Die Blog- & Presseschau für Donnerstag, den 13.09.2012

Natürlich steht die Veröffentlichung eines Berichts zur „Hillsborough Katastrophe“ im Vordergrund. Dazu beschäftigt „Fokus Fußball“ heute weiter die Diskussion rund um Fankultur in Deutschland und die Doppelmoral im deutschen Fußball, wenn es um den Umgang mit Homosexuellen geht.

Geschichte

Bei der „Hillsborough Katastrophe“ starben am 15.April 1989 insgesamt 96 Menschen. Bis gestern lagen die Umstände der Katastrophe in vielen Bereichen im Dunkeln. „Nachdem in einer Online-Petition weit über 100.000 Unterschriften gesammelt worden waren, stimmte das britische Parlament im Vorjahr aber der vorzeitigen, vollständigen und unzensierten Veröffentlichung zu.“ (Sport 1)

Bereits im Vorfeld wurden Dokumentationen der Katastrophe in der BBC und bei LFC TV gezeigt. „Im Schatten der Tribüne“ hat dazu „Hillsborough – Searching for the truth“ verlinkt.

Gestern Vormittag durften zunächst Angehörige der Opfer die aus rund 450.000 Dokumenten zusammengestellte Dokumentation in Augenschein nehmen.  Am Nachmittag wurden die Dokumente dann auch der Öffentlichkeit bereitgestellt.

Der Bericht besagt laut „Spiegel Online„, dass die Polizei eine Mitschuld trägt:

„Den Dokumenten zufolge versuchte die Polizei, ihre Fehler zu verschleiern und den Liverpool-Fans die Schuld zu geben. Wenn die Einsatzkräfte schneller gehandelt hätten, hätten mindestens 41 der Opfer überleben können.“

Die Britische Regierung bedauert laut „NZZ“ die „skandalösen Umstände„:

„Premierminister Cameron nahm in einer würdevollen Ansprache im Parlament den Bericht ohne Abstriche an und bat im Namen der Regierung die Familien der Opfer um Verzeihung. Diese hätten eine zweifache Ungerechtigkeit erfahren, erstens durch die schrecklichen Vorfälle und zweitens durch die gezielte Verunglimpfung der Opfer. Gleichzeitig kündigte Cameron an, dass der Generalstaatsanwalt prüfen werde, ob die damals festgestellte offizielle Todesursache aufgehoben werden solle; das könnte Tür und Tor für zivil- und strafrechtliche Untersuchungen öffnen. Familienvertreter von Opfern zeigten sich sehr zufrieden und kündigten juristische Schritte gegen Verantwortliche an.“

David Conn, Redakteur des „Guardian“, hat den Report in einem Video kommentiert. Conn schreibt auch ausführlich zu den Berichten: Hillsborough disaster: the truth

Der „Guardian“ hat auf seiner Homepage weitere sehenswerte Videos zur Katastrophe veröffentlicht.

Auch ein Fußballprofi, der vor allem durch seine Ausraster bekannte Joey Barton, hat sich im Vorfeld der Veröffentlichungen mit Vetretern der „Hillsborough Justice Campaign“ getroffen, um über die Hintergründe des Unglücks zu berichten. Bemerkenswertes Engagement.

Bundesliga

Thomas Schaaf hat der „Kreiszeitung“ ein ausführliches, lesenswertes Interview gegeben: „Das ist eine gelenkte Entwicklung“

„Blogundweiss.de“ wagt die „Kaderanalyse“ für Schalke 04. In Teil 1 sind Torhüter, Verteidigung und defensives Mittelfeld dran. Interessant auch die Kommentare unter dem Artikel. Die Kaderbesprechung mit „Königsblogger“ Torsten Wieland im „Ballpod“ hatten wir ja schon verlinkt.

Am kommenden Sonntag strahlt „Phoenix“ ein Interview mit Uli Hoeneß aus. Da das Gespräch in Zusammenarbeit mit der „Süddeutschen Zeitung“ für das gemeinsame „Forum Manager“ aufgezeichnet wurde, darf die SZ schon über Gesprächsinhalte berichten: „40 Millionen dürfen nie zur Norm werden“

Frank Willmann kommentiert im „Tagesspiegel“ „Die beschämende Doppelmoral im Fußball„:

Was ist das für eine beschissene Doppelmoral? Einerseits Weltoffenheit zu mimen, dann aber ein Klima zulassen, das schwule Kicker in ständiger Angst vor Entdeckung leben lässt? Warum ist in den Fankurven Deutschlands das Wort Schwuler ein Schimpfwort? Die Mehrzahl der altbackenen DFB-Funktionäre und bornierte Fans sitzen hier im selben Boot der Intoleranz. Sind das längst vergessen geglaubte so genannte deutsche Tugenden, die im Fußball ein Leben im Verborgenen führen? Warum sollte andernfalls ein homosexueller Kicker Angst haben?

Auch Andreas Rüttenauer findet deutliche Worte in der „taz„:

Auch am kommenden Spieltag wird wieder jemand „schwule Sau“ schreien, wenn ihm die Fresse eines Spielers der gegnerischen Mannschaft nicht gefällt, und wenn Stuttgarts Trainer Bruno Labbadia sich auf die Bank setzt, wird vielleicht wieder das bekannte, dumpfwitzige „Schwuler-Labbadia-Lied“ gesungen. Kein Stadionsprecher wird gegen derartige Sprechchöre angehen. Kein Funktionär wird sich entschuldigen. Das eigentlich Miese an der fiesen Fußballwelt ist, dass ihre Protagonisten sie akzeptieren, wie sie ist. Kein Wunder, dass sich da kein schwuler Spieler outet.

Das „ZDF“ schreibt über den „Neustart mit 29“ des 96-Profis Leon Andreasen.

Fans

Im Interview mit dem „MDR“ meint Fanforscher Professor Doktor Harald Lange vom Institut für Fankultur der Uni Würzburg zur Sicherheit in deutschen Stadien: „Nie war es so sicher wie heute!“ Lange spricht sich auch für eine Wiederaufnahme der Diskussion des DFB mit Fanvertretern aus:

„Es geht um die Kernfrage: Sollen die Fans nur Konsumenten sein? Oder dürfen sie mitbestimmen? Werden sie wenigstens in ihrer kritischen Haltung wahr – und für ernst genommen? Und diesen kritischen Grundimpuls beim Fußball, natürlich ohne Gewalt, den halte ich für unverzichtbar.“

Fans des FC St. Pauli planen vor dem Zweitligaspiel gegen den 1.FC Köln eine Kranzniederlegung am Ehrenmal der Edelweißpiraten in Köln-Ehrenfeld, um ein deutliches Zeichen gegen Rassismus zu setzen. Zu Gast wird auch Gertrud „Mucki“ Koch (88) sein, eine Edelweißpiratin, die von ihren Erfahrungen berichten wird. Die Veranstaltung beginnt um 17 Uhr. Es sind ausdrücklich auch Fans anderer Vereine eingeladen:

„Die Aktion wird von der Fanszene des FC St. Pauli geplant und durchgeführt, wir würden uns aber natürlich trotzdem über zahlreiche Teilnehmer aus Köln und Umgebung freuen, die zusammen mit uns eine würdevolle und dennoch kämpferische Kundgebung veranstalten, die deutlich macht, dass es mal wieder an der Zeit ist, gegen den braunen Scum aufzustehen, im Stadion und überall!“

Das Medienmagazin „Zapp“ des NDR berichtet über die Schwierigkeiten zwischen Journalisten und Ultras: Gewalt statt Kultur – Ultras in den Medien. Der Bericht liefert leider keine Lösungsansätze. Mehr liefern da schon die Komplettinterviews mit Rafael Buschmann von „Spiegel Online“, mit Michael Gabriel, dem Leiter der „Koordinationsstelle Fan-Projekte“ und mit Philipp Köster,  Chefredakteur von „11 Freunde“.

Der „Mainzer Fankanal“ hat zwei Filme zu den „Mainzer Fantagen“ veröffentlicht.

Das Magazin „SPONSORS“ hat das Fanaufkommen der Fußballvereine in Deutschland untersucht. Laut „Spiegel Online“ erobert Borussia Dortmund den Osten.

Die Organisation „Football Supporters Europe“ hat laut „Stadionwelt“ eine Broschüre veröffentlicht, die Fangruppen bei ihrer Pressearbeit helfen soll.

„11 Freunde“ schreibt über die Ermittlungen des DFB gegen Anti-DFB-Plakate: „Prostitutionsfernes Milieu

2. Liga

Stefan Groenveld hat Hintergrundbilder für den Desktop und Videos vom 10.Geburtstag von Ultrà Sankt Pauli.

Die „Sportschau“ beschreibt die „Erfolgreiche Braunschweiger Fußball-Dialektik

Regionalliga

Wendung bei den „Affenlauten“ auf den Fortuna Rängen? Im „Fortuna-Köln-Blog“ wird jetzt davon berichtet, dass es nicht etwa Fortuna-Anhänger waren, die die Laute von sich gaben, sondern Bekannte eines MSV-Spielers: Scheiß-Tribüne – der Fortsetzungsroman

International

Die „Neue Zürcher Zeitung“ berichtet über den Ausschluss des südkoreanischen Militärclubs Sangju Sangmu Phoenix aus der höchsten Fussball-Liga des Landes: „Fussballerlohn von 70 Franken

Eine große Fleißarbeit bei „TheChels.co.uk“: Frank Lampard and the Art of the Penalty Kick

Frauen

Im DFB-Pokal wurde die 2.Hauptrunde ausgelost. Das Los hat schon zum frühen Zeitpunkt für den Kracher Bayern München – FFC Frankfurt entschieden. Alle Paarungen bei Womensoccer.de.

Beim FFC wird dann ein anderer Trainer auf der Bank sitzen, denn die Frankfurterinnen haben ihren Coach Kahlert laut „FAZ“ entlassen.

DFB-Pokal

Auch wenn es schon ein paar Tage alt ist, so soll an dieser Stelle ein Video vom ersten Sieg von Preußen Münster im DFB Pokal nach 21 Jahren gelobt werden. Beim 4:2 Sieg nach Verlängerung gegen Werder Bremen wurde das hitzige Drumherum gefilmt. Sehenswert, obwohl man kein Tor zu sehen bekommt: Doku zum Pokalhit gegen Werder

Europameisterschaft

Insgesamt 575 Klubs aus den Mitgliedsverbänden der UEFA erhalten Solidaritätszahlungen für ihren Beitrag zur UEFA EURO 2012 und zum Nationalmannschaftsfußball im Allgemeinen. Die komplette Liste (PDF nach Nationenkürzel sortiert) zeigt die Bayern mit über drei Millionen €uro ganz vorn. Energie Cottbus erhält immerhin noch gut 5.000 €uro.

Extra

Tobias Escher hat sich für die „Zeit“ den Ballkindern von der Einführung bis zur „Professionalisierung“ gewidmet: Die Gralshüter des Fußballs

Der Fan des Tages: Super Hero

Stephan von Bothmer begleitet Fußballspiele auf der Orgel. Im „11 Freunde“ Interview bei „Spiegel Online“ redet er über „Schmerzensakkorde bei Fouls“

Bei „Das!“ im NDR gibt es mehr von Bothmer. Auch ein musikalisches Beispiel:

Mehr zum Künstler auf Stummfilmkonzerte.de.

2 Kommentare » Schreibe einen Kommentar

  1. Interessant ist ja, dass in der Liste mit den Solidaritätszahlungen auch aufgelöste Vereine auftauchen. Also bspw. FC Unirea Urziceni (Rumänien) die es schon eine zeitlang nicht mehr gibt und den FC Politehnica Timişoara (Rumänien), den es seit diesem August ebenfalls nicht mehr gibt. Zumindest bei Unirea Urziceni hätte es ja auffallen müssen, da die Auflösung schon im Sommer 2011 geschehen ist.

    • Das ist in der Tat merkwürdig. Handelt sich schließlich um 22.013 bzw. 67.086 €uro. Aber sicherlich gibt es noch rechtliche Vertreter der Clubs, die das Geld gern nehmen. ;)

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