Endzeitstimmung und Dystopie in der #Link11. Korrupte Sportpaten, von Horrorvisionen geplagte Blogger, Fußballclubs, die sich nachts in dunklen Ecken auf Deutschlands Autobahnraststätten herumdrücken (müssen) und verzweifelte Flüchtlinge mit dem Traum, Fußballer zu werden, machen heute einen großen Teil unserer Blogschau aus. Natürlich würde ich gerne über positivere Dinge berichten, doch allzu oft kann man sich das eben nicht aussuchen.
Nur gut, dass es die Heinz Kamkes und Wochenendrebellen dieser Welt gibt, die die zuvor gewonnenen Eindrücke in der zweiten Hälfte der Link11 mit verantwortungsvoller Pädagogik und ungefilterter Liebe wieder auszubalancieren wissen.
1. Was niemand für möglich gehalten hätte, ist nun Gewissheit: Michel Platini möchte das Amt des FIFA-Präsidenten von Senator Palpatine Sepp Blatter übernehmen. Der Weltverband scheint also dabei zu sein, sich ein kleines Facelifting zu verpassen, damit die Geschäfte weitergehen können. Oder, wie Jens Weinreich die Kandidatur des Blatter-Schützlings Platini kommentiert: Ein Nachfolger aus dem eigenen Stall. Auch Oliver Fritsch schreibt, Platini sei der perfekte FIFA-Präsident blatter’scher Prägung (Zeit).
2. Und Fußballverbände wären eben nicht Fußballverbände, wenn nicht auch Platini von einem Mann beerbt würde, der die UEFA ganz in seinem Sinne weiterführt (DFB). Es erscheint mir daher logisch, dass Wolfgang Niersbach bereits als Platinis Nachfolger gehandelt wird (RP Online).
Mit dieser Unterschrift (l. oben) hat Platinis Kumpel Niersbach 2013 FIFA-Reformen abgelehnt, die er jetzt „fordert“ pic.twitter.com/k5DsOjYHzS
— Jens Weinreich (@JensWeinreich) 29. Juli 2015
3. Der erste Spieltag der zweiten Bundesliga ist beendet. Es ist Montag Nacht und der FC Nürnberg hat gerade ein turbulentes Spiel inklusive dramatisch missglückter Aufholjagd mit 3:6 verloren und befindet sich im Mannschaftsbus auf dem Heimweg. Was dann geschehen sein soll, finde ich so unglaublich, dass ich vor Aufregung an einem schweren Fall von Clickbaiting erkrankt bin (Nordbayern).
Ich reg mich ja echt selten über den #fcn auf. Selbst nach einem 3:6 nicht wirklich, aber jetzt ist Feierabend Herr Bader — Alibipass (@Alibipass) 29. Juli 2015
4. Auf dem Berg Gurugú in Marokko leben etwa 2.000 Männer in einem illegalen Flüchtlingscamp. Ihr Leben ist von immer neuen Versuchen, den Grenzzaun zur spanischen Exklave Melilla zu überwinden, geprägt. Fußballspiele auf einem provisorisch hergerichteten Spielfeld stellen eine der wenigen Ablenkungen dar. Bei den »Internationalen Gurugú-Meisterschaften« treten die Männer gar in Nationalteams gegeneinander an. Meiko Haselhorst war vor Ort (11 Freunde).
Was für die Gurugú-Spieler wohl ein Traum bleiben wird, ist für Ousman Manneh, der vor einem Jahr noch in einer Flüchtlingsunterbringung lebte, zum Greifen nahe: Eine Profi-Fußballkarriere in Europa (Welt).
5. Ist es richtig, eine gigantische Sportveranstaltung an ein Land zu vergeben, dessen Regierung sich Demokratie und Menschenrechten nicht im gleichen Maße verpflichtet fühlt, wie „wir“ Westeuropäer? Dient solch ein symbolischer Ausschluss am Ende überhaupt Demokratie und Menschenrechten? Ist es besser, kritikwürdige Zustände via Sportevent ins Zentrum öffentlicher Aufmerksamkeit zu rücken? Obwohl ein guter Machthaber solche Veranstaltungen für sich zu nutzen weiß? Lisa Sonnabend jedenfalls hat einige Daten gesammelt und visualisiert, um der Frage nachzugehen, ob Turniervergaben an „undemokratische“ Nationen heute eher im Trend liegen, als in den vergangenen Jahrzehnten (SZ).
6. Wer jetzt noch nicht in eine Weltuntergangsstimmung verfallen ist, dem präsentiere ich: Ian King. Ian hat die Nase voll vom modernen Fußball. Was früher das „schöne Spiel“ war, ist für ihn zu einer dystopischen Vorhölle verkommen, Fans sind von omnipräsenten, soziopathischen Halbgöttern in Stutzen umgeben, die mittlerweile wichtiger sind, als Clubs und ihre Kultur. Während seiner unterhaltsamen Ereiferung vergisst er allerdings nicht, dass das Schimpfen auf vermeintlich egoistische Jungmillionäre bestenfalls eine Seite der Medaille ist (200%).
7. »David ist ein netter Junge, muss aber dringend an der Leserlichkeit seiner Schrift arbeiten!« Es ist Juli und im Juli gibt es in der Regel Kicker-Sonderhefte, Sonne – und Zeugnisse. Die meisten enthalten Noten, die der ganz Kleinen aber nur einige beurteilende Worte. Heinz Kamke, feingeistiger Pädagoge und VfB Fan, hat einer ganz bestimmten Jungenklasse seines Vertrauens einige wohlwollende Beurteilungen für die neue Saison Schulzeit mit auf den Weg gegeben. Der Vertikalpass unterrichtet an der selben Schule und fragt sich, was eigentlich der Jahrgang von 2007 gerade macht.
8. In der Fanszene des FC Saarbrücken brodelt es. Eine Fan-Initiative namens UNSERFC versucht, das aktuelle Präsidium gegen eigene Kandidaten auszutauschen. Ein kürzlich gestellter Antrag zur Einberufung einer außerordentlichen Mitgliederversammlung war jedoch an der erforderlichen Beteiligung gescheitert. Das FCSBlog hat sich die Konzepte der Opposition aus der Nähe angeschaut und versucht, eine erste Einschätzung zu ihrer Tauglichkeit abzugeben.
9. Der Fußball hat eine Vielzahl skurriler Persönlichkeiten hervorgebracht. José Luis Chilavert ist eine davon. Und eine streitbare noch dazu. Eben ein Torwart, der direkte Freistöße verwandelte, Politiker verdrosch und mit Jesus verglichen wurde. Stephan Reich nutzt den 50. Geburtstag Chilaverts für einen Rückblick (11 Freunde).
10. Für Schalke-Fans dürften Torsten und sein Königsblog eine Institution in der Weblandschaft sein. Da macht es Sinn, dass Torsten (mit tatkräftiger Unterstützung) das Treiben seines Lieblingsvereins künftig auch im Podcast-Format kommentiert und analysiert. Gerade ist die zweite Folge von „Glückauf Pils“ erschienen, in der es um die königsblaue Saisonvorbereitung geht.
11. Jay-Jay, die jüngere Hälfte der Wochenendrebellen sucht bekanntlich mit der Hilfe seines Papsis nach einem Lieblingsverein. Da die beiden sich bei ihrer Vermessung der Fußballwelt nicht allein auf die eigenen Stadionbesuche verlassen möchten, haben Blog-LeserInnen die Möglichkeit, Jay-Jay per Brief zu berichten, wie und warum sie zu Ihrem Herzensverein gekommen sind. Heute korrespondiert Maurus mit den beiden und erklärt, wie man vom Gladbach- zum Effzeh-Fan wird (Wochenendrebell).
Meist geklickter Link gestern
Gegen den Ball mit seiner Schalke Analyse anhand eines BVB-Vergleichs war auch gestern ganz oben.
Field Reporter
»Der Rasen ist die Grundlage des Fußballs, dort soll der Ball rollen. Wenn er [Tuchel] da mal ein Stück neu einsetzt, das jemand herausgegrätscht hat, dann ist das ganz normal. Manche Sachen werden eben derzeit auch überhöht, weil es schön plakativ ist.«
Auch Michael Zorc ist wohl der Auffassung, dass die Saison des BVB nicht früh genug beginnen kann. Und sei es nur, damit die Vorbereitungsberichterstattung ein Ende hat (Der Westen).
Mixed Zone
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