#Link11: Ruhe vor dem Sturm?

Saisonendspurt – das ist eine gesunde Mischung aus Schwelgereien in den Erinnerungen vergangener Spielzeiten… und blankem Chaos. Diesem Strickmuster folgt auch die heutige Link11. Während sich Verantwortliche der Bayern und des FC Schalke gegenseitig an die Gurgel gehen, scheint beim Rest der Liga entspannte Gleichgültigkeit zu herrschen. Selbst bei HSV und VfB zeigt das Stimmungsbarometer wieder moderat nach oben. Jan Böhmermann und Raphael Honigstein lockern das Geschehen mit Anekdötchen aus dem Krieg (noch weiter) auf. Genießen wir also die trügerische Ruhe, bevor der nächste Trainer entlassen, Transfer bekannt gegeben oder Spieler vom Platz gestellt wird.

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1. Die Saison des FC Bayern ist frühzeitig beendet. Die Erwartungen konnten Guardiola und sein Star-Ensemble nicht erfüllen. Dass das nicht nur am Star-Ensemble, sondern auch an den Erwartungen liegt, erklärt Mia San Rot. Für Peter Unfried ist die Überhöhung des FC Bayern verständlich, hat der Verein doch den omnipotenten Supertrainer der Gegenwart in seinen Reihen. Den Mann, der den Code des Fußballs schreibt, wie ein allwissender Programmierer. Von einem Bug, wie der Niederlage gegen Barcelona, sollte man sich dabei nicht ablenken lassen (taz). Programmierfehler sieht auch Franz Beckenbauer (FAZ).

2. Beim FC Schalke droht wieder einmal der System-Neustart. Nach der katastrophalen Leistung gegen den FC Köln drohte Horst Heldt seinen Spielern gar mit dem Rauswurf (Welt). Tatsächlich könnte der aktuelle Krach dem Schalker Manager sogar bei zukünftigen Entscheidungen helfen. Im Sommer steht bei den Knappen ein großer Umbruch ins Haus (WDR). Den hinterfragen wiederum die Ruhrbarone. Schließlich entstand bereits der aktuelle Kader unter Horst Heldt. Mit seinem Wutausbruch versuche dieser auch, von eigenen Fehlern abzulenken. Tobias hinterfragt dagegen für 11 Freunde den Schalker Trainer. 

3. Der HSV lebt! Und könnte dennoch Opfer seiner Altersschwäche werden, schreibt Oliver Fritsch. Der Mannschaftskern habe seinen Zenit längst überschritten. In diesem Jahr könne jedoch nichts mehr passieren. Wer so viel Dusel habe, steige auch nicht ab (Zeit). Wie sich Abstiegskampf für einen Fußballfan anfühlt, illustriert der Sitzplatzultra in seinem Liveticker der Partie des SC Freiburg gegen den HSV. 

4. Für den Akademikerfanclub ist der Saisonendspurt der TSG Hoffenheim eine kräfteraubende Angelegenheit. Vom turbulenten Spiel in Frankfurt verwirrt, versucht man nun seine Gedanken zu ordnen. Irgendwo zwischen Wilhelm Busch und dem Euro-Austritt Griechenlands kommt schließlich die Erkenntnis: Die TSG ist raus aus dem Euro League Rennen. Oder vielleicht auch nicht.

5. Jan Böhmermann mag nicht (hauptsächlich) für seine Fußballkenntnisse bekannt sein, der Hooliganismus liegt ihm aber dennoch im Blut. Von einer Radioreportage, die zum Stadionsturm wurde (Facebook).

6. Auch Journalist Raphael Honigstein ist sich nicht zu schade, mal selbst die Blutgrätsche auszupacken. Erst recht nicht, wenn José Mourinho und Avram Grant im gegnerischen Team spielen. Für Sport1 erinnert er sich an die Partie und die lockere Stimmung zwischen Mourinho und Chelsea-Eigentümer Roman Abramowitsch. Damals, 2 Monate bevor Mourinho entlassen wurde. An seinem pragmatisch-zähen Fußball, dem damaligen Streitpunkt mit Abramowitsch, hat er seither wenig verändert.

7. Fußball sei mehr als eine Frage von Leben und Tod, hat Bill Shankly einst angeblich gesagt. Dass zumindest ersteres manchmal der Fall ist, beweist die (Horror-)Geschichte von Mwepu Ilunga. Der vor allem für einen komödiantisch anmutenden Moment während der WM ’74 bekannte Kongolese war als Sportler eines der Lieblingsspielzeuge von Diktator Joseph Mobuto. Zumindest eine Zeit lang (11 Freunde).

8. Wegen einer Niederlage gegen den VfL Bochum ist der Aufstieg des FC Ingolstadt vorerst vertagt. Macht nichts! Spielverlagerung analysiert schon einmal die Pressingkultur beim künftigen Erstligisten. Udo Muras dagegen runzelt die Stirn. Noch ein aufgemotzter Provinzklub, der beinahe ohne Fans in die erste Liga vorrückt? „Spitzenspiele“ zwischen Hoffenheim und Ingolstadt, während VfB und/oder HSV in der zweiten Liga spielen? Doch gemach! Die Bundesliga erfreut sich eines rekordverdächtigen Zuschauerschnitts und Tradition… die kann man erwerben (Welt).

9.

„Fußball ist für das Management zu 80 % planbar.“

Das sagt zumindest Max Eberl. Ob Didi Beiersdorfer das genau so empfindet, sei mal dahingestellt. Die Bundesligatabelle jedoch scheint Eberl Recht zu geben: Auf den Rängen 2-6 hat sich hinter dem allmächtigen FC Bayern eine neue, stabile Oberschicht formiert (SZ). Diese versucht nun, ihre Position in der Nahrungskette so weit wie möglich zu festigen – ehe der Aufstieg von RB Leipzig die Karten wieder neu mischt.

10. Der österreichische Fußball findet aus europäischer Sicht beinahe unter Ausschluss der Öffentlichkeit statt. Dabei schreibt er dieselben spannenden Geschichten um Aufstieg und Fall von Traditionsclubs, legendäre Trainerpersönlichkeiten und Mäzene, wie z. B. die Bundesliga. Wenn auch in einem (derzeit) etwas kleineren Rahmen. Marco Stein interessiert das nicht – er arbeitet die bewegte (jüngere) Vergangenheit der österreichischen Bundesliga in einer neuen Blog-Serie auf (120 Minuten).

11. Aus Borussia Dortmund wird in diesem Jahr niemand mehr schlau. Seit der Bekanntgabe von Jürgen Klopps Rücktritt scheint der BVB plötzlich nicht mehr verlieren zu können. Hätte Klopp das doch früher gewusst (Sportschau & Welt)! Schwatzgelb-Autor Daniel Regnery versucht, 9 brauchbare Thesen über das Spiel des BVB aus dessen Duell mit Hertha BSC abzuleiten.

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Meilenweit: Der Abstauber mit einem Umbruch bei Bayern München

Bandenwerbung
Collinas Erben berichten von bedrohten Schiedsrichtern im Amateurfußball, unser Autor Ruben rezensiert ein Buch über die Leiden eines nordamerikanischen Fußballfans in den 80ern.

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Mit Mutti ins Stadion: Ajax‘ Spieler verbinden Spiel- und Muttertag (Falsche 9)   + + + Hannover: 96s Unterstützer mit neuer Fanvertretung (Rotekurve) + + + Abstiegskampf der Anderen: Der Rasenfunk zum 32. Spieltag + + + de Bruyne: Der nächste Mega-Transfer? Der Abstauber analysiert + + + Rostock: Hansa ist in Not (Spiegel) + + + Analyse: Die Stehplatzhelden ziehen 6 Lehren aus Spieltag Nr. 32  + + + U-17: Spielverlagerung mit einem Scouting-Report zu Johannes Eggstein + + + Regionalliga: 4 Clubs erhalten keine Lizenz + + +  U-21: Ard und ZDF übertragen die kommende Europameisterschaft (DFB) + + +  London: Wenn der Bürgermeister die Kopf-Blutgrätschte auspackt (Squawka) + + + Dresden: Christian Fiel beendet seine Karriere (Dynamo)

Kabinenpredigt: The Soccer Diaries – An American’s Thirty-Year Pursuit of the International Game

Ein in New York geborener Italo-Amerikaner entdeckt in jungen Jahren den Fussball für sich. In den 80er Jahren ist er damit im Land von Eishockey, Base-, Foot- und Basketball jedoch eher die Ausnahme denn die Regel. Trotzdem lässt ihn der Sport nicht los. Nur: So ganz greifbar wird seine Faszination für den Leser nicht.

Zugegeben, ich bin skeptisch, wenn schon im Buchtitel „Soccer“ steht. Obwohl mir durchaus bewusst ist, dass das Wort eigentlich keine amerikanische Erfindung ist, sondern vom englischen „Association“ stammt. Und obwohl ich mir bewusst bin, dass die Vorbehalte gegenüber dem amerikanischen Fussball bloß auf Vorurteile gründen. Ich war noch nie dort. Zumindest nicht beim Fußball. Auch deshalb wollte ich mir dieses Buch zu Gemüte führen, in dem ein in New York geborener Italo-Amerikaner die Liebe zum Fussball entdeckt, diese aber über viele Jahre kaum mit jemandem teilen kann, und trotzdem Fan bleibt. Eine Geschichte eines Fans, ähnlich wie Fever Pitch. Nur nicht so gut.

Der junge Michael J. Agovino wird eher zufällig auf Fussball aufmerksam. In seiner New Yorker Wohnung empfängt er ein paar spanischsprachige Sender, die ab und an Fussballspiele übertragen. Und in New York wird ein Legendenspiel ausgetragen, das er dank seines Vaters besuchen kann. Die ersten Kapitel sind geprägt von Geschichten, wie der junge Knabe alles verschlingt, was einen Fussballbezug aufweist. Und wenn es französischsprachige Magazine sind, die er in den Frankreichferien der Familie ersteht, obwohl er der Sprache nicht mächtig ist. Agovino wird älter und mit ihm wächst auch der Fußball in den USA zu einem immer beliebteren und ernstzunehmenderen Sport heran. Was dem Buch fehlt, sind Beschreibungen der Faszination Fußball, die im Gedächtnis haften bleiben. Was Nick Hornby in Fever Pitch geschafft hat, schafft Agovino leider nicht. Vielmehr fragt man sich nach der Lektüre, wie er jedes Datum – das Buch ist wie ein Tagebuch aufgebaut – genau wissen kann, im Text aber gefühlt auf jeder zweite ein Sachverhalt ungenau beziehungsweise mit einem „Das weiss ich nicht mehr so genau“ beschrieben wird.

Immerhin kann sich Agovino zu einigen klaren Haltungen durchringen, die durchaus kontrovers sind. Er kritisiert Red Bull Salzburg, weil der Getränkekonzern hier einen traditionsreichen Klub übernommen habe. Da diese Tradition den Vereinen der amerikanischen Major Soccer League sowieso fehle, darfs dort aber genau gleich zu und hergehen wie in Salzburg. Auch gegen die Vergabe der Weltmeisterschaften 2018 und 2022 an Russland und Katar hat er keine großen Einwände.

Am wertvollsten ist das Buch eigentlich dort, wo es gar nicht beabsichtigt, große Geschichten zu erzählen. Agovino erzählt nämlich auch die Geschichte einer Familie in der New Yorker Bronx, die sich nicht alles leisten kann, die durch zwielichtige Gegenden zu Fußballspielen reisen muss, die aber für die Verhältnisse anderer Familien der Bronx ganz gut dasteht und sich sogar Ferien leisten kann. Und Agovino offenbart auch die Anspruchshaltung, die man US-Amerikanern manchmal zuschreibt, die ganze Welt hätte nach ihrer Zeitrechnung zu funktionieren. Dass an 9/11 in Europa Fußball gespielt wurde, erachtet er als skandalös. Natürlich darf da auch Kritik an England nicht fehlen, dem Mutterland des Fussballs und eigentlich auch der USA, auch wenn diese subtil erfolgt. Anlässlich eines England-Aufenthalts schreibt Agovino: „I wanted a local lager, but they didn’t have any.“ Diese Kritik zumindest kann man Agovino nicht verübeln.

Cover Soccer Diaries

Copyright: Nebraska Press

Titel: The Soccer Diaries – An American’s Thirty-Year Pursuit of the International Game
Autor: Michael J. Agovino
Typ: Autobiographisches Fussballbuch
Preis: 30.90 CHF / $26.95
Seiten: 312
Infos: http://www.nebraskapress.unl.edu/product/Soccer-Diaries,675899.aspx
Empfehlenswert für: Alle, die sich für die Lebensgeschichte eines in den USA geborenen Italieners interessieren, der sich im Land von Base-, Foot- und Basketball für den Fußball begeistert.

#Link11: Es ist doch nur Fussball

Guten Tag, liebe Fußballfreundinnen und -freunde. Auch heute wieder dominiert die Münchener Niederlage in Barcelona die #Link11. Für alle, die sich fragen, was die Überschrift soll, verweise ich auf Punkt 3. Viel Spaß.

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1. Die Bayern-Niederlage hallt noch immer nach. Andreas Lehner (Spox) sieht den übergroßen Schatten von Jupp Heynckes als Problem für Guardiola. Klaus Hoeltzenbein (Süddeutsche) stellt die Frage, ob die Münchener Ansprüche nicht einfach einen Tick zu hoch sind. Lars Wallrodt (Welt Online) meint, die Bayern hätten gegen Barca ein Wunder gebraucht – doch für ebenjene Wunder sei Guardiola geholt worden. Elisabeth Schlammerl (Tagesspiegel) sieht in der Aufgeregtheit des Trainers und seinen ständigen Systemwechseln ein Problem. Jan Christian Müller (Frankfurter Rundschau) sieht Anzeichen für einen Bruch zwischen Mannschaft und Trainer. Stefan Osterhaus (NZZ) fragt sich, warum niemand in den Medien Guardiola kritisiert (was sich nach dieser Ansammlung an Guardiola-kritischen Texten ein wenig seltsam liest).

2. Was passiert kommende Saison bei den Bayern? Der Abstauber überlegt schon einmal, wie ein möglicher Umbruch im Sommer aussehen könnte.

3. OK, jetzt muss ich doch einmal meinen Senf abgeben. Welcher Hobbyfußballer kennt das nicht? Man hat gerade 1:4 im Derby gegen das Nachbardorf verloren. Dort spielt ein guter Kumpel, den man länger nicht mehr gesehen hat. Man gesellt sich zu seinem Freund, zischt mit ihm ein Bierchen und hat die Niederlage schnell vergessen. Mario Götze ist etwas Ähnliches vorgefallen (nur, natürlich, ohne das Bierchen): Er hat nach der Barca-Niederlage mit ter Stegen rumgeflachst – und die Fans sind auf seiner Facebook-Pinnwand durchgedreht. Am Ende hat er sich sogar entschuldigt, schreibt die tz München. Aber wofür? Es ist Fußball, verdammt nochmal, und kein Staatsbegräbnis erster Klasse. Wenn ter Stegen einen guten Witz erzählt, lasst den Mann doch lachen.

4. Genug von den Bayern. Wat is‘ los auf Schalke? Dieser Frage geht Torsten Wieland (Königsblog) nach. DerWesten erklärt, wieso Schalker und Dortmunder Spieler aktuell auch um einen verlängerten Sommerurlaub spielen. Indes wird Gerald Asamoah seine Karriere im November mit einem Abschiedsspiel krönen und beenden (s. Reviersport).

5. Doppelinterviews haben oftmals eine größere Dynamik als Einzelinterviews. So auch in diesem Fall: RP-Online lud Rudi Völler und Max Eberl in die Redaktionsstuben ein, um vor dem Topspiel Gladbach gegen Leverkusen über die Zukunft beider Vereine zu sprechen.

6. Die spanische Liga wird gerne als Zwei-Verein-Affäre abgetan. Dass die Qualität dahinter auch recht hoch ist, zeigt sich Jahr für Jahr in der Europa League. Der FC Sevilla steht erneut vor dem Finaleinzug nach einem 3:0 gegen Florenz (s. FAZ). Napoli und Dnjepr Dnjepropetrowsk trennten sich 1:1.

7. Passend zu Punkt 6 hat Schwatzgelb einen Reisebericht veröffentlicht. Autor PatBorm schaute sich verschiedene Fußballspiele in Andalusien an. Er erklärt unter anderem, dass im spanischen Abstiegskampf das Spielerische, nicht das Kämpferische dominiert.

8. Die Bundesliga ist spannend wie nie. Gleich drei Teams haben die Chance auf die Meisterschaft. Die Rede ist natürlich von den Frauen. Hier kämpfen am Wochenende der VfL Wolfsburg, Bayern München und der 1. FFC Frankfurt um den Titel. Die Sportschau blickt voraus auf ein Wochenende der Superlative (ja, diese Bezeichnung ist gerechtfertigt! Schaut es euch einfach an).

9. Wie kommen die Fans am Wochenende eigentlich zum Spiel? Der Lokführer-Streik schwebt über dem Fußballwochenende. Ralf Lorenzen (ZDF Sport) berichtet aus den Vereinen und liefert ein paar praktische Tipps.

10. Die 11Freunde haben mal wieder Verrücktes aus der Fußballwelt ausgegraben: Ein tschechischer Klub lässt seine Spieler zum Lügendetektor-Test antreten. Der Grund: Der Verein vermutet, die Spieler manipulieren die Duelle der eigenen Mannschaft. Klingt zunächst lustig, ist in Zeiten von Wettmafia und -manipulation aber ein ernstes Thema.

11. Eine gute Nachricht für alle Sammelfreaks: Auch diesen Sommer kann man seine Zeit und sein Geld mit Panini-Stickern verschwenden (für dieses Verb werde ich noch Ärger bekommen vom Fokus-Fußball-Panini-Sticker-Rat). Es wird nämlich Sammelbildchen zur Frauen-WM geben, schreibt Fooneo (via re:fussball).

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Halbangst führt weiter die Charts an.

Mixed Zone
Wachstumsmarkt: Der asiatische Fußballverband will künftig mehr Einfluss auf den Weltfußball ausüben, sagt dessen neuer Vorsitzender (s. ESPN). + + + Postmoderne Endlosschleife: Trainer Baade zitiert uns. Wir zitieren Trainer Baade, wie er uns zitiert. Mal schauen, wie es weitergeht. + + + Streik: Der spanische Verband droht der spanischen Liga mit Streik. Klingt komisch, ist aber so. Wie immer geht es ums liebe (TV-)Geld (s. Spiegel Online). + + + Neue Polizeitaktik: Vor dem Duell Köln gegen Schalke warnt die Polizei mit Flugblättern vor möglichen Randalierern. Effzeh.com und Kölner Verantwortliche befremdet dieses Vorgehen.

#Link11: Das Ding ist durch

Am Montag hieß es an dieser Stelle »Das Ding ist noch nicht durch«. Es stellte sich heraus: Das war voreilig. Barcelona belehrte uns mit dem 3:0 gegen Bayern eines Besseren. Außerdem: Smalltalk, Fernsehgelder, Abstiegskampf, 16-jährige Bälger, Leipzig, Bayern, Israel und Palästina.

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1. Stefan Osterhaus (NZZ) sah in der letzten Viertelstunde kollabierende Münchner, die an einem übermächtigen Gegner scheiterten:

Barça war meist einen Schritt voraus, gedankenschneller, elanvoller, gefährlicher, aggressiver. Ein Team, das keinem Schema gehorcht, sondern im Angriff mit enorm viel Intuition agiert. Es war war eben nicht das Barça, das Pep Guardiola kennt, das Barça, dessen Architekt er gewesen war, sondern eine Mannschaft, die in guten Augenblicken ihr anarchisches Element zelebriert – und ihre Gegner geradezu zu Zuschauern degradiert.

Im Spielbericht der ZEIT dagegen soll mit dem Ergebnis nebenbei einmal mehr die Schwäche der Bundesliga belegt werden, als hätten die Bayern in den letzten drei Monaten nicht auch gegen Wolfsburg, Gladbach, Dortmund und Leverkusen verloren. Tobias Escher hat für 11 Freunde einige unkomplizierte Beobachtungen zu Taktik und Formation aufgeschrieben, ordnet die aber der Leistung des »Außerirdischen« Lionel Messi unter. Auch Rene Maric (Spielverlagerung) fasst sich in seiner Taktikanalyse recht kurz.

2. Dirk Gieselmann (11 Freunde) hat einen überhöhenden Spiegel-Artikel über Guardiola gelesen und sucht den Boden der Tatsachen. Er vergleicht Pep erst einmal mit Winnie Schäfer und atmet tief durch. Bei 8bitfootball ist Messis 1:0 künstlerisch umgesetzt worden, der Bleacher Report schwärmt von seinem zweiten Treffer. Noch bevor Barcelona die Führung verdreifachte, erinnerte Béla Réthy an die goldene Regel »Müller spielt immer«.

3. Die dpa hat die Bankettrede Karl-Heinz Rummenigges festgehalten. Er und die anderen heißen Bayern München und lamentieren nicht. Sie müssen sich ob des wahrscheinlichen Ausscheidens gegen Barcelona nicht grämen – auch andere große Teams wie der 1. FC Kaiserslautern 1991 sind an ihnen schon gescheitert (11Freunde).

4. Die Lage und Ergebnisse des FC Bayern werden zuallermindest in den nächsten Tagen Millionen Deutschen unverfänglichen Gesprächsstoff bieten. Der »Fußball als kommunikatives Gleitmittel für nahezu jede Interaktion« erschließt sich aber nicht allen. Felix Zwinzscher (Welt) über Fußball im Smalltalk, winzige Scheindiskussionen und oberflächliche Verbundenheit.

5. In jeder Scheindiskussion gern gesehen sind beeindruckende Zahlen. Die ZEIT hat einige Datensätze der vier Champions-League-Halbfinalisten visualisiert und sich an deren Analyse versucht.

6. Ein Sommerlochthema für dieses Jahr scheint gefunden: Daniel Theweleit (Deutschlandfunk) über die Veränderungswünsche bei der Verteilung der Fernsehgelder in der Bundesliga. In Spanien sorgen Unstimmigkeiten über die Fernsehgelder für die Drohung, den Spielbetrieb diese Saison vorzeitig einzustellen (SpOn).

7.

Sehen wir den Tatsachen also ins Auge: Der VfB ist fällig. Kein Glück, kein Können, kein Karma.

Der Vertikalpass schreibt über die aktuelle Stuttgarter Lage im Abstiegskampf: »Alles Kopfsache«.

8. In Bulgarien hat gestern die Europameisterschaft der U17-Junioren begonnen. Das deutsche Nationalteam unter Trainer Christian Wück schlug Belgien mit 2:0. Im Worum-Blog wird der Blick auf die Nummern 9 und 10 der deutschen Mannschaft gerichtet, die beide in der Jugend von Werder Bremen aktiv sind: Johannes Eggestein und Niklas Schmidt.

9. Im Endspurt der zweiten Liga konfrontiert der Rotebrauseblogger die Erwartungen und Behauptungen nach dem Trainerwechsel in Leipzig mit den korrespondierenden nackten Zahlen.

10. Der palästinensische Fußballverband hat einen Antrag zum Ausschluss des israelischen Fußballverbandes aus der FIFA auf die Tagesordnung des FIFA-Kongresses Ende Mai gebracht. Martin Krauß (taz) stellt die Lage vor und blickt ein wenig auf die Geschichte des israelischen Verbandes zurück.

11. Das NDR-Medienmagazin »ZAPP« hat sich in Text und Filmbeitrag des Streites um die Übertragungsrechte bei Amateurfußballspielen in Bayern angenommen.

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Halbangst – »Der wahre Pokerbluff«

Field Reporter

Jeder Spieler hat seine Körpersprache, sie darf aber nicht negativ sein. Es ging zwar nicht gegen die Mitspieler oder die Mannschaft, sah aber so aus. Ich habe deshalb, als ich zu Leverkusen zurückkehrte, mit einem Sportpsychologen daran gearbeitet. Das hat mir die Augen geöffnet. Ich bin jetzt ein anderer Eren Derdiyok.

Ein Redakteur der Basler Zeitung quält sich durch Istanbul, um den früheren Leverkusener und Hoffenheimer Bundesligaprofi zu treffen.

Mixed Zone
Hamburg: Uwe Seeler macht sich Sorgen + + + Paderborn: Der SCP im Stop-Motion-Lego-Video (Ostwestfale im Rheinland) + + + Soldiner Eck: Dembowski + + + Mainz: Danny Latza kommt (Twitter) + + + Düsseldorf: Die Ultas beenden die Saison aufgrund der Rückrundenleistungen der Mannschaft vorzeitig (Faszination Fankurve) + + + Turin: »Can Juventus Save Italian Soccer?« (The New Yorker) + + + Mainz: Heinz Müllers Klage erlaubt einen Einblick in Grundgehalt und Prämien eines Bundesligatorhüters (FAZ) + + + Unterföhring: Unicum über die Jobs bei Opta + + + Rostock: Die Kogge soll ausgegliedert und von Investoren übernommen werden (NDR) + + + Santos: ESPN über einen möglichen neuen Neymar, Gabriel Barbosa + + + Fortaleza: Randale im WM-Stadion (Welt) + + + München: Fussball gegen Nazis über die Einstufung von »Nazis raus«-Rufen bei 1860 als linksextremen Vorfall + + +

#Link11: Alpha-Männchen unter sich

Die heutige Link11 wartet mit großen Namen und zum Teil noch größeren Egos auf. Es geht um Ronaldo, Buffon, Götze, Guardiola, Kruse, Pirlo… Jan-Philipp Kalla. Mit Kommentaren zur Lage der Fußballnation von Fritsch und Eilenberger. Mehr Elefantenrunde geht wohl nicht. Die Situationen der Genannten könnten dabei kaum unterschiedlicher sein. Von aalglatten Superprofis, vermeintlichen Kultfiguren und natürlich: Philosophen.

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1. Juve ist endgültig zurück auf der großen Bühne. Dank einer konfusen Real-Offensive und der geschickten Nutzung brachliegender Räume entschied die alte Dame gestern Abend das vermeintlich ungleiche Hinspiel-Duell für sich. Auffällig war dabei, dass Juve beinahe ausschließlich die rechte Platzhälfte bespielte. Martin Rafelt erklärt, das habe daran gelegen, dass Juve in Cristiano Ronaldo einen taktischen Schwachpunkt Real Madrids ausmachte (Spielverlagerung).

2. Wenden wir uns nun den wahrlich schönen und wichtigen Themen im Fußballgeschäft zu. Die Rede ist natürlich von Andrea Pirlo. Dem hippen Italiener fliegen alle Herzen zu. Alex Raack versucht zwischen Anflügen von Schwärmerei zu erklären, warum Juves Spielmacher der wohl beliebteste Fußballer der Welt ist (11 Freunde). Sandro Zappella portraitiert den „Spieler aller Spieler“ und seine besondere Beziehung zum Halbfinalgegner Real Madrid (Watson). Marcus Bark ist der Hype um Pirlo fast schon ein bisschen unheimlich (Sportschau).

3. Das heutige Spiel der Bayern gegen Barcelona weitet sich bereits im Vorfeld zu einer Art Kommentar- und Prognosengipfel aus. Das Team, das erst im Viertelfinale den FC Porto zerlegte, wird dabei fast obligatorisch zum Außenseiter erklärt, die Partie zum „Schicksalsspiel“ für Pep Guardiola. René Maric sieht die Sache aus einem analytischeren Blickwinkel und reduziert das Duell auf 5 Kernfragen, die es (wie üblich) auf dem Platz zu beantworten gilt (Spielverlagerung).

Sekte oder Selters? „Fußball-Philosoph“ Wolfram Eilenberger rät den Bayern jedenfalls, ausgerechnet „Guru“ Jürgen Klopp zu kopieren (Zeit). Lionel Messi hält derweil schon frühzeitig fest: Sollte Bayern scheitern, werden Verletzungen nicht als Ausrede durchgehen (Spiegel).

Thomas Müller bringt sich zwischenzeitlich mit respektvollen Kommentaren über den Kontrahenten in Stimmung.

4. Ein Sonderrolle im Bayernkader nimmt derzeit der vielkritisierte Mario Götze ein. Die Verletzungen etablierter Spieler seien eigentlich seine Chance gewesen, mahnt Dietmar Hamann. Und vergleicht Götze, der einfach nicht nach München passe, mit Andreas Herzog (Spiegel). Thomas Hummel ist dagegen Götzes verschwiegene Art der medialen Konfliktbewältigung suspekt (SZ). Der Jungstar sei „unnahbar wie ein FIFA-Funktionär“.

5. Mit Max Kruse und Christoph Kramer verlassen Borussia Mönchengladbach – wieder einmal – zwei Schlüsselspieler. Eine für die „Fohlen“ altbekannte Situation, die der Verein bislang immer mit Bravour meisterte (SZ). Manuel Felipe Breuer glaubt, Kruses Verkauf könnte sich gar als genialer Poker-Bluff Max Eberls herausstellen (Halbangst).

6. Einlauf- und Tormelodien folgen einer ganz eigenen Psychologie. Das glaubt zumindest Trainer Baade und analysiert die musikalische Untermalung von Heimspielen am Bökelberg.

7. Ihrer eigenen Psychologie folgen auch Spiele der E-Jugend Amateurliga. Zumindest manchmal. Ein neues Fairplay-Programm des DFB soll nun aggressive Eltern vom Spielfeldrand fern halten (WDR). Keine Pointe.

8. Der moderne Profisport wäre ohne komplexe Regelwerke und die dahinterstehende Sport-Gesetzgebung nicht, was er ist. Immer häufiger jedoch werden die Gesetze und Urteile von FIFA oder CAS von „weltlichen“ Gerichten auf den Prüfstand gestellt. Zuletzt nicht selten mit unbefriedigendem Ausgang für die Sportwelt. Das verwundert nicht, pflegen viele Verbände doch eine recht schlampige Rechtskultur und haben zweifelhafte Definitionen des Wortes „unabhängig“. Der Vertrauensverlust in die Gesetze des Sports sei ein weiteres Indiz für seine Glaubwürdigkeitskrise, schreibt Oliver Fritsch (Zeit).

9. Apropos FIFA. Der Fußballweltverband um Sonnenkönig Blatter hat gestern Stellung zu der von der ARD ausgestrahlten Dokumentation „Der verkaufte Fußball“ genommen (11 Freunde). Das Wort „Bashing“ fällt. Auf sonstige Nachfragen reagierte Blatter himself kürzlich wie folgt.

10. 7 Punkte bis zur EuroLeague, 6 Punkte bis zum Relegationsplatz. Auf den ersten Blick sieht Eintracht Frankfurts Saison ziemlich „mittel“ aus. Auf den zweiten, schreibt Björn Wisker, verlief sie dagegen richtig besch…eiden. 60 Gegentore, keine erkennbare sportliche Entwicklung und ein Kader, der Rätsel aufgibt. Kritik? Trotzdem unerwünscht (Eintracht-Inside).

11. Der FC Chelsea ist mit 13 Punkten Vorsprung bereits englischer Meister. Bayern mit 14 deutscher Meister. Juventus liegt stattliche 15 Punkte in Front. RB Salzburg 10. Der FC Basel 11. Und so weiter. Es sind grausame Zeiten für all jene, die Fußball wegen der Spannung und dem Versprechen mögen, dass die gesellschaftlichen Verhältnisse, die allzu oft in ihn hineinprojiziert werden, im Stadion binnen Augenblicken auf den Kopf gestellt werden können. Dafür sei der Sport längst zu groß, schreibt Christian Eichler. Seine ökonomische Berechenbarkeit habe das Geschehen auf dem Platz erreicht. Dabei seien wirtschaftliche Sicherheit und ein breiter Wettbewerb – siehe USA –  keine Gegensätze (FAZ).

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Der Bildblog mit dem wohl peinlichsten Transfer“gerücht“ des Jahres

Field Reporter

„Ich habe keine Ahnung, was Cristiano über den Fußball denkt. Mir scheint es, als ginge es ihm allein um seine persönliche Karriere. Darum, Rekorde zu brechen. Ich weiß, dass er es liebt zu spielen. Aber ich bin mir nicht so sicher, ob er den Fußball um seiner selbst willen liebt.“

Schriftsteller Javier Marias ist glühender Real Madrid Fan, aber kein Freund von CR7, dem FC Bayern, Mourinho oder dem „Hobbit“ Lionel Messi. Ein Interview, wie gemacht für Fußballnostalgiker (11 Freunde).

Mixed Zone
Nur fürs Gewissen: Die DFB Flüchtlingshilfe in der Kritik (FAZ) + + + Dortmund: 19 Gründe, warum BVB Liebling Götze unbedingt zurück in die Heimat muss (Schwatzgelb) + + + Hamburg: „Schnecke“ Kalla bleibt beim FC St. Pauli (Facebook) + + + Turin: Gigi Buffons letzte Schlacht (These Football Times) + + + Wien: Wenn das Maskottchen mal richtig hacke ist… (Bleacher Report) + + + Tschechien: Club will Spieler an Lügendetektor anschließen (Mopo)  + + + New York: Fankultur in ihrer Entstehungsphase, beim NYC FC (Twitter) + + + Rangliste: Gegen den Ball kürt die 20 besten Clubs in Europa + + + Tragödie: Fankrawalle in Polen fordern ein Todesopfer (RP Online) + + + Braucht eure Unterstützung: Der Old International + + + Köln: Anthony Ujah wechselt zu Werder Bremen (Effzeh) + + + Newcastle: Priester hetzt Gott gegen Vereinsboss auf (Chronicle) + + + Dortmund: Drei große BVB Talente im Interview bei den Ruhr-Nachrichten

#Link11: Unter der Oberfläche

In Italien, England und Deutschland ist die Meisterschaft entschieden. Es bleibt die Champions League. Und der Blick nach unten. In den Bundesliga-Abstiegskampf und auf interessante Aufsteiger, die in Zukunft den Fußball bereichern könnten. Rührt man im Bodensatz, erkennt man, noch unter sich selbst in die Welt setzenden Transfergerüchten, die Fifa-Granden, wie sie sich munter weiter gegenseitig beweihräuchern und versuchen, jegliche Kritik abzubügeln. Dies und mehr in der Link11.

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1. Turin – Madrid steht heute auf dem Programm. Einen generellen Aufwärtstrend bei den italienischen Klubs, die im Europapokal drei Halbfinalisten stellen, hat die taz ausgemacht. Juventus Weiterkommen verhindern soll Sergio Ramos, der in seiner neuen Rolle im Mittelfeld Real Kompaktheit verleiht und Kreativität nimmt (NZZ). Die Aussagen von Juve-Trainer Allegri sammelt der kicker.

2. Große Ereignisse werfen ihre Schatten voraus. Natürlich ist (nicht nur hierzulande) das 2. Halbfinale zwischen Bayern und Barcelona die attraktivere Partie. Kurz und knapp macht es die SZ: Lewandowski kann vermutlich spielen und ansonsten waren den Protagonisten nur Allgemeinplätze zu entlocken. Es geht aber auch ausführlich: wiederum die SZ mit einem Stück zu Trainer-Ausbilder Mariano Moreno, der sowohl Guardiola als auch Barca-Trainer Enrique betreute. Richtig ausführlich macht es miasanrot: 5 Fragen zum Spiel, beantwortet u.a. von René Maric, Martin Rafelt und dem katalanischen Journalisten Isaac Lluch.

3. Der Abstieg ist nicht das Ende, meint Oskar Beck in seiner Kolumne bei der Welt, meldet den Wasserstand bei den Kandidaten und erinnert, nicht ganz ernstgemeint, an den heilsamen Stuttgarter Abstieg 1975. Wieder in Form im Tabellenkeller ist Paderborn. Nach aktueller Ausgangslage halten die Ostwestfalen die Tür zum Klassenerhalt weiter offen, nachdem die Mannschaft nach der Winterpause schon abgeschrieben war (Frank Hellmann, FR).

4. Die Probleme in der Fifa sind bekannt, was kein Grund ist, sie nicht zu thematisieren und bei den Strippenziehern nicht immer wieder zu bohren und um Auskunft zu verlangen. Eine aktuelle Dokumentation hat genau das gemacht: vor Ort sein, Informationen sammeln, unbequeme Fragen stellen. Die Reaktionen zeigen, wie die Fifa tickt. Die Doku ist vorerst bis kommenden Montag in der ARD-Mediathek verfügbar. In einem Interview (sportschau) berichten die Macher von ihren Eindrücken und der WDR thematisiert die Festsetzung der Journalisten in Katar während der Dreharbeiten.

5. Doping bringt nichts! Es wird doch kontrolliert! Zwei der Totschlagargumente, die die Fußballbranche gebetsmühlenartig zu wiederholen scheint. Eine Studie mit Ausdauerathleten in Frankreich beweist das Gegenteil: minimal dosiertes Blut- und Hormondoping verbesserte die Leistungen signifikant und im Ernstfall wäre den Athleten nichts nachzuweisen gewesen – Thomas Kistner fasst das Experiment zusammen.

6. Christian Heidel kocht ein altes Thema auf – wieso nicht die Bundesliga auf 20 Teams aufstocken (WAZ)? Die Diskussionen darüber führen zu Nichts, meint Thomas Lelgemann – am Ende wird die Lösung kommen, die am meisten Geld bringt. Ähnlich sieht es Frank Lüdecke in seiner Kolumne (Tagesspiegel): wenn der HSV und der VfB absteigen, hilft ihnen auf Dauer auch keine größere Liga, denn über ausreichend finanzielle Möglichkeiten für erstklassigen Fußball verfügen auch diese Teams.

7. Wie man ein Transfergerücht in die Welt setzt, zeigt das Bildblog nochmal anschaulich am Götze-Gündogan-Tausch-Gerücht. Bild-Sportchef Straten macht das höchstpersönlich im Doppelpass. Es sollte ihm zu denken geben, dass man ihm schon während der Sendung (also im Doppelpass!) Kaffeesatzleserei vorwarf.

8. Die Premier League ist in dieser Saison eine klare Angelegenheit. Das ungeliebte Chelsea von Trainer Jose Mourinho heimst den Meistertitel ein. ESPN stellt sechs Schlüsselspieler vor – u.a. den „very mobile destroyer“ Nemanja Matic. Der Position im defensiven Mittelfeld und insbesondere Matic huldigt The Whitehouse Address. Mit Chelsea bekommt es kommende Saison auch Bournemouth zu tun. Den Weg des einst verschuldeten Vereins aus der 4. Liga mit einem jungen Trainer zeichnet Cavanis Friseur nach.

9. Einen Spielbericht mit dem Prädikat „empfehlenswert“ liefert das Übersteiger-Blog. RB-Thematik, Choreo, Spielgeschehen wird sehr lesenswert abgehandelt. Der Heimsieg gegen Leipzig dürfte auch Markus Wiebusch aufatmen lassen. Der sprach im Interview bei Blog trifft Ball über die Parallelen in Musik und Fußball und die Rezeption seines Songs gegen Homophobie im Fußball.

10. Auch Italien hat einen überraschenden Aufsteiger. Carpi ist ein kleines Städtchen in der Nähe von Modena, das vor Kurzem die erste Saison in der Serie A klar machte – mit einem Mini-Etat und einem Stadion, das gerade mal 4.200 Zuschauer fasst (NZZ).

11. Natürlich ist es ein Marketingag, wenn ein Verein einen vorübergehenden Trikotsponsor präsentiert und fleissig Sondertrikots beflockt. Die aktuelle Aktion beim Viertligisten Carl Zeiss Jena finde ich dennoch an dieser Stelle erwähnenswert. Man hat sich nämlich nicht mit der örtlichen Kreissparkasse sondern mit der Band Heaven Shall Burn zusammengetan, die sich dem Metalcore verschrieben haben (Diskussionen über die korrekte Metal-Einordnung bitte in den Kommentaren). Das Trikot kommt stilecht in schwarz daher, vor den Jenaer Heimspielen wird jetzt Metal gehört und die Aktion wirkt im großen und Ganzen authentisch, schreibt Christoph Ruf für Spiegel Online.

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kemperboyds Rückblick auf die Fußballwoche

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Strittigen Schiedsrichterentscheidungen widmen sich Collinas Erben bei n-tv

Field Reporter

Da bleibt im Augenblick nur der Strohhalm Bruno Labbadia und das ist für sich genommen schon sehr bitter, weil die Verpflichtung und die Vorgänge drum herum eigentlich nur noch lächerlich sind.

Blog trifft Ball sprach mit drei HSV-Anhängern über die Gefühlslage im Abstiegskampf.

Mixed Zone
Hamburg: Uwe Seeler macht sich Sorgen um verfrühte Euphorie beim HSV (kickwelt) + + + München: Geheimes Auslaufen bei 1860 (SZ) + + + Auf Kurs: in die Bundesliga bleibt Ingolstadt nach dem Montagsspiel (FR) + + + Verplaudert: Hansi Müller zieht sich von seinem Posten im Aufsichtsrat des VfB zurück (AZ) + + + Regensburg: der Drittliga-Absteiger bekommt ein nagelneues Stadion, das, anders als behauptet, nicht für Konzerte ausgelegt ist (BR) + + + Brouwers und Fritz: Hängen noch ein Jahr dran (SPON)

#Link11: Das Ding ist noch nicht durch

»Einleitung« steht hier in der Vorlage. Dabei wissen doch eigentlich alle, was kommt. Oder?

blogundpresseschau

1. Bevor wir uns den Partien des Spieltags widmen: Ein paar allgemeine Betrachtungen. kemperboyd schreibt über Vertragsrecht und Moral am Beispiel Gündogan und einen Fehler auf 130 Minuten bei Peter Gagelmann. Der Brennerpass droht bei seiner wöchentlichen Bundesliga-Rückschau mit dem Sabbatical. Und Oliver Fritsch (ZEIT) kritisiert den Fußball, der in der Bundesliga von Platz 2 bis 18 gespielt wird.

2. Im nominellen Spitzenspiel ohne allzu große Bedeutung für die Tabelle besiegte Bayer Leverkusen den FC Bayern mit 2:0. Damit haben in der Rückrunde alle drei anderen künftigen Champions-League-Teilnehmer (Wolfsburg, Gladbach, Leverkusen) ihr Spiel gegen den FC Bayern gewonnen. Miasanrot berichtet aus Münchner Sicht von der Partie, die ihnen allenfalls als Vorbereitungsspiel für Barcelona gedient zu haben scheint. Auch bei Spielverlagerung wird dieses Duell mit Spannung erwartet, ein Vorschauartikel und ein Portrait von Marc-Andre ter Stegen sind online gegangen.

3. Bei der potenziell vorentscheidenden Partie um die internationalen Plätze gab es zwischen Hoffenheim und Dortmund keinen Sieger. Constantin Eckner (Spielverlagerung) war vom ebenso hart wie offen geführten Schlagabtausch nicht überzeugt und attestiert der Partie mangelnde Qualität. Mit dem großen Ganzen auf der einen und Nebensächlichkeiten wie dem Vergleich von Klatschpappen und Rimski-Korsakows Hummelflug auf der anderen Seite beschäftigt sich der Hoffenheimer Akademiker-Fanclub, der durchaus angetan war.

4. Durch das Ergebnis in Sinsheim reichte dem FC Augsburg ein 0:0 gegen den 1. FC Köln, um den sechsten Platz zu halten. Für Effzeh.com ein Spiel von Mauern und Handbremsen. Der Bericht von Spielverlagerung pflichtet dem bei.

5. Fast (oder wie der Franzose sagt: »BRESGE«) hätte die Frankfurter Eintracht in dieser Saison ein Wörtchen mitgeredet, als die internationalen Plätze zu vergeben waren. Doch seit einigen Spieltagen scheinen die Jungs von Thomas Schaaf eher im Auslaufen begriffen zu sein.

Der Abstieg ist wieder in greifbare Nähe gerückt. Frankfurt wankt in Richtung Relegation, siecht wie ein alter Hund während die Konkurrenz wenigstens zuckt. Ein Pferd würde man erschießen. Doch 3 Mal muss der Gaul noch aus dem Stall

(aus dem Spielbericht von Eintracht Inside). Die 0:1-Niederlage in Bremen bedeutet das sechste sieglose Spiel in Folge. Für die Fans der Hanseaten wurde das Spiel jeweils nicht zum ersten Mal eingerahmt von der Begrüßung einer vergreisten Meistermannschaft vor und der Verabschiedung durch tatkräftige Nazihools nach dem Spiel (hbpeople).

6. Auf Schalke verteidigte die Heimmannschaft mit Ach und Krach ihren fünften Platz für eine weitere Woche und vergrößerte dabei die Abstiegssorgen des VfB Stuttgart. Zur Zusammenfassung des Artikels bei Vertikalpass reicht eigentlich die URL: vertikalpass.de/vfb-dumm. Die Stevens’sche Grundannahme, das Stuttgarter Team könnte viel besser dastehen, hätten seine Einzelspieler nicht so viele Fehler begangen, kommentiert Johannes Kopp (taz). Die Königsblauen auf der anderen Seite haben diesmal die Punkte, aber keinen ansehnlichen Fußball mehr. Torsten Wieland (Königsblog) zeigt auf, wie sehr das Erlebnis Schalke vom Spiel losgelöst ist: »Nur der Fußball stört«.

7. Im Spiel gegen den Hamburger SV verließ der Mainzer Elkin Soto das Spiel auf der Trage. Seine Verletzung wird einhellig als »Totalschaden im Knie« beschrieben. Das klingt wie ein Til-Schweiger-Film und dürfte ähnlich schlimm sein. Für Sascha Rebiger ist die Verletzung der Ausgangspunkt seines Spielberichts. Der HSV verschafft sich mit diesem Sieg Luft im Abstiegskampf, ebenso die Paderborner mit ihrem Auswärtssieg in Freiburg. Tim Rieke (Spielverlagerung) sieht taktisch und spielerisch positive Zeichen von beiden Teams.

8. Hannover 96 erzielt unter Neu-Trainer Frontzeck einen Punkt in Wolfsburg. Niemals allein hebt die Umstellung von Manuel Schmiedebach auf die Sechs als spielentscheidend hervor. Mit diesem 2:2 rutscht Hannover allerdings weiter unten rein, während Wolfsburg den Gladbacher Atem im Nacken spürt – Favres Fohlen gewannen bei der Hertha, bei denen Zweifel am Klassenerhalt noch nicht ausgeräumt werden konnten (Tagesspiegel).

9. Beim Rasenfunk wird diese Woche neben dem 31. Spieltag besonders die Lage zweier Klubs im Mittelfeld besprochen: Hoffenheim hat noch Möglichkeiten nach oben, Frankfurt Befürchtungen nach unten. Max-Jacob Ost bestritt die Runde mit Eintracht-Podcaster Marvin Mendel und Journalist Florian Bogner, zur TSG wurde ein Gast zugeschaltet. Trainer Baade stellt unter »Sieben feine Fußball-Podcasts (Folge II)« neben jenem Rasenfunk sechs weitere vereinsübergreifende Audioprogramme vor.

10. »Who are the Champions?« richtet den Blick auf die Menschen, die vor und nach einem FIFA World Cup um die Austragungsstätten herum gelebt haben und leben und wie sich ihr Leben durch die Weltmeisterschaft geändert hat. Die taz stellt das Projekt vor.

11.

Dieser Rechtsfüßer ist durchaus in der Lage, […] den Ball unter Laborbedingungen mit dem linken Fuß zu führen

Heinz Kamke über das Standbein und den daran anschließenden schwachen Fuß, die Einfüßigkeit und ihre guten Seiten. »Mit erhobenem Kopf und großer Geste raumgreifend durchs Mittelfeld getrabt« sollte auf mehr Grabsteinen stehen. Sascha Rebiger fühlte sich durch Kamkes Text angespornt, seine eigenen Erfahrungen und Übungen mit dem Ersatzbein in Worte zu fassen: »Manchmal wünscht man sich ein bisschen mehr«.

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Oliver Fritsch (ZEIT): »Blitzeis am Elfmeterpunkt«

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In der Collinas-Erben-Kolumne zum 31. Spieltag legt Alex Feuerherdt seine Sicht auf die strittigen Szenen des Wochenendes dar.

Field Reporter

Lediglich etwa 20 Prozent der Kollegen, die in deutschen Vereinen als Trainer arbeiten, haben einen Trainerschein. Eigentlich darf das nicht sein. […] Oft werden Väter Trainer, weil deren Söhne in den Mannschaften spielen. Ich finde dieses Engagement großartig, dafür kann man sich nur bedanken. Und das können wir, indem wir diesen Trainern helfen.

DFB-Sportdirektor Hansi Flick auf DFB.de über die Nachwuchsförderung beim DFB.

Mixed Zone
Unterföhring: Marcel Reif kommentierte Freiburg – Paderborn. WTF? Eine Frage für das Kommentatorenblog + + + Toulouse: Lucien Favre et sa copine (The Vintage Football Club) + + + Nürnberg: »Die aufwühlendsten Überschriften von kicker.de« (Titanic) + + + Katowice: Todesopfer bei Ausschreitungen um Viertligaspiel in Polen (RP) + + + Mailand: Spielverlagerung.de vor der Partie Juve-Real + + + Gülzow: Ultras in der Kreisliga (Bergedorfer Zeitung) + + + Madrid: Deal zwischen Berlusconi und Investor aus Thailand steht bevor (SpOn) + + + Gelsenkirchen: Schalke erneut Meister der A-Jugend Bundesliga West (DFB.de) + + + Berlin: Der Gladbach-Fanklub »Block B Berlin« lud 20 Flüchtlinge zum Stadionbesuch ein (RP) + + +

Schiri! Foul! Hand! Aus!

Mal ein paar grundsätzliche Gedanken aus der Perspektive des Schiedsrichters zum Thema Spielerproteste. Ich unterscheide hier der Einfachheit halber zwei Varianten davon: zum einen den Protest, den Spieler erheben, wenn sie glauben, eine regelwidrige Handlung bemerkt zu haben (oder ihr Opfer geworden zu sein). Zum anderen den Protest gegen eine getroffene Entscheidung des Schiedsrichters.

Variante 1 – um die es hier in erster Linie geht – soll den Unparteiischen aufmerksam machen: Hier, guck mal, Schiri, Foulspiel oder Handspiel. Oder Ball im Aus, Einwurf für uns, Eckstoß oder Abstoß. Die Spieler sind damit grundsätzlich schneller als der Referee mit seiner Entscheidung, weil er sie ja erst mal treffen muss, im Kopf und indem er gegebenenfalls die Pfeife zum Mund führt und hineinbläst. Das heißt auch: Er gleicht in diesem Moment gezwungenermaßen die Reaktion der Spieler mit seiner eigenen Wahrnehmung ab – und zwar unter Druck, denn er muss ja in Sekundenbruchteilen beurteilen, ob an dem Protest etwas dran ist oder nicht. Und er weiß, dass seiner Entscheidung womöglich weitere – für ihn potenziell unangenehme – Reaktionen folgen werden: Pfeift er nicht, gehen die Reklamationen der betreffenden Mannschaft wahrscheinlich weiter, pfeift er, reklamiert vielleicht das andere Team. Handelt es sich um eine Situation im Graubereich (also um eine, bei der es einen Ermessensspielraum gibt), wird der Schiedsrichter außerdem berücksichtigen, wie sich eine Entscheidung in die eine oder andere Richtung auf die Partie und auf seine Spielleitung auswirkt.

Diese Variante 1 erfordert vom Schiedsrichter immer eine unmittelbare Schwarz-Weiß-Entscheidung: Spielunterbrechung oder Weiterspielen, dazwischen gibt es nichts, auch wenn es sich um eine Szene im Grenzbereich handelt. Die Entscheidungsfindung wird dabei umso schwieriger und dringlicher, je heftiger der Protest ist. Dazu muss noch gesagt werden, dass es eine bestimmte Heftigkeit des Protestes gibt, die sich nicht ohne Weiteres zwecks massiver Beeinflussung des Referees »erlernen« lässt, sondern spontan, situativ und »ehrlich« auftritt. Als Beispiel seien hier die Reklamationen der Bayernspieler im DFB-Pokal-Halbfinale gegen den BVB nach Marcel Schmelzers Handspiel in der 56. Minute genannt. Schiedsrichter Peter Gagelmann wird in diesem Moment klar gewesen sein, dass da etwas war, etwas gewesen sein muss. Nur hat er es eben nicht gesehen (und sein Assistent auch nicht), deshalb konnte er es auch nicht pfeifen.

Bei Medhi Benatias Handspiel in der 2. Minute – bei dem sich darüber streiten lässt, inwieweit es das Kriterium der Absicht erfüllte und damit strafbar war – lag der Fall anders, und hier kommen wir in den Bereich der Schiedsrichtertaktik. Niemand hat reklamiert, nicht mal die Dortmunder, es erhob sich kein Geschrei im Stadion, der ganze Ablauf dieser Szene deutete nicht im Geringsten auf eine möglicherweise regelwidrige Handlung hin. Aus eigener Erfahrung kann ich sagen: Wenn das so ist und man als Schiedsrichter eigentlich etwas anderes gesehen hat, zweifelt man an seiner Wahrnehmung (und die ist nun mal unmittelbar maßgebend): War es vielleicht gar kein Handspiel? Es reagiert schließlich überhaupt niemand! Und wenn man nicht zweifelt, fragt man sich: Mache ich da jetzt wirklich ein Fass auf? Jeder Unparteiische hat schließlich immer auch das Ziel, ein Spiel möglichst reibungslos über die Bühne zu bringen. Und, ganz wichtig, Akzeptanz für sein Vorgehen zu haben. Wenn also alle, wirklich alle in Grenz- und Zweifelsfällen mit der Entscheidung »Weiterspielen« gut leben können, warum dann anders handeln?

Ein anderes, harmloseres Beispiel: Der Ball geht nach einem Zweikampf ins Seitenaus. Der Schiedsrichter-Assistent glaubt, gesehen zu haben, dass ein roter Spieler zuletzt am Ball war, es also einen Einwurf für Blau geben müsste. Trotzdem bewegen sich alle, wirklich alle Spieler in Richtung blaues Tor, weil sie mit einem Einwurf für Rot rechnen. Und da kommt auch schon der rote Spieler, der den Einwurf ausführen will. Wenn der Assistent jetzt die Fahne zur Verwunderung aller in die andere Richtung zieht, kommt sofort Unruhe auf, ein blauer Spieler läuft zur Seitenlinie und beginnt mit dem roten Spieler ein Gerangel um den Ball, es drohen Unsportlichkeiten. Er mag mit dem Fahnenzeichen vielleicht sogar richtig liegen, trotzdem wäre es besser gewesen, einen Einwurf für Rot zu signalisieren. Streng genommen mag das zwar falsch sein, aber warum Proteste, minutenlange Hektik und vielleicht sogar eine Verschärfung des Spielcharakters riskieren, wenn sich ohnehin schon alle einig waren und dem Gespann die Entscheidung gewissermaßen abgenommen haben?

Was wäre nun gewesen, wenn Spieler des BVB in der 2. Minute reklamiert hätten? Dann hätten sie Peter Gagelmann gezwungen, eine von zwei möglichen Entscheidung zu treffen (Strafstoß oder Weiterspielen), die er so nicht mehr treffen musste, weil sie ihm de facto abgenommen wurde. Wenn aber kein Mensch im Stadion ein strafbares Handspiel gesehen hat, macht man sich das Leben als Referee nicht ohne Not selbst schwer, indem man auf den Punkt zeigt. Um nicht falsch verstanden zu werden: Selbstverständlich muss man Entscheidungen auch mal gegen Widerstände durchsetzen, wenn man von ihnen überzeugt ist. Aber das sind normalerweise Entscheidungen, über die sich nicht das ganze Stadion wundert, sondern nur die eine Hälfte.

Proteste von Spielern können niemals ein Beweis für etwas sein, ein Indiz dagegen schon. Nicht mehr und nicht weniger – die Entscheidung liegt selbstredend beim Referee. Und damit noch kurz zur eingangs erwähnten Variante 2, also dem Protest gegen eine getroffene Entscheidung. Hier bleibt dem Schiedsrichter grundsätzlich nur, diese Entscheidung durchzusetzen (von den ganz, ganz seltenen Ausnahmen abgesehen, in denen die Reklamationen so ungewöhnlich heftig sind, dass der Unparteiische sich veranlasst sieht, den betreffenden Spieler zu fragen, wie Uwe Kemmling im April 1998 nach dem Handspiel des Schalkers Oliver Held im Spiel gegen Köln – das Ergebnis war allerdings katastrophal). Häufen sich die Proteste – was immer auch bedeutet, dass die Akzeptanz des Schiedsrichters gelitten hat –, wird er überlegen, wie er die Spieler wieder ins Boot holen kann.

Die schlechteste Idee ist es dabei, offensichtlich falsche Konzenssionsentscheidungen zu treffen. Ein gangbarer Weg besteht dagegen darin, in Grenzsituationen mit Spielraum den einen oder anderen Pfiff für die vermeintlich benachteiligte Mannschaft zu setzen, wenn (!) es möglich und sinnvoll ist. Das betrifft allerdings vor allem Entscheidungen ohne potenziell spielentscheidenden Charakter, also vor allem Zweikämpfe im Niemandsland. Aber dazu werden wir im Podcast von Collinas Erben mal ein bisschen mehr erzählen.

#Link11: Fleißsternchen

Spiele wie das des FC Bayern gegen Borussia Dortmund sind Großereignisse in den sozialen Medien, deren Nutzer ihre Spielszenen weit über 90-120 Minuten hinaus am Leben erhalten. Für Fußballvereine wie Journalisten gehört es längst zum Tagesgeschäft, diesen (Trash-)Talk über Fouls, Elfmeter und ihre Schützen durch geschickte Medienarbeit zu befeuern. Auch ich kann mich diesem Spiel nicht entziehen – andernfalls würdet ihr jetzt diese Zeilen nicht lesen. Was hat das alles noch mit der Tradition Fußball zu tun? Was bedeutet überhaupt das Wort „Tradition“? Vielleicht muss diese unselige Frage überhaupt nicht abschließend beantwortet werden. Fußball ist, was man daraus macht und der Übergang zwischen vermeintlicher Tradition und Moderne ist ohnehin fließend. Die Link11 zwischen FC Hollywood und Fußball an (und unterhalb) der Basis.

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1. Die Nachwehen des Halbfinales zwischen Bayern München und dem BVB waren auch gestern noch allgegenwärtig. Besonders beide Fanlager stritten über den Schiedsrichter, Glück und Pech, sowie die Verletzungen von Robben und Lewandowski (FAZ). Am meisten aber erhitzte die Gemüter, dass hier doch tatsächlich jemand mit einer großen Portion Glück gegen den FC Bayern bestanden hatte. Andreas Bock erinnert die Empörten mit gewohnt weisen Worten daran, dass Fußball nun mal im Kern eine ziemlich verrückte Sache ist. Und genau deshalb so viel Spaß macht (11 Freunde). Christian Spiller veranlasste Bayerns Totalversagen vom Punkt dazu, mal bei dem sichersten Elfmeterschützen der Bundesligageschichte nachzufragen, was er Götze und Neuer raten würde (Zeit).

2. Große Fußballspiele sind zur Hälfte Sport-, zur Hälfte Medienereignisse. Aufbruchsstimmung, Hoffnung, Kampf- und Teamgeist – all das sind Gefühlszustände, die längst schon aus den Spielerkabinen von vereinsinternen Social Media Teams auf Hardcorefans und Laufkundschaft übertragen werden. Markenbindung nennt man das in der Welt der Werber. Doch wie groß ist eigentlich die Überschneidung dieser und der Fußballwelt? Welche Rolle spielt das Bedienen eines ausländischen Marktes bei der Verpflichtung eines Fußballspielers? Jake Cohen hat sich dieser Frage am Beispiel in der Bundesliga spielender Japaner wie Shinji Kagawa gewidmet (The Set Pieces). Locowise hat das je sozialem Netzwerk und Wettbewerb unterschiedliche Kommunikationsverhalten von Clubs und Fans unter die Lupe genommen.

3. Der AFC Bournemouth ist, gelinde gesagt, ein kleiner Fußballclub. 117 Jahre alt, aber klein. Dennoch wird er im kommenden Jahr gegen Chelsea, Arsenal und Man City in der Premier League spielen. Die Bilder seines während der Aufstiegsfeier völlig eskalierenden Clubchefs Jeff Mostyn gingen bereits um die halbe Welt (Youtube). Der Stoff, aus dem Underdog-Märchen sind. Oder? Jein, denn der AFC ist (unter anderem) im Besitz des russischen Geschäftsmannes Maxim Demin. Der Rahmen, in dem er den Club unterstützt, ist natürlich nicht mit den Abramovichs dieser Welt zu vergleichen. Dennoch bietet Bournemouth einen Anlass zur Frage: Sind Fußballromantik und investorengestützte Sportprojekte zwei unvereinbare Gegensätze (200%)? Was ist eigentlich „Tradition“?

4. Ihr wollt Tradition? Ich zeig euch Tradition! Wenn Andreas Bocks Ode an die Unperfektheit des Spiels (siehe Punkt 1.) aus der neuen 11 Freunde Ausgabe gepurzelt wäre und sich in einen Amateur-Fußballplatz verwandelt hätte, wäre sie sicher in dieser kurzen Bilderstrecke von Who Ate All The Pies zu finden. Der Duft genagelter Lederstollenschuhe liegt in der Luft.

5. Auf Plätzen wie den obigen hat wohl auch der Spielbeobachter sein Fußballhandwerk gelernt. Vor Kurzem beschworen Fans eines Bundesligisten ihre Mannschaft mit den (in eine Choreo gebetteten) Worten: „Niemals aufgeben!“. Da galt es einen läppischen zwei Tore Rückstand aufzuholen. Wie „Niemals Aufgeben“ in den unteren Spielklassen (oder wie manch einer jetzt bissig anmerken wird: der Realität) aussieht… lest selbst. Ein Blogpost wie ein Zusammenschnitt sämtlicher Trainingsszenen aus den Rocky-Filmen. Hört ihr die Musik? Ich höre die Musik.

6. Bürgerlicher Fußball ist eine Institution der deutschen Gesellschaft. Dabei war er jahrelang alles andere als konkurrenzlos. Jan Tölva blickt auf die Hoch-Zeit des deutschen Arbeiterfußballs und seinen Niedergang durch den Nationalsozialismus zurück.

7. Tradition und Arbeiterfußball… Zeit für eine kunstfertige Überleitung zum Thema Katar. Die französische Regierung ermittelt wegen der „Beschäftigung“ von Sklavenarbeitern gegen ein einheimisches Bauunternehmen (Guardian). Ob Franz Beckenbauer in die Ermittlungen eingebunden ist, weiß ich nicht. Ich denke trotzdem, diese Praxis der französischen Regierung sollte Schule machen. Will man das Fiasko Katar unterbinden, muss man all jene unter Druck setzen, die in Europa davon profitieren.

8. Der FC Bayern feierte am Wochenende seine 25. (!) Meisterschaft. Einige Fans wunderten sich sogleich, ob denn nun nicht ein neuer Meisterstern auf ihre Trikots geflockt werden müsse. Und wieder einmal stellte sich heraus: Niemand weiß, wie das mit diesen Sternen überhaupt funktioniert und wann man einen bekommt. Die Soccer Warriors klären auf.

9. Auch der Red Star FC hat etwas mit Sternen zu tun – jedoch weniger im Sinne von Erfolg. Carsten Pilger hat den traditionsreichen kleinen Bruder von PSG in der französischen dritten Liga besucht und einen schönen Bericht über Fußball an der Basis verfasst (An Old International).

10. Der Stern der Serie A sinkt seit Jahren. Fangewalt, leere Ränge, insolvente Clubs, Rassismus. Die Liga verliert auch sportlich den Anschluss. Das macht sich aus deutscher Perspektive betrachtet nicht zuletzt dadurch bemerkbar, dass Spieler wie Klose, Gomez oder Podolski regelrecht für ihre Wechsel in den italienischen Spitzenfußball verhöhnt wurden. „Für mehr reicht es wohl nicht mehr.“ Und doch schneiden italienische Clubs in diesem Jahr deutlich besser auf der europäischen Bühne ab, als deutsche. Andreas Prentner betrachtet die Renaissance der Serie A aus der Nähe (Abseits.at).

11. An Geld mangelt es der russischen Liga gewiss nicht. Dennoch bleiben ihre Clubs bislang hinter den Erwartungen zurück – die Champions League scheint mindestens eine Nummer zu groß für sie zu sein. Michael Yokhin geht hart mit Russlands Vorzeigeclub Zenit St. Petersburg und seinem Trainer, Mourinho-Schüler Andreas Villas-Boas, ins Gericht (ESPN), Toke Møller Theilade analysiert Russlands diesjähriges Abschneiden auf europäischer Bühne (Russian Football News) und sieht die Liga vor dem nächsten großen Entwicklungsschritt.

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Blitzeis am Elfmeterpunkt von Oliver Fritsch.

Field Reporter

„Ich habe keinen weißen Rauch ausgestoßen…“

Watzke über Rummenigge (Spox)

Mixed Zone
Englisches Frühstück: Was Chelsea Spieler beim Essen tun (Vine) + + + Gut ist nicht gut genug: Englische Jungtalente haben wenig zu lachen (4-4-2) + + + Sind ganz gut: Suarez, Messi & Neymar (WhoScored)  + + + Transfersperren: Folgen Real und Atlético Barcas „Vorbild“ (Sport1)? + + + Ticketpreise/Boykott: Liverpools Fans sind nicht erfreut (Faszination Fankurve) + + + Adidas wechselt sich selbst ein: Beim FC Bayern rollt der Rubel trotz verschossener Elfmeter wie nie zuvor (WELT)  + + + Respektschelle: Schalke 04 trainiert aggressiv (Der Westen) + + + Legende: Thomas Broich in Australiens 11 des Jahrzehnts gewählt (Kicker) + + + Kuriose Verletzungen: Ben Redelings erinnert sich (n-tv)

#Link11: Jeden miesen Taschenspielertrick auf Lager

Mit diesen Worten beschrieb Marcel Reif das gestrige Pokal-Halbfinale zwischen Bayern und Dortmund. Als da etwa wären: Bayern-Führung, Dominanz, nicht gegebener Handelfmeter, Comeback von Robben, Ausgleich aus dem Nichts, Verletzung von Robben, Verlängerung, Elfmeterschießen, vier verschossene Bayern-Elfmeter, Sieg Dortmund. Aber das und den Rest können Sie auch viel besser geschildert nachlesen. Links dazu wie immer in der #Link11.

blogundpresseschau

1. Anstelle der größten und buntesten Sträuße nimmt der BVB aus München den Einzug ins Pokalfinale mit. Oliver Fritsch (ZEIT) hat einige Aspekte dieses Spiels, einige Szenen und einige Witzchen festgehalten. Bei Spielverlagerung werden taktische Randnotizen aufgearbeitet, etwa die breite Dreierkette des FC Bayern. Miasanrot erinnern neben drei auffallenden Besonderheiten an die alte »Müller spielt immer«-Regel, deren Bruch sich auch gestern wieder negativ auswirkte.

2. Dirk Gieselmann (11Freunde) über eine Konkurrenz, die zu Ende geht:

Der elegante Welttrainer, der sich durch den Weihnachtsbaumtrichter in seine mediterranen Anzüge schießen lässt, und der ungebügelte Pöhler im Jogginganzug

3. Die Filmaufnahmen des Elfmeterschießens sind bei Sportschau.de abrufbar. Die Stehplatzhelden plädieren für die Einführung einer Stilnote. Die ZEIT blickt auf die Duelle zwischen Klopp und dem FC Bayern zurück, die sich seit seinem Amtsantritt 2008 abgespielt haben. Die Gazzetta di Kalk hat schon anlässlich der feststehenden Meisterschaft am Sonntag eine Lobeshymne auf die Super-Bayern verfasst.

4. Was die Bundesliga nicht mehr zulässt, gewährt die #Link11: der VfB Stuttgart auf Platz 4. Die Qualifikation für die Champions League im Ausplaudern gelang gestern Aufsichtsrat Hansi Müller (»Ich bin nicht schnell genug vor ihm ins Parkhaus gerannt – da war ich VfB-Mitglied« – Harald Schmidt). Bei ServusTV bestätigte er, dass Alexander Zorniger zur neuen Saison Trainer werde. Der VfB nahm Stellung und verwies darauf, dass noch kein Vertrag unterschrieben worden sei. Thomas Haid (Stuttgarter Zeitung) kommentiert die Lage. Der Vertikalpass sorgt vor und versorgt das VfB-Umfeld mit Phrasen für die letzten Tage der Saison.

5. Am heutigen Abend wird der Außenseiter im Finale gegen Borussia Dortmund ermittelt. Der VfL Wolfsburg tritt zur Wahrung seiner letzten Titelchance in Bielefeld an. Die dortige »Alm« bietet den Vorteil, dass in Ermangelung einer geschlossenen Rasendecke das Ausrutschen auf jener unwahrscheinlicher wird. Der WDR zeichnet den Weg des DSC ins Halbfinale nach.

6. In Hannover ist momentan immer was los. Abseits der sportlichen Situation und der unmittelbaren Beteiligung der Fans im Stadion ist es diese Woche der Transfer von GmbH-Anteilen vom Stammverein an eine andere von Martin Kind geführte Gesellschaft, die für Aufsehen sorgt und dem andauernden Streit neues Material gibt (FAZ).

7. Der FC St. Pauli steht momentan vor dem Abstieg in die 3. Liga. Dennoch ist man am Millerntor wahrscheinlich weiterhin zufrieden mit der Entscheidung, 2006 nicht zum deutschen Red-Bull-Vertreter geworden zu sein. Vom Versuch einer Übernahme unter dem gemeinsamen Wertekanon »Coolness, Party, feiern und so« berichtet Lutz Wöckener (Welt).

8. Wie geht es weiter mit Eintracht Frankfurt? Obwohl der Klub punktemäßig weiterhin nicht weit von der Europa League entfernt ist und in direkten Duelen gegen Bremen und Hoffenheim zwei direkte Konkurrenten aus eigener Kraft einholen oder zumindest bedeutend schwächen könnte, scheint man mit der aktuellen Saison schon abgeschlossen zu haben und an der Zukunft zu basteln. Marc Heinrich (FAZ) untersucht die Lage. Auf Effzeh.com bearbeitet Thomas Reinscheid die Kadersituation des um einen Punkt und einen Platz schlechter platzierten 1. FC Köln.

9. Der MSV Duisburg spielt nachdrücklich um den Aufstieg in die 2. Bundesliga mit. Das Zebrastreifenblog berichtet vom Spiel in Dresden am vergangenen Wochenende.

10. Jonathan Wilson widmet sich für Sports Illustrated den Glanzzeiten der Nationalteams Uruguays und Österreichs um 1930. Er stellt beide Teams vor und erläutert, warum es nie zu einem direkten Duell kam. Warnung: Es wird Bezug auf einen bevorstehenden Boxkampf genommen.

11. Ist der ruhmreiche VfB Stuttgart auf der 4, so sind wir hier am Boden der Link11 angekommen. Dort, wo sich der mindertalentierte Leser vielleicht eher wiederfände. Am unteren Ende der Mannschaftshierarchie einer A-Jugend, die Niederlage an Niederlage reihend durch die Lande zog: Die ruhmreiche Fußballkarriere des Martin S.

Meist geklickter Link gestern
Das Intranet des HSV ist vom Netz gegangen. Stattdessen der Zweitplatzierte von gestern: »The future of Borussia Dortmund is secured« von Luca Gierl & Constantin Eckner.

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Wenn sie kein Elfmeterschießen können, dann müssen sie es üben

Sebastian Kehl, BVB (Fussballer reden viel)

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Luzern: Markus Babbel beim missglückten Versuch, sich ein weiteres Vereinstattoo stechen zu lassen (Blick) + + + Hamburg: »Punkte in Flensburg statt auf dem Platz« ist keine schlechte Schlagzeile (Morgenpost) + + + Madrid: Podolski traf für Inter (SZ) + + + Gelsenkirchen: Der FC Schalke 04 übernimmt die Blindenfußballabteilung des VfB Gelsenkirchen + + + Leverkusen: Jochen Rotthaus wird Leiter Marketing/Kommunikation (RP) + + + Amateure: Frank Reinel leitet Spiele aus dem Rollstuhl heraus (fussball.de) + + + Bournemouth: Aufstieg in die Premier League (SZ) + + + Rostock: Die Ausgliederung ist alternativlos. Strategische Partner sollen kommen (NDR) + + + Remscheid: Kult-Trainer Neururer fährt ums Stadion (Wahnsinn) (Reviersport) + + + Bremen: Treffen sich Ultras, Hooligans und Polizei (FussballGegenNazis) + + + Alphaville: Ze Roberto I spielt mit 40 immer noch Fußball, möchte weitermachen und dann zurück nach Deutschland (11Freunde) + + + Bochum: Staatsanwaltschaft fordert 2 Jahre auf Bewährung für Schnitzler (FAZ) + + +