CE031 Verwarnungswürdiges Verhalten


Es läuft mit der Regelkunde bei Collinas Erben. Obwohl wir ausführlich strittige Szenen wie die beiden Handspiele von Dominguez beim Saisonauftakt in München oder das nicht gegebene Tor von Kevin Volland in Nürnberg diskutieren, nehmen wir uns auch die Zeit, um einen weiteren Aspekt der Regel 12 zu besprechen: das verwarnungswürdige Verhalten. Wer darf, soll und muss wann eine Gelbe Karte wofür bekommen? Viel Spaß beim Hören!
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Klaas Reese
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Alex Feuerherdt

Musik: Tha Silent Partner – P Pulsar (Album Version)

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Prägnante Beispiele für ausufernden, choreografierten Torjubel.

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Shownotes:

0:00 Intro: Pediludii Principatus Europae, Ludus Ultimus1:50 Bundesliga, 1. Spieltag, 1899 Hoffenheim – 1. FC Nürnberg: Klar hinter der Linie und doch nicht drin – 11:10 FC Bayern – Borussia Mönchengladbach: Ein vermeintliches (!) Abseitstor und zwei Handelfmeter in Rekordgeschwindigkeit – 29:20 Hannover 96 – VfL Wolfsburg: War der Platzverweis gegen Maximilian Arnold zu hart? – 32:00 Bayer 04 Leverkusen – SC Freiburg: Kein Abseits bei Sons Tor zum 2:1? – 35:25 Schalke 04 – Hamburger SV: Korrekter Handelfmeter gegen Matip? – 40:05 Günther Koch über die Beschaffenheit von Gelben und Roten Karten (I) – 40:30 Antworten auf die Fragen von Hörern – 46:40 Günther Koch über die Beschaffenheit von Gelben und Roten Karten (II) – 47:15 Verbotenes Spiel und unsportliches Betragen, Teil 3 (hier geht’s zu Teil 1, hier zu Teil 2): Wann und weshalb wird ein Spieler verwarnt? – 1:20:45 Günther Koch über die Beschaffenheit von Gelben und Roten Karten (III) – 1:21:20 Programmvorschau

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42 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Pingback: #Link11: Die Neuorientierung für die Fanszene und die Vereinseigner | Fokus Fussball

  2. Wegen Wertung abgebrochener Spiele: Ich meine, dass aus diesem Fall zu Zeiten, als die Spiele noch 2:0 gewertet wurden, auch mal 3:0 gewertet worden.

  3. Beim irregulären verlassen des Spielfeldes fällt mir die „Pinkel-Pause“ von Jens Lehmann ein…da gab es offenbar keine Karte. Korrekte Entscheidung ?

    • Wenn ein Spieler mal auf die Toilette muss, ist eine vorherige Abmeldung beim Schiedsrichter an sich obligatorisch, sonst handelt es sich streng genommen um ein unerlaubtes Verlassen des Spielfeldes. Wobei ich da als Referee gleichwohl pragmatisch wäre und damit umginge wie mit einer Verletzung, bei der sich ein Spieler ja auch nicht abmelden muss, wenn er sie außerhalb des Platzes behandeln lassen will. Beim Wiederbetreten des Spielfelds gibt es allerdings keinerlei Spielraum, das ist ausnahmslos nur nach vorheriger Genehmigung durch den Schiri möglich.

      Soweit ich weiß, hat Lehmann übrigens keine »Pinkelpause« gemacht, sondern sich hinter der Bande den Unterleibsschutz gerichtet. Das ist natürlich ein bisschen verzwickt: Eigentlich hätte er das Feld auch dafür nicht einfach so verlassen dürfen, andererseits hätte er das gesamte Spiel aufgehalten, wenn er sich eigens dafür in die Kabine verzogen hätte, damit niemand zusehen kann. (Ohne Torwart kann ja nicht gespielt werden, daher hätte währenddessen entweder ein Feldspieler ins Tor gemusst, oder man hätte kollektiv auf Lehmanns Rückkehr warten müssen.) Insofern mag die Angelegenheit unter regeltechnischen Aspekten nicht ganz einwandfrei abgelaufen sein, dafür aber sinnvoll-pragmatisch.

      • Stichwort Unterleibsschutz: Den sollte eigentlich auch jeder Feldspieler haben, oder ?

        Weil Schutzhand gibt es ja nicht und im Zweifel sollte man sich die Familienjuwelen immer wegschießen lassen – könnte ja auf Handspiel entschieden werden.

  4. Zitat:
    „Schiedsrichter: Tobias Welz (Wiesbaden) Note 2
    beide Handelfmeter kann man geben. Korrekt auch, Mandzukics Treffer anzuerkennen, da durch Riberys Ballberührung eine neue Spielsituation entstand und der Kroate dann nicht mehr im Abseits stand. Ansonsten teilweise sehr kleinlich.“

    Note 2 und es gibt immer noch was zu meckern ?!

    Zitat:
    „Schiedsrichter: Thorsten Kinhöfer (Herne) Note 5
    seine souveräne, gute Spielleitung hatte nur einen Makel, der allerdings gravierend war: Er versagte dem Hoffenheimer Volland ein klares Tor (45.).“

    Lachhaftes Urteil…ich bleibe dabei: Hier richtig zu liegen ist purer Zufall. Intern schätze ich hat Kinhöfer eine anständige Bewertung im mittleren 8er Bereich erhalten.

    Zitat:
    „Dr. Felix Brych (München) Note 3,5
    schwer zu sehen, aber vertretbar, bei Rodriguez‘ vermeintlichem Handspiel weiterlaufen zu lassen (9.); Rot für Arnold war an der Grenze des Vertretbaren, versäumt wurde es, weitere persönliche Strafen bei der anschließenden Rudelbildung auszusprechen (Andreasen, Koo); richtig, Klose zweimal zu verwarnen.“

    Auch hier werden diverse angebliche Fehler aufgelistet, aber in keinster Weise als spielentscheidend…die reinste Wilkür, wie hier bewertet wird. Note 3,5 entspricht hier meiner Meinung nach nicht den aufgelisteten Fehlern.

    Das Fachblatt wie so oft sehr hart in der Kritik. Aufgrund einzelner Szenen die Schulnote gerade bei Kinhöfer auf 5 zu setzen ist doch der blanke Hohn, wenn man vorher schreibt, dass er ja im Grunde genommen einen Super Tag hatte…

  5. Hallo,

    ich vermute, dass der Irrglaube, der Kapitän hätte besondere Rechte in Bezug auf Meckern, vom Eishockey kommt. Dort hat ausschließlich der Kapitän (und seine beiden Assistenten) das Recht, das Wort an den (oder die) Schiedsrichter oder die Linienrichter zu richten. Die Rechte gehen aber dann auch noch weiter, so dass es ihm gestattet ist, sich Entscheidungen etc. erklären zu lassen und weitere Frage an die Offiziellen zu stellen.

    Ich finde es ganz interessant, dass ich in dieser Folge gelernt habe, dass das Aufnehmen des Balles nach Pfiff des Schiedsrichters eigentlich verwarnungswürdig ist. Ich finde es jedoch schade, dass das nur sehr selten angewendet wird. Viel zu oft sieht man auch in der Buli, dass Spieler während eines Protests den Ball in der Hand halten, damit die gegnerische Mannschaft den ihnen zugesprochenen Freistoß nicht ausführen können. Nach Ansprache durch den Schiedsrichter zieht sich der protestierende Spieler dann meistens schmollend zurück und prellt den Ball im Weggehen hinter sich auf den Boden. Irgendwie unschön und mir unverständlich, dass man in diesen Fällen nicht auf die angesprochene Regel 12 zurückgreift.
    Wie sieht es im Zusammenhang mit einem erzielten Tor aus? Auch da ist das Spiel ja eigentlich unterbrochen. Wer darf den Ball strenggenommen aus dem Tor holen? Hier gibt es oft genug unschöne Szenen, wenn ein Torhüter den Ball festhalten möchte.

    Grüße
    Florian

    • Zum ersten Teil des Kommentars: Das wäre einerseits eine Möglichkeit, andererseits: Überschätzt du die Popularität und den damit verbundenen Einfluss des Eishockeys hierzulande nicht ein bisschen? Ich würde eine solche Beeinflussung zwar nicht grundsätzlich ausschließen, aber sie scheint mir auch nicht sehr wahrscheinlich.

      Die Anmerkungen und Fragen im zweiten und dritten Absatz würden wir gerne in der nächsten Podcastfolge aufgreifen. Einverstanden?

      • Hallo Alex,

        zu Eishockey: Wahrscheinlich hast du Recht. Mir fällt in diesem Zusammenhang die Parallele immer auf; aber vermutlich hat ein signifikanter Teil der Fußballfans noch nie ein Eishockeyspiel gesehen.

        Natürlich bin ich einverstanden, dass die Fragen im Podcast beantwortet werden. Ich bin ja froh, dass es eine kompetente Instanz gibt, an die ich mich mit Regelfragen wenden kann. Danke dafür! :)

        Gruß
        Florian

  6. zu den unerlaubten markierungen auf dem feld: gilt das auch bei schnee?
    also darf der tormann die direkte linie zwischen elferpunkt und torlinie auch nicht absichtlich räumen?

    • Nein, auch das darf er nicht. Bei Schnee werden die vorgesehenen Linien in der Regel entweder freigeräumt oder farblich (meistens rot) markiert, zusätzliche Linien oder Markierungen dürfen auch dann nicht angebracht werden. Werden ganze Flächen geräumt, etwa die Strafräume, dann klärt der Schiedsrichter das mit dem zuständigen Platzverein.

  7. Hallo liebe Schiris, vieles ist wirklich sehr hilfreich, besten Dank!
    In Sachen Handspiel verstehe ich nicht, wieso nicht ganz oben auf jedem Schiri-Zettel steht: Absicht!!! Ich kann zwar die reale Wahrnehmung von T.Welz beim ersten Dominguez-Handspiel nachvollziehen, aber wenn man sich die Zeitlupen ansieht (Dominguez fliegt noch, sieht den Ball nicht mal), kann man doch nicht ernsthaft Absicht unterstellen.

    • Die Frage der Absicht ist beim Handspiel die alles entscheidende – aber was unter Absicht zu verstehen ist (und was nicht), muss eben definiert werden. Genau das geschieht in den Regeln bzw. deren Auslegungen, und absichtlich ist ein Handspiel eben beispielsweise auch dann, wenn die Handhaltung unnatürlich ist oder die Körperfläche vergrößert wird. Wir haben das in dieser Podcastfolge hier ausführlich erörtert: http://fokus-fussball.de/2013/03/13/ff35-collinas-erben-vergroserte-korperflachen/ (ab 32:00 bis 58:40, vor allem ab 46:15).

      • Wenn ich Felix Zwayer in dem 11-Freunde-Text richtig verstehe, sind unnatürliche Handbewegungen und vergrößerte Körperflächen allein aber keine zwingenden Kriterien.
        Er führt seine eigene Fehlentscheidung aus der letzten Saison an, als bei einem Freiburger zweifellos eine unnatürliche Handbewegung vorlag, aber trotzdem keine Absicht im Sinne der Regel unterstellt werden kann.
        Die vergrößerten Körperfläche beschreibt er damit, dass der Verteidiger durch Ausstrecken der Arme die Möglichkeit des Angreifers zum Flanken oder schießen einschränkt, und in Kauf nimmt, dass ihm der Ball an die Hand geht.
        Nach meinem Empfinden trifft das auf das 2. Handpiel von Dominguez und das von Matip zu, auf das 1. von Dominguez aber nicht.
        Wenn man, wie von Zwayer gefordert, den Geist der Regel im Auge behält, bei der die Absicht im Mittelpunkt steht, muss man hier kein strafwürdiges Handspiel sehen, finde ich. Dominguez stellt sich mit seiner vergrößerten Körperfläche ja nicht dem Gegner in den Weg, und verschafft sich dadurch einen Vorteil.

        • Es ist richtig, dass die unnatürliche Handhaltung und die vergrößerte Körperfläche für sich genommen noch nicht zwingend genügen müssen; bei Zwayers Beispiel etwa war es so, dass der Freiburger Spieler von hinten angeköpft wurde, den Ball also gar nicht sehen konnte. Beim ersten Handspiel von Dominguez lag der Fall aber anders: Müllers Pass wäre wohl zu Robben gelangt, doch dann hielt Dominguez den Ball dadurch auf, dass er ihn mit der rechten Hand, die er zuvor unnatürlich hoch gehalten hatte, abstoppte, als er die Arme wieder sinken ließ. Den Ball hatte er dabei durchaus kommen sehen. Insofern halte ich es zumindest für nachvollziehbar, wenn man diese Bewegung der Hand zum Ball – und um eine solche handelte es sich – als strafbar im Sinne der Regel 12 ansieht und einen Elfmeter verhängt. Eine aktive Bewegung des Armes zum Ball gab es auch beim zweiten Handspiel. Man muss dem Spieler zwar nicht unbedingt Absicht im landläufigen, nicht-fußballerischen Sinne unterstellen; die Kriterien für Absicht im Sinne des Regelwerks (hier: Hand/Arm geht zum Ball) waren aber durchaus erfüllt.

  8. Zum Thema Lippenlesen: Ich meine, TV-Aufzeichnungen waren 2007 Auslöser für den Anfangsverdacht der rassistischen Beleidigung durch Weidenfeller gegenüber Gerald Asamoah, die dann von Asamoah bestätigt wurden. Mindestens waren sie aber beweislastig.

    Weidenfeller rechtfertigte sich schließlich damit, dass er Asamoah nicht „schwarzes“ sondern „schwules Schwein“ genannt habe, was seiner Meinung nach, wohl weniger schlimm ist. Das fand das DFB-Sportgericht auch, und sperrte Weidenfeller für 3 Spiele. Rassistische Beleidigung wäre teurer geworden.

    • Auch hier gibt es aber einen Unterschied zur Situation in München, meine ich: Asamoah hatte, wenn ich mich recht entsinne, beklagt, von Weidenfeller im, sagen wir mal: Zwiegespräch lautstark rassistisch beleidigt worden zu sein; der Schiedsrichter hatte aber nichts gehört. Daraufhin wurden Ermittlungen eingeleitet (was ja nur möglich ist, wenn der Referee angibt, nichts wahrgenommen zu haben). Ter Stegens Worte hat der Assistent aber entweder geflissentlich überhört (ja, so etwas gibt es – auf dem Platz wird oft wenig Nettes gesagt, und manchmal ist es einfach besser, auf Durchzug zu schalten, sofern es möglich ist), oder sie sind aus derart großer Entfernung gerufen worden, dass er sie ohnehin nicht hätte verstehen können (was davon zutrifft, weiß ich nicht, weil ich es auf der Grundlage der TV-Bilder nicht erkennen kann).

      Ich meine übrigens auch, dass diskriminierende Äußerungen – etwa rassistischer oder homophober Art – weitaus schwerer wiegen als Flüche wie »Fick dich, Alter«, die man, solange sie nicht face-to-face und im Brüllton vorgetragen werden, durchaus auch mal überhören kann, wenn die dafür eigentlich fällige Rote Karte die Angelegenheit eher aufheizen als beschwichtigen würde. So viel Spielraum hat der Unparteiische.

      • Ich wollte die beiden Szenen auch nicht gleichsetzen. Es ging nur um die Frage, ob schon mal jemand auf Grund von Lippenlesens nachträglich gesperrt worden ist. Wahrscheinlich war im Falle Weidenfeller die TV-Aufzeichnung für das Sportgerichts-Verfahren letztlich nicht Ausschlag gebend, aber ich meine (und bin mir allerdings nicht sicher), dass es zu der Aussage von Asamoah kam, weil er aufgrund der TV-Bilder danach befragt worden ist. Und dass Weidenfeller die Beleidigung nicht abstritt, sondern eine ähnlich gesprochene Beleidigung einräumte, hing glaub ich auch mit den TV-Bildern zusammen.

        Interessant ist allerdings, dass die homophobe Beleidung deutlich geringer bewertet wurde, als die rassistische. Der Verein war regelrecht erleichtert, dass der Spieler vom Rassismus-Vorwurf freigesprochen wurde, und das Strafmaß war geringer.

        • Ich habe jetzt mal nachgesehen, wie es zum Urteil gegen Weidenfeller gekommen ist, aber – auf die Schnelle – zumindest keinen Beitrag gefunden, aus dem hervorgeht, dass Weidenfeller auf die Auskunft eines Lippenlesers hin gesperrt worden ist. Vielmehr war es wohl so, wie du es auch festgestellt hast: Weidenfeller hat zwar bestritten, sich Asamoah gegenüber rassistisch geäußert zu haben, aber zugegeben, dass beleidigende Worte gefallen sind. Dass er »schwules Schwein« gerufen hat, ist zumindest nicht dementiert worden.

          Schon damals ist in den Medien zumindest vereinzelt kritisiert worden, dass eine homophobe Beleidigung weniger gravierend sein soll als eine rassistische. Möglich, dass die Sportgerichte das heute anders gewichten und auch größere Teile der Öffentlichkeit einen schwulenfeindlichen Spruch nicht mehr so einfach als lässlichen »Dirty Talk« auf dem Fußballplatz durchgehen lassen würden.

      • Nein, das ist nicht falsch. Im Urteil des DFB war von einer »herabwürdigenden und verunglimpfenden Äußerung« die Rede, ohne dass das präzisiert wurde. Dass die Bezeichnung »schwules Schwein« gefallen sein könnte, wurde, wie ich ja schon schrieb, nicht dementiert (im Unterschied zu »schwarzes Schwein«). »Schwabbelschwein« war ebenfalls in der »Verlosung«, aber mal ehrlich: Hat irgendjemand schon mal dieses Wort gehört? (Mal abgesehen davon, dass es auch nicht weniger harnlos wäre als die anderen Beleidigungen.)

        • Weidenfeller gab zu Schwabbelschwein gesagt zu haben. Das Wort erwähnte der DFB aus Schutz wohl nicht im Urteil, dafür wurde er aber verurteilt. Sonst wäre die Sperre auch sicher länger ausgefallen. Es mag sein, dass er rassistisch beleidigt hat, danach wurde er aber nicht bestraft.

  9. Hallo zusammen!

    Danke für die Beantwortung meiner Fragen im letzten Podcast :-)

    Auch wenn ihr anderer Meinung gewesen seid, finde ich das schon „unfair“, dass Son aus seinem Passivabseits (ich sag mal gefühlte 5 Meter Vorsprung) einen Vorteil im Strafraum zieht, weil er seinen Vorsprung auf die Abwehrspieler halten konnte.

    In dem Zusammenhang muss ich immer an Pedda Neururer denken, der mal sinngemäß formulierte, dass wenn ein Abwehrspieler sich auf den Gegenspieler bezieht, um diesen Abseits zu stellen, ist der Gegenspieler aktiv. Auch wenn am Ende dadurch mehr Tore fallen, denke ich, dass einfache und nachvollziehbare Regeln (ähnlich wie beim Handspiel) doch anders aussehen.

    Danke an Euch, die mir dabei helft, diese Regeln besser zu verstehen :-)

    • Es gibt ja immer zwei Ebenen, auf denen man Entscheidungen diskutieren kann. Die eine betrifft die Frage, inwieweit der jeweils gültigen Regelauslegung Genüge getan wurde, das heißt: ob regelkonform entschieden wurde oder nicht. Und das war hier zweifellos der Fall. Die andere Ebene berührt die Frage, ob einem eine gültige Regelauslegung gefällt oder nicht. Ich finde die hier thematisierte in Ordnung, weil sie offensivfreundlich ist. Dass man da anderer Ansicht sein kann, versteht sich von selbst.

  10. Schönen guten Tag, Collinas Erben!

    Ich habe eine Frage zu den gelben Karten. Es ist ja schon ein paar Mal vorgekommen, dass ein Spieler in einem Spiel zwei gelbe Karten bekommen hat, und nicht mit Gelb-Rot vom Platz gestellt wurde, weil das Schiedsrichterteam dies übersehen hat. Frage: Wie lange ist so eine Entscheidung korrigierbar? Kann der Spieler auch nach, sagen wir, 10 Minuten noch vom Platz fliegen, wenn dem Schiedsrichter oder einem Assistenten auffällt, „der hat schon gelb“?

    Und weil Wochenende ist hab ich noch eine zweite Frage, bezüglich der Mindestabstände beim Freistoß.
    Beispiel: Ein Verteidiger stellt sich vor den Ball, um die schnelle Ausführung eines Freistoßes zu verhindern. Der Angreifer führt diesen aber trotzdem aus (ist ja sein gutes Recht), und pöhlt den Ball volles Pfund auf jenen Verteidiger. Gibt’s dann gelb für den Angreifer wegen unsportlichen Verhaltens? Oder hat der Verteidiger einfach Pech gehabt? (Oder beides bei nem Treffer in die Weichteile)
    Wiederholt werden würde der Freistoß ja nicht, wie ihr schonmal erklärt habt, da der Angreifer ja in Kauf genommen hat, dass der zu nah stehende Gegenspieler an den Ball kommen kann.

    • Zur ersten Frage: Grundsätzlich kann jede Entscheidung zurückgenommen bzw. korrigiert werden, bis das Spiel fortgesetzt ist. Wenn der Ball wieder rollt, ist es zu spät – und dann dürfte auch ein Spieler, der irrtümlich zwei Gelbe Karten bekommen hat, ohne mit Gelb-Rot vom Platz gestellt worden zu sein, weiter mitspielen. Der Schiedsrichter kann seinen Fehler dann nur noch im Spielbericht vermerken. (Wenn der Assistent sofort registriert, dass sein »Chef« einen Spieler versehentlich doppelt verwarnt, soll er die Spielfortsetzung unbedingt verhindern, nötigenfalls, indem er auf den Platz läuft.)

      Zur zweiten Frage: In diesem Fall würde ich davon ausgehen, dass der Angreifer nicht die Absicht hatte, den Freistoß wirklich schnell auszuführen, sondern dass es ihm lediglich darum ging, die Verhinderung der schnellen Ausführung auf unsportliche Weise zu »sühnen«. Das heißt: Rote Karte für den Angreifer wegen Tätlichkeit, Gelbe Karte für den Verteidiger wegen Verhinderung der Wiederaufnahme des Spiels, Wiederholung des Freistoßes (weil das erste Vergehen vom Verteidiger ausging).

      • Wie werden die beiden gelben Karten denn später gewertet?
        Spielsperre für das eigentliche gelb-rot oder zählen beide zur Gelbsperre?
        was ist wenn der Spieler noch eine bekommt und der Schiedsrichter dann richtig entscheidet, also bei gelb gelb gelb-rot? Spielsperre für gelb rot, aber zählt die erste zur Gelbsperre oder wird die ignoriert?
        und wenn nach den beiden Gelben ne Unsportlichkeit mit Rot geahndet wird, was ist dann?

        Hach, ich liebe es so was weiter auszudenken!
        Ich danke schon mal für die Aufklärung!

        • Gelb-gelb-rot gab’s bei der WM 2006 mal. Josep Simunic ist erst mit der dritten Karte vom Platz gestellt worden. Ist als „normale“ Gelb-rote Karte gewertet worden. Da Kroatien aber eh ausgeschieden war, ist die Sperre im laufenden Turnier nicht zur Geltung gekommen.

        • @Ano Nym: Was @sprengerspricht sagt. Ich gestehe aber auch, bei Fragen nach dem Reglement kein ausgemachter Experte zu sein und daher nicht zu wissen, wie ein Veranstalter mit einem irrtümlich gezeigten Doppel-Gelb ohne Gelb-Rot hinsichtlich der späteren Zählung der Karten verfährt. Bei Simunic wurde nachweislich einfach nur Gelb-Rot gezählt und die dritte Karte weggelassen. Keine Ahnung, wie es in der Bundesliga oder im Europapokal gehandhabt werden würde.

  11. Ich würde gerne noch was zur Promille-Statistik in Sachen Torfehlentscheidungen anmerken, die ich nicht als Grund akzeptieren möchte. Das ist statistisch nicht viel, dabei ist jedoch nicht eingerechnet, wie wichtig ein nicht gegebenes Tor ist. Man stelle sich vor, dass durch so ein Nichttor eine Meisterschaft am letzten Spieltag entschieden wird. (Man mag argumentieren, die hat sich schon vorher entschieden und alles gleicht sich im Laufe der Saison aus – dennoch). Für die Bundesliga wäre es glaub ich eine Kleinigkeit so eine Torlinientechnologie einzuführen und den Schiedsrichter somit auch zu entlasten.

  12. habe ein interview mit babak rafati mit dem ballesterer (österreichisches fußballmagazin) gefunden, das derstandard.at abgedruckt hat
    http://derstandard.at/1375626632071/Ich-waere-liebend-gern-wieder-Schiri
    kann ich jedem nur empfehlen
    einerseits erhebt er vorwürfe gegen krug und fandel;
    „Für meinen Suizidversuch bin ich allein verantwortlich, aber den Weg in die Depression haben Fandel und Krug zu verantworten.“
    andererseits plaudert er ein bisserl aus dem nähkästchen (Kompensationsentscheidung und warum es sie nicht gibt, umgang mit Spielern etc.)
    jedenfalls bemängelt er, dass der dfb aus den fällen enke und rafati nichts gelernt hat

    wie gesagt, kanns jedem interessierten nur empfehlen, und vielleicht finden collinas erben ja das ein oder andere, dass sie aufgreifen möchten
    lg aus wien

  13. Ich höre die Folge gerade jetzt erst und möchte direkt was zum Lippenlesen anmerken.

    Wenn ein Spieler eine Beleidigung eines Schiedsrichters äußert, aber keiner der Schiedsrichter auf dem Feld diese wahrnimmt, dann sollte man davon ausgehen, das genau dies vom Spieler auch nicht beabsichtigt war. Und dann sehe ich auch kein strafwürdiges Verhalten. Zum Beleidigen gehören aus meiner Sicht immer noch zwei.

    Klar, wenn ein Spieler dem Schiedsrichter hinter dessen Rücken den Mittelfinger zeigt oder nach dem Spiel in einem Interview ausfallend wird, dann muss er damit rechnen, in der Bundesliga auch dann zur Rechenschaft gezogen zu werden, wenn dies kein Schiedsrichter unmittelbar bemerkt. Weil er weiß, dass diese Botschaft in dieser Medienlandschaft gleichwohl zum Publikum gelangt. Beim Lippenlesen finde ich da aber den Bogen überspannt.

  14. Mittlerweile bin ich durch. Schönen Dank. Gerade den Wechsel zwischen Torwart und Feldspieler hätte ich als vollkommen anders geregelt vermutet. Noch *räusper* ein paar Nachfragen hätte ich.

    Verstehe ich das richtig: Für sog. Textilvergehen gibt es zwingend immer eine gelbe Karte? Es ist doch ohne weiteres möglich, jemanden straf- aber nicht verwarnungswürdig zu halten. Und für das Halten durch Festhalten an der Bekleidung ist aber keine Rücksichtslosigkeit oder das taktische Unterbinden eines Gegenangriffs für eine Gelbe erforderlich? Und wenn ich das richtig verstanden haben sollte: Warum wird diese spezielle Art des Haltens um so vieles rigoroser bestraft? Leiern die teuren Trikots aus?

    Nur zur Klarstellung: Sich als Abwehrspieler den Ball in Überkopfhöhe hochzulupfen und ihn dann mit dem Kopf zum Torwart zu spielen, dass sollte keine unsportliche Umgehung der Rückpassregel darstellen, oder?

    Dann hätte ich noch einen unschönen Klugscheißer: Ich bin mir sicher, die Schiris in Südamerika bringen mit ihrem Nicht-Rasierschaum keine unerlaubten Markierungen auf dem Spielfeld an. :)

    Und ich hätte noch eine ganz blöde Frage: Wenn es beim Stand von 6:0 abgebrochen wird, wird dann auch mit 3:0 gewertet?

    In der Beziehung mal eine allgemeine Frage an die Aktiven hier: In Amateurligen gibt es doch immer wieder herbe Leistungsunterschiede. Ob wohl schon mal irgendwo jemand im Abstiegskampf auf die Idee gekommen ist, gegen die Topmannschaft nicht anzutreten, die Geldstrafe zu akzeptieren und somit etwas für das Torverhältnis zu tun?

  15. Jetzt, wo ich noch mal drüber nachgedacht habe, möchte ich die Frage zur Klarstellung anders herum formulieren: Das muss doch ebenfalls eine strafbare Umgehung sein, oder (warum sollte das auch anders bewertet werden)? Nur weil Alex an der Stelle so viel über Spieler sprach, die auf Höhen köpfen, wo andere den Fuß nehmen. Aber klar, das ist halt ein anderes Indiz zur Umgehungs-Absicht, richtig?

    • Erneut vielen herzlichen Dank für die Fragen! Die meisten haben wir in der neuen Podcastfolge aufgegriffen, so auch die zur Umgehung der Rückpassregel. Und da muss ich mich im Nachhinein dann doch korrigieren, nachdem noch ein weiterer Hörer Zweifel anmeldete. Ich hatte schlichtweg etwas durcheinandergebracht: Verboten ist in der Tat jedwede Umgehung der »Rückpassregel« durch einen Spieler, also beispielsweise auch das Hochlupfen und anschließende Zurückköpfen des Balles zum Torwart. Dem Torwart dagegen ist es gestattet, einen Mitspieler so anzuspielen, dass dieser den Ball anschließend zurückköpfen kann, um dem Keeper eine Aufnahme des Balles mit den Händen zu ermöglichen. Man könnte zwar auch hier darüber streiten, ob damit nicht gegen den Geist der Regel 12 verstoßen wird, aber diese Spielweise ist legal.

  16. Hallo Alex, Hallo Klaas,

    ich bin heute beim Durchhören dieser Podcastausgabe noch auf einen interessanten Aspekt bei der Diskussion um das Thema Torlinientechnik gekommen (ich weiß, late to the party…)

    Auch wenn die heute möglichen Installationen einen Messfehler von bis zu 3 vm aufweisen und somit zumindest nicht sicher weniger Fehler als das menschliche Auge in den Entscheidungen produzieren, so kann man zumindet sagen, dass diese Entscheidung nicht mehr der Schiedsrichter falsch treffen kann.

    Als Beispiel dazu das viel zitierte Hawkeye-System im Tennis, wo dir Bälle kleiner sind, schneller fliegen und komplexere Verformungen in der Luft und im Moment des Aufpralls annehmen. Auch hier spricht niemand davon, dass das Hawkeye sämtliche Entscheidungen zu 100% richtig trifft. Es wird schlichtweg eingestanden, dass die menschliche Physiologir und Anatomie den heutigen Anforderungen an einen Schiedsrichter nicht mehr Genüge trägt. Man wälzt also diese unmenschliche Entscheidung von den bis zu 22 Augen, die ein Tennisspiel refereen, ab auf eine Mechanismus, der zwar nicht jede Entscheiung zu 100% richtig trifft, aber dennoch zumindest die gleichr Trefferquotr aufweist, wie ein menschlicher Schiedsrichter.

    Der große Unterschied liegt aber in der Konsistenz der Entscheidungen. Es werden gleche Spielsituationen unabhängig von äußeren Umständen immer mit dem gleichen Ausgang beurteilt. Da gibt es keinen Schiedsrichterassistenten, der einmal sein Stellungsspiel nicht gnadenlos von Minute 1-90 durchzieht. Oder eine Spielerhaufen in der Sicht des Schiedsrichters.

    Was man auch nicht vergessen darf: die Entscheidung wird dem Schiedsrichtet abgenommen. Ganz unabhängig davon, ob die Entscheidung richtig oder falsch war, gibt es nun keinen Grund für die Spieler, dem Schiedsrichter diese vermeintlich falsche Entscheidung anzukreiden.

    Ich glaube, dass diese Aspekte großen Einfluss auf die entscheidenden Gremien haben werden.

    lg

    • Besten Dank für die Ausführungen und die sachdienlichen Hinweise! Das klingt für mich alles so weit plausibel. Nur eine kleine Sache: Soweit ich weiß, soll dem Schiedsrichter im Fußball die letztgültige Entscheidung überlassen bleiben, ob ein Tor erzielt wurde oder nicht. Das heißt, er wird bei der entsprechenden Entscheidung unterstützt, aber sie wird ihm nicht direkt abgenommen. In der Praxis dürfte der Einsatz der Torlinientechnologie zwar dazu führen, dass der Referee auf Tor erkennt, wenn es piepst, aber er hat zumindest theoretisch die Möglichkeit, anders zu entscheiden.

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