CE004 Des Schiedsrichters Assistenten


Nach einiger Pause und zwei schriflichen Folgen Collinas Erben (10.Spieltag / 11.Spieltag) gibt es nun wieder Futter für den mp3-Player. In Folge 4 des Schiedsrichter Podcasts reden wir über Auffälliges an den letzten Spieltagen, beantworten Fragen einiger Hörer und sprechen ausführlich über Regel 6 des Regelbuchs. Höhepunkt der Folge ist dann sicherlich ein Highlight aus Alex Schiedsrichterzeit. Beim Anhören läuft ein unterhaltsamer Film vor dem inneren Auge ab.
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Klaas Reese
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Alex Feuerherdt

Musik: Tha Silent Partner – P Pulsar (Album Version)

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26 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Sehr schöner Podcast.
    Eine Sache hätte ich anzumerken – ich kenne durchaus Situationen, wo es notwendig war, dass der Schiri seinen Assistenten des Amtes entheben musste. In den Niederungen des Fussballs werden die Assistenten von den Mannschaften gestellt und wenn einer die Abseitsregel sehr großzügig zugunsten seines Teams auslegt, wird dann schon mal der Assistent gewechselt.

    • Meines Wissens dürfen diese von den Mannschaften gestellten Assistenten gar kein Abseits anzeigen. Lediglich, ob der Ball das Spielfeld verlassen hat. Werde das Montag nochmals bei Alex abfragen.

      • Danke für die Rückmeldung. Wie gesagt, mir ist beim Hören des Podcast die letzte Spielklasse mit den „geborgten“ Assistenten als Einsatzszenario für die Regel eingefallen.

        Bei meinen Einsätzen auf dem Niveau war es eigentlich immer so: Die Assistenten werden von den Teams gestellt und zeigen Einwurf und Abseits an, welche Blüten das manchmal treibt, kann man sich vorstellen. Die Schiedsrichter sind bei diesen Assistenten natürlich öfter mal skeptisch. Wie es offiziell geregelt ist, weiß ich natürlich nicht.

        Was ich in dieser Hinsicht auch schon mitbekommen habe: Schiedsrichter, die ihre Aushilfsassistenten explizit anweisen, ausschließlich Einwürfe zu winken.

        Und wenn ich so drüber nachdenke, gibt es in dem Leistungsbereich auch noch eine ganze Reihe von weiteren Gründen, dass der Schiri darauf bestehen kann, die Assistenten zu wechseln – von fehlender Laufbereitschaft über Alkoholeinfluss bis hin zu absoluter Unfähigkeit habe ich schon alles gesehen.

        • Du meinst vermutlich die so genannten Vereinslinienrichter, die es in den unteren Klassen teilweise gibt. Deren einzige Aufgabe besteht offiziell darin, die Fahne zu heben, wenn der Ball die Seitenlinie überschritten hat. Sie sollen eigentlich nicht einmal die Einwurfrichtung anzeigen, geschweige denn Abseitspositionen oder Foulspiele. Der Grund für diese Beschränkung auf diese eine Minimalkompetenz liegt darin, dass sie ja den Vereinen angehören und deshalb nicht neutral sind.

          Es hat sich im Laufe der Zeit zwar mancherorts eingebürgert, dass sie auch die Einwurfrichtung signalisieren; weitergehende Fahnenzeichen sind aber nicht vorgesehen und auch nicht sinnvoll. Denn dafür fehlt ihnen die Ausbildung, und vor allem in kritischen Situationen kann sich der Schiedsrichter nicht auf sie verlassen. Wenn also auf irgendeinem Sportplatz ein Vereinslinienrichter Abseitssituationen anzeigt, dann ist das jedenfalls nicht im Sinne des Reglements.

          Diese Vereinslinienrichter darf der Schiedsrichter natürlich erst recht »des Amtes entheben«, also austauschen, und ich habe das, wenn ich in unteren Klassen unterwegs war, auch vergleichsweise häufig tun müssen. Denn manche haben schlichtweg keine Lust auf den Job und versehen ihn dann entsprechend, oder sie sind unkonzentriert. Einen neutralen, also ausgebildeten Assistenten dagegen musste ich noch nie ersetzen.

          • So etwas muss im Extremfall dann aber trotzdem in den Regeln klar formuliert sein, damit die Auswechslung legitimiert ist.

        • Einen »Vereinslinienrichter« (in den unteren Klassen) sehen die Regeln gar nicht grundsätzlich vor; das ist etwas, das die Landesverbände bzw. Kreise beschließen (und recht unterschiedlich handhaben). Insofern gibt es da auch nur lokale Anordnungen, die dann aber allen Vereinen und Schiedsrichtern bekannt gemacht werden. Da der Schiedsrichter grundsätzlich die Entscheidungs- und Weisungsbefugnis auf dem Platz hat, müsste sein Recht, einen »Vereinslinienrichter« auszutauschen, aber auch gar nicht gesondert festgeschrieben werden; das ergibt sich zwangsläufig aus den Regeln 5 und 6.

  2. Zur aktuellen Ausgabe der Schiedsrichter Zeitung:

    Herr Wagner sagt in der aktuellen Ausgabe, dass ein Schiedsrichter wegen Zeitschindens die Nachspielzeit auch verlängern kann. Praktiziert wird dies (leider) eher wenig bis gar nicht, sondern im Gegenteil, der Schiedsrichter sorgt meistens selbst für das Zeitschinden, indem er 50-60 Meter zum Torwart rennt, diesem Gelb zeigt und das Spiel dann fortgesetzt wird und in der Regel pünktlich abgepfiffen wird. Ich versteh nicht, dass in so einem Fall der Schiedsrichter einfach pauschal nochmal 30-45 Sekunden drauf packt.

    PS: In der Bundesliga wird nach meinem Wissen am wenigstens in allen europäischen Topligen nachgespielt. Gibt es in England, Spanien und Italien andere Absprachen mit den Offiziellen oder worauf kann man das zurückführen ?!

    Grüße,
    Seb

    • Die Behauptung im ersten Absatz bestreite ich hier einfach mal. Wenn ein Schiedsrichter einen Spieler in der Nachspielzeit wegen Zeitschindens verwarnt, wird er sicherlich auch noch einmal eine halbe Minute länger laufen lassen. Dass da »in der Regel pünktlich abgepfiffen wird«, kann ich jedenfalls nicht bestätigen.

      Ansonsten verweise ich mal auf die neue Folge von »Collinas Erben«, die wir gestern Abend aufgenommen haben; da geht es auch um die Nachspielzeit und die Frage, inwieweit ihre Länge zwischen Bundesliga- und internationalen Spielen variiert.

  3. Hi Alex, Danke für die schnelle Antwort. ich will es nicht pauschalisieren, aber ich wundere mich doch des öfteren, dass die Nachspielzeit peinlich genau eingehalten wird, obwohl wegen Zeitspiels Karten gezeigt werden.

    Es gibt auf der anderen Seite aber auch Schiedsrichter, die eben nicht genau abpfeiffen und den berühmten letzten Angriff inklusive Eckball noch ausspielen lassen.

    Ich hoffe die Folge ist bald verfügbar.

    LG
    S

  4. Ich weiß gar nicht, ob das in den Komplex „Assistenten“ passt:

    Nun gbt es bei UEFA-Spielen mittlerweile auch die Torlinienrichter, deren Kompetenzen auch über das eigentliche „drin oder nicht drin“ hinausgehen sollen. Ich will nicht so weit gehen, die Torlinienrichter zu „Strafraumschiedsrichtern“ zu machen, aber beispielsweise so ein Handspiel wie das von Henry weiland gegen Irland wäre – so habe ich es verstanden – doch schon ein Fall für den Torlinienrichter.

    Genug der Vorrede, hier die Frage: Die Schiedsrichter-Assistenten beziehen auf der jeweils rechten Seite des Spielfelds (in Spielrichtung gesehen) ihren Platz. Die Torlinienrichter stehen grundsätzlich auf derselben Seite. Gibt es dafür eine logische Erklärung? Ich will nicht soweit gehen, dass der Torlinienrichter seinem Kollegen an der Seitenlinie im Blick stehen könnte. Aber wäre es nicht aus Gründen der zweiten Perspektive viel sinnvoller, wenn der Torlinienrichter auf der jeweils anderen Seite platziert wäre? Der diagonale Laufweg der Schiedsrichter über das Feld versucht schließlich auch, diese zweite Perspektive herzustellen. Warum wird sie dann bei den Torlinienrichtern so unnötig verschenkt?

    • Das war nicht immer so; für eine Weile standen die Torrichter auf der anderen Seite, also neben dem linken Pfosten. Weil das aber dazu führte, dass die Schiedsrichter ihr gewohntes Stellungsspiel und ihre Laufwege ändern mussten (was tatsächlich gravierend war), und sie außerdem nicht glücklich damit waren, dass jetzt quasi an jedem Pfosten ein Helfer stand, wurde das Ganze wieder rückgängig gemacht. Man blieb damit letztlich dabei, dass der Schiedsrichter in Tornähe den Raum am linken Pfosten überwacht und sein(e) Helfer den am rechten Pfosten.

      Die Bezeichnung »Strafraumschiedsrichter« ist so falsch übrigens nicht. Zumindest sind die Torrichter tatsächlich gehalten, sich nicht nur bei der Frage »Tor oder nicht?« einzubringen, sondern auch bei anderen Geschehnissen in ihrer Nähe. Nicht mit einem offenen Zeichen, aber über den Sprechfunk.

      • Danke für die fixe Antwort. Dass die Torrichter anfänglich auf der anderen Seite standen, war mir so nie aufgefallen.

        Du schreibst aber auch, dass die Schiedsrichter „nicht glücklich damit waren“, ein zusätzliches Augenpaar auf ihrer Seite des Pfostens zu haben. Warum eigentlich nicht? Warum ist der Fußball hier offensichtlich hierarchischer organisiert als bspw. der Handballsport, bei dem zwei Schiedsrichter gleichberechtigt agieren können? Klar, Aspekte wie „weite Wege“, „größeres Spielfeld“ etc. liegen auf der Hand. Aber könnten da nicht doch auch noch eine psychologische Komponente aus der Entstehungszeit des Fußballs reinspielen?

        Wenn ich mir ansehe, wie bereitwillig andere Sportarten in den letzten Jahrzehnten technische Innovationen adaptiert haben (Das Hawk-Eye beim Tennis, die Tor-Kamera beim Eishockey, der Videobeweis beim Feldhockey etc.) und welchen Eiertanz der Fußball manchmal um die kleinsten Neuerungen macht und lieber die vierte und fünfte menschliche (und damit fehlbare) Instanz einbaut, kommt mir manchmal der Gedanke in den Sinn, das könnte auch noch mit dem Idealbild des Fußballs Anfang der 19. Jahrhunderts zu tun haben. Ein englischer Gentleman leitet das Spiel und die Spieler, ihrerseits ebenfalls alle Gentlemen, hören auf das Wort des Ehrenmannes…

        Nicht dass ich das schlimm finde und ich jede technische Neuerung auch beim Fußball sehen will. Mir ist es nur so aufgefallen

        • Es könnte zunächst einmal auf jeden Fall etwas mit langjährigen Gewohnheiten zu tun gehabt haben. Die ursprüngliche Platzierung der Torrichter neben den linken Pfosten bedingte, wie gesagt, andere Laufwege für den Schiedsrichter, und die neu zu justieren ist nicht so einfach, wenn man jahre-, wenn nicht jahrzehntelang an bestimmte Bewegungsabläufe gewöhnt gewesen ist. In manchen Spielen standen die Referees dann auch plötzlich den Spielern im Weg oder einfach falsch zum Geschehen. Das wirkte sich negativ auf ihre Leistung aus.

          Also beschloss man letztlich, dass der Torrichter stärker zur Entlastung des jeweiligen Assistenten bei Strafraumsituationen dienen sollte, während der Unparteiische wieder seine eingespielte Diagonale laufen konnte und Situationen außerhalb des Anzeigebereichs der Assistenten und Torrichter alleine zu beurteilen hatte. Gut möglich, dass das auch etwas mit einem strenger hierarchischen Denken zu tun hat; in jedem Fall war es offenbar schwierig, eine für den Schiedsrichter gravierende Änderung während des laufenden, millionenschweren Spielbetriebs einzuführen.

          Und da sind wir noch nicht bei der Frage, wie die Schiedsrichter es eigentlich finden, dass ihnen gleich fünf Leute (zwei Assistenten, zwei Torrichter, ein Vierter Offizieller) ins Headset quatschen können. Als das Sprechfunksystem in der Bundesliga eingeführt wurde, konnten die Referees zunächst selbst entscheiden, ob sie es überhaupt benutzen wollen oder nicht. Viele lehnten es damals ab. Inzwischen ist es, soweit ich weiß, verpflichtend und wird wohl auch goutiert. Aber anfangs gab es schon große Bedenken.

  5. Hallo Klaas, hallo Alex,

    zunächst einmal möchte ich Euch ein Kompliment zu dieser wirklich grandiosen Podcast-Reihe aussprechen-

    Ich habe zwei Fragen (naja, eigentlich handelt es sich eher um nach Zustimmung bettelnde Meinungen) bzgl. der Erkennung von und des Umgangs mit Abseitsentscheidungen. Es handelt sich um Geschichten, über die ich mich schon seit Jahren ärgere und mich würde mal interessieren, wie ihr dazu steht.

    1.)
    Stellt euch mal folgende Konstellation vor: Ein Mittelfeldspieler der Mannschaft A führt den Ball, sein Mitspieler auf der Stürmerposition geht steil und wird von A mit einem Pass bedient. Ein etwas der gedachten Abwehr-Viererkette hinterherhinkender Spieler des Teams B die Situation und läuft in beschleunigten Tempo nach vorne. Wir haben hier also drei Objekte, die sich nach nichtlinearen Mustern und in unterschiedlicher Geschwindigkeit bewegen. Alex hat so eine Situation in Folge 4 ja beschreiben (ich meine mit „gegenläufige Bewegung“).

    Zusätzlich erschwert wird die Beurteilung ja durch jede Menge andere Spieler, die als Anspielstation, Gegner im Zweikampf (darauf muss ein Assi nun mal auch achten, auch wenn es nicht seine Primäraufgabe ist) oder Sichtbehinderung in Frage kommen.

    Um es etwas abzukürzen: Wie soll ein Mensch das nun ernsthaft und seriös bewerten? Eine Standbildfunktion steht unseren Gehirnen ja leider nicht zu Verfügung.

    „Fußball ist ein fehlerbehafteter Sport, und natürlich machen auch die Unparteiischen da keine Ausnahme. Das müssen wir akzeptieren.“ – so oder so ähnlich äußern sich viele Seiten gerne in Bezug auf Fehlentscheidungen. Doch greift diese Binsenweisheit in solchen Fällen nicht zu kurz? Müssten die Verbände ihre Schiedsrichter und Assis nach Situationen wie dem eben geschilderten Beispiel nicht stärker schützen? Schließlich handelt es sich hier nicht um einen Fehler im eigentlichen Sinne, sondern eher um eine nicht behebbare Messungenauigkeit der menschlichen Wahrnehmung. Ich würde mir da einfach eine offenere und ehrlichere Kommunikation wünschen.

    Wie seht ihr das?

    2.)
    Die zweite Frage schließt sich mehr oder weniger an die erste an: Um die Richtigkeit von Abseitsentscheidungen zu überprüfen, greift das Fernsehen ja gerne auf verschiedene Kameraperspektiven, Standbilder und technisch erzeugte Hilfslinien zurück. Diese Prozedur (Bilder checken, Zeitpunkt der Ballabgabe bestimmen, Linie zeichnen, Kommentator informieren, usw. bis hin zum Einspielen der Szene als aufbereitete Wiederholung) muss durch die Regie innerhalb weniger Sekunden passieren, denn das Live-Spiel läuft ja in aller Regel weiter. In einer ähnlichen Geschwindigkeit hat sich der Kommentator eine Meinung dazu zu bilden.

    Selbst im besten Falle, also einem Full-HD-Bild mit 1080 Zeilen ist ein Spieler in einer Totalen, auf die aus Gründen der Übersichtlichkeit in den meisten Fällen zurückgegriffen werden muss, nur wenige Pixel hoch und dementsprechend nicht besonders exakt definiert. Gehen wir nun mal von einen strittigen Abseitsentscheidung nach einem Distanzschuss mit 100 km/h (Spitzengeschwindigkeiten von 140 km/h hat es im Fußball bereits gegeben) aus. So ein Geschoss legt also 100.000 m pro Stunde, 1.666,67 m pro Minute oder 27,78 m pro Sekunde zurück. Bei einer Bildfrequenz von 25 Hz legt der Ball also von Standbild zu Standbild eine Strecke von 1,11 m (27,78 / 25) zurück, bei 50 Hz entsprechend die Hälfte.

    Als Verdeutlichung mal ein Foto aus einem meiner Ausflüge in die Welt der Sportfotografie:

    Während beim rechten Spieler sogar einzelne Muskelstränge sichtbar sind, wird der sich in diesem Fall nicht besonder schnell bewegende Ball trotz einer kurzen Belichtungsdauer von 1/500 s immer noch verwischt dargestellt.

    Und wenn dann der Bildschirmkickschuh des Stürmers mit einem halben Pixel die Abseitslinie überschreitet, wird das von den Poschmännern dieser Welt mit „knapp, aber Abseits“ interpretiert; ohne auch nur in Betracht zu ziehen, dass exakte Moment der Ballabgabe irgendwo zwischen zwei Bildern stattgefunden haben muss, dass Ball und Spieler winzig klein und verwischt abgebildet sind oder die errechnete Abseitslinie 0,2° von der tatsächlichen abweichen könnte. In nachfolgenden Spielzusammenfassungen wird eine solche Aussage medienübergreifend dann in den meisten Fällen unkritisch als Tatsche übernommen.

    Über solche Dinge könnte ich mich stundenlang aufregen, aber vielleicht sehe ich die ganze Sache auch zu ernst…

  6. Großartiger Podcast. Macht viel Spaß.
    Zu Alex‘ Beispiel aus Siegen: wie lange hätte er da mit der Fahne oben stehen können? Es klang so, als sei das Spiel nach dem Handspiel aus anderem Grund (Ball im Aus) unterbrochen worden. Spätestens nach dem Einwurf wäre es doch nicht mehr möglich gewesen, Strafstoß zu entscheiden, oder?

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