgier, der ein halbes Jahr nur zuschauen durfte und das aus seiner Sicht unberechtigt.
Beim Spiel von Union Berlin am Freitag Abend wurde ein Banner gezeigt, dass Hertha Fans mit den Worten angeht »Herthatreff am Knabenstrich – alte Liebe rostet nicht!« Die Aktion Libero sieht hier „Eine Frage der Haltung“. Im Netz wurde das Banner viel diskutiert. Union Berlin hat reagiert und die Aktion Libero zu einem Gespräch eingeladen.
Auch beim Textilvergehen war das Banner natürlich Thema. Wichtiger war zum zeitpunkt der Aufzeichnung aber die Aussage: Ditt Ziel sollte immer nach oben sein
Thomas Dudek (11 Freunde) erzählt wie der ehemalige Nationaltrainer Smuda in der 2.Liga bei Jahn Regensburg landete.
Alle Tore der 3. Liga in einem Video. (liga3-online.de)
Serie A: Balotelli trifft beim Debüt doppelt und überzeugt nach seinen Treffern wieder mit großer Geste. Miroslav Klose verletzt sich. (Spiegel)
Premier League: Holtby siegt mit Tottenham (Spiegel)
Die fiktive Weisheit der Zeitlupe – ein Bericht zur Düsseldorfer Regelschulung für Fußballjournalisten (Jungle World)
Steffi Jones: Coming-out beim Ball des Sports (queer)
Extra
Borussia Dortmund bei 8bit-football.
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