Welche Entscheidungen wurden mithilfe der Video-Assistenten geändert?

Der Twitterer @saurehefe1887 hat sich dankenswerterweise die große Mühe gemacht, die Schiedsrichter-Entscheidungen, die in der Bundesliga-Hinrunde 2017/18 mithilfe der Video-Assistenten geändert wurden (im Zusammenhang mit Toren, Strafstößen und Roten Karten), in einer Tabelle zu verzeichnen (für eine größere Ansicht bitte aufs Bild klicken). Nicht aufgeführt sind die Gelben Karten, die im Zuge von Reviews etwa aufgrund eines Rotverdachts nachträglich gezeigt wurden. Auch die Sportschau hat heute eine Statistik veröffentlicht, allerdings ohne die einzelnen Entscheidungen aufzulisten. Die Zahlen gleichen sich bis auf eine Position: Statt neun aberkannten Toren hat die Sportschau deren elf gezählt (dafür fehlt bei ihr der nachträglich anerkannte Treffer im Spiel Dortmund – Köln). Sollte jemand also feststellen, dass in der uns zur Verfügung gestellten Tabelle etwas ausgelassen wurde, bitten wir um Nachricht in der Kommentarspalte. Eine PDF-Version der Tabelle findet sich hier.

Update 20. Dezember 2017: Der DFB hat uns seine offiziellen Zahlen geschickt, wobei sie auf dem Stand von vor dem 17. Spieltag sind, also nach 144 Spielen. Die Aktualisierung erfolgt auf einer Pressekonferenz am 11. Januar 2018.

  • Insgesamt 986 überprüfte Situationen (403 Tore, 318 [potenzielle] Elfmeter, 265 [potenzielle] Rote Karten)
  • 709 Silent Checks (keine Kommunikation VA–SR)
  • 230 Checks (Kommunikation und Bestätigung der Entscheidung)
  • 47 Empfehlungen der Entscheidungsumkehr durch den VA
  • 44 Änderungen der Entscheidung, davon 34 korrekt
  • 3 beibehaltene Entscheidungen, davon 2 korrekt
  • Ca. 7 überprüfte Situationen pro Spiel
  • Ca. 1,6 Checks pro Spiel
  • Ca. 0,3 Empfehlungen zur Entscheidungsumkehr pro Spiel
  • 36 verhinderte Fehlentscheidungen durch den VA
  • Eine Entscheidungsumkehr alle 3 Spiele

Das dürfte nach dem Abschluss der Hinrunde auf offiziell 50 Empfehlungen der Entscheidungsumkehr durch den VA hinauslaufen (und auf 47 Änderungen), denn am 17. Spieltag gab es deren drei (1. zurückgenommener Strafstoß bei Augsburg – Freiburg, 2. nachträglich gegebener Strafstoß bei Stuttgart – Bayern, 3. nachträglich gegebener Strafstoß bei Hannover – Leverkusen).

6 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Interessant wäre bei den Statistiken des DFB noch, in wievielen Fällen die Entscheidungsänderung zwar falsch war (weil keine klare Fehlentscheidung vorlag), die geänderte Entscheidung als solche aber vertretbar war (weil es sich um eine Grauentscheidung handelt, bei der beide Entscheidungen in Ordnung gehen). Diese Fälle sehe ich aus Gerechtigkeitsgründen, worum es dem DFB ja ging, weniger kritisch, weil die geänderte Entscheidung nicht ungerechter war als die vorherige Entscheidung und genauso auch vom Feldschiedsrichter getroffen und vom VA bestätigt hätte werden können. Das sind dann bestenfalls gefühlte Ungerechtigkeiten (Warum ändert der die Entscheidung bei uns und bei den anderen nicht?). Viel wichtiger ist, dass keine korrekten Entscheidungen in falsche Entscheidungen korrigiert wurden.

    • Dazu müsste man im Detail erfahren, welche Entscheidungsänderungen der DFB als unberechtigt ansieht, aber das wird wohl nicht öffentlich kommuniziert werden. Spontan fallen mir zumindest zwei ein, bei denen am Ende eine nicht mehr vertretbare Entscheidung stand: das nachträglich anerkannte 2:0 für Dortmund im Spiel gegen Köln (das Spiel war im Moment der Torerzielung ja bereits unterbrochen) und der zurückgenommene Elfmeter für Hertha im Spiel gegen Bayern (da zeigte eine Zeitlupe das Fußvergehen von Martínez schon deutlich). Aber in der Mehrzahl der Fälle ist es zweifellos so, wie du es dargelegt hast.

      Unabhängig davon ist es wohl kaum möglich, eine Bilanz zum Videobeweis zu objektivieren, weil dabei ja auch viele subjektive Faktoren eine Rolle spielen, die das Urteil und die Akzeptanz beeinflussen. Nicht nur bei den Spielern, Fans und Medien, sondern auch bei den Schiedsrichtern. Umgekehrt sind solche Zahlen aber natürlich eminent wichtig, um die Debatte zu versachlichen. Selbst in seriösen Medien war zwischenzeitlich zu hören und zu lesen, es gebe ja gar nicht bloß, wie angekündigt, zwei Korrekturen pro Spieltag, sondern in Wahrheit zwei pro Spiel. Was barer Unsinn war und ist, aber eine erhebliche Verbreitung gefunden hat.

  2. Die Elfmeter-Statistik find ich schon beachtlich. Insgesamt gab es 57 Elmeter. D.h. ein Drittel wurde nachträglich gegeben. Umgekehrt wurden 22% der Elfmeter-Entscheidungen der Platz-Schiris revidiert. Die Wahrscheinlickeit, dass ein gepfiffener Elfmeter gar nicht erst ausgeführt wird, ist größer, als dass er verschossen wird, falls es zur Ausführung kommt.

    Letztlich sind die Zahlen aber nicht entscheidend für mein großes Problem mit der Video-Assistenz. Es reicht, dass ich weiß, dass es sie gibt. Das ist natürlich nicht objektivierbar, es ist mein persönliches Problem. Ich brauche die Unmittelbarkeit. Wenn der Schiri einen Elfer pfeift, will ich, dass es einen gibt, damit ich mich entweder ärgern, oder zwischen Freude und der Angst vorm Verschießen pendeln kann. Jetzt weiß ich erstmal nur, dass es evtl. einen Elfmeter gibt. Und wenn der Schiri nicht pfeift, ists genauso. Ich weiß, wie der Schiri es auf dem Platz wahrgenommen hat. Aber eben auch, dass das für die Frage, ob es Elfmeter gibt, irrelevant ist. Die endgültige Entscheidung wird erst nach Ansicht der Videobilder gefällt.

    Lässt der Schiri nach einem evtl. elfmeterwürdigen Zweikampf weiterspielen, womöglich protestiert der potentiell Gefoulte vehement, dann kann ich mir den folgenden Spielzug nicht mehr mir Freude angucken. Ich weiß nicht, ob ich das, was ich gerade sehe, tatsächlich zum Spiel dazugehört, oder ob sich hinterher rausstellen wird, dass Spiel längst unterbrochen ist. Während das Spiel läuft, weiß ich, dass der Video-Assistent sich gerade die vorherige Szene anschaut. Schrechlich!

    Und da wir mittlerweile wissen, dass bei jedem Tor und jedem Elfmeter die gesamte Entstehungsgeschichte auf eventuelle Fehlentscheidungen gescannt wird, kann ich nach jedem hart geführten Zweikampf im Mittelfeld erstmal Bier holen gehen oder aufs Klo. Weil ich weiß, dass wenn aus dem Angriff ein Tor fällt, oder es einen Elfmeter gibt, die Szene aus dem Mittelfeld nochmal überprüft werden wird. Wer weiß, über wie viele vergebene Torchancen wir uns im letzten halben Jahr zu Unrecht geärgert haben, weil das Tor eh nicht gezählt hätte aufgrund irgendwelcher Regelwidrigkeiten vorher, die nur deshalb niemand registriert hat, weil das Tor nicht getroffen wurde.

    Mir raubt das den Spaß. Ich kann das Bedürfnis, Fehlentscheidungen zu reduzieren, nachvollziehen. Aber es ist nicht mein Hauptanliegen, wenn ich Fußball schaue. Ich möchte beim Fußball nicht Gerechtigkeit, sondern Drama. Unzählige Faktoren entscheiden darüber, wer gewinnt. Viele sind nicht „gerecht“. Platzfehler, tiefstehende Sonne, Verletzungspech, ungünstiger Spielplan etc. pp.. Die einen schießen 30 mal aufs Tor und treffen 5 mal Latte und Pfosten, aber die anderen gewinnen, weil ein Verzweiflungsschuss abgefälscht ins Tor hoppelt. Nicht gerecht, aber ist dann halt so. Und so kann ich auch mit Schiri-Fehlern leben. Für mich ist wesentlich beim Fußball: Niemand kann seriös vorhersagen, was als nächstes passiert. Und was passiert ist, ist passiert. Und dazu gehört ein Schiri, der entscheidet. Und nicht einer, der immer dann, wenns um die Wurst geht, nur einen vorläufigen Vorschlag macht.

  3. Pingback: Ein Stück mehr Gerechtigkeit – aber zu welchem Preis? | Hertha BSC Blog

  4. Pingback: Kritik am Videobeweis: Ahoi-Crew beteiligte sich an Ostkurven-Aktion – OWFC Ahoi-Crew

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