CE078 Willkommen im Ermessensspielraum


Im Mittelpunkt dieser Folge steht – wie könnte es auch anders sein – jenes Spiel, in dem sich zum ersten Mal in der Geschichte der Bundesliga ein Trainer weigerte, einer Anordnung des Schiedsrichters zu folgen. Wir beleuchten ausführlich die Hinter- und Abgründe des Ereignisses, diskutieren über das Entscheidungsmanagement des Referees, fragen nach Spielräumen und erörtern die Konsequenzen des Vorfalls für den Amateurfußball. Aber natürlich werfen wir auch einen Blick auf andere Spielleitungen und Entscheidungen der Spieltage 22 bis 24 und gehen, wie immer, auf Hörerfragen ein.
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Klaas Reese
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Alex Feuerherdt

Musik: Tha Silent Partner – P Pulsar (Album Version)

Wir freuen uns über eure Fragen, eure Kritik, euer Lob, eure Wünsche. Sendet uns dazu einfach eine E-Mail oder eine Sprachnachricht.

Links: Der Beitrag »Roger and me, oder: Danke, Felix Zwayer!« von Sven Metzger — Das Interview mit Herbert Fandel auf dfb.de — Das Interview des »Handelsblatts« mit Hans E. Lorenz — Julian Ritter a.k.a. @bimbeshausen zum Platzverweis und zur Sperre für Sebastian Rudy — Die aktuelle Ausgabe der offiziellen Schiedsrichter-Zeitung des DFB — Die Kolumnen von Collinas Erben auf n-tv.de — Collinas Erben bei Twitter und bei Facebook — Die offiziellen Fußballregeln als PDF-Datei zum Download

Eine Anmerkung zu unserer Diskussion über das Strafmaß für Sebastian Rudy (vielen Dank an @bimbeshausen für den Hinweis): Laut einer Pressemitteilung der TSG 1899 Hoffenheim sieht der DFB für einen »Fußangriff von hinten« als Form des rohen Spiels eine Mindestsperre von drei Spielen vor. In der Rechts- und Verfahrensordnung (RuVO) des DFB wird im betreffenden §8 Nr. 1b allerdings nur die allgemeine Mindest- und Höchststrafe für rohes Spiel genannt. Von speziellen Formen des rohen Spiels und dem damit jeweils verbundenen Strafmaß steht dort nichts. Es handelt sich also offenbar um öffentlich nicht zugängliche Informationen.

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86 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Ich finde auch das bei Einwürfen zu viel unnötiger terror gemacht wird, allerdings möchte ich noch
    zwei Dinge sagen die bei euch etwas unter gingen:

    1) Einwürfe ab ~20 m vor dem Tor sind gerade im Amateurbereich bessere Torchancen als Ecken. Ich fand sie als Verteidiger immer deutlich unangenehmer als Ecken, denn hier hat man eröhte Elfmetergefahr (also auch Elfemterchance) und da ist es wirklich ärgerlich wenn die in die falsche Richtung gehen.
    2) Als Spieler hab ich mich immer besonders geärgert wenn ich grade ne Menge Energie aufgebracht habe um dem Gegner den Ball grade noch an den Fuß zu spitzeln und damit den Ball zu gewinnen und der Schiri gibt ihn dann nicht. Da kann ich dann größeren Ärger schon nachvollziehen.

  2. btw Stieler heute mit dem bestmöglichen Schiedsrichterleistung: Ich hab ihn nur als er Alonso Gelb gibt bemerkt und ansonsten war er völlig unsichtbar.

  3. Zur roten Karte von Hoffenheims Sebastian Rudy:
    Das Foul an sich scheint unstrittig mit „mindestens gelb“ bewertet werden zu müssen. Ich würde hier den Rechenschieber rausholen und zu „mindestens gelb“ noch mal „gelb“ für den taktischen Wert des Fouls hinzuaddieren. Und käme dann auf gelb+gelb=rot.
    Ist so ein Aufsummieren innerhalb eines Vergehens überhaupt eine Option für den Schiedsrichter?

    Ich hoffe doch! Denn ich finde, dass Fouls von hohem taktischen Wert leider eher als Kavaliersdelikt denn als Unsportlichkeit wahrgenommen werden. Warum geht Rudy denn hier mit dieser Alles oder Nichts-Aktion in den Zweikampf? Weil er lieber vom Platz geht als dass der Gegner diesen Konter zu Ende spielen darf!

    Hier wird nun argumentiert, dass die rote Karte für das Spiel entscheidend war. Natürlich war sie das. Aber das Foul war doch auch von immenser Wichtigkeit. Ähnlich wurden die Verhältnisse von Kieslings Foul vor dem Platzverweisskandal verdreht. Kiesling hat mit seinem Foul vor allem darauf abgezielt, dem Gegner eine gute, vielleicht spielentscheidende Torchance zu nehmen. Dass diese Annahme der guten Torchance zutrifft, sieht man daran, dass das Tor dann sogar trotz Freistoß noch erzielt werden konnte. Wenn man sich danach über 5,80m aufregt, kommt das für mich so rüber als ob in den Regeln steht: „Eine Torchance kann verhindert werden indem man dem Gegner ein Bein stellt. Dann geht es nämlich mit Freistoß weiter.“ Denn hier war es so, dass sich die Unsportlichkeit mal nicht ausgezahlt hat.

  4. Ich hätte gerne noch Eure Meinung zur 60. Minute im Spiel #b04bvb gehört, in der Bellarabi nach einem Foul von Sokratis diesem ins Gesicht fasst. Zwayer gab Bellarabi die gelbe Karte. Ich würde das durchaus als feldverweiswürdiges Verhalten einstufen, auch wenn Zwayer das anders gesehen hat. Ich persönlich fand es auch erstaunlich, dass diese Szene in der Berichterstattung nachher gar nicht mehr berücksichtigt wurde.

      • Merci. Ich persönlich sehe keinen Unterschied zwischen Ohrfeige/Anspucken/ins Gesicht fassen.
        Zum Videobeweis noch kurz ein Wort: Der Schiedsrichter sollte entscheiden, ob und wann er ihn anfordert und dies auch durch eine klare Geste auf dem Platz kommunizieren. Beim Rugby zeichnet er mit beiden Händen ein Rechteck in die Luft. Zur Frage, wie weit zurück man geht, um die Rechtmäßigkeit eines Tor zu überprüfen (oder ggf. andere Szenen), da wäre ein dauerhafter Ballbesitzwechsel ein Punkt, den man nehmen könnte.

        Vielen Dank für Eure offene, sachliche Arbeit.

        • Ich habe die konkrete Szene noch weniger vor Augen und möchte nur rein abstrakt anmerken:

          Ich sehe durchaus einen Unterschied zwischen Ohrfeige/Anspucken/ins Gesicht fassen. Allein letzteres kann nämlich auch aus Versehen erfolgen. Und zwar sowohl komplett unabsichtlich (ich wollte den Gegenspieler nicht anpacken) als auch verunglückt (ich wollte ihn z.B. eigentlich bloß an der Schulter anpacken).

          Deshalb möchte ich da gerne einen weiten Ermessenspielraum des Schiedsrichters sehen.

          Bei Ohrfeige/Anspucken gibt es den nicht. Das ist denklogisch immer Absicht („immer“ wie immer halt so ist). Beim ins Gesicht fassen kann Fahrlässigkeit vorliegen (also das, was die Abseitsauslegung als „Absicht“ definiert, der Seitenhieb sei mir gestattet). Und ich persönlich finde, dass der Schiedsrichter es bei einer Aktion, bei der er selber nach seiner Wahrnehmung zu dem Schluss kam, dass fahrlässig ins Gesicht gegriffen wurde, es bei einer Verwarnung belassen sollte. Letzteres kann man natürlich anders sehen. Aber dann braucht das aus meiner Sicht jedenfalls erhöhten Begründungsaufwand.

          Wo ich allerdings wohl sowohl mit Dir als auch – wenn ich ältere Äußerungen von ihm zu Grunde lege – mit dem feinen Hörrn Feuerherd konform gehe: Absichtliches ins Gesicht fassen ist aus meiner Sicht eine Tätlichkeit und sollte viel konsequenter mit Rot bestraft werden (dann würde das auch schnell aufhören). Ich vermute, genau das ist das, was Du eigentlich meinst?

          • Eigentlich wollte ich da jetzt nicht tagelang drauf rumreiten, aber Sternburg, du hast vollkommen Recht, sowohl was Deine Abstraktion angeht, als auch die Annahme, dass es kein Versehen war. ich glaube übrigens durchaus auch, dass eine Ohrfeige unabsichtlich geschehen kann, wie damals der Busenwischer bei Bibiana Steinhaus. Ein Foto gibt die Szene natürlich nur ungenügend wieder, wenn ich mich recht erinnere, greift Bellarabi nicht nur ins Gesicht, sondern auch mit den Fingern zu.
            http://pbs.twimg.com/media/CbwOmmCW0AEA65s.jpg

    • Für mich sah die Szene Bellarabi-Sokratis wie folgt aus:

      Sokratis erwischt (absichtlich oder unabsichtlich – egal) Bellarabi leicht, als dieser über ihn wegsteigen möchte um dem Ball hinterher zu jagen. Das bringt Bellarabi zu Fall. Woraufhin dieser sich erzürnt. Ein nicht ganz nachvollziehbarer Zorn – ich würde das auf steigende Frustation zurückführen. Das folgende Kopf an Kopf verleitet Bellarabi zu einem Griff/Schlag/Wischer ins Gesicht. Durchaus rotwürdig, meine ich als Bayer-Fan. Wäre Sokratis schmerzverzerrt zu Boden gesunken, hätte das auf weiter entfernt stehende Menschen evtl. einen schlimmeren Eindruck gemacht. Sokratis als griechische Eiche, blieb stehen und so sah das vielleicht nicht ganz so wild aus und so war es nur Gelb.

      Zur Erklärung möchte ich noch etwas hinzufügen, was dem geneigten Fussball-Fan, der nicht Anhänger der Werkself ist, vielleicht nicht bekannt ist, aber zum Verständnis der Szene beiträgt. Man hat während des Spiels deutlich gemerkt, dass sowohl Publikum als auch Mannschaft Sokratis gegenüber ein kleine Antipathie zur Schau zeigten. Dies hat folgenden Hintergrund. Vor der Saison 2014/15, als Sokratis Werder Bremen verließ, stand er bei Bayer als Neuzugang praktisch fest. Alles war geklärt, der Spieler stand im Wort bei den Bayer-Verantwortlichen. Und entschied sich in letzer Sekunde doch zu Borussia Dortmund zu gehen – und wurde damit wortbrüchig. Aus Spieler- und Profi-Sicht sicherlich eine nachvollziehbare Entscheidung – wer will schon im ruhigen und beschaulichen Leverkusen spielen, wenn er regelmäßig im ausverkauften Hexenkessel des Westfalenstadions spielen kann? Trotzdem ist Sokratis bei der Bayer-Anhängerschaft seitdem „unten durch“. Und offenbar auch bei der Mannschaft. Meiner Ansicht nach, mit dem Hintergrundwissen, konnte man das ein wenig merken… Und erklärt auch ein wenig, warum Bellarabi bei dem Spieler ein wenig aufbrausender war, als die Szene eigentlich hergab… Ich will es aber nicht gut heißen. Nur erklären.
      LG…ode.

  5. Gerade wurde Donati von Mainz des Feldes verwiesen, da er nach einem „Auffahrunfall“ dem Darmstädter Sandro Wagner nachgetreten hat.

    Für mich war es jedoch kein zufälliger Auffahrunfall, sondern für mich durchaus beabsichtigt von Wagner.

    Möchten wir mal zurückdenken an ein anderes Spiel von Darmstadt, nämlich das Spiel in Gladbach. Unsportliches taktisches Foul im Rücken des Schiedsrichters durch einen Darmstädter, Granit Xhaka tritt ebenfalls nach, SRA hat es gesehen, Xhaka wird des Feldes verwiesen, Darmstädter bekommt gelb.

    Warum passieren solche Dinge immer mit Darmstadt, im übrigen für mich ein Bestärker für mich, dass der Auffahrunfall von Wagner eben in Mainz nicht unabsichtlich war?

    Es handelte sich in beiden Spielen um Schiedsrichter Benjamin Brand, der mir in seiner Debütsaison in der Bundesliga sehr gut gefällt und in beiden Fällen durch seinen SRA informiert wurde, was passiert war, da er beides nicht gesehen hatte.

    • Wenn ich es richtig im Kopf habe, war das taktische Foul im Rücken des SR bei Gladbach – Darmstadt auch Sandro Wagner.

    • Als glühender Gladbach-Fan empfand ich damals die Bewertung mit Gelb für den Provokateur und Rot für den sich mal wieder provozieren lassenden Xhaka völlig richtig und angemessen.

  6. Hallo Erben,
    ein kurzer Hinweis zu den „verrohenden Sitten“ der Spieler im Fußball. Letztlich sind es die Schiedsrichter selbst schuld, wenn der „Lärmpegel“ seitens Spieler und anderer Funktionäre so zugenommen hat. Mit nicht nur gradlinigen Entscheidungen, unfassbar schlechten Entscheidungen nach haarsträubenden Fehler etc. darf es nicht verwundern, wenn Spieler ihren Unmut äußern. Typisch an dieser Stelle der Satz der Schiedsrichter: „Aus meiner Position konnte ich das nicht wo sehen.“, während alle anderen Stadionbesucher das gesehen haben (wollen).
    Autorität bekommt man doch mehr durch knallhartes Durchgreifen als durch: mal pfeife ich das, in anderen Spielen pfeife ich das nicht. Ich nenne das Problem hausgemacht!
    Ich habe in anderen Sportarten jahrelang wettkampfmäßig gespielt und kann berichten, dass dort deutlich mehr Respekt vor Schiedsrichterentscheidungen herrscht. Die traut sich niemand zu diskutieren, falls doch gibt es wegen unsportlichen Verhaltens gleich eine Zeitstrafe.
    Am Wochenende habe ich das Spiel vom KSC gegen Düsseldorf im Stadion gesehen und ich muss sagen, dass Herr Sippel so wahnsinnig schlecht mehrfach entschieden hat, da muss er sich wundern, dass das Spiel nicht stimmungsmäßig explodiert hat. Für Düsseldorf ging es dieses Mal um extrem viel und der Schiedsrichter hat Wort gehalten die schlechte LiniE gegenüber der Mannschaft aus Düsseldorf in dem Begegnungen zuvor fortzusetzen. Abseitspfiffe, Foulspiele ohne Ahndung wovon eins zum Gegentor führte, 2 ziemlich klare Elfmeter nicht gegeben… das merken sich die Spieler doch und beim nächsten Spiel knallt es dann viel früher. Also: hausgemacht!!!

    • Hallo Michael Lassig,

      Letzenendlich kann der Schiedsrichter nur verlieren.

      Folgende Beispiele:
      Foulspiel an einem Spieler, SR lässt Vorteil laufen, Ball geht später ins aus. Der Spieler (+ggfs. Einige umstehende Mitspieler) beschweren sich, warum das Foulspiel nicht gepfiffen wurde.
      Pfeift man jedoch o.g. Foulspiel fangen die Spieler der gleichen Mannschaft an zu meckern. Man kann es ihnen halt meistens nicht Recht machen, wie man’s macht, macht man es verkehrt.

      Außerdem ist es, egal, wie „schlecht“ ein SR pfeift, nicht richtig, dass für alles der Schuldige immer der SR ist. Dass die Mannschaft (ich habe das von dir genannte Spiel nicht gesehen) genug Chancen hatte (in dem Fall jetzt gehabt haben könnte, ich weiß es nicht) die einfach nicht genutzt wurden.

      Spieler, die sich beschweren (mir fällt da gerade als Beispiel ein Interview mit Kevin Großkreutz ein), dass bei Fehlern der Spieler die Zuschauer anfangen, über die Spieler zu schimpfen, es aber auf der Anden Seite total normal finden, sich über SR-Entscheidungen, auch ein sie richtig waren und nur mit der „Vereinsbrille“ einen Fehler sehen, auszulassen.

      Nochmal auf Herrn Völlers Reaktion im Sky Interview nach dem Spiel Leverkusen Dortmund:
      Ja, es war eine Fehlentscheidung, die Felix Zwayer mit der Entscheidung auf weiterspielen beim dem Hamdspiel getroffen hat, das bezweifelt und bestreitet glaube ich niemand
      ABER:
      er beschwert sich, dass der Moderator die Weigerung von Schmidt, den Innenraum zu verlassen künstlich aufbauscht, bauscht aber selber die Entscheidung von Herrn Zwayer aus meiner Sicht übertrieben auf, das Spiel zum einen zu unterbrechen und das Handspiel nicht als solches geahndet zu haben.

      Dass Felix Zwayer mit der Entscheidung, den Freistoß so ausführen zu lassen, seinen Ermessensspielraum (siehe DFB Lehrbrief) ausgenutzt hat, und keinen Fehler gemacht hat, ist für ihn vollkommen irrelevant. Auch dass Zwayer nach der Weigerung weisungsgemäß vorgegangen ist, interessiert ihn nicht, sondern er wirft Herrn Zwayer vor, damit diese Weigerung vollkommen überstrapaziert zu haben.

      Er selber macht was, was er vom Moderatot so nicht möchte, unverständlich!

      Aber zurück zu deiner Ausführung:
      Wie gesagt, man kann es den Mannschaften nicht recht machen, wie man es macht, macht man es verkehrt und immer, egal ob Entscheidung richtig oder falsch, IStR er SR der Schuldige. Aus meiner Sicht ein Unding. Ein schlechte Spielleitung mag das ganze noch steigern, aber „Palaber“ hat man generell, vor allem in den Amateurspielklassen.

    • Ich verstehe die Argumentation nicht ganz…

      Ist das Problem hausgemacht, weil die Schiedrichter nicht durchgreifen oder weil sie falsch entscheiden?

  7. Liebe Erben,

    allgemeine Frage zu einer zwar nicht alltäglichen, aber dennoch nicht ganz ungewöhnlichen Situation im niedrigen Amateurbereich:

    Eine Mannschaft liegt Mitte der zweiten Halbzeit mit zwei Toren zurück und Frust macht sich breit. Mehrere Spieler fangen an, sich mannschaftsintern in Hörweite des Schiedsrichters übel zu beschimpfen, was ja eigentlich als grobe Unsportlichkeit mit Feldverweisen zu ahnden gewesen wäre. Der Schiedsrichter ist sich aber der Tatsache bewusst, dass er nun 3 Spieler auf einmal vom Platz stellen müsste und belässt es bei einer energischen letzten Ermahnung. In der Folge legt sich die Aufregung und die Partei kann mit 11 gegen 11 beendet werden.

    Meines Wissens nach wurde die Aktion vom Schiedsrichterbeobachter nicht bemängelt. Hat der Referee eurer Meinung nach richtig gehandelt?

  8. Hallo nochmal!

    Sehr interessante Diskussion um gelbe und rote Karten auch für Trainer! Da wir ja kürzlich auch Regeln aus dem Handball diskutiert haben, vielleicht noch eine Anmerkung dazu – wieder aus dem Handball: Dort kann ein Trainer auch „persönliche Strafen“ bekommen, die teilweise dann aber auf die Mannschaft zurück fallen. So gibt es gelbe und rote Karten ebenfalls für die Trainer. Gelbe Karten haben die Auswirkung, dass eine Mannschaft (und da ist der Trainer eingeschlossen) im gesamten Spiel maximal drei gelbe Karten erhalten kann. Danach gibt es für „gelbwürdige“ Vergehen eine Zwei-Minuten-Strafe. Wenn bsw. ein Trainer eine Zwei-Minuten-Strafe bekommt, dann muss ein Spieler vom Feld für die Dauer der Strafe. Dies sorgt meiner Ansicht nach dafür, dass der Trainer sich deutlicher als Teil der Mannschaft begreift. Denn auch sein Verhalten ist Teil der Mannschaft, da seine Strafen auch Auswirkungen auf das Team haben.

    Dies nur als Gedankenanstoß.

    LG…ode.

    • Hallo ode,

      danke für den Hinweis, wie dies im Handball geregelt ist. Finde ich persönlich gar nicht schlecht und fände es auch für den Fußball eine gute Möglichkeit. Dazu müsste man dann zwar noch überlegen, wie man das mit der gelben Karte und der Auswirkung für den Trainer macht (5 gelbe Karten –> 1 Spiel Pause?), da es ja keine Zeitstrafe oder Mannschaftskartengrenze (abgesehen von der Spieleranzahl, die ja auch die maximalen Karten festlegt) im Fußball gibt.

      Vg

    • Hallo Ode,

      die gelbe Karte für die Offiziellen zählt nicht zu den drei gelben Karten, welche eine Mannschaft maximal erhalten darf. Diese kann separat nur einmal für alle Offiziellen vergeben werden.

      Grüße

  9. Alex, kannst Du Deine Erklärung zu den Schiedsrichter-Bewertungen nochmal konkretisieren?

    Grundsätzlich werden keine Bildaufzeichnungen herangezogen wegen der Chancengleichheit. Das habe ich verstanden. Aber wie ist das im Profi-Bereich, wo von ausnahmslos jedem Spiel eine Video-Aufzeichnung existiert? Ist auch da der unmittelbare Eindruck des Beobachters auf der Tribüne für die Bewertung (nicht: Für späteres Coaching) maßgeblich oder darf dort das Bildmaterial einfließen? Das wurde mir nicht ganz klar.

    • Sorry, dass ich das nicht deutlich gemacht bekommen habe. Im Profibereich ist die Videoaufzeichnung elementarer Bestandteil des Coachings nach dem Spiel, und die Bilder sind für die Bewertung auch relevant.

      • Kein Grund zur Entschuldigung. Dafür sind doch Kommentarspalten da.

        Und danke der Klarstellung.

        Gibt es eigentlich bei diesen Bewertungen auch das Problem der Zeitlupen-Darstellung z.B. bei der Menschenführung der Spieler durch den Schiedsrichter? Gerade Mimik (aber auch Gestik) kann doch in Zeitlupe und auf der Mattscheibe teilweise weitaus dramatischer rüberkommen als für den realen Gegenüber, oder nicht?

        • Den Coaches wie den Schiedsrichtern wird schon klar sein, dass die verlangsamte Wiederholung manches verzerrt, sowohl bei Spielszenen als auch bei der Körpersprache. Letztlich geht es bei der Videoanalyse ohnehin nicht nur darum, bei Einzelentscheidungen zu überprüfen, ob sie nun richtig oder falsch waren. Vielmehr wird die Spielleitung als Gesamtkunstwerk in den Blick genommen. Einzelne Entscheidungen fügen sich dann dort ein (oder je nachdem eben auch nicht).

  10. Hallo Zusammen,

    erst einmal ein DANKE für eure Arbeit und den schönen Podcast.

    Auch wenn es bereits ausgiebig diskutiert, möchte ich noch einmal auf #LEVBVB zurückkommen.

    Als Leverkusener und SR (zwar in einer anderen Sportart – BB) schlagen da zwei Herzen in meiner Brust, wobei das SR Herz die klare Oberhand gewinnt.

    Ein Aspekt wurde aber meiner Meinung nach, fast noch garnicht beleuchtet. Der vierte Offizielle! Wo war dieser in der Situation? Wäre es nicht ein einfaches gewesen, sich vor Schmidt aufzubauen und ihm die Entscheidung von Zwayer zu erklären / zu „übermitteln“ (im BB haben wir die Devise: Frage/Antwort ja; Diskussion nein). Zwayer hätte sein Gesicht nicht verloren (sich herzitieren lassen) und Schmidt hätte seine Begründung bekommen.

    Dies ist für mich auch aus dem Gesichtspunkt unverständlich, da gefühlt die vierten Offiziellen viel zu oft proaktiv auf die Trainer zugehen um den Trainern Einhalt zu gebieten (mir fällt nicht besseres ein). Häufig denke ich, was macht der vierte Offizielle da schon wieder. Sobald ein Trainer sich beschwert und den ‚Jesus‘ macht, springt der vierte Offizielle auf und steht neben dem Trainer. Wieso so häufig?

    Und jetzt? Wenn man mal einen vierten Offiziellen braucht, ist er nicht da und man geht lieber in die Kabine.

    Gruß

    P.S.: Auch ich bin aber der Meinung, ab dem Augenblick wo Zwayer den Spielführer zur Kommunikation nutzt, hat er keine andere Wahl wie geschehen. Davor hätte er meiner Meinung nach die Möglichkeit gehabt zu Schmidt zu gehen (denn die Alternative ist deutlich schlimmer – Schmidt geht zu Zwayer).

    • Der Vierte Offizielle und Schmidt hatten in diesem Spiel viel miteinander zu tun, und der Kollege hatte schon diverse Male auf den Trainer eingewirkt. Der Innenraumverweis war letztlich nicht zuletzt eine Folge davon, dass der Vierte Mann seine Möglichkeiten ausgeschöpft hatte. Da wollte Schmidt dann gewissermaßen den Chef persönlich sprechen. Aus eigener Erfahrung – denn im Amateurbereich ist es in dieser Hinsicht nicht viel anders als in der Bundesliga – möchte ich außerdem anfügen, dass Spieler und Trainer, für die das Spiel vorzeitig beendet ist, in aller Regel sehr gut wissen, warum ihnen gegenüber eine Konsequenz gezogen wird. Schmidt war bereits ermahnt und vom Vierten Offiziellen verschiedentlich zur Mäßigung aufgefordert worden. Wenn er dann nach dem Innenraumverweis mehrmals laut »Warum muss ich hoch?« ruft, ist das mehr eine Selbstviktimisierung als eine ernst gemeinte Bitte um eine Begründung.

  11. Moin.

    Ihr habt auf Twitter den Artikel zum Rücktritt von Marija Kurtes verlinkt. Da ich keinen Twitter-Account habe, schreibe ich es hier: Ladet die Frau doch mal in euren Podcast ein. Sie hat ja offenbar Interesse daran, Gehör zu finden, und ihr habt inzwischen einiges an Reichweite. Es dürfte interessant sein, was sie zu erzählen hat.

    Generell haben sich Collinas Erben, denke ich, inzwischen als feste Größe in der deutschen Fußballlandschaft etabliert. Das ließe sich doch bestimmt nutzen, um ab und an auch mal einen Gast dazuzuholen. Vielleicht wollen Fandel und Krug ja auch mal mit euch plaudern. Fragen kostet nix. :p

  12. Ihr Lieben, ich bin auf der Webseite der Schweizer Boulevardzeitung Blick über folgende Szene aus einem deutschen Regionalligaspiel (Regionalliga Nordost) gestolpert:
    http://www.blick.ch/sport/skandal-in-der-deutschen-regionalliga-schiri-schubst-spieler-um-id4801812.html
    Der Schiedsrichter übersieht offenbar zunächst ein Handspiel und entscheidet auf Vorteil für das Team des vermeintlichen Handspiel-Sünders. Dessen Angriff wird mit einem (mutmaßlichen) Foul im gegnerischen Strafraum gestoppt, der Schiri will zunächst auf Strafstoß entscheiden, will dann aber, nach Beratung mit seinem Assistenten das zuvor nicht geahndete Handspiel bestrafen – und schubst dann noch einen Spieler um. Nun ja, der fällt auch oscar-reif um, aber das war – zumindest nach dem Eindruck des Videos – mehr als die „Kirchner-Faust-auf-der-Brust“. Falls Ihr Zeit dafür findet, wäre ich auf eure Bewertung dieser, zugegeben komplexen Szene, neugierig. Danke.

      • Wenn ich dazu eine Meinung äußern darf: Ich finde das ist grundsätzlich eher ein Beispiel für gute Kommunikation im Gespann und die Größe, einen Fehler auch einzugestehen und zu korrigieren.

        Er hat es halt nicht gesehen und lässt sich bei der erstbesten Gelegenheit vom Assistenten darüber unterrichten, was er gesehen hat. Warum nicht?

        Ob das die Fußballregeln hergeben, dass er so spät den eindeutig ausgeworfenen Vorteil noch zurücknimmt, das kann ich natürlich nicht beurteilen. Ich gehe jetzt einfach mal davon aus.

        Schön wäre es natürlich, wenn der Schiedsrichter in einer solchen Situation Verständnis für die nun wirklich nachvollziehbare Aufregung der Spieler zeigt und dem Kapitän und/oder Trainer diese erst einmal schwer zu verstehende Entscheidung ruhig erläutert. Wie man das im Eishockey oder Rugby sehen würde. Dazu muss man aber leider auch sagen, dass der „fußballkulturelle Code“ dies gegenüber Menschen, die sich normalerweise absolut nicht in eine Haltung begeben, in der sie einer Erklärung empfänglich sind, dies nicht gerade unterstützt. Ich würde mir dies in dieser Situation also wünschen bis fordern, habe aber auch ein gewisses Verständnis dafür, wenn man es resigniert eher lässt.

        Was natürlich nicht geht, das ist der Schubser. Und da spielt das freundschaftliche Verhältnis des Spielers zur Gravitation eine untergeordnete Rolle. Weil der Schiedsrichter ihn zu dieser – mit Verlaub peinlichen – Einlage einlädt. Das ist kein resolutes Auftreten mehr, das hat auch nichts, aber auch gar nichts mit der z.B. von Kirchner bekannten Gestik zu tun, das ist einfach aufbrausend. Und das ist das allerletzte, was einer Spielleitung förderlich ist.

        Bei einem Spieler wäre das bei mir zwar nicht rot, aber doch dunkelgelb.

        Wenn Ihr das behandelt, dann würde ich ich mich sehr freuen, wenn Ihr auch für meine Google-Faulheit rausfindet, wie das ganze für den Schiedsrichter ausgegangen ist.

  13. Werdet ihr was zur Schiedsrichterleistung im Spiel Braga-Fenerbace sagen?
    Da mangelte es ja nicht an diskussionswürdigen Szenen.
    Ich fänds interessant eure Meinung dazu zu hören.

  14. Hallo zusammen,

    ich habe noch eine Anmerkung zum Thema der immer mehr verrohenden Sitten in der Bundesliga und im Fussball im Allgemeinen:
    Für mich widerspricht sich die Aussage von Fandel und Lorenz hier nicht. Nur weil es bei jeder Entscheidung, sei sie noch so unbedeutend, Terz seitens der Spieler und Offiziellen gibt heißt das ja nicht, dass es deshalb mehr Sportgerichtsurteile gibt. Ich glaube, und da zähle ich mich selbst dazu, dass wir Schiedsrichter nur ein dickeres Fell und eine größere Toleranzgrenze entwickelt haben, was verbale Attaken betrifft. Klar, Beleidigungen können noch immer nicht überhört werden, aber ich denke, dass früher ein Trainer bspw. schneller auf die Tribüne geschickt wurde als heute. Was auch dazu kommt, dass die heutige Schiedsrichtergeneration weniger Mumm hat, auch mal einen heftigeren Spruch ggü. Spielern und Trainern los zu lassen. Erst wurde bei uns in der Gruppe ein Kollege vom VERBANDSsportgericht „Verwarnt“, weil er zu einem Spieler „Hau ab jetzt“ gesagt hat… Aber wenn zu uns jemand in diesem Ton spricht, man vielleicht durchgreift und den Spieler vom Platz stellt heißt es direkt wieder „Das war überzogen“.
    Selbst von Dir Alexs wurde mal in einer der ersten Folgen gesagt, dass der Ton auf dem Platz nicht immer 100%ig freundlich ist und Du das auch selbst so praktizierst. Ich selbst im Übrigen seit dem Urteil nicht mehr. Ich bin nun mehr als vorsichtig, was ich sage.

    Das wollte ich nur mal los werden :)

    Viele Grüße aus dem Süden
    Andy

  15. Komisches Erlebnis beim Freizeitkick. Im körperbetonten Zweikampf eng an eng setze ich auf einmal auf meinen Hosenboden. So was passiert. Blöd war nur, dass der Ball genau unter den Kniebeugen beider akkurat parallel ausgerichteter Beine zu liegen kam und dadurch eingeklemmt war. Nicht mit Absicht, aber eben wirksam. Intuitiv war uns allen klar, dass das jetzt einen Freistoß für den Gegner hätte geben müssen. Stichwort: „Ball eingeklemmt“ oder so.

    Hätten wir mit Schiri gespielt, wie hätte er denn hier entscheiden müssen?

    PS: wir haben einfach weitergespielt. Der Gegner geht zwei Schritte zurück, ich gebe den Ball rüber und gut ist.

    • Wenn das Einklemmen des Balles dazu führt, dass der Ball für den Gegner nicht spielbar ist, gibt es einen indirekten Freistoß. Aber so, wie ihr es gelöst habt, ist es natürlich viel schöner.

      • „Der Gegner geht zwei Schritte zurück, ich gebe den Ball rüber und gut ist.“

        Ist das nicht das genau selbe Ergebnis wie bei einem indirekten Freistoß?

        Ich will damit nicht die Rührung auflösen. Ich möchte anmerken, dass auch die Regeln manchmal so sind, wie man es ohne Regeln entscheiden würde. Also gut sind.

  16. Noch eine Frage zu Einwürfen. Mitunter wird ein Einwurf, damit es schnell geht oder aufgrund anderer Vorteile, von weit außerhalb des Spielfelds ausgeführt. In der Bundesliga eher weniger, weil den Spielern hier immer flink ein neuer Ball zugeworfen wird. Aber auf Amateurplätzen müssen sich die Spieler die Bälle eben meist selber holen. Dann wird beim Rückweg kurz geschaut und gerne mal mit drei, vier, fünf Metern Abstand von der Seitenlinie eingeworfen.

    ist das Regelkonform? Was wäre, wenn der Ball vom Einwurf gar nicht ins Feld fliegt, sondern einfach draußen bleibt?

    • Lange Zeit gab es in einer solchen Situation eine Wiederholung des Einwurfs für dieselbe Mannschaft, inzwischen ist es aber zulässig, den Ball quasi von der Aschenbahn aus einzuwerfen. Sollte der Ball auf dem Weg zum Spielfeld »verhungern«, bekommt dieselbe Mannschaft einen weiteren Versuch, weil der Ball noch gar nicht im Spiel war.

  17. Lieber Alex,

    Habe ich das richtig erkannt, warst du am Sonntag beim Spiel SC Brühl gegen SG GFC Düren 99 als Beobachter anwesend? Falls du es wirklich warst, könntest du mir folgende Fragen beantworten, das wäre sehr genial, weil ich gerne deine Meinung hören würde.

    1. Ich habe dich in Hz 2 auf der gegenüberliegenden Tribüne erkannt (ich bin Betreuer bei Düren 99). Wo warst du in der ersten Halbzeit?
    2. Wie fandest du den Schiedsrichter des Spiels? Ich persönlich fand, er hatte keine klare Linie in seinen Entscheidungen und hat klar zugunsten von Brühl gepfiffen, auch wenn ich dachte, dass das Foulspiel, das zum Elfmeter führte, vor dem 16er war.

    Vielen Dank für deine fachliche Meinung

    • Hallo Rarreht, ja, ich war in Brühl als Schiedsrichter-Beobachter angesetzt. In aller Regel (so auch am Sonntag) beziehe ich in der ersten Hälfte hinter dem einen Assistenten meinen Platz und wechsle dann nach der Pause hinter den anderen. Was die Einschätzung der Leistung des Referees betrifft, sind die offiziellen Beobachter gehalten, darüber nicht öffentlich zu sprechen. Und dies umso mehr, als der Kollege den schriftlichen Beobachtungsbericht noch gar nicht bekommen hat (wohingegen das mündliche Coaching wie üblich nach dem Spiel in der Kabine stattfand). Deshalb bitte ich dich um Nachsicht, dass ich zu dieser Frage nichts sagen möchte. Zu deinem Eindruck, der Referee habe »klar zugunsten von Brühl gepfiffen«, aber vielleicht so viel: Ich habe in diesem Spiel ingesamt 34 Freistöße wegen Vergehen nach Regel 12 gezählt. Davon bekam Brühl 15 zugesprochen – und Düren 19. Hinzu kam ja noch der Strafstoß für euch.

      • Danke für deine Amtwort. Habe natürlich Verständnis, dass du die Anweisung umsetzt.

        Allerdings sagt die Anzahl an Freistößen nicht zwingend etwas darüber aus, ob eine Mannschaft bevorzugt wurde, so fand ich, dass Brühl deutlich unfairer gespielt hat als wir, aber eine Pfiffe gegen uns waren aus meiner Sicht überzogen, und einige Pfiffe für uns blieben aus, daher mein persönlicher Eindruck.

        • Ist vielleicht eine Frage der Interpretation, aber wenn mir jemand sagt, ein Schiedsrichter habe klar (!) zugunsten einer Mannschaft gepfiffen, diese Mannschaft jedoch a) weniger Freistöße als der Gegner erhalten hat, b) einen Strafstoß gegen sich gepfiffen bekommen hat und c) die Partie ab der 75. Minute wegen eines Platzverweises mit einem Spieler weniger bestreiten musste, hinterfrage ich diesen Eindruck dann doch. Ich hatte ihn als neutraler Zuschauer jedenfalls nicht, aber das ist gewiss immer auch eine subjektive Sache.

  18. Was sagt Ihr eigentlich zu den Kölner Protesten, dass es unfair ist, dass Hoffenheim vor dem Tor nicht den Ball ins Aus gespielt hat. In der Nachspielzeit bei einem erfolgsversprechenden Konter. Klar in einer heilen Welt hätte man es tun sollen, aber in der Szene wäre es schon (zu) viel verlangt. Bin der Ansicht, dass allein der SR die Partie unterbrechen soll, zumal ja oft die Spieler der führenden Mannschaften den sterbenden Schwan markieren und damit meine ich ausdrücklich nicht den Kölner. Aber bei Dante am Freitag gegen Leverkusen war es doch ziemlich offensichtlich, dass er nichts hatte.

  19. Hallo zusammen,

    ich habe eine Frage zu der Situation, die beim Spiel Wolfsburg – Real zum Elfmeter geführt hat. Das Problem hierbei war ja, dass der Woflsburger Spieler (Schürrle??) eine Schussbewegung macht und mit dem ausholenden Bein am Gegenspieler „hängenbleibt“. Ist sowas denn immer ein Foul? Es gibt doch sicher auch Situationen (wozu ich diese spezielle Szene sogar zum Teil zählen würde), in denen man sagen muss, wo soll der Gegenspieler denn hin? Der Spieler Reals muss doch nah am Wolfsburger sein, immerhin ist es eine Szene im Strafraum, und er hat sein Bein jetzt nicht bewusst in die Bewegung des Wolfsburger Spielers gehalten, handelt es sich da dann trotzdem um ein Foul und der verursachende Spieler hätte einfach „ausweichen“ müssen, um den Elfmeter zu verhindern?

    Und auch wenn diese Szene vielleihct relativ eindeutig gewesen sein sollte, gibt es da eine Regel, wann eine solche Situation ein Foul ist und wann nicht?

    • Für den Schiedsrichter wird es auf dem Platz und ohne diverse Zeitlupen kaum möglich gewesen sein, exakt zu sehen, ob Schürrle da hängen geblieben ist oder ein Bein gestellt bekommen hat. Vom Fallmuster her sah es nach Letzterem aus, deshalb konnte ich es nachvollziehen, dass Rocchi auf Strafstoß entschieden hat. Aber wenn man sich die Szene dann noch einmal genau ansieht, also das Zeitlupenwissen bemüht, dann muss man sagen: Der Verteidiger hat hier eigentlich nichts unternommen, um Schürrle zu Fall zu bringen, vielmehr hat sich Schürrle tatsächlich einfach verhakt, den Kontakt also letztlich selbst herbeigeführt. Somit wäre es besser gewesen, weiterspielen zu lassen.

      • Danke für die schnelle Antwort.

        Dass es für den Schiedsrichter nahezu unmöglich war zu sehen, ob hier wer wen zuerst berührt hat ist sowieso klar natürlich.

        Mich hat es nur gewundert, weil ich in der Berichterstattung immer von einem korrekten Pfiff gehört/gelesen habe, was aber meinem „Gerechtigkeitsgefühl“ ziemlich widersprochen hat, eben weil der Verteidiger ja „nichts macht“.

      • Hallo, Alex,

        ehrlich gesagt, hatte ich genau das umgekehrte Gefühl.

        Bis zur Halbzeit habe ich gedacht, kein Elfmeter.

        Aber als ich dann die Zeitlupe, die das ZDF in der Halbzeitpause gebracht hat, gesehen habe,

        (http://www.zdf.de/ZDFmediathek/beitrag/video/2711604#/beitrag/video/2711604/Champions-League-Sendung-vom-6.4.2016
        ab 65:50)

        fiel mir sofort der Strafstoß im Spiel Griechenland – Elfenbeinküste bei der WM 2014 ein .

        (https://www.youtube.com/watch?v=sI2hVkjAh70 ab 1:38)

        Euer damaliger Kommentar: „korrekter Strafstoß – großartig gesehen“ (s. Collinas Erben Folge 55 ab 1:38:50).
        Ich habe die beiden o. g. Szenen miteinander verglichen und kommen zum Urteil:

        (Nahezu)IDENTISCH!! (Vor allem, wenn man die Videos stoppt , das erste bei 66:02 und das zweite bei 1:38:12)

        Da du die beiden Situationen anscheinend unterschiedlich beurteilst, würde ich gerne wissen, wo du den Unterschied siehst.

        Mit freundlichen Grüßen

        Joaker

        • Vielen Dank fürs akribische Recherchieren und Heraussuchen! Das sind in der Tat nahezu identische Szenen. Vorab vielleicht so viel: Für einen Schiedsrichter ist es in solchen Situationen kaum möglich, exakt zu erkennen, ob der Verteidiger den Kontakt durch ein Beinstellen (oder einen Tritt) herbeiführt oder ob der Angreifer selbst dafür sorgt, indem er bei seiner Ausholbewegung am Bein des Abwehrspielers hängen bleibt. So etwas ist reines Zeitlupenwissen. Man kann auch darüber streiten, was Ursache und was Wirkung ist. Sofern kein aktives Beinstellen vorliegt, sondern der Verteidiger nur hinter oder neben dem Stürmer läuft und sich dabei ganz normal bewegt, würde ich es ihm nicht vorwerfen, wenn der Angreifer sich bei der Schussbewegung in seinem Bein verhakt. Denn letztlich liegt ja keines der Vergehen vor, die gemäß Regel 12 zu einem Freistoß oder Strafstoß führen.

          Und insoweit muss ich mich nach dem nochmaligen Betrachten der Szene aus dem WM-Spiel und dem Vergleich mit der Szene in Wolfsburg wohl auch korrigieren: Die Aktion des Spielers der Elfenbeinküste war dann doch (ebenfalls) eher kein Foulspiel. Man könnte zwar argumentieren, dass seine Bewegung einen Tick mehr in Richtung Beinstellen geht als die von Casemiro in der Champions League, aber da reden wir über derart geringe Nuancen, dass es kleinkariert wäre, damit einen Unterschied in der Entscheidung begründen zu wollen.

          Für die Schiedsrichter wird es in beiden Fällen ausgesehen haben wie ein Beinstellen, zumal das Fallmuster der Angreifer ein entsprechendes ist. Insofern würde ich ihnen da ohnehin keinen Vorwurf machen. Aber nochmals danke für deine herausragende Aufmerksamkeit. Ich hätte die Szene aus dem WM-Spiel, ehrlich gesagt, nicht mehr im Kopf gehabt.

  20. Hola,

    ich hätte da eine Frage zur gestrigen Partie Atlético gegen Barcelona und Iniestas Handspiel. Unisono waren alle der Meinung, dass das Rot war, weil er eine sichere Chance vergeben hat (der Pass, den Iniesta durch sein Hndspiel verhindert hat, wäre zu einem völlig freistehenden Atlético-Spieler gekommen).
    Ich bin mir da nicht so sicher. Denn es steht nicht fest, ob der Atlético-Spieler den Ball auch so angenommen hätte, dass er eine klare Torchance gehabt hätte. Das war doch vor ein paar Jahren hier schon ein Thema, als ein Stuttgarter kurz vor der Torlinie gefoult wurde und deshalb den Ball nicht anehmen konnte. Damals stand er, wenn ich mich recht entsinne, vor dem leeren Tor, während jetzt ter Stegen noch etwas hätte richten können.

    Ansonsten natürlich der Wahnsinn, dass die SR nicht gesehen haben, dass Atléticos Handspiel im Strafraum war.

    • Sehe ich genauso. Hier wurde noch keine offensichtliche Torchance verhindert, sondern nur deren Entstehung. Das ist der Unterschied zwischen Gelb und Rot. Bei Sahin vs. Niedermeier (diese Szene meintest du) lag der Fall seinerzeit anders, denn Niedermeier hätte den Ball wirklich nur noch aus kurzer Distanz über die Linie drücken müssen.

  21. Guten Tag,

    ich habe eine Frage bezüglich der Situation, die zum Elfmeter für Bayern gegen Bremen geführt hat im Pokalhalbfinale.

    Und zwar frage ich mich immer, wie denn das versucht Beinstellen, das auch als Foul gewertet werden soll denn aussieht. Bei genau dieser Situation Vidal gegen Sternberg könnte man doch argumentieren, dass der Bremer Sternberg versucht hat irgendetwas zu erwischen (Ball oder Gegner) und somit den Verusch des Beinstellens begangen hat. Mir geht es hierbei weniger darum zu argumentieren, der Elfmeter sei berechtigt gewesen und Vidal habe gar keine Schwalbe gemacht, sondern mehr darum für mich zu verstehen, wo denn genau die Grenzen zwischen versuchtem Beinstellen und einer Schwalbe in diesem Fall verlaufen. Also wie genau sehen die Argumente gegen ein starfwürdiges versuchtes Beinstellen in dieser Situation aus?

    Ich hoffe mal wieder, es ist klar worauf meine Frage abzielt :D

    • Gemeint sind damit vor allem Situationen, in denen ein Spieler sein(e) Bein(e) so ausfährt, dass der Gegenspieler hochspringen oder ausweichen muss, um nicht getroffen zu werden, und dabei ins Straucheln gerät bzw. zu Fall kommt. Dieses Hochspringen oder Ausweichen und das damit ggf. verbundene Hinfallen kann gleichzeitig eine Grauzone eröffnen, in der die Abgrenzung schwierig ist, denn es sind durchaus Situationen denkbar, in denen sowohl ein versuchtes Beinstellen als auch eine Schwalbe vorliegt, wenn der Spieler, der springt oder ausweicht, ohne allzu große Not zu Boden geht, das Gleichgewicht also nicht gezwungenermaßen verliert. Eine solche Situation lag aus meiner Sicht bei Vidal vor. Sternberg ist ja an Vidal vorbeigerutscht, als dieser einen Haken schlug, um am Bremer vorbeizugehen. Hier sehe ich kein erzwungenes Ausweichen oder Hochspringen, das zum Gleichgewichtsverlust geführt hat, sondern ein freiwilliges Zu-Boden-Gehen.

  22. http://www.sportschau.de/fussball/international/liverpool-spieler-doping-sakho-100.html

    Bei vielen Sportarten führt Doping dazu, dass alle damit erzielten Erfolge aberkannt werden. Bei Mannschaftssportarten hat dies natürlich Folgen für Unbeteiligte, aber auch diese haben ja dadurch profitiert.
    Egal wie gering oder groß der Nutzen gewesen ist, es bleibt doch das ungute Gefühl, dass sich Doping auszahlt. Es gibt wohl keine Gute Lösung für dieses Problem und das macht es noch trauriger :/
    Vielleicht könnt ihr ja mal ein wenig drüber reden, wie ihr dass Thema so seht.

  23. Hallo in die Runde,

    ich habe gestern beim Spiel Atletico Madrid – Bayern München beim Eckstoß von Xabi Alonso in Minute 59:01 spontan gestutzt. In dem Moment geht die Kamera in die totale und man kann erahnen, dass der SRA einen Auswechselspieler Madrids wegschickt, der ,während der Ball schon liegt, im Viertelkreis herumläuft. Gleichzeitig steht ein weiterer Atleticospieler einen halben Meter leicht versetzt links des SRA, schwingt beim Aufwärmen seine Beine mehrfach nach vorne in den Anlaufweg Alonsos und will aus meiner Sicht Alonso auf unsportliche Art irritieren. Da wird vielleicht nicht mehr draus, weil Alonso sich nicht drauf einlässt, aber muss der SRA in einem solchen Fall nicht in Rücksprache mit dem SR die Spielfortsetzung verzögern und dem Spieler deutlich klarmachen, dass er da nichts zu suchen hat?

    • Das hätte er sicherlich getan, wenn die Mätzchen noch ein bisschen stärker gewesen wären und Alonso sich erkennbar irritieren lassen hätte. So war’s gerade noch okay, eine weitere Verzögerung beim Eckstoß hätte Bayern in diesen Moment auch eher geschadet als genützt, die waren ja gerade gut in Fahrt. Denkbar ist außerdem, dass es nach dem Eckstoß eine Ansage an die Ersatzspieler durch den Assistenten oder den Vierten Offiziellen gab, mir ist zumindest nicht aufgefallen, dass es danach noch einmal zu einem solchen kleinen Störmanöver gekommen wäre.

  24. Eine betont akademisch gemeinte Frage:

    Ich habe gerade das Spiel MSV – Fortuna gesehen (ein großer Spaß, aber das nur nebenbei). In diesem gab es eine Spielunterbrechung, weil sich im Gästeblock mit einem ungestörten Spielverlauf nicht zu vereinbarende Feuerwerkskörper unglücklich gleichzeitig entzündeten.

    Es gab 5 Minuten Nachspielzeit. Ich gehe mal davon aus, dass in diese Entscheidung die Spielunterbrechung wesentlich einbezogen wurde. Es gab zwar auch einiges an Duisburger Uhrdreherei, aber das hätte sich niemals auf 5 Minuten summiert.

    Nun haben wir ja gelernt, dass für die Nachspielzeit die von der Mannschaft vergeudete Zeit keine Berücksichtigung findet, die an einer Spielfortsetzung selber ein Interesse hat. Hier drängte Düsseldorf auf den Ausgleich, Duisburg wollte gerne Feierabend machen. Es ginge also eigentlich nur um vom MSV vergeudete Zeit.

    Die Spielunterbrechung war zwar nicht von den Spielern der Fortuna verursacht, wohl aber von deren Fans. Meine Frage:

    – Wäre es für den vierten Offiziellen innerhalb der aktuellen Auslegung des DFB möglich gewesen, die Spielunterbrechung der Fortuna zuzurechnen und deswegen in die Berechnung der Nachspielzeit nicht einzubeziehen?

    Im Grunde eine rhetorische Frage. Das wird als Eingriff von außen gewertet werden. Die eigentliche Frage ist die sich anschließende:

    – Ist es nach Eurer Einschätzung dem DFB theoretisch möglich, die einschlägige Spielregel so auszulegen, dass solche Unterbrechungen klar einem Lager zugeordnet werden und dann, sollte deren Team als einziges eine Nachspielzeit wollen, als von diesem Teilnehmer vergeudete Zeit gewertet und also nicht berücksichtigt werden? Oder ist die Regel insoweit eindeutig und eine solche Auslegung würde unzweifelhaft zu weit gehen? Und warum?

    Und wäre eine solche Auslegung theoretisch möglich, würdet Ihr persönlich deren Konsequenzen begrüßen?

    • Die Regelauslegung ist da eindeutig: Spielunterbrechungen aufgrund von Ausschreitungen bzw. Einflussnahmen Dritter sind verlorene Spielzeit, die unabhängig vom Verursacher stets nachgespielt werden muss. Vergeudete Spielzeit, die nicht nachgespielt wird, wenn es dem Verursacher nützen würde, kann nur durch die Spieler selbst und durch die Bänke zustandekommen. Einen Ermessensspielraum hat der Schiedsrichter da nicht (übrigens ist er für die Festlegung der Nachspielzeit zuständig, der Vierte Offizielle zeigt sie nur an).

      • [erst mal ganz herzlichen Dank für die Korrektur („dem“). Wäre aber aus meiner Sicht nicht nötig gewesen. Ich finde, wer (also ich) zu doof ist, seine Ergüsse vor dem Absenden ordentlich Korrektur zu lesen, der ist selber schuld.]

        „Die Regelauslegung ist da eindeutig“

        Wie angedeutet überrascht mich das nicht. Ich würde mich allerdings sehr freuen, wenn Du zusätzlich Deine Fantasie spielen lassen und die zweite Frage auch noch beantworten würdest. Ist eine andere Auslegung denkbar? Und würdet Ihr dies begrüßen?

        Und nein, das ist eine Frage und keine Meinung. Ich bin mir selber nicht sicher, wie ich das bewerten würde. Müsste ich erst drüber nachdenken.

        Aber keine Frage ist zu blöd, um nicht zu Erkenntnisgewinn beizutragen. Anscheinend habe ich das gar nicht verstanden, was ich verstanden zu haben glaubte: Der Schiedsrichter kann zwar grundsätzlich nicht wesentlich hinter die angezeigte Nachspielzeit zurück, setzt sie aber selber fest. Das heißt also, er selber funkt dem vierten Offiziellen seine Entscheidung zu, der sie dann auf die Tafel packt und anzeigt. Habe ich das jetzt richtig verstanden?

        • Du hattest ja gefragt: »Und wäre eine solche Auslegung theoretisch möglich, würdet Ihr persönlich deren Konsequenzen begrüßen?« Da sie theoretisch nicht möglich ist, habe ich die Frage nicht mehr aufgegriffen. Aber da du nachhakst: Nein, ich würde das nicht begrüßen, schon deshalb nicht, weil die Schiedsrichter bereits jetzt an der Grenze ihrer Belastbarkeit sind. Sie sollen das Geschehen auf dem Platz (und den Bänken) beurteilen und haben genug damit zu tun, sich darauf zu konzentrieren. Wenn es zu Störungen durch Zuschauer kommt, gibt es klare Anweisungen, wie sie zu handeln haben – auch hinsichtlich einer Unterbrechung oder eines Abbruchs. Wollte man ihnen nun auch noch aufbürden, sich in der Hektik des Spiels einen genauen Überblick über die Geschehnisse auf den Rängen zu verschaffen und daraus ggf. Konsequenzen für die eine oder die andere Mannschaft abzuleiten, dann würde man einfach zu viel verlangen.

          Die Vereine werden für das Verhalten ihrer Fans zur Rechenschaft gezogen, was rechtlich nicht unumstritten ist, aber zumindest in Ruhe in einem sportrechtlichen Verfahren geschieht, bei dem die Angeklagten die Möglichkeit der Stellungnahme und des Widerspruchs haben. Und jetzt stell dir mal vor, du sollst als Schiedsrichter mitten im größten Chaos darüber urteilen, wer da auf der Tribüne – nicht auf dem Patz, wo du selbst stehst – was und warum gemacht hat, und dann auch noch im Schnellverfahren beschließen: Das waren die Fans von Mannschaft X, die gerade im Rückstand liegt, deshalb lasse ich das jetzt nicht nachspielen. Es mag ja Fälle geben, wo das vermeintlich eindeutig ist, aber dann bleibt immer noch das Problem, dass du eine Mannschaft für etwas bestrafst, wofür sie gar nichts kann und was sie womöglich auch gar nicht will. Lass uns lieber dabei bleiben, dass die Schiedsrichter das beurteilen, was auf dem Platz passiert, und Zeit, die durch Störungen von außen verloren geht, grundsätzlich nachspielen lassen.

          Der Schiedsrichter kann übrigens gar nicht hinter die angezeigte Nachspielzeit zurück, er kann sie nur verlängern, aber nicht verkürzen. In der letzten Minute der regulären Spielzeit jeder Spielhälfte nimmt er die verloren gegangene Zeit und entscheidet außerdem, ob und wie viel vergeudete Zeit nachgespielt wird. Daraus ergibt sich eine Summe an Minuten, die er dem Vierten Offiziellen über das Headset mitteilt, der sie dann mit der Tafel anzeigt. In Spielen ohne Vierten Offiziellen signalisiert der Schiedsrichter die Nachspielzeit mit seinen Händen (und ruft sie am besten zusätzlich auch noch aus).

          • Erst einmal vielen Dank für die ausführliche Antwort. Und gut, dass ich die Sache mit der Ansage der Nachspielzeit jetzt wieder genau verstanden habe (wahrscheinlich frage ich so in 2 Jahren nochmal, wie ich mich kenne).

            Zur Fantasie-Frage: Okay, mit einer solchen Regelung wären die Schiedsrichter natürlich völlig überfordert. Und das soll auch alles nicht ihre Aufgabe sein. Das ist ein sehr starkes Argument. Hatte ich gar nicht dran gedacht.

            Und natürlich sind die Fälle, in denen eine Spielunterbrechung so eindeutig wie gestern der Anhängerschaft einer Mannschaft zuzuschreiben sind, auch eher selten. Auch damit hast Du recht.

            Aber es kommt vor. Schieben wir einfach aus Spaß am herumspinnen diese beiden Argumente deshalb einmal beiseite. Fantasie: Die DFL bezahlt bei Profispielen eine unabhängige Instanz, die sich die Vorkommnisse auf der Tribüne anschaut, bewertet und Zeit mitstoppt, die aus ihrer Sicht verloren geht und eindeutig einem der beiden Fanlager zuzuordnen ist. Vor Ablauf der regulären Spielzeit wird dem Schiedsrichter die Bewertung dieser Instanz kurz und diskret mitgeteilt. Er hat also weder Mehrarbeit, noch geistige Anstrengung bzw. Ablenkung. Wie stündest Du jetzt dazu?

            Klar, es bleibt immer noch insoweit ungerecht, als dass die Mannschaft für Dinge bestraft wird, die sie weder verursacht noch begrüßt. Aber ist das so viel anders, wenn ein Trainer sich weigert, den Innenraum zu verlassen? Wenn ein vierter Amateur-Spieler eingewechselt wird (oder wie das damals nochmal war)? Wenn sich beide Torhüter verletzen? Wenn wegen eines Autounfalls weniger als sieben Spieler anreisen? Ist das denn überhaupt noch zeitgemäß, den Blick bei der Regelauslegung allein auf die Spieler zu richten? Treten im Profifußball denn wirklich nur die Spieler gegen einander an? Und nicht doch eher die Vereine samt Anhängerschaft?

            Ich muss allerdings zugeben, all diesen Beispielen ist gemein, dass sie außerhalb der eigentlichen Spielleitung gehandhabt werden. Und überhaupt muss ich nachdem ich drüber geschlafen habe und nüchternen Herzens zugeben, dass mich der Gedanke selber nicht mehr überzeugt. Aber Du verstehst sicher, warum ich mir dies gestern während des Spiels irgendwie gewünscht hätte.

            [ich teile das der besseren Lesbarkeit halber mal in zwei Teile auf]

          • Zur Auslegung: Da reden wir irgendwie aneinander vorbei.

            Es existiert eine klare Auslegung des DFB. Das ist die eine Ebene. Da kann die Schiedsrichterschaft natürlich nicht dran vorbei.

            Aber eine Ebene darüber könnte doch der DFB die Regel anders auslegen. Denn ich finde weder die Unterscheidung zwischen verlorener und vergeudeter Zeit, noch die Anwendung der Vorteilsbestimmung bei letzterer in der Regel 7. Auch nicht in der Auslegungsregelung der FIFA. Dies findet sich erst in der zusätzlichen Erläuterung des DFB (Regel 7 Nr. 2). In Regel 7 samt FIFA-Auslegungsregel ist davon überhaupt nicht die Rede.

            Wenn der DFB also eine Anwendung der Vorteilsbestimmung bei vergeudeter Zeit in diese Regel 7 samt FIFA-Auslegungsregelung hinein lesen kann, dann kann er auch eine Anwendung der Vorteilsbestimmung bei verlorener Zeit (bei denen eine Verantwortung zugeordnet werden kann) hinein lesen. Hat er die eine Kompetenz, dann hat er auch die andere. Das ist gar nicht die Frage. Die Frage lautet ausschließlich, ob eine solche Auslegung der Regel durch den DFB noch innerhalb gültiger Auslegungsregeln läge. Und wenn man das verneint, dann schließe sich die Frage an, warum die aktuelle Auslegung hingegen zulässig ist.

            Worauf ich eigentlich die ganze Zeit hinaus will: Ich finde, die aktuelle Auslegung ist – so sinnvoll sie sein mag – eben nicht zulässig.

            Der Wortlaut von Regel 7 ist eindeutig: Die Zeit, die verloren geht für Auswechslungen, Verletzungen, Zeitschinden oder jeden anderen Grund wird nachgespielt. Nicht: Kann nachgespielt werden, solange dies nicht die Mannschaft bevorzugt, die das verloren gehen dieser Zeit schuldhaft verursacht hat . Wird nachgespielt.

            Und da hilft auch nicht der Geist der Regel (Huhu!). Diese mit Sicherheit wichtigste Auslegungsregel ist trotzdem nicht mehr als eine Auslegungsregel. Und ein eindeutiger Wortlaut ist ein eindeutiger Wortlaut. Da bräuchte man schon noch zusätzliche Aufhänger irgendwo anders in den Regeln, in der Systematik etc. Davon sehe zumindest ich nichts.

            Genau wie das in Regel 7 nochmal ausdrücklich genannte Ermessen des Schiedsrichters. Auch dieses Ermessen muss sich ja innerhalb des Wortlauts der Regel bewegen.

            Genauso fragwürdig ist übrigens nach diesem Wortlaut die Ansicht des DFB, im normalen Rahmen bleibende Auswechslungen seien keine verlorene Zeit sondern Spielgeschehen. Werden doch Auswechslungen von Regel 7 gerade als Regelbeispiel für verlorene Zeit genannt.

            Versteh mich bitte nicht falsch: Ich mag die Auslegung des DFB und halte sie für die einzig sinnvolle. Aber ich finde, das gehört in die Regel. Oder zumindest eine Andeutung, die das Fenster zu einer solchen Auslegung aufmacht.

    • Noch eine Anmerkung bitte zu MSV – Fortuna: Ich fand aus meiner Fernsehperspektive die Leistung von Benjamin Brand sehr ordentlich. Und so wurde er auch vom Sky-Kommentator Martin Groß mehrfach in den höchsten Tönen gelobt. Ganz wichtig dabei: Nur in einem Nebensatz für „alle wichtigen Entscheidungen richtig“ sondern vor allem für sein allgemein souveränes und ruhiges Auftreten.

      Bei allem berechtigten Gemecker über die mediale Bewertung von Schiedsrichterleistungen anhand von Einzelentscheidungen, die kein menschliches Wesen ohne Zeitlupe sich zu beurteilen anmaßen würde – ich finde, in letzter Zeit kommt das öfter vor, dass Schiedsrichter-Leistungen von TV-Kommentatoren auch mal im Ganzen (und damit meistens positiv) gewürdigt werden. Wer Schiris unter der Maßgabe „Muss man ja auch mal loben können“ lobt, der sollte auch das bemerken.

      • Doch, diese Auslegung durch den DFB ist zulässig. Sie ist es bereits dadurch, dass sie eben dort steht und weder das IFAB noch die FIFA daran Anstoß nimmt. Damit hat sie Rechtsgültigkeit erlangt und ist für die Schiedsrichter im Bereich des DFB verpflichtend. Die unterschiedliche Auslegung dieser Bestimmung durch die einzelnen Nationalverbände erklärt zum Teil auch die recht unterschiedliche durchschnittliche Länge der Nachspielzeit (Premier League: vier Minuten, Bundesliga: zwei Minuten).

        Es ist nicht der einzige Widerspruch zwischen IFAB-Text, FIFA-Auslegung und DFB-Ergänzung. Ein weiterer betrifft die Mindestanzahl von Spielern, die eine Mannschaft nach dem Anpfiff auf dem Platz haben muss. Das IFAB ist der Ansicht, dass ein Spiel grundsätzlich abgebrochen werden soll, wenn eine Mannschaft auf weniger als sieben Spieler reduziert wird. Der DFB dagegen knüpft das an Bedingungen: Die betreffende Mannschaft muss in Rückstand liegen, und ihr Kapitän muss den Schiedsrichter um den Abbruch bitten.

        Manchmal existieren nationale Besonderheiten jahrelang und werden dann plötzlich abgeschafft. Ein Beispiel ist der besondere Schutz des Torwarts im Torraum. Bis Mitte 2012 war er in den zusätzlichen Erläuterungen des DFB festgeschrieben, dann wurde der entsprechende Passus getilgt. Begründung: Widerspruch zum Regeltext, international andere Praxis üblich.

        In der Lehrarbeit für die Schiedsrichter spielt es übrigens kaum eine Rolle, ob etwas im eigentlichen Regeltext, in den Auslegungen der FIFA oder in den Erläuterungen des DFB steht. Für die Praxis ist das ohnehin unerheblich, und im Zweifel gilt auf nationaler Ebene eben das, was der DFB sagt. Ich kann aber berichten, dass der Regeltext und die Anmerkungen zur Regelauslegung im neuen, ab dem 1. Juni 2016 gültigen Regelheft nicht mehr voneinander getrennt, sondern miteinander verwoben sind. Ob es trotzdem noch zusätzliche Erläuterungen des DFB geben wird (und wenn ja, welche), kann ich noch nicht sagen, weil es noch keine deutsche Fassung des neuen, reformierten Regelwerks gibt. Möglich, dass der DFB seine Erläuterungen ebenfalls durchgeht und nötigenfalls anpasst, das wird man sehen.

        • „Für die Schiedsrichter im Bereich des DFB verpflichtend“ hat überhaupt niemand bestritten. Ich meine das rein abstrakt. Natürlich ist es nicht Aufgabe der Schiedsrichter, die Auslegung des DFB in Frage zu stellen. Das ist allein Aufgabe der FIFA. Und wenn die das unterlässt, die Aufgabe des IFAB, die FIFA dazu zu bringen.

          Das letztere beiden dies all die Jahre ohne zu Murren haben geschehen lassen, das ist natürlich ein sehr starkes Argument. Da gebe ich Dir Recht.

          Ich persönlich finde das gleichwohl falsch, dass sie genau dies gemacht haben. Ich finde, es wäre schon vor Jahren Aufgabe der FIFA gewesen, diesbezüglich aktiv für Klarheit zu sorgen. Also dies entweder zu unterbinden, diese Auslegung in die Regel zu übernehmen (meine Lieblingsvariante) oder sie über eine Öffnungsklausel in der Regel für grundsätzlich zulässig zu erklären. Haben sie nicht gemacht sondern – wie Du richtig feststellst – diese Auslegung durch bloßes Nichtstun in Rechtsgültigkeit erstarren lassen. Das funktioniert und wahrscheinlich bin ich der einzige, den das stört. Aber mich stört das.

  25. Wenn mir eine grundsätzliche Anmerkung gestattet sei:

    Ich finde, die Unterhaltungen in Eurer Kommentarspalte sind regelmäßig außergewöhnlich spannend und gewinnbringend. Ich würde mich freuen, würdet Ihr dem in der Sendung wieder mehr Platz einräumen. Liest ja schließlich nicht jeder. Und Podcasts sind niemals zu lang.

    Gut, Ihr müsstet natürlich noch mehr Eurer Freizeit opfern. Aber hey, das ist ja nicht meine Freizeit.

  26. Und wenn wir schon dabei sind: Schreibt doch mal hier runter, dass HTML-Codes wie kursiv oder fett ausgeschaltet sind. Bevor man das erst nachher merkt (und zwar, als Besitzer eines schlechten Gedächtnisses, immer wieder aufs neue).

    • Sie sind nicht ausgeschaltet, du hast nur welche verwendet, die nicht erkannt worden sind. Kursivschrift muss man hier (ich schreib’s jetzt aus naheliegenden Gründen nicht in spitzen Klammern) mit „em“ (statt „i“) taggen, Fettschrift mit „strong“ (statt „b“).

  27. Vielleicht interessiert das hier zufällig jemanden:

    Ich habe mich gerade gefragt, was eigentlich passiert, wenn die FIFA für eine gewünschte Regeländerung keine Mehrheit im IFAB bekommt und deswegen dies einfach gegen den Wortlaut als für die Mitgliedsverbände verbindliche Auslegungs-Regelung in die Regeln hinein schreibt. Damit wäre der FIFA doch jede Regeländerung durch die kalte Küche möglich. Es gibt ja keine tatsächliche Handhabe der IFAB gegen die FIFA.

    Und mir die Frage selber beantwortet: Doch, gibt es. In Artikel 20 der Statuten des IFAB (PDF) unterwerfen sich die IFAB-Mitglieder (also auch die FIFA) der Rechtsprechung des CAS in Streitfragen untereinander und zwischen IFAB und einzelnen Mitgliedern. Letzteres wäre wohl ein solcher Fall.

  28. Rückspiel Bayern – Atletico. Elfmeter Atletico. Also die für alle ganz, ganz klare Fehlentscheidung.

    Eine These: Cakir sieht sehr wohl den ersten Kontakt außerhalb des Strafraums, findet aber, Torres bricht diesen Tackle und wird erst durch den zweiten Kontakt innerhalb des Strafraums tatsächlich zu Boden gestreckt. Völlig abwegig?

    • Ich bin sicher, er hat schon den ersten Kontakt innerhalb gesehen. Und das war auch der entscheidende. So extrem knapp, wie das war, kann man Cakir aber ohnehin keinen Vorwurf machen. Die Bewegung im Zweikampf verläuft in den Strafraum hinein, das verstärkt den Eindruck, dass auch der Kontakt innerhalb stattgefunden hat.

  29. Okay der Elfmeter wurde schon abgehandelt…persönlich hätte ich gesagt, dass der Schiedsrichter das von seiner Position aus ruhig auch sehen darf (er stand doch ziemlich genau in einer Linie hinter dem Zweikampf oder hab ich das falsch im Kopf?), aber im Allgemeinen kann ich da auch einfach die Fanbrille nicht ganz abschalten nunja…

    Ich habe noch zwei weitere Bemerkungen zu Cakirs Auftritt gestern:

    1. Sehr auffällig, dass das Zeitspiel Atleticos, vor allem in Person Oblaks, konsequent wahrgenommen und durch deuten auf die Uhr „bestraft“ wurde. Sagst du Alex nicht immer, es muss das Ziel sein, Zeitspiel zu unterbinden und nicht nur nachspielen zu lassen? Oder handhabt die Uefa das evtl. anders als der DFB? Hatte auch das Gefühl, dass diese konsequente Entscheidung gegen ein „Zeitspielgelb“ die Spieler Atleticos „motiviert“ hat die ganze Sache sehr zu überspitzen (Bsp. Kokes Auswechslung oder Oblaks „Verletzung“, die wirklich mehr als lächerlich war)…

    2. Im Verlaufe des Spiele kam mir die Zweikampfbewertung auch immer uneinheitlicher vor. Bestes Bsp. wohl die Szene, in der sich Pep auch sehr echauffiert hat, weil quasi ein Stoßen gegen Lewandowski nicht gepfiffen wurde, eine nahezu identische Aktion gegen einen Spieler Atleticos dann aber schon. Allgemein schien mir die Leine gegenüber den Spieler Atleticos etwas zu lang und gegenüber der Bayernspieler etwas zu kurz (im Verhältnis).

    Was sagst du dazu Alex? Und bei beiden Bemerkungen, oder besser bei allen dreien, kann es sehr gut sein, dass meine Fanbrille den Blick trübt und ich lasse mich gern eines besseren belehren.

    • Noch einmal kurz zum Strafstoß für Atlético: Das Problem für den Schiedsrichter bei solchen Grätschen besteht darin, dass sie aus einer Bewegung heraus entstehen, also dynamisch sind, anders als ein statisches Beinstellen. Dadurch ist es schwierig zu erkennen, wann genau der entscheidende Kontakt zustande kommt. Martínez hat deutlich vor der Strafraumgrenze zum Tackling angesetzt und ist dann weitergerutscht, zum maßgeblichen Treffer kam es letztlich Zentimeter vor der Strafraumlinie, aber die Bewegung hat sich danach noch fortgesetzt. Selbst bei sehr gutem Stellungsspiel – das Çakır in dieser Situation hatte – ist es in solchen Situationen angesichts des Tempos oft kaum zweifelsfrei zu sehen, ob das Foulspiel nun außerhalb des Strafraums, auf der Strafraumlinie (die ja bekanntlich zum Strafraum gehört) oder innerhalb des Sechzehners geschah.

      Zum Zeitspiel: Atlético versteht es meisterhaft, die Verzögerungen genau so auszuführen, dass sie um eine Gelbe Karte herumkommen. Sie wissen exakt, wo die Grenzen liegen, vor allem bei Schiedsrichtern, die – wie Çakır – die Leine insgesamt eher lang lassen (was dem Spiel gestern grundsätzlich auch angemessen war). Wenn Çakır gestisch eine schnellere Spielfortsetzung angemahnt hat, haben sie sich für ein paar Minuten ein bisschen beeilt, um sich dann wieder einen Tick mehr Zeit zu lassen. So richtig greifbar wurde das für den Schiedsrichter dadurch nicht, soll heißen: Es bot sich letztlich keine Situation wirklich an, um eine Verwarnung auszusprechen. Bei Kokes Auswechslung hat sich Çakır dafür entschieden, den Spieler quasi persönlich zur Seitenlinie zu begleiten – sicherlich vor allem deshalb, weil eine Gelbe Karte erstens folgenlos gewesen wäre und zweitens aufgrund der dadurch zwangsläufig entstehenden Unruhe und wegen des Notierens der Karte noch mehr Zeit verloren gegangen wäre (mit Auswirkungen auf den Rhythmus der Bayern). Oblaks Verletzung kam mir auch eher simuliert vor, aber da hat man als Referee kaum eine Handhabe: Wenn der Keeper liegen bleibt und anzeigt, dass er eine Behandlung benötigt, wird man sie ihm gewähren, denn ohne Torwart kann nicht weitergespielt werden, und den Platz muss er dafür ja nicht verlassen.

      Zur Zweikampfbewertung: Es war für mich interessant, die Diskussionen auf Twitter zu verfolgen. Die einen fanden wie du, dass Çakır gegenüber den Bayern zu kleinlich war, die anderen waren der Ansicht, er sei ihnen gegenüber zu großzügig gewesen. Oft sind solche einander widersprechende Einschätzungen ein Zeichen dafür, dass die Linie alles in allem nicht so verkehrt war. Und so habe ich das, ehrlich gesagt, auch gesehen. Çakır war insgesamt recht großzügig bei der Zweikampfbewertung, was ich richtig fand; dass man über einzelne Situationen streiten kann, bleibt gerade in einem solch intensiven Spiel nicht aus.

  30. Stichpunkt Zeitspiel: 1x gelb und ich wette, dass sich der Keeper und die anderen dann nicht mehr soviel Zeit lassen. Bin auch kein Freund von zu vielen und zu schnellen gelben Karten, aber irgendwann muss man den Ermahnungen auch mal eine Konsequenz folgen lassen, sonst nutzen es die Spieler halt die ganze Zeit aus.

    Den Elfer habe ich in Realtime sofort draußen gesehen. Aber Fehler passieren und es hatte ja glücklicherweise keine Konsequenz.

    Auch das Abseitstor würde ich dem Schiri nicht anlasten, da es je nach Blickwinkel eine Zentimeter-Entscheidung war und Cakir sich da 100% auf den Assistenten verlassen muss.

    Und nein, ich bin kein Bayernfan sondern in diesem Fall nur objektiver Zuschauer, der als Schiedsrichter ein gutes und flottes Halbfinalspiel gesehen hat. ;)

  31. Ich denke, dass in diesem Fall nicht das Rutschen für die falsche Wahrnehmung des SR beim Elfer gegen München so sehr von Bedeutung war, sondern dass Lahm noch direkt in der Sichtlinie Cakirs lief. Dadurch wurde es, vielleicht verstärkt durch die dynamische Bewegung, schwieriger, den genauen Ort des Kontaktes zu erkennen.

    Wenn Cakir freie Sicht gehabt hätte, dann muss er mMn sehen, dass das Foul außerhalb des Strafraums war, auch in der Bewegung. Der entscheidende Kontakt war schließlich einen guten halben Meter von der Linie entfernt und durch das Nachrutschen kommt Martinez kaum in den Strafraum hinein, was den Eindruck noch verstärken könnte.

    Mir kommt da ein Vergleich von innerhalb/außerhalb-Fouls zu Abseitsentscheidungen in den Sinn. Wenn es um Fouls rund um den Sechzehner geht, kommen mir einige Szenen des letzten Jahres in den Sinn, wo die SR der oberen Ligen stärkere Fehlwahrnehmungen hatten. Da geht es nicht nur um die Entscheidung Strafstoß oder nicht, sondern – wenn das Foul außerhalb war – auch um den dann folgenden Ort der Freistoßausführung, welcher gerne um mehrere Meter daneben lag. Mein Eindruck (ohne das jetzt objektiv belegen zu können) ist, dass die SR in diesen Situationen deutlich schlechter abschneiden als ihre Assistenten bei den eigentlich schwierigeren Abseitsentscheidungen, wo es nicht nur dynamische sondern auch oftmals gegenläufige Bewegungen gibt.

  32. Gerade 12.Minute LIV-VIL
    3 Abwehrspieler und ein Stürmer laufen aufs Tor zu, Torwart springt hoch und bekommt locker den Ball, der Stürmer geht gar nicht hin.
    Aber der Stürmer schubst einen der Abwehrspieler in die Flugbahn des Torwarts so dass dieser in Rotation versetzt wird und aufschlägt.

    Schiedsrichter gibt Freistoß und niemand will auch mehr.
    Aber kann man sowas nicht schon fast als Tätlichkeit auffassen, zumindest wird doch eine Verletzung in Kauf genommen.
    Sind da die Grenzen je nach Auswirkung fließend oder gibts da ne klare Regelung, bzgl. anderen Spieler als Werkzeug einsetzen?

    • Ohne die Szene gesehen zu haben, lässt sich zumindest so viel sagen: Eine Tätlichkeit kommt in einem solchen Fall nicht in Betracht, die muss sich schon unmittelbar gegen einen Spieler richten. Die Ausführungen der FIFA zur Regel 12 lassen jedenfalls keinen anderen Schluss zu. Denkbar wäre allenfalls rohes Spiel (»Gefährdet ein Spieler in einem Zweikampf die Gesundheit seines Gegners, ist dies als grobes Foul zu ahnden«), wenngleich die weiteren Erörterungen der FIFA (inklusive Beispielen) auch hier recht deutlich auf die Unmittelbarkeit des Vergehens abstellen. So etwas wie eine indirekte Brutalität findet im Regelwerk schlicht keine Erwähnung, weshalb es, solange die Sache nicht eindeutig geklärt ist, letztlich am Schiedsrichter ist, darüber zu entscheiden, wie ein solches Vergehen ggf zu sanktionieren ist.

  33. Hallo Alex,
    Mich würde mal etwas interessieren was die Nachspielzeit betrifft.
    Ich weiss, für den Fussballfan ist jede Art „Nachspielzeit“ subjektiv.
    Es gibt ja nur Statistiken, z.B. in England soviel in Deutschland soviel usw usw.
    Es wird ja überall anders ausgelegt was nachgespielt wird und was zur fussball „normalen“ Unterbrechung gezählt wird. Bsp, normaler, kein übertriebener Torjubel.
    Ich kann es nicht belegen, nur subjektiv habe ich das Gefühl das ein deutscher Sr in internationalen Spielen unterschiedlich auslegt (evtl Uefa sagt muss) als national.
    Wäre es nicht denkbar, das wenn der Video Assistant Ref im internationalen Fussball und in, den nationalen Profiligen wo er denn vielleicht mal kommt. (Ja viel konjunktiv) die Auslegung über die Länge der Nachspielzeit übernimmt?
    International harmonisiert. Mit wenig Grauzone wie möglich. Normaler Torjubel 30sek
    Übertriebener Jubel individuell.

    Ich meine ausdrücklich nicht. Amerikanische Verhältnisse.
    Sondern als Hilfe für den Fan. Das mehr dieses Ungerechtigkeitsgefühl verschwindet.

    Was hältst du als SR Experte von dieser, sehr weit hergeholten Idee.
    Ein Trainer würde sich ja dann auch nicht mehr beim 4. Offiziellen zum Affen machen. Da der Vorschlag ja dann nicht mehr wie viele jahrelang dachten vom 4. Offiziellen kommt. Sondern ganz offiziell vom Video Ref vorgeschlagen wird nach internationaler harmonisierten Auslegung.
    Ich würde es befürworten und sähe es als Hilfe und Druckentlastung an für den SR.
    Gruss Volker

    • Es ist in der Tat so, dass die nationalen und internationalen Verbände es recht unterschiedlich handhaben, wofür wie viel nachgespielt werden soll. Insofern ist es auch nicht verwunderlich, sondern eben folgerichtig, dass ein deutscher FIFA-Referee die Länge der Nachspielzeit in der Bundesliga anders bemisst als bei einem internationalen Spiel. Es ist aber denkbar, dass es da in den nächsten Jahren zu Angleichungen kommt, zumindest in den großen europäischen Ligen; der Maßstab wären dann Champions League und Europa League.

      Dass der Video-Assistent im Zuge seiner Überwachung des Spiels auch mitnotiert, wie viel Spielzeit verloren gegangen (oder vergeudet worden) ist, und am Ende jeder Spielhälfte einen Vorschlag für die Nachspielzeit unterbreitet, wäre sicherlich eine Möglichkeit. Allerdings müsste man dafür in die Regeln eingreifen, denn bislang obliegt das einzig und allein dem Schiedsrichter. Andererseits könnte man die Regelung auch so lassen, wie sie ist, und dem Video-Assistenten ein Vorschlagsrecht einräumen; der Schiedsrichter wäre daran allerdings nicht gebunden. Das halte ich schon deshalb für wahrscheinlich, weil die letztgültige Entscheidung auf dem Platz ohnehin immer der Unparteiische trifft, das gilt ja auch für den Videobeweis.

      Ich würde die Geschichte mit dem Videobeweis jetzt aber erst mal anlaufen lassen und sie nicht überfrachten. Im Moment gibt es ohnehin noch genügend offene Fragen, die geklärt werden müssen, und es dürfte das Beste sein, wenn man sich zunächst einmal auf die Kernaufgaben konzentriert. Wenn dann alles läuft wie gewünscht, kann man bestimmt auch über eine Aufgabenerweiterung für den VAR nachdenken.

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