Tor 13: Zweite Liebe

Was macht ein Bayern-Fan in Bonn, der nicht jedes Wochenende zu den Heim- und Auswärtsspielen seines Lieblingsvereins fahren kann, Stadionatmosphäre aber nicht missen will? Er besucht mit einer gewonnenen Eintrittskarte den lokalen Sportverein.

Dass aus so einem geplant einmaligen Besuch eine jahrelange Leidenszeit werden kann, beschreibt Michael Bach hinter Tor 13 des „Fokus Fussball Adventskalenders“ als Fußballerlebnis des Jahres 2012.

12.03.2006
Mit einer gewonnenen Eintrittskarte führt der Weg zum ersten Mal zu einem Heimspiel des höchstklassigen ortsansässigen Vereins, in den Sportpark Nord zum Bonner SC. Zum Spitzenspiel gegen die die Tabelle anführende 2. Mannschaft von Borussia Mönchengladbach haben sich mehr als 2.000 Zuschauer eingefunden, die Atmosphäre gefällt auf Anhieb. Leider verläuft das Spiel aus Bonner Sicht einseitig in die falsche Richtung: Angeführt von einem überragenden Marvin Compper setzt die Borussia sich hochverdient und den Spielverlauf nur unzureichend widerspiegelnd mit 4:2 durch und leicht vorentscheidend in der Tabelle ab.

Andererseits, wann werde ich den Verein überhaupt nochmal anschauen und was interessiert mich das als Bayernfan, der nur ein wenig Wochenendunterhaltung im Wohnort sucht, überhaupt?

02.12.2012
Turbulente Jahre mit Amateurfußballtristesse, einem berauschenden Aufstiegsjahr mit anschließender ansprechender Regionalligasaison, der folgenden zweiten Insolvenz des Vereins, einem Jahr ohne erste Mannschaft und dem Neustart in der Landesliga liegen nicht nur hinter dem Bonner SC, sondern auch hinter mir.

Der runderneuerte Verein ist seit anderthalb Jahren nicht mehr auf (Mäzenaten-)Pump und Willkür gebaut, sondern wird von einer ehrenamtlichen Gruppe geführt, die als Team zusammenarbeitet. Die Mannschaft ist ehrlich sowie solide finanziert zusammengestellt und spielt zumindest ergebnistechnisch an der Ligaspitze mit. Der Zuschauerschnitt des nicht mehr klassenhöchsten Bonner Vereins liegt zwischen 400 und 500, weit höher als bei den anderen Vereinen der Region. Es lebt der Traum, wieder in eine Liga zurückzukehren, bei der weniger als die Hälfte der Auswärtsspiele mit der Stadt- oder Straßenbahn erreicht werden können. Und neben anderen „ Freunden & Fans* “ steht auch mein Name auf der Trikotbrust.

Deshalb führt der Weg an diesem Tag wieder in den Sportpark Nord, es ist längst lieb gewonnene, 14tägige Routine geworden. Dass es wieder ein Spiel Tabellenzweiter gegen Tabellenerster gibt, ist dagegen ein neues Erlebnis mit dem „neuen“ Bonner SC. Spitzenreiter ist der SSV Merten, kein Unbekannter seit einem grotesken 4:5 zur letztjährigen Saisoneröffnung und einem 3:1 im lokalen Pokal vor einigen Wochen.

Obwohl weit und breit kein Compper zu sehen ist, wandern die Gedanken in den März vor sechs Jahren zurück… Wo ist die defensive Ordnung? Was sind das für plumpe Fehlpässe? Waaaah, warum geht der verdammte Ball an die Latte?!? Oh Gott, diese Stockfehler! Wie kann Merten sich nur erdreisten, eine konsequent durchgezogene Spielanlage zu haben? Aber immerhin, der Einsatz stimmt. Das hat er schon oft. 2:4. Sechs Punkte.

Aber es ist nicht mehr 2006. Mir ist es nicht mehr egal, welche Worte der Trainer in der Analyse wählt. Es freut mich, dass die verschiedenen Fangruppen, die sich nicht unbedingt grün sind, Einigkeit für den Verein gezeigt haben. Und ich weiß, dass ich beim nächsten Heimspiel wieder da bin. Als Bayern- und Bonner SC-Fan.

* Weil sich vor der Saison kein Sponsor fand, der einen angemessenen Betrag für die Trikotbrust zahlen wollte, wurden insgesamt 304 Felder zu je 10 Stellen für 33€ (Normaldruck) bzw. 55€ (Fettdruck), die um den Schriftzug „Freunde & Fans“ gruppiert sind, verkauft, so dass die „normalen“ Vereinsunterstützer (inklusive des #tkss) in der Saison 12/13 als (ein) Hauptsponsor fungieren.

Veröffentlicht von

Aufgewachsen im schönen Schaumburger Land. Liebt den Sport und schätzt den Großteil seiner Kultur. Lebt als Hörfunkjournalist mit angeschlossenen Blogs in Köln. Google+.

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