#Link11: Kulturpessimismus

Wenn Sie das hier lesen, liebe Leserinnen und Leser, waren Sie wahrscheinlich gerade draußen und haben sich angeschaut, wie sich die Sonne verdunkelt. Wenn man den vielen Kommentaren auf Twitter, Facebook und auch in angesagten Medien glauben will, passiert dasselbe gerade mit dem Fußball. Wie oft durfte ich in den vergangenen Wochen vom drohenden „Untergang des Fußballs“ lesen – sei es Red Bull, die WM in Katar, die Dominanz der Bayern oder die fanfeindliche Politik von Vereinen wie Hannover 96.

Ohne diese Probleme herunterspielen zu wollen, muss einfach mal gesagt werden, dass Kulturpessimismus unter Fußballfans eine lange Tradition hat. Eigentlich ist der Fußball in Deutschland ohne ständiges Lamentieren gegen den modernen Sport gar nicht zu denken. Das Meckern über die Bezahlung der Fußballspieler fing an, als Fußballer erstmals bezahlt wurden – selbst wenn das in den 20ern nur Peanuts waren. Wer Zeitungen aus den Tagen der Bundesliga-Gründung liest, findet ständige Verweise auf das „Lotterleben“ der Stars und die viel zu hohen Gehälter. Unfair ist die Bundesliga auch seit eh und je; in den 60ern versuchte der HSV sogar, mehr Heimspiele zu bekommen, schließlich sei es eine ungleiche Behandlung, dass man 10.000km pro Jahr zu Auswärtsspielen reisen muss und die Vereine aus dem Ruhrgebiet nur 6000km. Fehlende Typen werden seit dem Karriereende von Fritz Walter angemahnt, die Zuschauer fühlen sich seit Jahrzehnten missverstanden. Gemeckert wird schon immer, nur die Gründe ändern sich. Und trotzdem: Über all die Jahrzehnte pilgern die Bundesbürger brav zum Fußball. Schon seltsam, diese Welt.

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1. Der VfL Wolfsburg zieht ins Viertelfinale der Europa League ein. Hendrik Buchheister (Spiegel Online) berichtet aus Mailand. Auch der Wolfsblog war live vor Ort und freut sich. Die übrigen Achtelfinal-Ergebnisse gibt es ebenfalls bei Spiegel Online.

2. Die 0:3-Niederlage des BVBs gegen Juventus Turin wirkt noch immer nach. Die große Frage lautet: Ist es das Ende einer Ära? Damit das nicht der Fall ist, muss es einen Umbruch geben und wieder mehr auf die Jugend gesetzt werden, fordert Schwatzgelb. Auch Daniel Theweleit (Frankfurter Rundschau) sieht eine Ära beendet. Freddie Röckenhaus (Süddeutsche) meint, in Dortmund müsse man Abschied nehmen von alten Gewohnheiten und Denkverboten. Jürgen Klopp schützt indes Mkhitaryan und Immobile, berichtet Sebastian Weßling (DerWesten). Michael Cox (ZonalMarking) analysiert noch einmal die Partie. Dass Jürgen Klopp in den vergangenen Jahren Großartiges geleistet und eine Mannschaft aus dem Nichts nach oben geführt hat, unterstreicht Thery Whenett (Zweierkette) mit Statistiken.

3. Auch in England grummelt man angesichts des Ausscheidens sämtlicher englischer Klubs aus den internationalen Wettbewerben. Vor allem beschäftigt die Gemüter eine etwaige Einführung der Winterpause, weiß Marc Schäfer (ZDFSport). Hanspeter Künzler (NZZ) schreibt aus London über den „Fluch des Geldes“. Daniel Reimann (Spox) findet nicht, dass die Premier League die beste Liga der Welt ist – man wolle die Seifenblase bloß nicht platzen lassen. Frank Hellmann (Sportschau) sieht indessen die Weltmeister-Liga in der Krise.

4. Nach all den europäischen Top-Duellen erdet das Freitagsspiel uns alle wieder: Mit Hertha BSC und dem Hamburger SV stehen sich zwei Abstiegskandidaten gegenüber. Stefan Herrmanns (Tagesspiegel) porträtiert anlässlich der Partie Valentin Stocker.

5. Der VfB Stuttgart beschäftigt uns in der #Link11 regelmäßig. Kein Wunder, kommen doch zwei Dinge zusammen: eine verheerende Position im Abstiegskampf – und kreative Vereinsblogger, die immer wieder mit innovativen Ideen aufwarten. Heute kommt letzteres in Form eines Artikels von Vertikalpass, der die Misere des VfBs anhand der „Neckar Nine“ nacherzählt. Großes Kino.

6. Amerikanisch-Samoa war einst die schlechteste Fußballnation der Welt. Dann kam Thomas Rongen – und nun ist man nur noch eine der schlechtesten Nationen der Welt. Christian Spiller (Zeit Online) hat angesichts einer Filmpremiere mit dem Trainer gesprochen.

7. Einen Artikel über die „Top 10 insane injury-times“ – kann man machen. Ihn mit dem Spiel Barbados gegen Grenada aus dem Jahr 1994 zu beginnen: unendlich nerdig. Genau das tut FourFourTwo. Später kommen aber auch noch ein paar weniger Hipster-mäßige Beispiele vor, die wir alle kennen.

8. Schon seit längerer Zeit testen Wettbetrüger eine neue Masche: Sie lancieren in den Wettbüros Spiele, die gar nicht stattfinden. Benjamin Best und Tom Mustroph (taz) erklären, wie das funktioniert.

9. Von Betrügern zu Betrügern: Die Fifa hat festgelegt, dass das Finale der WM 2022 am 18.12. steigen soll. Die FAZ erklärt, was das für Gründe und Folgen hat.

10. Der FC Galaxy Steinfurt ist ein Multi-Kulti-Verein. Nicht irgendeiner: Hier hat man sich das Thema Integration auf die Fahne geschrieben. Tobias Jöhren (Ruhrnachrichten) hat den Verein besucht – und erklärt, warum er vom Bundesinnenministerium und vom DFB gefördert wird.

11. Ein bisschen Häme zum Schluss: Ein Amateurkeeper patzt – und am Tag danach ist er ein Hit im Internet. Benjamin Emonts (Süddeutsche) war zu Gast beim TSV Dachau und sprach mit den Beteiligten.

Meist geklickter Link gestern
Bereits gestern rief Oliver Fritsch (Zeit Online) angesichts des BVB-Aus das Ende einer Ära aus. Euch hat’s interessiert.

Mixed Zone
Beidfüßigkeit: Andi Brehme ist das Vorbild: Die Stehplatzhelden erklären, warum man seine Kinder beidfüßig erziehen sollte. + + + Bankrott: Der FC Parma ist offiziell pleite (s. NZZ). + + + Mehr Sicherheit: Borussia Mönchengladbach rüstet nach dem Platzsturm im Derby gegen Köln auf (s. RP-Online). + + + Zwei am Stück: Frankreich richtet 2016 nicht nur die EM der Männer aus, sondern 2019 auch die WM der Frauen (s. Spiegel Online).

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